Warenpräsentator, Aufhebung mangels Ermittlungen zur Art der Tätigkeit
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Miterledigte GZ: |
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RV/1094-L/08 |
RV/0015-L/10 |
RV/0016-L/10 |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Ing. A H, Adresse, vom und gegen die Bescheide des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom bzw. betreffend Umsatzsteuer 2002, 2003, 2005 bis 2008 und Einkommensteuer für den Zeitraum 2002 bis 2005 und 2008 entschieden:
Die angefochtenen Bescheide werden gemäß § 289 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Der Abgabepflichtige begann nebenberuflich mit die Tätigkeit als Warenpräsentator. Lt. Kopie des Gewerbescheins betreibt er das Gewerbe der "Warenpräsentation unter ständiger Betrauung seitens eines Auftraggebers".
In den Jahren 2001 bis 2008 erklärte er in seinen Umsatz- und Einkommensteuererklärungen folgende Ergebnisse (in Euro):
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Jahr | Einnahmen | Verlust |
2001 | 2.056,91 | -2.690,23 |
2002 | 3.776,74 | -3.545,98 |
2003 | 6.225,69 | -5.905,64 |
2004 | 11.618,07 | -2.219,52 |
2005 | 5.832,73 | -684,78 |
2006 | 9.519,30 | 505,16 |
2007 | 9.589,80 | 814,68 |
2008 | 11.322,61 | 1.315,87 |
Summe | 59.941,85 | -12.410,44 |
Die Bescheide für die Umsatzsteuer 2002 bis 2006 und Einkommensteuer 2002 bis 2006 wurden vom Finanzamt vorläufig erlassen.
In der Niederschrift vom (vom Abgabepflichtigen nicht unterzeichnet) über die Nachschau gemäß § 144 BAO beim Berufungswerber wird festgehalten: "Die Tätigkeit als Warenpräsentator führte im Zeitraum 2001 bis 2007 zu einem Gesamtverlust von 13.751.48 €. Gem. §1 Abs 2 Z 2 der Liebhabereiverordnung (BGBL 1993/33) ist Liebhaberei bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen aus Tätigkeiten, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründeten Neigung zurückzuführen ist. Die für die Jahre 2002 bis 2007 erklärten Umsätze und gewerblichen Einkünfte sind somit steuerlich irrelevant."
Für die Jahre 2002 bis 2007 wurden mit entsprechend dieser Rechtsansicht hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer endgültige Bescheide (hinsichtlich 2007 erstmalig, da bisher kein vorläufiger Bescheid) erlassen. Die Verluste aus dieser Tätigkeit wurden bei der Einkommensteuer nicht anerkannt sowie die Tätigkeit bei der Umsatzsteuer nicht als unternehmerisch betrachtet.
Auch im Umsatzsteuerbescheid 2008 und dem Einkommensteuerbescheid 2008 (vom ) wurde vom Finanzamt die Tätigkeit als Warenpräsentator als steuerlich nicht relevante Liebhabereitätigkeit gewertet.
Begründend führte das Finanzamt zu all diesen Bescheiden aus:
"Die Tätigkeit als Warenpräsentator wurde im Zeitraum 2001 bis 2007 ausgeübt und führte in diesem Zeitraum zu einem Gesamtverlust von 13.751.48 €. Gem. §1 Abs. 2 Z 2 der Liebhabereiverordnung (BGBL 1993/33) ist Liebhaberei bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen aus Tätigkeiten, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründeten Neigung zurückzuführen ist. Die geltend gemachten Verluste werden deshalb nicht anerkannt."
In seinen Berufungen vom bzw. wandte sich der Abgabepflichtige mit folgender Begründung gegen die rechtliche Einstufung seiner Tätigkeit als Warenpräsentator: "Gemäß § 6 der Liebhabereiverordnung kann Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn nur bei Betätigungen i.S.d. § 1 Abs.2 der Verordnung, nicht hingegen bei anderen Betätigungen vorliegen. In § 6 der LVO wird eine Legaldefinition des Begriffes Liebhaberei im umsatzsteuerrechtlichen Sinn aufgenommen. Danach kann Liebhaberei im umsatzsteuerrechtlichen Sinn nur bei Betätigungen i.S.d. §1 Abs.2 der Verordnung, nicht hingegen bei anderen Betätigungen vorliegen.
Diese Regelung ist ab dem anzuwenden ( 8 Abs.1 Z.2 der V.).
Keine Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn ist in den Fällen des § 1 Abs.1 der Verordnung gegeben. Die Umsätze aus einer unter §1 Abs.1 der Verordnung fallenden Tätigkeit sind damit einerseits zu versteuern, anderseits steht dem Unternehmer auch für diesen Bereich (wieder) uneingeschränkt das Recht auf Vorsteuerabzug zu (VwGH Zl.1996/14/117-4 und Zl.96/14/0095-02).
Da ich für die Jahre 2002 bis 2008 eine Betätigung i.S.d. Abs.1 LVO ausübte, liegt Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn nicht vor. (FLD f.0.0. Zl. 7/40/1-BK/Th-1994 vom u. FLD f. Salzburg GZ.:77-GA4BK-DVi/93 v.).
Das Finanzamt Steyr irrt. § 1 Abs.2 Z 2 VO stellt darauf ab, dass die Tätigkeit typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen ist. Was grundsätzlich erwerbswirtschaftlich ist, kann keine Tätigkeit sein, die typischerweise in der Lebensführung gegründete Neigung zurückzuführen ist. Auf eine Betrachtung des konkreten Falles kommt es bei Anwendung des § 1 Abs.2 Z 2 VO nicht an. Ich erkläre ausdrücklich, dass die Tätigkeit vorwiegend zur Einnahmenerzielung ausgeübt wird und nicht primär der Eigenversorgung und Versorgung von Freunden und Familie mit Produkten meiner Firma dient.
Unabhängig davon ist die Erlassung von vorläufigen Bescheiden im umsatzsteuerrechtlichen Sinne unzulässig. Die Finanzbehörde hat ohne Beobachtungszeitraum sofort und endgültig zu entscheiden. Ich stelle daher den Antrag, meiner Berufung Folge zu geben und die Umsatzsteuer für 2002, 2003, 2005, 2006 und 2007 erklärungsgemäß festzusetzen. Gleichzeitig stelle ich den Antrag, die Rückstände an Umsatzsteuer 2002 im Betrage von 746,55 €, an Umsatzsteuer 2003 im Betrage von 1.112,51 € und an Umsatzsteuer 2005 im Bertrage von 135,96 € bis zur Erledigung meiner Berufung auszusetzen.
Um Wiederholungen zu vermeiden, verweise. ich auf die bereits angeführte Begründung hinsichtlich Einkommensteuer 2002 bis 2005. Ergänzend führe ich noch folgendes aus: Festzuhalten ist, dass ich in den letzten 3 Jahren gerundet 10.000,--Euro (140.000 S) erwirtschaftet habe. Hier von einem Hobby zu sprechen, ist durch nichts begründet und realitätsfremd. Im Jahr 2006 habe ich einen Gewinn von 505 Euro, im Jahr 2007 habe ich einen Gewinn von 815 Euro erwirtschaftet und im Jahr 2008 werde ich bei einem Umsatz von cirka 12.000 Euro einen Gewinn von 1.600 Euro erwirtschaften. Ich verweise auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom (Zl. 2002/14/0120) und vom (Zl. 2006/15/0018).
Ich stelle daher den Antrag, meiner Berufung Folge zu geben und die Einkommensteuer der Jahre 2002 bis 2005 erklärungsgemäß festzusetzen. "
Mit den Vorlageberichten vom und wurden die Berufungen gegen Umsatzsteuerbescheide 2002, 2003, 2005 bis 2008 sowie die Einkommensteuerbescheide 2002 bis 2005 und 2008 der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt und der Antrag gestellt die Berufungen abzuweisen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 93 BAO hat ein Bescheid eine Begründung zu enthalten.
Der VwGH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass die Begründung eines Bescheides nicht nur erkennen lassen muss, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, sondern auch, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und in der Folge, aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. bspw. VwGH 15.11.2205, 2001/14/0150).
Es genügt nicht, wenn der Bescheid lediglich das Ergebnis einer - im gegenständlichen Fall an Hand des Verwaltungsaktes bzw. der Bescheidbegründung nicht nachvollziehbaren - rechtlichen Würdigung enthält, nicht jedoch in der erforderlichen, einer nachprüfenden Kontrolle durch den Steuerpflichtigen und die Abgabenbehörde zweiter Instanz zugänglichen Weise dargestellt wird, auf welchen Sachverhalt sich die einzelnen Feststellungen stützen (), welche Beweismittel herangezogen wurden und welche Ergebnisse die Würdigung der einzelnen Beweismittel ergeben hat (vgl. , vgl. auch Aufhebungsbescheid des UFS, Außenstelle Salzburg, RV/0226-S/05 vom ).
Keinesfalls reicht als Begründung der Hinweis oder die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes (, -F/06).
In die Begründung der angefochtenen Bescheide führt das Finanzamt als Sachverhalt aus, dass die Tätigkeit als Warenpräsentator im Zeitraum 2001 bis 2007 ausgeübt wurde und in diesem Zeitraum zu einem Gesamtverlust von 13.751.48 € geführt habe. Nach Zitierung des Textes der Liebhabereiverordnung (Gem. §1 Abs. 2 Z 2 der Liebhabereiverordnung (BGBL 1993/33) ist Liebhaberei bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen aus Tätigkeiten, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründeten Neigung zurückzuführen ist) zieht es den Schluss, dass daher die geltend gemachten Verluste nicht anerkannt werden .
Nach der Aktenlage übt der Berufungswerber die Tätigkeit als Warenpräsentator aus. Zur Beurteilung der Tätigkeit eines solchen (vielfach in Entscheidungen auch als Privatgeschäftsvermittler bezeichnet) gibt es eine umfangreiche Judikatur des Unabhängigen Finanzsenates und des Verwaltungsgerichtshofes. Beispielhaft angeführt z. B. -I/06 (erging zur Frage der umsatzsteuerlichen Beurteilung der Tätigkeit nach § 1 Abs 1 der Liebhabereiverordnung (BGBL 1993/33)), -F/02 (erging zur Frage der einkommensteuerlichen Beurteilung, ebenfalls Einstufung der Tätigkeit nach § 1 Abs 1 der Liebhabereiverordnung (BGBL 1993/33)).
Bei dieser Rechtslage ist nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates die Qualifizierung der Tätigkeit als solche iSd § 1 Abs 2 Z 2 der Liebhabereiverordnung (BGBL 1993/33) unter alleinigem Hinweis darauf, dass der Gesamtverlust in einem mehrjährigen Zeitraum 13.751.48 € beträgt, nicht möglich. Insbesondere in Hinblick auf die Höhe des nicht unbeträchtlichen Umsatzes erscheint die Einstufung als aus persönlicher Neigung betriebene Tätigkeit auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar.
Eine Zuordnung zu § 1 Abs 2 Z 2 der Liebhabereiverordnung ist nur dann möglich, falls sich in einem Ermittlungsverfahren Umstände ergeben, die eindeutig auf eine besondere in der Lebensführung begründeten Neigung für die Ausübung der Tätigkeit hinweisen. Weiters ist es erforderlich, dass diese Umstände im Rahmen einer Begründung des Bescheides dargelegt werden.
Aus dem Akt geht hervor, dass eine Nachschau gemäß § 144 BAO durchgeführt wurde. In der darüber aufgenommenen Niederschrift vom wird die Qualifizierung der Tätigkeit als solche iSd § 1 Abs 2 Z 2 der Liebhabereiverordnung (BGBL 1993/33) ebenfalls kursorisch wie in den Bescheidbegründungen abgehandelt. Feststellungen zu den tatsächlichen Sachverhaltsumständen sind weder aus der Niederschrift noch aus den sonstigen vorgelegten Akten zu ersehen.
Es wären jedenfalls Ermittlungen und Feststellungen z. B zu folgenden Umständen notwendig: für welchen Auftraggeber werden die Waren vermittelt , welche Waren werden vermittelt, Details über den Aufbau des Vertriebs- und Provisionssystems, Details über die Anwerbung von Kunden, Größe des Kundenkreises, Stammkunden, über Beschäftigung von anderen Personen, z.B. Mitarbeit der Ehegattin, ob weitere Subvermittler angeworben wurden, ob Waren hauptsächlich nur für Verwandte oder Freunde in der Art einer Einkaufsgemeinschaft vermittelt wurden. Zur Darstellung des Sachverhaltes wäre auch der Verweis auf Sachverhaltsdarstellungen in Entscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates oder Verwaltungsgerichtshofes (Z.B. , Nichtanerkennung eines Anlaufverlustes bei § 1 Abs. 1 - Tätigkeit) möglich.
Aus der Textierung der Berufung können allenfalls gewisse Rückschlüsse auf den dem Berufungswerber offensichtlich mündlich mitgeteilten Sachverhalt gemacht werden, jedoch ist nichts Konkretes in den vorgelegten Akten dokumentiert.
Gem. § 289 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde zweiter Instanz die Berufung durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Berufungsvorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1 BAO) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderlassung hätte unterbleiben können.
Wie der VwGH im Erkenntnis vom , 2002/20/0315 (zur Ermessensübung hinsichtlich der Aufhebung) unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, würde es die Anordnungen des Gesetzgebers über ein zweitinstanzliches Verfahren unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung des gesamten Verfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Laut VwGH ist es nicht im Sinn des Gesetzes, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht.
Es ist nicht Aufgabe des UFS als Kontrollinstanz, dem Steuerpflichtigen erstmals zu eröffnen, welche konkreten Sachverhaltsumstände dazu führen, die zur Einstufung der gegenständlichen Tätigkeit als Liebhaberei führen bzw. (auf Grund fehlender Sachverhaltsfeststellungen) Mutmaßungen darüber anzustellen, weshalb das Finanzamt die Tätigkeit als solche iSd §1 Abs. 2 Z 2 der Liebhabereiverordnung (BGBL 1993/33) angesehen hat.
Da die gegenständliche Vorgangsweise des Finanzamtes dazu führen würde, dass sowohl Ermittlungen, erstmalige Sachverhaltsfeststellung und sachverhaltsbezogene Begründung des Bescheides auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz verlagert werden würden, und dies der Intention des Gesetzgebers über ein zweitinstanzliches Verfahren widersprechen würde, ist die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz berechtigt.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 289 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at