Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 27.08.2013, RV/1673-W/13

Erhöhte Familienbeihilfe - ist die dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten?

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., X., gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt betreffend Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe ab entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.), geb. 1955, ist verheiratet. Die Gattin bezieht eine geringfügige Pension.

Der Bw. stellte im September 2012 einen Eigenantrag auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe.

Im Zuge des Antragsverfahrens wurde der Bw. am untersucht und folgendes Sachverständigengutachten erstellt:

Fach/Ärztliches Sachverständigengutachten

Betr.: XYH.

Vers.Nr.: 1234

Untersuchung am: 2012-12-04 12:00 Ordination

Identität nachgewiesen durch: xx

Anamnese:

Herr XY ist im Besitz eines Behindertenpasses seit etwa 1989, eingestuft mit 60 % GdB. Mit etwa 5 Jahren Verlust des linken Auges (nach Trauma) mit Augenprothese versorgt. Weiters bekannte KHK mit Zustand nach Myokardinfarkt 2002 und Beschwerdefreiheit von cardialer Seite unter laufender Therapie sowie Zustand nach Coronarstent. Vor etwa 6 Jahren ED eines insulinpflichtigen Diabetes mellitus kompliziert durch diabetische PNP, ebenso behandelte arterielle Hypertonie und Neigung zu rezidivierender Depression mit Zustand nach stationärer Behandlung an der Abteilung für Psychiatrie in Neunkirchen 2002 und laufender ambulanter Betreuung.1984 Trümmerbruch des rechten Handgelenkes mit fraglicher Handgelenksarthrose. Herr XY war als Kranführer beschäftigt, ein I-Pensionsantrag wurde im August abgelehnt, es läuft derzeit ASGV. Herr XY beklagt Brennen im Bereich des linken Ringfingers bei Beugekontraktur nach Kreissägenverletzung und Schmerzen in allen Fingern links verbunden mit Kraftlosigkeit, sodass ihm alle Gegenstände aus der Hand fallen (linker Arm = Gebrauchsarm). Diabetische Entgleisungen im letzten Jahr werden negiert. Rechtes Auge gut korrigiert.

Behandlung/Therapie (Medikamente, Therapien - Frequenz): Novomix 70/40/40/36, Paroxat, Tolvon, Dominal, Simvastatin, Lansobene, Acemin, Bisoprolol, Dancor, Pronerv, Furon 20 mg jeden 2. Tag, TASS, Dogmatil

Untersuchungsbefund:

57- jähriger Patient in gutem AZ und normalem EZ, Stimmungslage gut, Sensorium klar und gut orientiert, Größe 197 cm, Gewicht 90 kg, Augenprothese links, das Sehvermögen rechts gut korrigiert, FZ auf 4 m mühelos, Thorax symmetrisch, Cor und Pulmo klinisch unauffällig, Abdomen weich, kein DS, keine Defense oder Resistenz, Hepar und Lien nicht tastbar, WS gerade, kein Klopfschmerz, Beugekontraktur des Ringfinger links, blande Narbe am linken Handrücken, Handmuskulatur links mäßig atrophiert, rechtes Handgelenk frei beweglich, Schürzen- und Nackengriff bds. ungehindert, keine Ödeme, Lasegue bds. negativ, Gangbild sicher und frei, RR 125/75 mm Hg

Status psychicus / Entwicklungsstand: Stimmungslage unauffällig, Sensorium klar, gut orientiert

Relevante vorgelegte Befunde:

2008-09-15 DR. G., FA F. PSYCHIATRIE, K.

Rezidivierende Depression

2009-12-21 LKH K./PMI

NLG: fortgeschrittene PNP bei Diabetse mellitus

2011-11-04 INTERNE ABTEILUNG LKH K.

Entgleister Diabetes mellitus (HBA1C 10,9 %) St.p.MCI, Stenting, Hypertonie, Depression

2002-10-02 ABTEILUNG F. PSYCHIATRIE LKH K.

E-Bericht: schweres depressives Zustandsbild ohne psychotische Symptomatik

Diagnose(n):

Insulinpflichtiger Diabetes mellitus

Richtsatzposition: 090204 Gdb: 060% ICD: E14.0

Rahmensatzbegründung:

Oberer Rahmensatz bei diabetischer Polyneuropathie

Koronare Herzerkrankung

Richtsatzposition: 050502 Gdb: 040% ICD: I20.-

Rahmensatzbegründung:

Oberer Rahmensatz bei Zustand nach Infarkt und Stenting bei cardialer Beschwerdefreiheit

Augenprothese links

Richtsatzposition: 110202 Gdb: 030% ICD: Z44.2

Rahmensatzbegründung:

Fixer Rahmensatz

Depressive Episoden anamnestisch

Richtsatzposition: 030601 Gdb: 020% ICD: F31.0

Rahmensatzbegründung:

Unterer Rahmensatz, da unter Medikation stabil mit guter sozialer Integration

Beugekontraktur des 4. Fingers links

Richtsatzposition: 020626 Gdb: 020% ICD: M20.0

Rahmensatzbegründung:

Mittlerer Rahmensatz bei Muskelschwäche der linken Hand und Gebrauchsarm

Arterielle Hypertonie

Richtsatzposition: 050101 Gdb: 010% ICD: I10.-

Rahmensatzbegründung: Fixer Rahmensatz

Gesamtgrad der Behinderung: 70 vH voraussichtlich mehr als 3 Jahre anhaltend.

Leiden 2 erhöht um 1 Stufe wegen ungünstiger wechselseitiger

Leidensbeeinflussung. Leiden 3,4 u.5 erhöhen bei fehlender wechselseitiger ungünstiger Leidensbeeinflussung nicht. Leiden 6 ist von zu geringer Relevanz.

Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich - Dauerzustand.

Die rückwirkende Anerkennung der Einschätzung des Grades d. Behinderung ist ab 2012-09-01 aufgrund der vorgelegten relevanten Befunde möglich.

Der(Die) Untersuchte ist voraussichtlich n i c h t dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

erstellt am 2012-12-11 von AfA1

Arzt für Allgemeinmedizin

zugestimmt am 2012-12-11

Leitender Arzt: LA1

Das Finanzamt wies den Antrag unter Zugrundelegung der in dem Gutachten getroffenen Untersuchungsergebnisse (Behinderungsgrad 70 % rückwirkend ab September 2012, keine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit) mit Bescheid vom ab September 2012 unter Verweis auf die Bestimmungen des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 ab.

Der Bw. erhob gegen den Abweisungsbescheid Berufung und führte darin aus, dass er mit dem Gutachten nicht einverstanden sei, da seine Krankheiten schlimmer seien als vom Arzt attestiert. Außerdem werde er auf Grund seiner Krankheiten vom AMS als unvermittelbar geführt. Er ersuche um neuerliche Untersuchung, da er seine Behinderung seit seinem 5. Lebensjahr habe.

Auf Grund der eingebrachten Berufung ersuchte das Finanzamt das Bundessozialamt um neuerliche Untersuchung des Bw.

Folgendes Sachverständigengutachten wurde am erstellt:

Fach/Ärztliches Sachverständigengutachten

Betr.: XYH.

Vers.Nr.: 1234

Untersuchung am: 2013-04-26 10:00 Ordination

Identität nachgewiesen durch: FS xxx

Anamnese:

Berufung mit der Begründung, dass die Behinderung seit dem 5. Lebensjahr bestehe. Nach ausführlicher Anamneseerhebung besteht seit dem 5. Lebensjahr nach einem Trauma eine Einäugigkeit rechts mit Augenprothese links. Herr XY hat die Volks- und Hauptschule und anschließend das Polytechnikum absolviert und anschließend als Hilfsarbeiter von 1970 bis 1992 Vollzeit gearbeitet. Seither ist er beim AMS gemeldet, wegen der Depressionen, des Diabetes und der KHK ist er unvermittelbar, ein I-Pensionsansuchen wurde schon mehrmals abgelehnt.

Behandlung/Therapie (Medikamente, Therapien - Frequenz):

Paroxat, Tolvon, Dominal, Bisoprolol, Acemin, Dancor, Simvastatin, Lansobene, Furon, Dogmatil, Pronerv, Insulin (Novo Mix), TASS

Untersuchungsbefund:

58-jähriger Mann in gutem AEZ, 197cm, 87kg, Caput/Collum: Optomotorik rechts unauffällig, Pupille rund, reagiert prompt auf Licht, links Augenprothese, Thorax symmetrisch, Herzaktion rein rhythmisch normocard, Vesikuläratmung, keine pathologischen RGs auskultierbar, Abdomen palpatorisch unauffällig. Extremitäten frei beweglich, auffällig ist die mäßiggradig ausgeprägte Atrophie der Handmuskulatur links und am linken Handrücken eine blande Narbe, der linke Ringfinger in Beugekontraktur und eine Dupuytren'sche Kontraktur links 4. Strahl. WS im Lot, in allen Abschnitten frei beweglich, das Gangbild frei.

Status psychicus / Entwicklungsstand:

bewusstseinsklar, allseits orientiert, Allgemeintempo von normaler Schnelligkeit, Konzentration, Aufmerksamkeit und Auffassungsvermögen ungestört, Gedächtnis ungestört, Stimmungslage subdepressiv, Affektlage ausgeglichen

Relevante vorgelegte Befunde:

2008-09-15 , DR. G. , FA FÜR PSYCHIATRIE, DG.: Rezidivierende Depression

2009-12-21 KH K. , NLG: FORTGESCHRITTENE PNP BEI DIABETES MELLITUS

2011-11-04 KH K., INTERNE, DG.: ENTGLEISTER DM, ST.P. MCI, STENTING, Hypertonie, Depression

2002-10-02 KH K., PSYCHIATRIE, DG.: schweres depressives ZB ohne Psychotische Symptomatik

2009-01-16 KH K., ORTHOPÄDIE, DG.: Posttraumatische Handgelenksarthrose rechts

Diagnose(n):

Insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II

Richtsatzposition: 090204 Gdb: 060% ICD: E14.0

Rahmensatzbegründung:

oberer Rahmensatz, da bereits Spätschäden in Form einer Polyneuropathie

Koronare Herzerkrankung

Richtsatzposition: 050502 Gdb: 040% ICD: I20.-

Rahmensatzbegründung:

oberer Rahmensatz, da Zustand nach Herzinfarkt und Stenting

Augenprothese links

Richtsatzposition: 110202 Gdb: 030% ICD: Z44.2

Rahmensatzbegründung:

fixer Rahmensatz

Depressive Störung

Richtsatzposition: 030601 Gdb: 020% ICD: F31.0

Rahmensatzbegründung:

unterer Rahmensatz, da unter Medikation relativ stabil

Beugekontraktur des linken Ringfingers

Richtsatzposition: 020626 Gdb: 020% ICD: M20.0

Rahmensatzbegründung:

mittlerer Rahmensatz bei Muskelschwäche der linken Hand

Bluthochdruck

Richtsatzposition: 050101 Gdb: 010% ICD: I10.-

Rahmensatzbegründung: fixer Rahmensatz

Gesamtgrad der Behinderung: 70 vH voraussichtlich mehr als 3 Jahre anhaltend.

im Vergleich zum Vorgutachten Leiden 1 bis 6 gleichbleibend, Leiden 2 erhöht um 1 Stufe wegen ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung, Leiden 3 bis 6 erhöhen nicht, da keine wesentliche wechselseitige Leidensbeeinflussung

Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich - Dauerzustand.

Der(Die) Untersuchte ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, aber nicht vor dem vollendeten 21. Lebensjahr eingetreten

erstellt am 2013-04-27 von ArztfA2

Arzt für Allgemeinmedizin

zugestimmt am 2013-05-13

Leitender Arzt: LA2

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom mit der Begründung ab, dass laut fachärztlichem Sachverständigengutachten der Grad der Behinderung mit 70 % und eine dauernde Erwerbsunfähigkeit festgestellt worden, jedoch die Behinderung nicht vor dem vollendeten 21. Lebensjahr eingetreten sei.

Das vom Bw. mit der Bezeichnung "Berufung" eingebrachte Schreiben wurde vom Finanzamt als Vorlageantrag gewertet und der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Rechtsgrundlagen:

Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nach § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 für Vollwaisen oder diesen nach § 6 Abs. 5 FLAG 1967 gleichgestellte volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. (ab : 25.) Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes erheblich behinderte Kind. Als erheblich behindert gilt ein Kind gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren.

Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

Gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Die Abgabenbehörde hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgaben-verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 167 Abs. 2 BAO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. für viele ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

2. Feststehender Sachverhalt:

2.1. Allgemeine Feststellungen:

Der Bw. hat nach dem Besuch von Volksschule, Hauptschule und Polytechnikum von 1970 bis Februar 1992 als Arbeiter (hauptsächlich als Kranführer) Vollzeit gearbeitet.

Laut im Akt aufliegenden Sozialversicherungsauszug wechselte der Bw. einige Male den Dienstgeber. Seine Beschäftigungsverhältnisse waren immer wieder durch Krankenstände und Arbeitslosigkeit unterbrochen. Ab 1993 bezog er Arbeitslosengeld, Krankengeld, Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe.

2.2. In den Sachverständigengutachten getroffene Feststellungen:

Der Bw. wurde im Zuge des Antrags- bzw. Berufungsverfahrens zweimal untersucht (Gutachten vom und vom ). Die mit den Gutachten befassten Ärzte stellten beim Bw. folgende Krankheiten fest:

Insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II, koronare Herzerkrankung, Augenprothese links, depressive Störung, Beugekontraktur des linken Ringfingers und Bluthochdruck. Sämtliche Erkrankungen ergaben einen Gesamtbehinderungsgrad von 70 v.H.

Dem Bw. wurde eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit bescheinigt, die aber nicht vor dem 21. Lebensjahr eingetreten ist.

3. Rechtliche Würdigung:

Entscheidend ist im Berufungsfall, ob der Bw. infolge seiner Erkrankung bereits vor Vollendung seines 21. Lebensjahres in einem Ausmaß behindert war, sodass er schon damals voraussichtlich dauernd außerstande gewesen ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Der Grad der Behinderung ist dagegen ohne Bedeutung (sh. Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 8 Rz).

3.1. Dauernde Erwerbsunfähigkeit

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis , ausdrücklich auf den klaren Wortlaut des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 in der Fassung BGBl. I Nr. 105/2002 verwiesen. Die bisherige Judikatur, wonach eine mehrjährige berufliche Tätigkeit des Kindes die für den Anspruch auf Familienbeihilfe notwendige Annahme, das Kind sei infolge seiner Behinderung nicht in der Lage gewesen, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, widerlege, habe im Rahmen der durch das BGBl. I Nr. 105/2002 geschaffenen neuen Rechtslage (ab ) keinen Anwendungsbereich.

Der Gerichtshof (sh. auch ) bezieht sich dabei offensichtlich auf das Erkenntnis des , in dem der VfGH ausführt, dass sich aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 8 Abs. 6 FLAG ergebe, dass der Gesetzgeber nicht nur die Frage des Grades der Behinderung, sondern (bereits seit 1994) auch die (damit ja in der Regel unmittelbar zusammenhängende) Frage der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, der eigenständigen Beurteilung der Familienbeihilfenbehörden entzogen und dafür ein qualifiziertes Nachweisverfahren eingeführt habe, bei dem eine für diese Aufgabenstellung besonders geeignete Institution eingeschaltet werde und der ärztliche Sachverstand die ausschlaggebende Rolle spiele. Dem dürfte die Überlegung zugrunde liegen, dass die Frage, ob eine behinderte Person voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, nicht schematisch an Hand eines in einem bestimmten Zeitraum erzielten Einkommens, sondern nur unter Berücksichtigung von Art und Grad der Behinderung bzw. der medizinischen Gesamtsituation der betroffenen Person beurteilt werden könne. Damit könne auch berücksichtigt werden, dass gerade von behinderten Personen immer wieder - oft mehrmals - Versuche unternommen werden, sich in das Erwerbsleben einzugliedern, bei denen jedoch die hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie aus medizinischen Gründen auf längere Sicht zum Scheitern verurteilt sein würden. Der Gesetzgeber habe daher mit gutem Grund die Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit jener Institution übertragen, die auch zur Beurteilung des Behinderungsgrades berufen sei. Die Beihilfenbehörden hätten bei ihrer Entscheidung jedenfalls von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen und könnten von ihr nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung abgehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich somit der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes angeschlossen; daraus folgt, dass auch der unabhängige Finanzsenat für seine Entscheidungsfindung die ärztlichen Sachverständigengutachten heranzuziehen hat, sofern diese als schlüssig anzusehen sind. Es ist also im Rahmen dieses Berufungsverfahrens zu überprüfen, ob die erstellten Sachverständigengutachten diesem Kriterium entsprechen.

3.2. Schlüssigkeit der Sachverständigengutachten

Die mit den Sachverständigengutachten betrauten Ärzte bezogen neben ihrem Fachwissen sämtliche vom Bw. vorgelegten Befunde - der älteste Befund datiert aus dem Jahr 2002 - in ihre Entscheidungsfindung mit ein und gelangten zu dem Schluss, dass beim Bw. unter Berücksichtigung sämtlicher Krankheiten ein Behinderungsgrad von insgesamt 70 % vorliegt. Weiters stellten sie eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit fest, merkten jedoch an, dass diese jedenfalls nicht vor dem 21. Lebensjahr eingetreten ist.

Die Gutachten erscheinen dem unabhängigen Finanzsenat schlüssig und nachvollziehbar, insbesondere was die Feststellung anbelangt, dass eine Erwerbsunfähigkeit nicht vor dem 21. Lebensjahr gegeben war, hat doch der Bw. laut Sozialversicherungsauszug nachweislich 22 Jahre (1970 bis 1992), wenn auch mit einigen Unterbrechungen, als Kranführer gearbeitet.

Die medizinische Beurteilung in Verbindung mit den von der höchstgerichtlichen Judikatur aufgestellten und im Berufungsfall beachteten Erfordernissen, wonach Gutachten eingehend die Art und das Ausmaß der Leiden und die konkreten Auswirkungen der Behinderung auf die Erwerbstätigkeit in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise zu behandeln haben (vgl. zB ; , 2003/14/0105), lassen somit die in den vorliegenden Gutachten getroffene zeitliche Festlegung der dauernden Erwerbsunfähigkeit nicht vor dem 21. Lebensjahr (und nur der Zeitpunkt des Eintrittes der Erwerbsunfähigkeit ist - wie bereits erwähnt - im vorliegenden Berufungsfall entscheidungsrelevant), als richtig erscheinen.

Die Berufung war daher abzuweisen.

Wien, am

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