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Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSL vom 10.08.2012, FSRV/0023-L/12

Mehrjähriger Abstattungszeitraum einer Geldstrafe bei bereits dokumentiertem Zahlungswillen

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 1 in der Finanzstrafsache gegen AB, geb. X, Adresse, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid des Finanzamtes C als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , StrNr. 1, betreffend Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens gemäß § 212 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) in Verbindung mit § 172 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG)

zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid dahingehend abgeändert, dass zur Entrichtung der mit Erkenntnis des Spruchsenates vom verhängten, noch aushaftenden Geldstrafe sowie der auferlegten Verfahrenskosten und Nebengebühren, beginnend ab monatliche Raten in Höhe von 200,00 €, jeweils fällig am 25. des Monats, gewährt werden.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates vom wurde über den Beschwerdeführer (Bf), der eine Presseagentur betreibt, wegen des Finanzvergehens nach § 33 Abs. 1 FinStrG eine Geldstrafe von 10.000,00 € sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Wochen verhängt.

Noch vor Fälligkeit der Geldstrafe am ersuchte der Bf mit Eingabe vom , diese in Form von Ratenzahlungen abzustatten. Es sei ihm derzeit unmöglich, diese Summe zu bezahlen. Am habe das Landesgericht C seine Zahlungsunfähigkeit festgestellt. Er könne derzeit keine höheren Zahlungen als monatlich 100,00 €, beginnend mit , anbieten. Sobald es ihm möglich sei, diese Raten zu erhöhen, werde er dies selbst vornehmen.

Mit Bescheid vom wies die Finanzstrafbehörde C dieses Ansuchen ab. Gemäß § 212 Abs. 1 BAO könnten Zahlungserleichterungen nicht bewilligt werden, wenn die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Zahlungsaufschub gefährdet werde. Eine solche Gefährdung erscheine durch die Angaben im Ansuchen des Bf gegeben.

Mit einem als Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid gewerteten Schreiben, das am bei der Finanzstrafbehörde C eingebracht wurde, wandte der Bf im Wesentlichen ein, er habe bereits bei der mündlichen Senatsverhandlung angeführt, dass er die Geldstrafe nicht als Ganzes leisten könne. Der anwesende Amtsbeauftragte habe sich mit Ratenzahlungen einverstanden erklärt. Diese Monatsraten leiste er im Moment und werde diese auch fortführen: per 30. Mai und 3. Juli habe er je 100,00 € als Raten für Juni und Juli überwiesen, und mit Abgabe dieses Schreibens zahle er 100,00 € als Rate für August. Wie er bereits im Schreiben vom deponiert habe, sei es ihm derzeit unmöglich, höhere Raten zu leisten. Sobald eine Änderung des momentanen Zustandes eintrete, werde er die Zahlungen von sich aus erhöhen.

Mit Schreiben vom ersuchte die Rechtsmittelbehörde den Bf um Darlegung seiner aktuellen Einkommens- und Vermögenssituation. Ergänzend wurde darauf verwiesen, dass die gewünschten Ratenzahlungen zu je 100,00 € monatlich - die während der Laufzeit der Zahlungserleichterung fällig werdenden Stundungszinsen noch nicht mit eingerechnet - zu einer unüberschaubar langen Abstattungsdauer von rund achteinhalb Jahren führen würden. Es werde in Erwägung gezogen, allenfalls monatliche Ratenzahlungen zu je 200,00 € zu gewähren, um die Begleichung des Strafrückstandes innerhalb eines angemessenen Zeitraumes zu erreichen.

Mit E-Mail vom teilte der Bf dazu mit, dass er nach wie vor selbständig tätig sei. Seine Umsätze schwankten im Moment, sodass auch die monatlichen Einnahmen variierten. Derzeit sei es sehr schwierig, für Druck-Projekte geneigte Inserenten zu finden, die die Ausgaben (Druckerei, Vertrieb, Grafiker) damit finanzierten. Dies gestalte sich deswegen schwieriger als früher, weil viele Unternehmen das Sparpaket in vollem Umfang zu spüren bekommen hätten und als erstes beim Marketing und der Werbung Einsparmaßnahmen setzten. Die bisherigen Erlöse im Jahr 2012 (inklusive Juli) hätten 10.017,00 € betragen. Von diesem Kapital seien sämtliche Ausgaben wie Miete, Strom, Versicherungen, Kfz-Kosten, Druckerei, etc. bezahlt worden.

An monatlichen Kosten nannte der Bf 327,00 € für Miete, 123,50 € Betriebskosten, 410,60 € für Versicherungen, 204,36 € für die Kfz-Leasingrate, 32,00 € für Strom und 200,00 € für Essen, Kleidung, etc.

Seine Gläubiger seien die Druckerei D (237.508,00 ATS), die Allgemeine Sparkasse (106.922,96 ATS), die Volkskreditbank (131.149,00 ATS) sowie CD Telefonmarketing (12.642,80 ATS). Durch die Angabe der Schillingbeträge sei ersichtlich, dass es sich um Altlasten aus dem vorigen Jahrhundert handle. Naturgemäß seien die Beträge durch Anwaltskosten, Gerichtsspesen, etc. im Laufe der Zeit angeschwollen. Alle Gläubiger führten in regelmäßigen Abständen Exekution gegen ihn.

Mit gleicher Post habe er 300,00 € auf das Strafkonto überwiesen. 100,00 € habe er bereits vor Kenntnis dieses Schreibens bezahlt. Damit hätte er eine Monatsrate von 200,00 €, beginnend ab Mai 2012, inklusive August 2012, erreicht.

Ab September 2012 werde er selbständig 200,00 € überweisen.

Auf dem Abgabenkonto ist aktuell (Stand ) ein Betrag von 48.924,21 € wegen derzeitiger Uneinbringlichkeit ausgesetzt.

Eine Einsicht in das Abgabenkonto lässt erkennen, dass der Bf seit Mai 2011 die laufenden Umsatzsteuern entrichtet und darüber hinaus, offenbar im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten, in geringfügigem Umfang weitere Zahlungen leistet.

Auf das Strafkonto wurden bislang (Stand ) fünf Zahlungen zu je 100,00 € sowie eine Zahlung von 300,00 € überwiesen, sodass dort die Geldstrafe in Höhe von 9.200,00 €, die Kosten des Finanzstrafverfahrens in Höhe von 500,00 € sowie ein erster Säumniszuschlag von 184,00 € offen aushaften.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, dass gemäß § 151 Abs. 1 FinStrG gegen Erkenntnisse das Rechtsmittel der Berufung zusteht und gemäß § 152 Abs. 1 FinStrG gegen alle sonstigen im Finanzstrafverfahren ergehenden Bescheide, soweit nicht ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt ist, als Rechtsmittel die Beschwerde zulässig ist. Die Eingabe vom war daher als Beschwerde zu qualifizieren, weshalb im vorliegenden Fall eine Beschwerdeentscheidung zu ergehen hatte.

Gemäß § 172 Abs. 1 FinStrG obliegt die Einhebung, Sicherung und Einbringung von Geldstrafen und Wertersätzen den Finanzstrafbehörden erster Instanz. Hierbei gelten, soweit das Finanzstrafgesetz nichts anderes bestimmt, die Bundesabgabenordnung (BAO) und die Abgabenexekutionsordnung (AbgEO) sinngemäß.

Die Gewährung von Zahlungserleichterungen für die Entrichtung von Geldstrafen nach dem FinStrG richtet sich damit nach § 212 BAO.

Nach § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen dazu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.

Tatbestandsvoraussetzung der Gewährung von Zahlungserleichterungen nach § 212 Abs. 1 BAO ist somit sowohl die Einbringlichkeit des aushaftenden (Abgaben)Betrages als auch das Vorliegen einer erheblichen Härte gegenüber dem Abgabepflichtigen.

Sind diese Voraussetzungen gegeben, so liegt die Bewilligung im Ermessen der Behörde. Die Ermessensübung hat sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren.

Da jedoch die Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe ohnehin unter der Sanktion des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe steht, kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Umstand der Gefährdung der Einbringlichkeit der aushaftenden Forderung im Falle einer Geldstrafe kein Gewicht zu.

Maßgebend für die Entscheidung über Zahlungserleichterungen zur Entrichtung von Geldstrafen ist vielmehr die sachgerechte Verwirklichung des Strafzweckes. Dieser besteht in einem dem Bestraften zugefügten Übel, das ihn künftig von der Begehung strafbarer Handlungen abhalten soll. Die Gewährung solcher Zahlungserleichterungen, welche dem Bestraften eine "bequeme" Ratenzahlung einer Geldstrafe gleichsam in Art einer Kaufpreisabstattung für einen Bedarfsgegenstand ermöglichen soll, läuft dem Strafzweck jedenfalls zuwider (vgl. ). Ebenso nicht zielführend und dem Strafzweck zuwiderlaufend ist aber auch der Ruin der wirtschaftlichen Existenz eines Bestraften.

Bei einer Zahlungserleichterung handelt es sich um einen Begünstigungstatbestand. In solchen Verfahren tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung insoweit in den Hintergrund, als der die Begünstigung in Anspruch Nehmende selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen hat, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann.

Bei Anwendung des § 212 BAO auf Strafen ist ferner zu bedenken, dass eine Zahlungserleichterung nur dann bewilligt werden kann, wenn die mit der sofortigen Entrichtung verbundene Härte über die mit der Bestrafung zwangsläufig verbundene und gewollte Härte hinausgeht (), da einer rechtskräftig verhängten Strafe nicht durch die Gewährung großzügiger und langjähriger Zahlungserleichterungen der Pönalcharakter genommen bzw. wesentlich reduziert werden soll. Folge dieser Beurteilung ist, dass Strafrückstände in Form höherer Ratenzahlungen und damit kürzerer Abstattungszeiträume zu tilgen sein werden, als dies bei einer Ratenbewilligung für Abgabenrückstände der Fall sein wird.

Nach der Begründung des zitierten Erkenntnisses vom steht es der Abgabenbehörde frei, losgelöst von den Wünschen des Antragstellers Zahlungserleichterungen ohne Bindung an den gestellten Antrag zu gewähren. Der entscheidenden Behörde ist damit die gesetzliche Möglichkeit eröffnet, dem Bestraften die Entrichtung der Geldstrafe in Raten zwar nicht in der von ihm gewünschten, aber doch in solcher Höhe zu gestatten, mit der sowohl das Strafübel wirksam zugefügt wird als auch seine wirtschaftliche Existenz bei Anspannung all seiner Kräfte erhalten bleibt.

Nach der Rechtsprechung () muss die Abstattung von Strafrückständen in "angemessener Frist" gewährleistet sein, sodass ein mehrjähriger Abstattungszeitraum in der Regel nur bei hohen Geldstrafen bzw. sehr eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten und bei Vorliegen besonderer Umstände in Betracht kommt.

Die Uneinbringlichkeit der Geldstrafe - und damit der Vollzug der Ersatzfreiheitsstafe - sind jedenfalls dann indiziert, wenn der Bestrafte nur zur Zahlung von so geringen Raten in der Lage ist, dass die gänzliche Entrichtung der Strafe in angemessener Zeit nicht erwartet werden kann.

Es sind daher Raten auszumessen, die sowohl eine sachgerechte Verwirklichung des Strafzwecks gewährleisten als auch den Bestraften künftig von der Begehung strafbarer Handlungen abhalten, jedoch dessen wirtschaftliche Existenz nicht gefährden sollen.

Zur Ausmessung einer diesen Ansprüchen gerecht werdenden Ratenhöhe bedurfte es der Kenntnis der aktuellen Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Bf.

Aus der Aktenlage ergibt sich dazu, dass mit Beschluss vom das Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung nicht eröffnet und festgestellt wurde, dass der Bf zahlungsunfähig sei.

Im bis dato letztveranlagten Jahr 2010 wurde der Bf mit einem erklärten Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von rund 24.000,00 € veranlagt.

Am erklärte der Bf in der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat, ein monatliches Einkommen von 700,00 € netto zu beziehen, kein Vermögen und keine Sorgepflichten und Schulden in Höhe von rund 100.000,00 € zu haben.

In der schriftlichen Stellungnahme vom hatte der Bf diese Schulden näher konkretisiert: rund 50.000,00 € offene Finanzamtsschulden, 35.000,00 € Schulden gegenüber zwei Banken und einer Druckerei sowie Schulden in Höhe von 15.000,00 € aus einem Privatdarlehen.

Mit E-Mail vom erläuterte der Bf seine aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Danach erwirtschaftete er im Kalenderjahr 2012 bisher, umgerechnet auf die einzelnen Monate Jänner bis Juli, durchschnittliche Monatserlöse von rund 1.400,00 €. Die monatlich zu bestreitenden Ausgaben bezifferte der Bf mit rund 1.300,00 €.

Der aktuelle Schuldenstand beträgt rund 35.400,00 €. In diesem Betrag sind die ausgesetzten Abgabenschulden von derzeit rund 49.000,00 € noch nicht enthalten.

Auf Grund der geschilderten wirtschaftlichen Situation ist evident, dass es dem Bf unmöglich ist, die gesamte offene Strafe, die etwa den bis Juli 2012 erzielten Erlösen entspricht, in einem zu entrichten. Die sofortige Entrichtung wäre daher als erhebliche Härte anzusehen.

Damit liegen die Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung - unter Abwägung von Billigkeit und Zweckmäßigkeit - im Sinne des § 20 BAO vor.

Zu Gunsten des Bf ist zu würdigen, dass er, obwohl sich seine Einnahmen und Ausgaben annähernd die Waage halten und ihm daher für die Befriedigung seiner Gläubiger kaum Ressourcen verbleiben, erkennbar um eine seinen finanziellen Möglichkeiten entsprechende Schuldenreduktion bemüht ist.

Die Gewährung von monatlichen Ratenzahlungen in Höhe von 200,00 € erscheint auf Grund der aufgezeigten Verhältnissen geeignet, einerseits die wirtschaftliche Existenz des Bf zu erhalten, andererseits aber den beabsichtigten Strafzweck nicht so weit herabzumindern, dass der Bf nicht mehr von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abgehalten würde.

Der Verwaltungsgerichtshof stellte selbst bei einem bereits 60-jährigen Bestraften und einer Abstattungsdauer von rund sechs Jahren fest, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Zahlungsanspruch niemals erfüllt werden könne und letztlich auf eine Sanktionslosigkeit hinauslaufe ().

Der Bf ist 42 Jahre alt und wird voraussichtlich noch viele Jahre im Erwerbsleben verbleiben. In Anbetracht der im Verhältnis zu den Einnahmen hohen Schulden und dem Andrängen der Gläubiger sowie der trotz der beengten finanziellen Verhältnisse dokumentierten Zahlungsbereitschaft erscheint es in Ausübung des eingeräumten Ermessens vertretbar, die Begleichung der verhängten Geldstrafe in Form monatlicher Ratenzahlungen zu je 200,00 € zu gestatten und damit die Entrichtung des offenen Strafrückstandes innerhalb eines gerade noch als angemessen und überschaubar anzusehenden Zeitraumes von rund vier Jahren zu gewährleisten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 172 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at