Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 20.06.2011, RV/3676-W/10

DB- und DZ-Pflicht eines an der Gesellschaft wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2011/13/0100 eingebracht.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/3676-W/10-RS1
Ist ein an der Bw. wesentlich beteiligter Gesellschafter neben der Wahrnehmung seiner Funktion als Geschäftsführer auch im operativen Bereich der Gesellschaft tätig, steht dieser Umstand einer Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Gesellschaft nicht entgegen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch W, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes X vom betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2007 bis 2009 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Herr Mag. M ist an der Bw. zu 45% beteiligt.

Laut Firmenbuchauszug ist Herr Mag. M seit mit der Geschäftsführung der Bw. betraut. Davor war Herr Mag. M seit als Prokurist selbständig vertretungsbefugt.

Im Zuge einer die Jahre 2007 bis 2009 umfassenden Lohnsteuerprüfung traf die Behörde unter anderem die Feststellung, dass die seitens des Gesellschafter-Geschäftsführers für der Bw. gegenüber erbrachte Leistungen in Rechnung gestellte Honorarnoten, in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen seien. Gleichzeitig wurden die im Prüfungszeitraum an den Gesellschafter-Geschäftsführer ausbezahlten Reisekostenersätze ebenfalls dem DB und DZ unterzogen.

Die Honorare inklusive der Reisekostenersätze erreichen laut den Prüfungsfeststellungen nachstehende Höhe (Beträge in €):


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2007
2008
2009
Summe
Honorare
67.500,00
63.195,00
131.000,00
261.695,00
Reisekostenersätze
492,48
462,00
1.814,52
2.769,00

Die Gesamtbemessungsgrundlagen wurden wie nachstehend festgestellt (Beträge in €):


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2007
2008
2009
98.241,77
118.367,55
220.931,33

In weiterer Folge ergingen seitens des Finanzamtes die nunmehr angefochtenen Bescheide vom und verwies die Behörde in ihrer Begründung auf den betreffenden Bericht.

Nach beantragter Fristverlängerung für die Einbringung einer Berufung gegen die betreffenden Bescheide führte die Bw. lediglich hinsichtlich der erfolgten Einbeziehung der seitens des Herrn Mag. M der Bw. in Rechnung gestellten Honorarnoten in die Bemessungsgrundlagen für den DB und DZ aus, dass es sich bei gegenständlichen Honoraren ausnahmslos um solche für Architektenleistungen handeln würde, die Herr Mag. M im Rahmen seiner Tätigkeit als selbständiger Architekt im Subauftrag für die Bw. erbringe. Diese Tätigkeit als Architekt führe Herr Mag. M unabhängig von seiner Geschäftsführerfunktion bei der Bw. und unter Tragung des vollen Unternehmerrisikos aus.

Grundsätzlich wäre es möglich, die Leistungen des Architektenbüros Mag. M unmittelbar an die Auftraggeber zu verrechnen und seitens der Bw. nur die von dieser erbrachten Leistungen hinsichtlich der Umgestaltung von Wohnungen einschließlich der Lieferung von Einrichtungsgegenständen zu fakturieren. Allerdings bestehe gerade ein Abgrenzungsmerkmal der Bw. im Vergleich zu deren Mitbewerbern darin, dass den Auftraggebern Gesamtlösungen angeboten und somit Planung, Ausschreibung, Ausführung und Überwachung als Paket abgerechnet werden würden. Es wäre daher jedoch völlig unsachgerecht und verfassungsrechtlich bedenklich, wenn nur auf Grund des Umstandes von - aus der Sicht der Bw. - zugekauften Leistungen, welche vom Architektenbüro des Geschäftsführers erbracht werden würden, diese mit zusätzlichen Lohnnebenkosten belastet sein würden.

Für die Geschäftsführertätigkeit bei der Bw. erhalte Herr Mag. M genauso wie sein Vorgänger keinerlei Vergütung und werde diese unentgeltlich ausgeführt.

Da es sich bei den von Herrn Mag. M an die Bw. erbrachten Leistungen nicht um Leistungen als Geschäftsführer, sondern um solche als selbständiger Architekt handle, seien diese nicht in die Bemessungsgrundlage für den DB und DZ einzubeziehen.

Auf Grund der Tatsache, dass das Prüfungsorgan keinerlei Feststellungen über die tatsächliche Art der von Herrn Mag. M verrechneten Leistungen getroffen habe, seien daher die betreffenden Bescheide wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Bw. ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Laut Firmenbuchauszug ist Herr Mag. M seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 1994 zu 45% an der Bw. beteiligt.

Seit ist Herr Mag. M mit der Geschäftsführung der Bw. betraut. Davor war Herr Mag. M seit als Prokurist ebenfalls selbständig vertretungsbefugt.

Gleichzeitig ist Herr Mag. M als Einzelunternehmer tätig und erbringt in dieser Eigenschaft Leistungen für die Bw., welche in Form von Honoraren verrechnet werden.

Nachstehende Honorare wurden seitens Herrn Mag. M für seine im Rahmen des Einzelunternehmens an die Bw. erbrachte Leistungen verrechnet:


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2007
2008
2009
Honorare
67.500,00
63.195,00
131.000,00

Die Höhe der seitens der Lohnsteuerprüfung in die Bemessungsgrundlagen für den DB und DZ einbezogenen Reisekostenersätze, welche seitens der Bw. ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer vergütet wurden, steht außer Streit.

Gegenständlicher Sachverhalt ergibt sich aus dem Firmenbuchauszug, den im Finanzamtsakt befindlichen Unterlagen sowie den Berufungsausführungen der Bw..

Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Entsprechend der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 geltenden Fassung BGBl. Nr. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis i.S.d. § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen i.S.d. § 22 Z 2 EStG 1988.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl. Nr. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art i.S.d. § 22 Z 2 EStG 1988.

Nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt. Die Beteiligung durch Vermittlung eines Treuhänders oder einer Gesellschaft steht einer unmittelbaren Beteiligung gleich. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit sind auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die für die ehemalige Tätigkeit einer Person gewährt werden, die in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Beendigung ihrer Tätigkeit durch mehr als die Hälfte des Zeitraumes wesentlich beteiligt war.

Die Bestimmung des § 47 Abs. 2 EStG 1988, auf welche die Vorschrift des § 22 Z 2 Teilstrich 2 leg. cit. zur Umschreibung der Merkmale eines Dienstverhältnisses verweist, normiert in ihrem ersten Satz, dass ein Dienstverhältnis vorliegt, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Der zweite Satz des § 47 Abs. 2 EStG 1988 umschreibt die Tatbestandsvoraussetzung des ersten Satzes dahin, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft dann schuldet, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Die Regelung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, der von der in § 41 FLAG festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, findet sich in § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 (WKG).

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , G 109/00, darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis wären, im Falle der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Der Verfassungsgerichtshof hat aufgezeigt, dass dies insbesondere für die Merkmale der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Unternehmens und des Fehlens des Unternehmerwagnisses nicht zutreffe. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung verlieren, gehören nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor allem folgende (vgl. hierzu auch Arnold, ÖStZ 2000, 639f): fixe Arbeitszeit (, , und ), fixer Arbeitsort (), arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit (), Anwendbarkeit typisch arbeitsrechtlicher Vorschriften, wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz (, ), sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten ().

Im Erkenntnis des verstärkten Senates vom , 2003/13/0018, stellte der Verwaltungsgerichtshof klar, dass bei der Frage, ob Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielt werden, entscheidende Bedeutung dem Umstand zukommt, ob der Gesellschafter bei seiner Tätigkeit in den betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert ist. Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen des Unternehmerwagnisses oder einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, kann nur in solchen Fällen Bedeutung zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes nicht klar zu erkennen wäre.

Eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. des wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. , 2001/14/0052). Unerheblich ist, ob der Geschäftsführer im operativen Bereich der Gesellschaft oder im Bereich der Geschäftsführung tätig ist (VwGH v., 2003/13/0018).

Im vorliegenden Fall war Herr Mag. M als wesentlich an der Bw. beteiligter Gesellschafter laut Firmenbuchauszug zunächst als Prokurist der Bw. selbständig vertretungsbefugt sowie ab Juli 2007 mit deren Geschäftsführung betraut, was seitens der Bw. auch nicht in Abrede gestellt wird. Gleichzeitig ist der Gesellschafter-Geschäftsführer im Berufungszeitraum im operativen Bereich der Gesellschaft tätig und erbringt in dieser Eigenschaft Architekturleistungen für die Bw., welche der Gesellschaft in Form von Honoraren verrechnet werden.

Vor dem Hintergrund des vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen funktionalen Verständnisses vom Begriff der Eingliederung in den Organismus des Betriebes ist im gegenständlichen Berufungsfall durch die unbestritten kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben im Zusammenhang mit den von dem Gesellschafter-Geschäftsführer übernommenen Tätigkeiten im gegenständlichen Fall das Merkmal der Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Bw. ohne Zweifel gegeben (). Wenn die Bw. vermeint, Herr Mag. M sei neben seiner unentgeltlichen Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Bw. als Subunternehmer für die Bw. tätig und führe die für die Bw. erbrachten Leistungen unabhängig von seiner Geschäftsführerfunktion aus, weshalb die für gegenständliche Tätigkeit der Bw. in Rechnung gestellten Honorare weder dem Dienstgeberbeitrag noch dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag unterliegen würden, so kann dieser Argumentation nicht gefolgt werden. Dies deshalb, da der Umstand, dass Herr Mag. M neben der Wahrnehmung seiner Funktion als Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. als Prokurist der Bw. gleichzeitig auch im operativen Bereich der Bw. tätig ist, der Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Bw. nicht entgegensteht. Entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG bzw. die Vorschrift des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 weder auf einen Mindestbedarf hinsichtlich der wahrzunehmenden Geschäftsführungsfunktion noch auf die Art der Tätigkeit des an der Kapitalgesellschaft wesentlich Beteiligten ab. Mit der Erzielung von Einkünften aus Vergütungen im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 werden zu Folge der Qualität dieser Vorschrift als lex specialis gegenüber anderen Einkünftetatbeständen diese nämlich durch eine solche Tätigkeit rechtlich verdrängt, welche der Steuerpflichtige in seiner Eigenschaft als Gesellschafter jener Gesellschaft gegenüber erbringt, an der er im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 wesentlich beteiligt ist. Sowohl durch die Übernahme der unmittelbaren Geschäftsführertätigkeiten für die Bw. als auch durch die im Berufungszeitraum unbestritten erfolgte Erbringung von Leistungen im operativen Bereich der Gesellschaft ist eindeutig und zweifelsfrei eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Bw. gegeben. An gegenständlicher Feststellung vermag auch das diesbezügliche Vorbringen der Bw., von der Sache her wäre es problemlos möglich, die Leistungen des Architekturbüros Mag. M unmittelbar mit den jeweiligen Auftraggebern zu verrechnen, allerdings bestehe gerade ein Abgrenzungsmerkmal der Bw. im Vergleich zu deren Mitbewerbern darin, dass den Auftraggebern Gesamtlösungen im Sinne eines "one stop shop"-Konzeptes angeboten werden würden, nichts ändern. Ist - so wie im gegenständlichen Fall - der Gesellschafter-Geschäftsführer mit der Führung der Geschäfte einer Gesellschaft zweifelsfrei betraut und wird dieser für die Gesellschaft unbestrittener Maßen tätig, so ist in Folge dieses kontinuierlich über einen längeren Zeitraum andauernden Tätigwerdens des Gesellschafter-Geschäftsführers für die Bw. eine Eingliederung in deren betrieblichen Organismus gegeben. Dabei ist es unerheblich, ob gegebenenfalls Herr Mag. M selbst tätig wird oder dafür sorgt, dass die ihn treffenden Obliegenheiten von anderen erledigt werden. In beiden Fällen ist das Tätigwerden dem Gesellschafter-Geschäftsführer zuzurechnen und kann im Hinblick darauf die Dienstgeberbeitragspflicht und die Pflicht zur Entrichtung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag auch nicht umgangen werden (vgl. , ). In diesem Sinne steht es der Beurteilung der Einkünfte als solche nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 auch nicht entgegen, wenn die Art der Tätigkeit, würde sie nicht der Gesellschaft gegenüber erbracht werden, eine andere Qualifikation der daraus erzielten Einkünfte geböte (vgl. , und die dort zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs). In diesem Zusammenhang geht somit auch das Vorbringen der Bw., der Lohnsteuerprüfer habe über die tatsächliche Art der von Herrn Mag. M der Bw. verrechneten Leistungen keinerlei Feststellungen getroffen, weshalb die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben seien, ins Leere.

Dem Vorbringen der Bw., auch aus dem Umstand, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer mit seiner der Bw. gegenüber erbrachten Architekturleistungen das volle Unternehmerrisiko tragen würde, sei zu folgern, dass die dafür der Bw. in Rechnung gestellten Honorare nicht dem Dienstgeberbeitrag und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag unterliegen würden, stehen folgende Überlegungen entgegen:

Der zweite Satz des § 47 Abs. 2 EStG 1988 umschreibt die Tatbestandsvoraussetzung des ersten Satzes dahingehend, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft dann schuldet, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2003/13/0018, festhält, beschreibt die Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 das steuerrechtliche Dienstverhältnis mit zwei Merkmalen, nämlich der Weisungsgebundenheit einerseits und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Betriebes des Arbeitgebers andererseits. Diese beiden Merkmale gehen nach der vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , G 109/00, zum Ausdruck gebrachten Sichtweise, der sich der Verwaltungsgerichtshof anschließt, nicht in einem Oberbegriff der Weisungsunterworfenheit auf. In den Erkenntnissen vom , 85/13/0110, Slg. NF. Nr. 6.403/F (zitiert im genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes), vom , 95/13/0220, Slg. NF. Nr. 7.111/F, vom , 95/13/0289, vom , 97/14/0167, vom , 99/13/0223, Slg. NF. Nr. 7.569/F, vom , 95/15/0074, und vom , 2001/15/0113, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass (nur) in Fällen, in denen die im Gesetz festgeschriebenen Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Betriebes des Arbeitgebers noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos) Bedacht zu nehmen ist.

Wird das in § 47 Abs. 2 EStG 1988 normierte Tatbestandselement der Weisungsgebundenheit durch den Ausdruck "sonst" in § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 beseitigt, dann kann sich der Ausdruck "alle" in derselben - auf die gesetzliche Definition des steuerrechtlichen Dienstverhältnisses in § 47 Abs. 2 EStG verweisenden - Vorschrift damit (primär) nur auf das verbleibende gesetzliche Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Betriebes des Arbeitgebers beziehen. Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen eines Unternehmerrisikos oder einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, kann in einer dem Gesetzeswortlaut verpflichteten Auslegung Bedeutung für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nur noch in solchen Fällen zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft nicht klar zu erkennen wäre (vgl. ).

Damit kommt auch dem indirekten Hinweis auf die Weisungsungebundenheit des wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers keine Bedeutung zu, da ja gerade durch den Ausdruck "sonst" in § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 die auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführende Weisungsungebundenheit unterstellt wird, weshalb im Falle der klar erkennbaren Eingliederung des Gesellschafters in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft alle weiteren Merkmale, die vor dem Hintergrund einer weisungsgebundenen Tätigkeit (im Zweifelsfall zusätzlich heranziehbare) Indizien für ein Dienstverhältnis wären, für das Vorliegen des Tatbestandes nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 ebenso irrelevant sind wie die zivilrechtliche Gestaltung der Leistungsbeziehung zwischen Gesellschaft und tätigem Gesellschafter (vgl. beispielsweise ).

Wenn die Bw. nun mit ihrer gegenständlichen Argumentation, der Gesellschafter-Geschäftsführers unterliege bei der Erbringung der Architekturleistungen für die Bw. dem vollen Unternehmerrisiko, vermeint, Herr Mag. M sei bei der Ausübung seiner Tätigkeit für die Bw. weisungsfrei gestellt, weshalb die strittigen Honorare nicht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag für den Dienstgeberbeitrag einzubeziehen seien, so übersieht sie mit diesem Vorbringen, dass entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ; vom , 2003/13/0018) das Tatbestandsmerkmal der Weisungsungebundenheit (gleichgültig ob die Weisungsungebundenheit auf gesellschaftsrechtlicher Ebene basiert oder aus dem Anstellungsvertrag des Geschäftsführers resultiert), durch die gesetzliche Bestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 leg. cit. in jedem Fall ausgeblendet und - wie bereits ausgeführt - in erster Linie nur auf die klar erkennbare Eingliederung des Gesellschafter-Geschäftsführers in den betrieblichen Organismus der Gesellschaft Bezug genommen wird . Ist nämlich - so wie im vorliegenden Fall - bereits durch die von dem Gesellschafter-Geschäftsführer unbestritten für die Bw. ausgeübte Tätigkeit die Eingliederung in den betrieblichen Organismus zweifelsfrei gegeben, kann auch Folge dessen die Beantwortung der Frage, ob Herr Mag. M bei der Ausübung seiner Tätigkeit einem Unternehmerwagnis unterliegt, dahingestellt bleiben.

Hinsichtlich des seitens der Bw. vorgebrachten Hinweises, es sei verfassungsrechtlich bedenklich, wenn nur auf Grund des Umstandes von zugekauften Leistungen vom Architekturbüro des Gesellschafter-Geschäftsführers, dies zu einer zusätzlichen Belastung mit Lohnnebenkosten führen würde, so ist darauf hinzuweisen, dass die Abgabenbehörde gemäß § 18 Abs. 1 B-VG die geltenden Gesetze zu vollziehen haben. Die Entscheidung, ob die von der Behörde heranzuziehende gesetzliche Bestimmung verfassungswidrig ist, fällt nicht in die Zuständigkeit des Unabhängigen Finanzsenates, sondern in jene des Verfassungsgerichtshofes.

Im vorliegenden Berufungsfall erfolgte daher die Einbeziehung der streitgegenständlichen Honorare in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
DB
DZ
wesentlich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer
Einzelunternehmen
Subunternehmer
Eingliederung in den betrieblichen Organismus

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at