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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 20.01.2009, RV/0492-W/05

1. Ausmaß der Zuordnung eines Gasthausgebäudes mit Privatwohnung und teilweise saniertem, ausgebautem Dachgeschoß zum Betriebsvermögen bzw Unternehmensvermögen; 2. Vorsteuersteuerberichtigung;

Beachte

Abweichender Sachverhalt als im VwGH-Erk , 86/14/0129, welches dem ersten Satz von EStR 2000 Rz 563 zugrundeliegt.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/0492-W/05-RS1
Die Widmung eines Gebäudeteiles als privat oder betrieblich bleibt solange erhalten, bis eine andere Widmung wirksam wird. Ein betrieblich gewidmeter Gebäudeteil, dessen Sanierung begonnen und aus Geldmangel gestoppt wurde, woraufhin dieser Gebäudeteil unbenutzbar verbleibt, stellt eine fehlgeschlagene Investition dar. Daher bleibt dieser Gebäudeteil, dessen Vorhandensein zwangsläufig mit dem betrieblich genutzten Gebäudeteil verknüpft ist, trotz Nichtnutzung betrieblich gewidmet und notwendiges Betriebsvermögen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die mit datierte Berufung der Bw, am beim Finanzamt eingereicht, gegen den Umsatzsteuerbescheid 1998 und gegen die Einkommensteuerbescheide 1998, 1999, 2000, 2001 und 2002 des Finanzamtes X vom 1., 2. und entschieden:

Der Berufung wird teilweise stattgegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Gegenstand dieser Berufungsentscheidung ist die - in dem mit datierten und am beim Finanzamt eingereichten Schriftsatz erhobene - Berufung nur soweit, wie dies im Spruch dieser Berufungsentscheidung angeführt ist, wobei die diesbezüglich angefochtenen Bescheide an die Berufungswerberin (Bw) als (materielle) Bescheidadressatin ergangen sind. Soweit im vorgenannten Schriftsatz auch Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 1993 und 1994 erhoben worden ist, sind die angefochtenen Bescheide unter Angabe von "Erbe Nach Fam.name Vorname" als (materiellem) Bescheidadressaten zu Handen der Bw (als Zustellempfängerin) ergangen, und wird darüber vom UFS gesondert unter GZ. RV/0493-W/05 entschieden.

Die Bw hatte gemeinsam mit ihrem Ehegatten Vorname eine Liegenschaft mit einem stillgelegten Gasthaus erworben. Noch zu Lebzeiten des Ehegatten (bis 1995) hatte die Renovierung des Hauses begonnen mit dem Ziel, das Gasthaus wiederzueröffnen. In dem Gebäude sollten der gastronomische Teil des Betriebes, Fremdenzimmer und private Wohnräume (wieder)hergestellt werden.

Nach dem Tod ihres Ehegatten, dessen Erben laut Einantwortungsurkunde die Bw und ihre Schwiegereltern sind, ging laut Erbteilungsübereinkommen dessen Anteil an der Liegenschaft mit dem Gasthaus in das Eigentum der Bw über. Ab dem Jahr 1998 erzielte die Bw Einnahmen aus dem Gasthaus. Die Bw nimmt die Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs 1 EStG 1988 vor.

Für das Jahr 1998 erklärte die Bw Umsätze aus Lieferungen und sonstigen Leistungen iHv 72.158,18 öS sowie aus Eigenverbrauch iHv 7.833,33 öS, insgesamt somit 79.991,51 öS; davon mit 20% zu versteuern: 42.653,33 öS und mit 10% zu versteuern: 37.338,18 öS. Als Gesamtbetrag der Vorsteuern wurde 59.705,99 öS erklärt. (ESt-Akt Bl 4f/1998).

Das Finanzamt erließ einen erklärungsgemäßen, gemäß § 200 Abs 1 BAO vorläufigen, mit datierten Umsatzsteuerbescheid 1998 an die Bw, mit dem die Umsatzsteuer für das Jahr 1998 vorläufig mit -47.441 öS, was -3.447,67 € entspricht, festgesetzt wurde (Ausdruck einer Zweitschrift: UFS-Akt Bl 14f).

Für das Jahr 1998 erklärte die Bw Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv -333.949 öS (ESt-Akt Bl 7f/1998); in der diesbezüglichen Erfolgsrechnung (GuV-Rechnung) wurde eine Gebäude-AfA iHv 122.735,73 öS angesetzt, welche laut Anlagenverzeichnis (ESt-Akt Bl 3/1998) sich zusammensetzte aus: 5.000 öS AfA hinsichtlich der zu 50% als betrieblich angesetzten Gebäudeanschaffungskosten; 117.735,73 öS AfA hinsichtlich der Adaptierungskosten des Gebäudes.

Das Finanzamt erließ einen erklärungsgemäßen, gemäß § 200 Abs 1 BAO vorläufigen, mit datierten Einkommensteuerbescheid 1998 an die Bw, mit dem die Einkommensteuer für das Jahr 1998 vorläufig mit 0 öS festgesetzt wurde (Ausdruck einer Zweitschrift: UFS-Akt Bl 16ff).

Für das Jahr 1999 erklärte die Bw Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv -128.982 öS (ESt-Akt Bl 16f/1999).

Das Finanzamt erließ einen erklärungsgemäßen, gemäß § 200 Abs 1 BAO vorläufigen, mit datierten Einkommensteuerbescheid 1999 an die Bw, mit dem die Einkommensteuer für das Jahr 1999 vorläufig mit 0 öS festgesetzt wurde (Ausdruck einer Zweitschrift: UFS-Akt Bl 20ff).

Für das Jahr 2000 erklärte die Bw Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv -46.625 öS (ESt-Akt Bl 18f/2000).

Das Finanzamt erließ einen erklärungsgemäßen, gemäß § 200 Abs 1 BAO vorläufigen, mit datierten Einkommensteuerbescheid 2000 an die Bw, mit dem die Einkommensteuer für das Jahr 2000 vorläufig mit 0 öS festgesetzt wurde (Ausdruck einer Zweitschrift: UFS-Akt Bl 24ff).

Für das Jahr 2001 erklärte die Bw Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 34.920 öS (ESt-Akt Bl 9f/2001).

Für das Jahr 2002 erklärte die Bw Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 3.580 € (ESt-Akt Bl 10f/2002).

Betreffend die Steuererklärungen 2001 und 2002 richtete das Finanzamt im März 2004 einen Vorhalt an die Bw (ESt-Akt Bl 12/2002), der durch anschließend eingeheftete Unterlagen beantwortet wurde. Laut Blatt "Berechnung der Gebäudenutzflächen", ESt-Akt Bl 14/2002, ergebe sich - unter Außerachtlassung der gemischt genutzten Flächen - eine Aufteilung von 86% betrieblich und 14% privat, wobei hinsichtlich des Streitpunktes - des Ansatzes des Dachgeschoßes - jeweils 0 m2 angesetzt wurden mit der Begründung: "derzeit keine Nutzung möglich (lt. Einreichplan = 4 Fremdenzimmer vorgesehen)" Zuvor waren bereits Nachschauen und USO-Prüfungen durchgeführt worden, auf die ggfs später verwiesen werden wird.

Das Finanzamt erließ einen gemäß § 200 Abs 2 BAO endgültigen und mit datierten Umsatzsteuerbescheid 1998 an die Bw (ESt-Akt Bl 10f/1998). Dieser unterschied sich vom vorläufigen Umsatzsteuerbescheid 1998 vom durch - zusätzlich: Berichtigung der Vorsteuer gemäß § 12 Abs. 10 und Abs. 11 iHv 57.033,58 öS, - eine Umsatzsteuerfestsetzung (Zahllast) iHv 9.592 öS (bzw 697,08 €) statt -47.441 öS, - Umrechnung in Euro - und die Begründung: "Von den Baukosten 1993 bis 1995, die das gesamte Gebäude betreffen und nach der Nutzfläche in einen privaten und einen betrieblichen Teil aufgeteilt werden, wurden 73% als betrieblich genutzt anerkannt. Bei der Berechnung des Prozentsatzes wurde das Dachgeschoß beim Privatanteil berücksichtigt, da es derzeit und auch in naher Zukunft nicht betrieblich genutzt wird. Die Vorsteuerberichtigung für den privaten Teil wurde wie folgt ermittelt: Baukosten S 1,056.177,52, davon 27% privat S 285.167,92, davon 20% Vorsteuer S 57.033,58."

Das Finanzamt erließ einen gemäß § 200 Abs 2 BAO endgültigen und mit datierten Einkommensteuerbescheid 1998 an die Bw (ESt-Akt Bl 12ff/1998). Dieser unterschied sich vom vorläufigen Einkommensteuerbescheid 1998 vom durch höhere (=negative, im Absolutbetrag geringere) Einkünfte aus Gewerbebetrieb, zusätzlich angeführte nicht ausgleichsfähige Verluste und einen anderen Gesamtbetrag der Einkünfte, aber nicht in der Höhe von Einkommen und Einkommensteuer (jeweils Null) und wurde wie folgt begründet: "Von den Baukosten 1993 bis 1995, die das gesamte Gebäude betreffen und nach der Nutzfläche in einen privaten und einen betrieblichen Teil aufgeteilt werden, wurden 73% als betrieblich genutzt anerkannt. Bei der Berechnung des Prozentsatzes wurde das Dachgeschoß beim Privatanteil berücksichtigt, da es derzeit und auch in naher Zukunft nicht betrieblich genutzt wird.Die AFA-Basis wurde dahingehend berichtigt, eine AfA von 4% berücksichtigt.Der Investitionsfreibetrag wurde um den privaten Anteil gekürzt." (Anzumerken ist, dass dem Einkommensteuerbescheid 1998 keine Kürzung des IFB zu entnehmen ist; und es wurden genau die geltend gemachten 18.091 öS als nichtausgleichsfähige Verluste einkunftserhöhend angesetzt, was auch in der BVE geschah. Da in der vorliegenden Berufungsentscheidung letztendlich von einer Zugehörigkeit des gesamten Gebäudes zum Betriebsvermögen ausgegangen werden wird, wird sich auch hier eine Kürzung des IFB um einen Privatanteil erübrigen.)

Das Finanzamt erließ unter Verweis auf die Begründung des Vorjahresbescheides einen gemäß § 200 Abs 2 BAO endgültigen und mit datierten Einkommensteuerbescheid 1999 an die Bw (ESt-Akt Bl 21ff/1999). Dieser unterschied sich vom vorläufigen Einkommensteuerbescheid 1999 vom durch höhere (=negative, im Absolutbetrag geringere) Einkünfte aus Gewerbebetrieb, zusätzlich angeführte nicht ausgleichsfähige Verluste und einen anderen Gesamtbetrag der Einkünfte, aber nicht in der Höhe von Einkommen und Einkommensteuer (jeweils Null).

Das Finanzamt erließ einen gemäß § 200 Abs 2 BAO endgültigen und mit datierten Einkommensteuerbescheid 2000 an die Bw (ESt-Akt Bl 21ff/2000). Dieser unterschied sich vom vorläufigen Einkommensteuerbescheid 2000 vom durch höhere (=negative, im Absolutbetrag geringere) Einkünfte aus Gewerbebetrieb und einen anderen Gesamtbetrag der Einkünfte, aber nicht in der Höhe von Einkommen und Einkommensteuer (jeweils Null).

Das Finanzamt erließ einen mit datierten Einkommensteuerbescheid 2001 an die Bw, in dem 43.000 öS an Einkünften aus Gewerbebetrieb angesetzt waren (ESt-Akt Bl 14ff/2001).

Das Finanzamt erließ einen mit datierten Einkommensteuerbescheid 2002 an die Bw, in dem 4.085,66 € an Einkünften aus Gewerbebetrieb angesetzt waren (ESt-Akt Bl 21ff/2002).

Mit Schreiben vom , beim Finanzamt eingereicht am , stellte die Bw einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist, worin u.a. ausgeführt wurde, dass nach der EuGH-Entscheidung in der Sache Seeling eine Kürzung der Vorsteuer gar nicht in Betracht komme (ESt-Akt Bl 24/2002).

Mit Schreiben vom , beim Finanzamt eingereicht am , erhob die Bw die Berufung, über die mit der vorliegenden Berufungsentscheidung sowie mit einer Erledigung zur GZ. RV/0493-W/05 - wie bereits eingangs ausgeführt - abgesprochen wird. Das Begehren lautet auf eine Korrektur der Steuerbescheide dahin, dass eine betriebliche Nutzung von 86% zugrundegelegt werde; aus dieser Berechnung resultiere eine Vorsteuerkorrektur von 29.572,90 öS.

Das Finanzamt erließ - zu Ungunsten der Bw abändernde - Berufungsvorentscheidungen zu folgenden Abgaben an die Bw, die jeweils mit datiert waren und folgende Änderungen bewirkten:

  • Umsatzsteuer 1998 (ESt-Akt Bl 15f/1998): Erhöhung der Berichtigung der Vorsteuer gemäß § 12 Abs. 10 und Abs. 11 auf 78.157,14 öS bzw 5.679,90 €; Erhöhung der festgesetzten Umsatzsteuer (Zahllast) auf 2.232,22 € (bzw 30.716 öS);

  • Einkommensteuer 1998 (ESt-Akt Bl 17ff/1998): Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv-296.070 öS statt -301.295 öS; Folgewirkungen auf den Gesamtbetrag der Einkünfte;

  • Einkommensteuer 1999 (ESt-Akt Bl 24ff/1999): Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv-90.505 öS statt -95.610 öS; Folgewirkungen auf den Gesamtbetrag der Einkünfte;

  • Einkommensteuer 2000 (ESt-Akt Bl 24ff/2000): Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv-8.088 öS statt -13.160 öS; Folgewirkungen auf den Gesamtbetrag der Einkünfte;

  • Einkommensteuer 2001 (ESt-Akt Bl 17ff/2001): Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv48.728 öS statt 43.000 öS; Folgewirkungen auf die Höhe der gemäß § 2 Abs 2b Z 1 bzw Z 2 EStG 1988 verrechenbar gewordenen bzw. abziehbaren Verluste, auf den Gesamtbetrag der Einkünfte und das Einkommen;

  • Einkommensteuer 2002 (ESt-Akt Bl 21ff/2002): Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv4.501,79 € statt 4.085,66 €; Folgewirkungen auf die Höhe der gemäß § 2 Abs 2b Z 1 bzw Z 2 EStG 1988 verrechenbar gewordenen bzw. abziehbaren Verluste, auf den Gesamtbetrag der Einkünfte und das Einkommen.

Gleich blieb bei allen Einkommensteuerveranlagungen die festgesetzte Einkommensteuer iHv jeweils Null.

Die Zweitschrift der zusätzlichen Begründung zu den Berufungsvorentscheidungen befindet sich im ESt-Akt als Bl 45ff/2002 und es wird darin u.a. ausgeführt: "Der Dachboden ist laut obigen Ausführungen nur dann in die Berechnung des Aufteilungsschlüssels einzubeziehen, wenn dieser aufgrund seiner Bauweise eine Schutzfunktion hinsichtlich Wärme, Kälte, Feuchtigkeit und Verschmutzung darstellt. Wie den Niederschriften im Zuge mehrerer Nachschauen in den Jahren 1996 bis 1999 zu entnehmen ist, ist der gegenständliche Dachboden durchaus geeignet eine derartige Schutzfunktion zu übernehmen. Diese Beurteilung erfährt auch durch den Umstand, dass der Umbau des Dachgeschosses aufgrund finanzieller Schwierigkeiten nicht beendet werden konnte, keine Änderung.""Ein nicht genutzter Raum zählt in Anwendung der herrschenden Rechtsmeinung in einem gemischt genutzten Gebäude zum Privatvermögen (sprich NICHT betrieblich genutztem Gebäudeteil). Im gegenständlichen Berufungsverfahren ist das Dachgeschß daher unverändert in die Berechnung des Aufteilungssschlüssels einzubeziehen und mangels Nutzung dem Privatvermögen zuzurechnen."

Am wurde ein Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist beim Finanzamt eingereicht (ESt-Akt Bl 50/2002).

Mit Schreiben vom , beim Finanzamt eingereicht am , erhob die Bw Berufung gegen die Berufungsvorentscheidung betreffend Umsatzsteuer 1998 und Einkommensteuer 1998 bis 2002 (ESt-Akt Bl 53f/2002).

Am wurde vom Finanzamt das streitgegenständliche Gebäude, insb der Dachboden, besichtigt und darüber folgende Niederschrift aufgenommen (ESt-Akt Bl 58/2002): "Bei der Besichtigung wurde festgestellt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Dachboden um ein ausgebautes Dachgeschoß handelt, das aber aufgrund seines desolaten bzw. sanierungsbedürftigen Zustandes derzeit weder privat noch betrieblich genutzt werden kann. Das Dachgeschoß verfügt über keine Heizung, die Elektroinstallationen wurden teilweise vorbereitet...."

Über die Berufung wurde erwogen:

Das als Berufung bezeichnete Rechtsmittel vom , eingebracht am , ist als das einzige gegen die Berufungsvorentscheidungen hinsichtlich Umsatzsteuer 1998 und Einkommensteuer 1998 bis 2002 vorgesehene Rechtsmittel, und zwar als Vorlageantrag (= Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz) gemäß § 276 Abs 2 BAO aufzufassen.

Zur Gebäudezuordnung auf einerseits unternehmerisch/betrieblich und andererseits privat:

Bis einschließlich 1996 sind aus den Steuererklärungen samt Beilagen keine Abweichungen zwischen umsatzsteuerlicher Zuordnung zum Unternehmen und einkommensteuerlicher Zuordnung zum Betrieb zu erkennen:

  • Aus der mit der Bw als Erbin nach ihrem Ehegatten aufgenommenen Niederschrift über die Nachschau vom (Original: ESt-Akt des Gatten, Dauerbelege Bl 71f) geht hervor, dass laut telefonischer Rücksprache mit dem Steuerberater "bisher für den Privatbereich nichts ausgeschieden (wurde), da die endgültige Nutzung 1995 noch nicht feststand. Eine Privatentnahme wird lt. Angabe für diesen Privatbereich angesetzt."

  • Dem entspricht auch die Aktenlage betreffend den Ehegatten und Gesamtrechtsvorgänger der Bw (Steuererklärungen samt Beilagen für die Jahre bis einschließlich 1995), weil nichts auf eine geringere als 100%ige Zuordnung des Gebäudes zum Betriebsvermögen und nichts auf eine Geltendmachung von weniger als 100% der Vorsteuern hindeutet.

  • Ebenso die Aktenlage betreffend die Bw im Jahr 1996.

Hingegen wurde erstmals für das Jahr 1997 - zusätzlich zu den in den Vorjahren aktivierten Baukosten ("Adaptierung Gebäude") - auch ein Ansatz "Betriebsgebäude" iHv 125.000 öS in die Bilanz der Bw aufgenommen, wobei laut Anlageverzeichnis 50% des diesbezüglichen Anschaffungswertes iHv 250.000 öS betrieblich seien. Ab 1998 erfolgte die Abschreibung dieser Bilanzposition.

Die von einem Steuerpflichtigen vorgenommene Zuordnung eines Wirtschaftsgutes zum einkommensteuerrechtlichen Betriebsvermögen (inkl. dem Ausmaß dieser Zuordnung) sowie die Zuordnung eines Gegenstandes zum umsatzsteuerrechtlichen Unternehmensvermögen (inkl. dem Ausmaß dieser Zuordnung) kann nur soweit maßgebend sein für die steuerrechtliche Zuordnung, als sie überhaupt möglich und zulässig ist. Dasselbe Wirtschaftsgut (hier: das Gebäude) hinsichtlich der Anschaffungskosten in einem anderen Ausmaß dem Betriebsvermögen zuzuordnen als hinsichtlich der - im Übrigen fast zehnmal so hohen - Adaptierungskosten ist unmöglich. Ebenso wären die Anschaffungskosten nicht erst per Ende 1997, sondern schon bei Anschaffung (bzw bei allfällig späterem steuerlichem Betriebsbeginn, der nicht mit dem Beginn der Einnahmenerzielung gleichzusetzen ist) zu aktivieren gewesen. Die Anschaffungskosten des Gebäudes wären jedenfalls schon ab dem Beginn der Aktivierung von Adaptierungskosten (1992) zu aktivieren gewesen. Eine Entnahme der Hälfte der auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten - quer durch das einheitliche Wirtschaftsgut ´Gebäude´ - per Bilanzstichtag ist unmöglich.

Auch wenn sich im Betriebsgebäude die Privatwohnung befindet, liegt zur Gänze ein Betriebsgebäude vor, wenn die Privatwohnung von einer bloß untergeordneten Bedeutung ist, was idR bis zu einem Anteil von 20% am Gebäude der Fall ist (vgl Doralt, EStG11, § 4 Tz 85f).

Aus den Beschriftungen und den Türen (bzw als Gegensatz: aus den nicht durchbrochenen Wänden) laut Einreichplan aus dem Jahr 1992 (ESt-Akt/Dauerbelege, in Klarsichthülle) ist zu erkennen, dass das von der Bw in den Beilagen zur Beantwortung des Vorhaltes vom mit 63,11 m2 bekanntgegebene Ausmaß der Privaträume (ESt-Akt Bl 14/2002), von dem in der Berufungsvorentscheidung auch das Finanzamt ausging, weitgehend dem Einreichplan aus 1992 entspricht. Jedoch gehen aus den - mit dem Ehegatten der Bw am (vgl dessen ESt-Akt DB Bl 19f) - mit der Bw am (vgl aaO Bl 62f) aufgenommenen Niederschriften jeweils ca 100 m2 Wohnfläche im ersten Stock hervor. Eine Schätzung erfolgte auch in der Niederschrift vom anlässlich der USO-Prüfung ("Im Obergeschoß befinden sich 3 unfertige Räume und die Wohnung mit ca 80 m2."); und im Anschluss daran erfolgte eine genaue Ermittlung mit 83,93 m2, insb durch Einbeziehung eines Zimmers mit 17,64 m2 = Zimmer 1 laut Einreichplan. (ESt-Akt Dauerbelege Bl 4f).

Aus ESt-Akt Bl 14/2002, einer der von der Bw zur Beantwortung des Vorhaltes vom eingereichten Beilagen, von der auch das Finanzamt großteils in der Berufungsvorentscheidung ausging, sind auch folgende Flächenausmaße zu entnehmen, wobei nur das Dachgeschoß zwischen Finanzamt und Bw strittig ist:


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in Quadratmetern
betrieblich
privat
gemischt
Summe
Keller
39,75
62,17
betrieblich
Erdgeschoß
216,58
119,64
und privat
Obergeschoß
124,79
63,11
30,34
(ohne gemischt)
Summen laut Bw
381,12
63,11
212,15
444,23
Anteile laut Bw
86%
14%
 
zusätzlich laut BVE
 
161,00
 
 
Summen laut BVE
381,12
224,11
 
605,23
Anteile laut BVE
63%
37%
 

Bei der Lösung der Streitfrage durch die vorliegende Berufungsentscheidung ist dem Finanzamt zuzustimmen, dass auch das ausgebaute Dachgeschoß in die Berechnung des Aufteilungsschlüssels einzubeziehen ist, d.h. es wird mit einer Basis bzw einem Nenner von 605,23 m2 gerechnet. Damit wird auch beiden Streitparteien zugestimmt, dass die gemischt genutzten Flächen nicht in die Ermittlung des Aufteilungsschlüssels einbezogen werden.

Die der Ermittlung des Aufteilungsschlüssels zugrundeliegende Zuordnung wird nach dem Prinzip vorgenommen, dass die Widmung eines Gebäudeteiles - sei sie nun privat oder betrieblich/unternehmerisch - solange erhalten bleibt, bis eine andere Widmung wirksam wird.

Die anfängliche Widmung des Dachgeschoßes war betrieblich, wie aus dem Einreichplan hervorgeht (Zimmer 5 bis 8).

Das Finanzamt geht laut Erledigungsvermerk zur BVE (ESt-Akt Bl 39ff/2002) von RZ 563 der EStR 2000 mit Verweis auf aus, um einen nicht genutzten Raum in einem gemischt genutzten Gebäude dem Privatvermögen zuzuordnen; und wendet dies auf das Dachgeschoß an. Dieser Anwendung auf das ggstdl Dachgeschoß wird aber nicht gefolgt:

Das Erkenntnis des , ÖStZB 1990/36 betraf den Sachverhalt der Nutzung eines Gebäudes zu einem Drittel zu privaten Wohnzwecken und zu einem Drittel betrieblich; das restliche Drittel war ungenutzt; die Ausführungen in dem Erkenntnis deuten nicht darauf hin, dass das ungenutzte Drittel früher betrieblich genutzt worden wäre. Der Sachverhalt wurde vom VwGH dahingehend rechtlich gewürdigt, dass das ungenutzte Drittel kein notwendiges Betriebsvermögen darstellt und bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG auch kein gewillkürtes Betriebsvermögen darstellen kann. Dies soll als allgemeine Regel nicht in Frage gestellt werden, jedoch ist der vorliegende Fall hinsichtlich des notwendigen Betriebsvermögens durch die sachverhaltsmäßige Abweichung gekennzeichnet, dass das strittige Dachgeschoß bereits betrieblich (und unternehmerisch) gewidmet war, als durch unvorhergesehene Ereignisse (Tod des Ehegatten und danach finanzieller Engpaß) die Sanierung des Dachgeschoßes gestoppt wurde. (Ein weiteres Merkmal des vorliegenden Falles ist, dass die Aufteilung des Gebäudes von Anfang an nicht auf der tatsächlichen Nutzung erfolgen konnte, sondern auf geplanten Nutzungen, sodass in der vorliegenden Berufungsentscheidung häufig der Begriff der Widmung statt der Nutzung verwendet wird.)

Die Anschaffung und die begonnene Sanierung des Dachgeschoßes stellen seit der durch Geldmangel verursachten Beendigung der Sanierungsarbeiten eine fehlgeschlagene Investition dar. Das Dachgeschoß ist aber zwangsläufig gemeinsam mit dem restlichen Gebäude vorhanden. Gegen die Einstufung als Privatvermögen sprechen Tz 49 und Tz 50 zu § 4 in Doralt, EStG11: Wenn in Tz 50 Wirtschaftsgüter, die zu notwendigem Betriebsvermögen zwangsläufig miterworben werden, als Betriebsvermögen betrachtet werden, so lässt sich dies auf den vorliegenden Fall übertragen. Ebenso sind die in Tz 49 angeführten unbrauchbar gewordenen, abgeschriebenen oder veralteten Wirtschaftsgüter, die weiterhin Betriebsvermögen bleiben, auf die fehlgeschlagene Investition in das Dachgeschoß im vorliegenden Fall übertragbar. Auch Jakom/Marschner EStG § 4 Tz 87 ist auf den vorliegenden Fall übertragbar: Werde die betriebliche Nutzung eines Wirtschaftsgutes eingestellt, bleibe das Wirtschaftsgut bis zu seinem tatsächlichen Ausscheiden dennoch notwendiges Betriebsvermögen, solange es nicht privat genutzt und damit entnommen werde. (Unter den Umständen des vorliegenden Falles deutet auch nichts auf eine Entnahme durch eine Widmung des Dachgeschoßes als privat, indem es als Vermögensanlage weiter behalten wurde, hin.)

Daher gehört das strittige Dachgeschoß, dessen Anschaffung und begonnene Sanierung eine fehlgeschlagene Investition darstellt, auch nach dem erzwungenen Abbruch der Sanierungsarbeiten zum notwendigen Betriebsvermögen des Gasthauses. Dies gilt umso mehr auch für das umsatzsteuerliche Unternehmensvermögen, weil das Umsatzsteuerrecht durch den Einfluss des europäischen Gemeinschaftsrechtes seit mehr Zuordnungswahlrechte zum Unternehmensvermögen vorsieht, die durch BGBl I 1998/9 für die Jahre 1998 und 1999 auch innerstaatlich übernommen wurden (Ruppe, UStG3, § 12 Tz 86/2; spätere innerstaatliche Änderungen dieser umsatzsteuerlichen Regelung sind hier nicht von Belang, weil der umsatzsteuerliche Streitzeitraum mit dem Ablauf des Jahres 1998 endet).

Bei der Zuordnung zur privaten Nutzfläche ist ebenso nach dem Prinzip vorzugehen, dass die Widmung eines Gebäudeteiles - sei sie nun privat oder betrieblich/unternehmerisch - solange erhalten bleibt, bis eine andere Widmung wirksam wird. Die ursprüngliche Widmung laut Einreichplan und laut schlussendlicher tatsächlicher Nutzung, von der beide Streitparteien ausgehen (63,11 m2), war zwischenzeitlich durch die Absicht, größere Privatwohnflächen zu nutzen, ausgeweitet worden. Diese Absicht geht schon aus der o.a. Niederschrift vom hervor; die tatsächliche Bewohnung von ca. 100 m2, die aber nicht genau ermittelt wurden geht aus der o.a. Niederschrift vom hervor. Die genaue Ermittlung der privat bewohnten Flächen - ohne als gemischt eingestufte Gangflächen, was die Diskrepanzen zur Schätzung erklärt - erfolgte im Rahmen der bereits erwähnten USO-Prüfung am mit 83,93 m2. In den Erfolgsrechnungen (GuV-Rechnungen) der Bw sind ab dem Jahr 1999 Zimmererlöse verbucht.

Dem von beiden Streitparteien angenommenen Ausmaß der privaten Wohnfläche von 63,11 m2 kann daher erst für die Jahre ab 1999 gefolgt werden, weil erst die tatsächliche betriebliche Nutzung des zwischendurch privat gewidmeten Zimmers für die Zimmervermietung eine Umwidmung auf betrieblich bewirken kann. Für die Jahre 1994 bis 1998 ist hingegen für die Ermittlung des Aufteilungsschlüssels von einem als private Wohnfläche gewidmeten Ausmaß von 83,93 m2 auszugehen und entsprechend der betriebliche Anteil der Nutzung im Obergeschoß zu vermindern. Indem die o.a. Tabelle demgemäß adaptiert wird, ergibt sich folgende Aufteilung des Gebäudes laut Berufungsentscheidung:


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bis 1998 / in Quadratmetern
betrieblich
privat
gemischt
Summe
Keller
39,75
62,17
betrieblich
Erdgeschoß
216,58
119,64
und privat
Obergeschoß
103,97
83,93
30,34
ohne gemischt
Dachgeschoß
161,00
 
Summen laut BE
521,30
83,93
212,15
605,23
%-Anteile laut BE für 1998
86%
14%
 
ab 1999 / in Quadratmetern
betrieblich
privat
gemischt
Summe
Keller
39,75
62,17
betrieblich
Erdgeschoß
216,58
119,64
und privat
Obergeschoß
124,79
63,11
30,34
ohne gemischt
Dachgeschoß
161,00
 
Summen laut BE
542,12
63,11
212,15
605,23
%-Anteile laut BE ab 1999
90%
10%
 

Zur Umsatzsteuer 1998:

Mit der strittigen Vorsteuerberichtigung will das Finanzamt die die Baukosten der Jahre 1993 bis 1995 betreffenden Vorsteuerbeträge, soweit sie auf den privat genutzten Anteil am umgebauten Gebäude entfallen, vorschreiben. Demnach wurde in der oben zitierten Begründung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides 1998 von Baukosten der Jahre 1993 bis 1995 iHv 1.056.177,52 öS ausgegangen. Auf den Privatanteil im Ausmaß von 27% laut Bescheid vom entfielen demgemäß 57.033,58 öS zu berichtigende Vorsteuer. Auf den Privatanteil im Ausmaß von 37% laut Berufungvorentscheidung (BVE) vom Dezember 2004 entfielen demgemäß 78.157,14 öS zu berichtigende Vorsteuer (vgl insb Zusatzblätter "Neuberechnung der Besteuerungsgrundlagen" zur BVE-Begründung; ESt-Akt Bl 48f/2002).

Wenn die Bw im Fristverlängerungsantrag vom vorbringt, dass nach der Entscheidung des EuGH in der Rs "Seeling" eine Kürzung der Vorsteuer gar nicht in Betracht komme, so ist darauf zu verweisen, dass eine Kürzung der Vorsteuer des Jahres 1998 nicht streitgegenständlich ist, weil der Gesamtbetrag der Vorsteuern des Jahres 1998 erklärungsgemäß und daher ungekürzt angesetzt worden ist. Die Bw führt das bis 1995 ihrem verstorbenen Ehegatten zuzurechnende Unternehmen weiter; als eine der Erben ist sie auch eine der Gesamtrechtsnachfolgerinnen ihres Ehegatten. Für die vom Ehegatten vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union am geltend gemachten Vorsteuern ist mangels damaliger Relevanz des europäischen Gemeinschaftsrechtes eine Vorgangsweise nach Art der "Seeling"-Rsp () nicht möglich (bzw gemäß dem damals schon getroffenen "Lennartz"; vgl Ruppe, UStG3, § 12 Tz 86/1), jedoch wurde der gleiche Effekt durch die innerstaatlichen Vorschriften erreicht:

§ 12 Abs 2 Z 1 UStG 1972 bestimmte für die Zuordnung zum Unternehmensvermögen und den Umfang des Vorsteuerabzuges: "(2) Lieferungen oder sonstige Leistungen sowie die Einfuhr von Gegenständen gelten als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie überwiegend für Zwecke des Unternehmens erfolgen. Hievon bestehen folgende Ausnahmen, die sinngemäß auch für die Einfuhr von Gegenständen gelten:1. Lieferungen oder sonstige Leistungen in Zusammenhang mit der Errichtung oder Erhaltung von Gebäuden gelten insoweit als für das Unternehmen ausgeführt, als die Entgelte hiefür nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind."

§ 12 Abs 2 Z 1 UStG 1994 idF vor BGBl I 9/1998 bestimmte (gemäß § 28 Abs 13 lit b UStG 1994 anwendbar bis ) für die Zuordnung zum Unternehmensvermögen (vgl Ruppe, UStG3, § 3 Tz 215) und den Umfang des Vorsteuerabzuges: "Lieferungen und sonstige Leistungen sowie die Einfuhr von Gegenständen gelten als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie für Zwecke des Unternehmens erfolgen. Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten Lieferungen, sonstige Leistungen und Einfuhren, die nicht zu mindestens 10% unternehmerischen Zwecken dienen. Hievon bestehen folgende Ausnahmen, die sinngemäß auch für die Einfuhr von Gegenständen gelten:1. Lieferungen oder sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Anschaffung, Errichtung oder Erhaltung von Gebäuden gelten insoweit als für das Unternehmen ausgeführt, als die Entgelte hiefür nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind.

Dadurch war zunächst bis die einkommensteuerliche 20%-Regel (vgl oben) auch umsatzsteuerlich anwendbar. Da in der vorliegenden Berufungsentscheidung von einem privat gewidmeten Anteil am Gebäude bis 1998 von 14% ausgegangen wird, war dieser Anteil untergeordnet und das gesamte Gebäude zählte zum Betriebsvermögen, die Ausgaben und Aufwendungen hierfür waren zur Gänze Betriebsausgaben (ggfs durch einnahmenseitig anzusetzende Nutzungsentnahmen zu neutralisieren; vgl Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, Anm 22 zu § 4 EStG). Für die Jahre 1993 bis 1995, aus denen die nach Ansicht des Finanzamtes gemäß § 12 Abs 10 und Abs 11 UStG 1994 zu berichtigende Vorsteuer stammt, stand die Vorsteuer daher ungekürzt zu und das Gebäude gehörte zur Gänze zum Unternehmensvermögen.

Durch das am ausgegebene BGBl I 1998/9 wurde (gemäß § 28 Abs 13 lit b UStG 1994 rückwirkend für Sachverhalte nach dem ) an § 12 Abs 2 Z 1 UStG 1994 folgender Satz angehängt: "Der Unternehmer hat jedoch die Möglichkeit, den Teil der Lieferungen oder sonstigen Leistungen, der danach nicht für das Unternehmen ausgeführt gilt, dem Unternehmen zuzuordnen." Damit reagierte der innerstaatliche Gesetzgeber auf die EuGH-Rechtsprechung in der Rechtssache "Armbrecht" (Ruppe, UStG2, § 12 Tz 95/1) Da der Verweis auf die einkommensteuerrechtliche Behandlung bis zu der ab dem Jahr 2000 anzuwendenden Änderung von § 12 Abs 2 UStG 1994 durch BGBl I 1999/106 erhalten blieb (vgl Ruppe, UStG3, § 12 Tz 94), war bis zum Ende des umsatzsteuerlichen Zeitraumes die 100%ige Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmen schon aufgrund der o.a. 20%-Regel gegeben, ohne dass auf die "Lennartz"- (bzw "Armbrecht"- oder "Seeling"-) Rechtsprechung einzugehen wäre.

Die vom Finanzamt vorgenommene Vorsteuerberichtigung basiert laut Bescheid auf den folgenden Absätzen des § 12 UStG 1994, welche in der für das Jahr 1998 anzuwendenden Fassung lauten:

"(10) Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden vier Kalenderjahren die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist für jedes Jahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges durchzuführen.

Dies gilt sinngemäß für Vorsteuerbeträge, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder bei Gebäuden auch auf Kosten von Großreparaturen entfallen, wobei der Berichtigungszeitraum vom Beginn des Kalenderjahres an zu laufen beginnt, das dem Jahr folgt, in dem die diesen Kosten und Aufwendungen zugrunde liegenden Leistungen im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen erstmals in Verwendung genommen worden sind.

Bei Grundstücken im Sinne des § 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) tritt an die Stelle des Zeitraumes von vier Kalenderjahren ein solcher von neun Kalenderjahren. Bei der Berichtigung, die jeweils für das Jahr der Änderung zu erfolgen hat, ist für jedes Jahr der Änderung von einem Fünftel, bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) von einem Zehntel der gesamten auf den Gegenstand, die Aufwendungen oder Kosten entfallenden Vorsteuer auszugehen; im Falle der Veräußerung oder der Entnahme ist die Berichtigung für den restlichen Berichtigungszeitraum spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Veräußerung erfolgte.

(11) Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer für sein Unternehmen hergestellt oder erworben hat oder bei sonstigen Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, die Voraussetzungen, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist, sofern nicht Abs. 10 zur Anwendung gelangt, eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung eingetreten ist."

§ 12 Abs 11 UStG 1994 bezieht sich nicht auf Gegenstände, die als Anlagevermögen genutzt werden, denn hierfür ist § 12 Abs 10 UStG 1994 anzuwenden (vgl Ruppe, UStG3, § 12 Tz 230). Das streitgegenständliche Gasthausgebäude war im umsatzsteuerlichen Streitjahre zweifellos dazu bestimmt, dem Betrieb der Bw dauerhaft zu dienen und wurde daher als Anlagevermögen genutzt.

Auf Anwendbarkeit zu untersuchen ist daher noch § 12 Abs 10 UStG 1994. Von den beiden Voraussetzungen (vgl Ruppe, UStG3, § 12 Tz 204) ist die erste - die Verwendung oder Nutzung als Anlagevermögen - erfüllt. Die zweite Voraussetzung ist die Änderung der Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren.

Unter "Änderung" sind hier andere, für den Vorsteuerabzug maßgebende Verhältnisse im Jahr 1998 gegenüber den Verhältnissen in den Jahren 1993 bis 1995, als die betreffenden Vorsteuern - wenn auch beim Gesamtrechtsvorgänger (hierzu vgl Ruppe, UStG3, § 12 Tz 201) - abgezogen worden sind, zu verstehen.

´Für den Vorsteuerabzug maßgebende Verhältnisse´ sind solche, die für den Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach § 12 Abs 3 UStG 1994 maßgebend sind, und nicht solche, die nach § 12 Abs 2 UStG 1994 dafür maßgebend sind, ob eine Leistung als für das Unternehmen ausgeführt gilt. Daher gibt es für Einlagen aus der Privatsphäre keine Vorsteuerberichtigung zugunsten des Unternehmers; und bei der Überführung von Unternehmensvermögen in den nichtunternehmerischen Bereich (Entnahmeeigenverbrauch) geht der Spezialtatbestand des Eigenverbrauchs vor. (Ruppe, UStG3, § 12 Tz 205f; ebenso bereits in der 1999 erschienenen zweiten Auflage, also noch vor der Umformulierung bzw Verschiebung der Eigenverbrauchstatbestände durch BGBl I 2003/134) § 12 Abs 10ff UStG 1994 hat hingegen beim unecht steuerfreien (Nutzungs)Eigenverbrauch eines bisher für steuerpflichtige Zwecke verwendeten Gegenstandes einen Anwendungsbereich (vgl Ruppe, UStG3, § 12 Tz 211 (8)).

Im Ausmaß der privaten Wohnnutzung nahm die Bw einen Nutzungseigenverbrauch am Gebäude (anders ausgedrückt: an dem mit einem Gebäude bebauten Grundstück) vor. Dieser Nutzungseigenverbrauch (einer der Fälle des § 1 Abs 1 Z 2 lit a UStG 1994) für Wohnzwecke war bis 1997 umsatzsteuerpflichtig und wurde durch die Änderungen von § 6 Abs 1 Z 16 UStG 1994 mittels BGBl I 1998/9, gemäß § 28 Abs 13 lit b für Sachverhalte nach dem anzuwenden, von der Umsatzsteuer befreit (vgl Ruppe, UStG2, § 1Tz 318 und § 6 Tz 355 und 355/1).

Damit bestanden im Jahr 1998 andere für den Vorsteuerabzug maßgebende Verhältnisse als in den Jahren 1993 bis 1995, indem statt steuerpflichtigem Eigenverbrauch nunmehr steuerfreier Eigenverbrauch an der Privatwohnung vorlag. Die Befreiung gemäß § 6 Abs 1 Z 16 UStG 1994 ist eine sogenannte unechte Befreiung, d.h. sie führt zu einem Vorsteuerausschluss gemäß § 12 Abs 3 UStG 1994 für die Ausführung steuerfreier Umsätze, denn auch der Eigenverbrauch zählt zu den Umsätzen. Nach dem oben zitierten Wortlaut des § 12 Abs 10 UStG 1994 erfolgt die Vorsteuerberichtigung im Ausmaß von einem Zehntel für jedes Jahr innerhalb der Neun-Jahres-Frist. Die Neun-Jahres-Frist war hinsichtlich der Vorsteuern der Jahre 1993 bis 1995 im Jahr 1998 noch nicht abgelaufen. Da es sich hier nicht um einen Entnahmeeigenverbrauch handelte, sondern um einen Nutzungseigenverbrauch, der die Privatwohnung weiterhin im Unternehmensvermögen beließ, ist die Berichtigung im Ausmaß eines Zehntels vorzunehmen (vgl auch Beispiel bei Ruppe, UStG2, auf Seite 1011 ganz oben).

Die Berichtigung macht somit ein Zehntel von 14% der Vorsteuer, welche 20% von 1.056.177,52 öS beträgt, aus, d.h. 1.056.177,52 x 14 x 20 : 100.000 = 2.957,29 öS. Dies ist im Übrigen - zum Vorteil der Bw - nur ein Zehntel der von der Bw als Berufungsbegehren genannten 29.572,90 öS.

Der steuerfreie Eigenverbrauch ist auch in die Umsatzsteuerveranlagung aufzunehmen, und zwar in Höhe der anteiligen Gebäude-AfA; dies ergibt (wie später noch dargestellt werden wird) im Jahr 1998 für den Altbestand 1.400 öS plus für die Umbauarbeiten 13.186,40 öS, insgesamt also 14.586,40 öS. Damit wird zwar der Umsatz erhöht, was aber wegen der Befreiung ohne Auswirkung auf die Höhe der Umsatzsteuer bleibt.

Zur Einkommensteuer:

Die in der "Neuberechnung der Besteuerungsgrundlagen" laut zusätzlicher Begründung der Berufungsvorentscheidungen vorgenommenen AfA-Adaptierungen werden daher im Sinne der vorliegenden Berufungsentscheidung mit einem Privatanteil von 14% für 1998 und von 10% ab 1999 bei vollständiger Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen angepasst:


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AfA vom
Altbestand
*)
im Endeffekt
Jahr
Anschaff.ko.
AfA-Satz
AfA
Privatanteil %
Privatanteil
ergebnismindernd
1998
250.000 öS
4%
10.000 öS
14%
1.400 öS
8.600 öS
1999
250.000 öS
4%
10.000 öS
10%
1.000 öS
9.000 öS
2000
250.000 öS
4%
10.000 öS
10%
1.000 öS
9.000 öS
2001
250.000 öS
3%
7.500 öS
10%
750 öS
6.750 öS
2002
18.168,21 €
3%
545,05 €
10%
54,50 €
490,55 €

*) "Privatanteil" ist einkommensteuerlich genaugenommen: einnahmenseitig anzusetzende Nutzungsentnahme (vgl Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, Anm 22 zu § 4 EStG)


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AfA von
Umbauarb.
Restnut-
AfA-
Priv.
im Endeffekt
Jahr
AfA-Basis
zungsdauer
Satz
AfA
ant.%
Privatanteil *)
ergebnismind.
1998
2.354.714,10 öS
25 Jahre
4,000%
94.188,56 öS
14%
13.186,40 öS
81.002,16 öS
1999
2.332.328,11 öS
24 Jahre
4,167%
97.188,11 öS
10%
9.718,81 öS
87.469,30 öS
2000
2.244.430,34 öS
23 Jahre
4,348%
97.587,83 öS
10%
9.758,78 öS
87.829,05 öS
2001
2.179.538,57 öS
30,33 Jahre
3,297%
71.859,39 öS
10%
7.185,94 öS
64.673,45 öS
2002
158.393,25 €
30,33 Jahre
3,297%
5.222,23 €
10%
522,22 €
4.700,01 €

Zur Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (GW) laut Berufungsentscheidung werden die erklärten Einkünfte um die Gebäude-AfA laut GuV-Rechnung (Erfolgsrechnung) erhöht und um die Summe der in den letzten beiden Tabellen für das jeweilige Jahr als ´im Endeffekt ergebnismindernd´ ermittelten Beträge vermindert:


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darin Ge-
neutralisiert
´im Endeffekt
Einkünfte aus
Jahr
erklärt
bäude-AfA
um Gebäu.AfA
erg.wirksam´
GW lt. BE
1998
- 333.949 öS
122.735,73 öS
- 211.213,27 öS
89.602,16 öS
- 300.815,43 öS
1999
- 128.982 öS
126.325,57 öS
- 2.656,43 öS
96.469,30 öS
- 99.125,73 öS
2000
- 46.625 öS
126.790,34 öS
80.165,34 öS
96.829,05 öS
- 16.663,71 öS
2001
34.920,00 öS
79.055,06 öS
113.975,06 öS
71.423,45 öS
42.551,61 öS
2002
3.580,00 €
5.663,91 €
9.243,91 €
5.190,56 €
4.053,35 €

Auch wenn die Berufungsentscheidung für die Bw durch die geringere Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs 10 UStG 1994, als sie sich aus dem Berufungsbegehren ergeben hätte, günstiger ausfällt, lautet der Spruch der Berufungsentscheidung auf teilweise Stattgabe, weil zusätzlicher, wenngleich befreiter Eigenverbrauch in die Entscheidung über die Umsatzsteuer 1998 aufgenommen wird, und auch der Begründung der Berufung nur teilweise gefolgt wird, wobei die Einkommensteuer weiterhin mit Null für jedes der Streitjahre festgesetzt wird.

Ergeht auch an Finanzamt X zu St.Nr. Y - BV-24

Beilage : 6 Berechnungsblätter

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Privatanteil
Nutzungsentnahme
Nutzungseigenverbrauch
Verweise
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 563
Zitiert/besprochen in

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at