Vorlageerinnerung im Zollverfahren
Entscheidungstext
Bescheid
Der unabhängige Finanzsenat hat über die als Vorlageerinnerung bezeichnete Eingabe (Fax) des Einschreiters A, vertreten durch Mag. Christoph Oberleitner, Steuerberatungsgesellschaft mbH, Bicheln 1, 5732 Mühlbach, vom betreffend den Bescheid des Zollamtes Salzburg vom , Zl. 600000/xxxxx/2007, mit dem Alkoholsteuer für die Monate Oktober 2007 und November 2007 vorgeschrieben wurde, entschieden:
Die als Vorlageerinnerung bezeichnete Eingabe (Fax) vom wird als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom , Zl. 600000/xxxxx/2007, wurde für A, Adresse, Alkoholsteuer für die Monate Oktober 2007 und November 2007 festgesetzt.
Dagegen hat A durch seinen ausgewiesenen Vertreter mit Eingabe vom Berufung eingebracht.
Am langte beim unabhängigen Finanzsenat eine als Vorlageerinnerung im Sinne von § 276 Abs. 6 BAO bezeichnete Eingabe (Fax) ein. Der Vertreter des Einschreiters hat eine Ablichte (oder Mehrausfertigung) des an das Zollamt Salzburg gerichteten und dort auch eingebrachten Berufungsschreibens handschriftlich um die Fax-Nummer des unabhängigen Finanzsenates und um das Wort "Vorlageerinnerung" ergänzt und sodann dem unabhängigen Finanzsenat vorgelegt.
Der unabhängige Finanzsenat hat erwogen:
In den Art. 243 - 246 ZK sind die für die Gemeinschaft geltenden Vorschriften zum Rechtsbehelf in Zollsachen festgelegt. Diese sind unmittelbar in den Mitgliedsstaaten verbindlich und haben Vorrang vor innerstaatlichem Recht.
Gemäß Art. 243 Abs. 1 erster Satz ZK kann jede Person einen Rechtsbehelf gegen Entscheidungen der Zollbehörden auf dem Gebiet des Zollrechts einlegen, die sie unmittelbar und persönlich betreffen.
Art. 243 Abs. 1 ZK sieht vor, dass vor einer Zollbehörde ein erstinstanzliches Verfahren stattzufinden hat, welches zu einer Entscheidung führt, wogegen ausdrücklich ein Rechtsbehelf eingeräumt wird.
Der von Art. 243 Abs. 1 ZK vorgesehene Rechtsbehelf ist nach Abs. 2 Buchstabe a der zitierten Bestimmung des Zollkodex zunächst "auf einer ersten Stufe" wiederum bei einer (dafür gesetzlich bestimmten) Zollbehörde einzulegen. Es hat demnach gegen die erstinstanzliche zollbehördliche Entscheidung ein erster administrativer Rechtszug stattzufinden. Rechtsmittelbehörde ist nach der ausdrücklichen Anordnung des Art. 243 Abs. 2 Buchstabe a ZK wieder eine Zollbehörde als Rechtsbehelfsbehörde der ersten Stufe (siehe ; , 99/16/0530).
Gemäß § 85c Abs. 1 ZollR-DG (BGBl. I 2002/97 und BGBl. 2011/76) ist gegen Berufungsvorentscheidungen sowie wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Berufungsbehörde der ersten Stufe als Rechtsbehelf der zweiten Stufe (Art. 243 Abs. 2 Buchstabe b ZK) die Beschwerde an den unabhängigen Finanzsenat als Rechtsbehelfsbehörde der zweiten Stufe (§ 1 UFSG) zulässig.
Gemäß § 85c Abs. 8 ZollR-DG gelten für die Einbringung der Beschwerde, das Verfahren des unabhängigen Finanzsenates sowie dessen Entscheidungen die diesbezüglichen Bestimmungen der BAO, soweit die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Regelungen nicht entgegenstehen, sinngemäß (§ 85c Abs. 8 ZollR-DG; BGBl. I 2002/97 und BGBl 2011/76).
Gemäß § 85f ZollR-DG haben die Zollbehörden ... die §§ 85a bis 85e auch dann anzuwenden, wenn sie nicht im Rahmen des Geltungsbereiches des § 2 Abs. 1 und 2 tätig werden (BGBl I 1998/13).
Der Geltungsbereich des § 2 Abs. 1 und 2 ZollR-DG umfasst insbesondere das gemeinschaftliche Zollrecht (Zollrecht im Sinne des Art. 1 ZK), nicht vom Zollkodex erfasste gemeinschaftlich und innerstaatlich geregelte Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- und Ausgangsabgaben) und andere Geldleistungen, soweit im ZollR-DG oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht anders bestimmt ist. Die Bestimmungen des ZollR-DG über das Berufungs- und Beschwerdeverfahren gelten für die Verbrauchsteuern auch dann, wenn sie - wie im Gegenstande - keine sonstigen Eingangsabgaben sind (siehe Ritz, BAO-Handbuch, Linde Verlag, 2002, S 307).
Gemäß § 276 Abs. 6 BAO hat die Abgabenbehörde erster Instanz die Berufung, über die eine Berufungsvorentscheidung nicht erlassen wurde oder über die infolge eines zeitgerechten Vorlageantrages von der Abgabenbehörde zweiter Instanz zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen. Die Abgabenbehörde erster Instanz hat die Parteien (§ 78) vom Zeitpunkt der Vorlage an den unabhängigen Finanzsenat unter Anschluss einer Ausfertigung des Vorlageberichtes zu verständigen. Erfolgt innerhalb von zwei Monaten ab Einbringung der Berufung oder des Vorlageantrages bei der Abgabenbehörde erster Instanz weder eine das Berufungsverfahren abschließende Erledigung der Abgabenbehörde erster Instanz, noch eine Aussetzung der Berufung nach § 281 oder eine Verständigung von der Vorlage der Berufung, so kann eine Partei (§ 78) bei dem unabhängigen Finanzsenat eine Vorlageerinnerung einbringen. Diese wirkt wie eine Vorlage der Berufung durch die Abgabenbehörde erster Instanz, wenn sie die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides und Angaben über die Einbringung der Berufung enthält.
Im Gegensatz zu den Finanzämtern als Abgabenbehörden erster Instanz, die die Möglichkeit haben, über eine Berufung mittels Berufungsvorentscheidung zu entscheiden (Argument "kann" in § 276 Abs. 1 BAO) "hat" gemäß Art. 243 Abs. 2 lit. a ZK gegen erstinstanzlich zollbehördliche Entscheidungen zunächst ein erster administrativer Rechtszug stattzufinden. Die anzurufende Rechtsmittelbehörde ist nach der ausdrücklichen Anordnung des Art. 243 Abs. 2 lit. a ZK wieder eine Zollbehörde als Rechtsbehelfsbehörde der ersten Stufe.
Wie bereits dargelegt, hat der unabhängige Finanzsenat als Rechtsbehelfsbehörde in den Zollverfahren über von den Zollämtern (als Berufungsbehörden erster Stufe) zwingend zu erlassende Berufungsvorentscheidungen zu entscheiden.
Die Entscheidungskompetenz über die vom Einschreiter eingebrachte Berufung gegen den Bescheid des Zollamtes Salzburg kann durch die von ihm eingebrachte Vorlageerinnerung daher nicht auf den unabhängigen Finanzsenat übergehen.
Auf Grund der eindeutigen Bezeichnung der Eingabe als "Vorlageerinnerung" gemäß § 276 Abs. 6 BAO kann daher auch nicht darauf geschlossen werden, dass es sich bei dieser von einer Steuerberatungsgesellschaft eingebrachten Eingabe um eine Beschwerde im Sinne des § 85c Abs. 1 ZollR-DG wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Berufungsbehörde erster Stufe (Säumnisbeschwerde) handeln sollte.
Das Anbringen vom ("Vorlageerinnerung") war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | Art. 243 Abs. 2 lit. a ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 § 276 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85c Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 § 85c Abs. 8 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 § 85f ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 § 2 Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 § 2 Abs. 2 ZÄG, Zahnärztegesetz, BGBl. I Nr. 126/2005 |
Schlagworte | Vorlageerinnerung Berufungsvorentscheidung zwingend Rechtsbehelfsbehörde der ersten Stufe Rechtsbehelfsbehörde der zweiten Stufe |
Verweise | |
Anmerkung | siehe Ritz, BAO-Handbuch. Linde-Verlag, 2002, S 307 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at