DB- und DZ Pflicht für die Bezüge der wesentlich beteiligten Geschäftsführer auch bei fehlender Weisungsgebundenheit
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Miterledigte GZ: |
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RV/2924-W/12 |
RV/2923-W/12 |
RV/2759-W/12 |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw, vertreten durch Auer & Tollerian Steuerberater KG, Steuerberatungskanzlei, 1210 Wien, Hermann-Bahr-Straße 4/5, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes vom betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 2003 bis 2006 entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (Bw) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und wurde im Jahr 1979 gegründet. Unternehmensgegenstand der Bw ist die Lieferung und Montage von Wintergärten, Terrassen- und Balkonverbauten, Vordächern, Fenstern und Türen. An der Gesellschaft beteiligt waren im Streitzeitraum neben anderen Gesellschaftern Herr Gesellschafter1 und Herr Gesellschafter2 zu jeweils 30 Prozent. Die Geschäftsführung besorgte seit der Gründung Herr Gesellschafter1 und ab 1997 auch Herr Gesellschafter2.
Im Zuge einer Lohnsteuerprüfung wurde festgestellt, dass die Geschäftsführerbezüge laut Gewinn- und Verlustrechnung nicht der DB- und nicht der DZ-Pflicht unterzogen worden waren. Die entsprechenden Dienstgeberbeiträge und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag wurden mit Bescheiden für die Jahre 2003 bis 2006 festgesetzt.
Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht Berufung erhoben. Die Bw führte darin aus, dass der Aufgabenbereich der Geschäftsführer die Akquisition und Durchführung von Aufträgen, die Abrechnung, die Kalkulation und Endkontrolle der Aufträge, der laufende Kontakt mit den Kunden, die Entgegennahme und Behebung von Mängeln, der Einkauf der Waren, die Kontakte mit den Lieferanten und die Durchführung von Werbemaßnahmen sei. Die Geschäftsführer unterlägen bei der Durchführung der täglichen Geschäfte keinen Weisungen. Es sei ihnen nicht erlaubt, Geschäfte abzuschließen, die der Gesellschaft Verluste brächten, es sei denn, der andere Geschäftsführer hätte der Auftragsannahme zugestimmt. Andernfalls habe der Geschäftsführer die Verluste aus eigenem zu tragen. Der Geschäftsführer könne sich auch vertreten lassen. Er sei nicht an einen bestimmten Dienstort gebunden, er verpflichte sich jedoch, die Baustellen laufend zu überwachen und auf einen optimalen Arbeitsablauf zu achten. Der Geschäftsführer sei nicht an die betriebliche Arbeitszeit gebunden. Zur Erfüllung der Aufträge stehe ihm der Betrieb der Bw zur Verfügung. Falls erforderlich könne er auch eigene Dienstnehmer und Betriebsmittel verwenden. Der Geschäftsführer erhalte für seine Tätigkeit ein Pauschalentgelt als Vergütung. Für Urlaubs- und Krankheitszeiten habe der Geschäftsführer auf eigene Kosten einen Vertreter zu bestellen. Der Geschäftsführer könne auch ein eigenes Büro verwenden, die Aufwendungen würden ihm von der Gesellschaft vergütet. Der Geschäftsführer könne auch auf eigene Rechnung unternehmerisch tätig werden. Die Geschäftsführertätigkeit ende mit dem Verkauf sämtlicher Anteile an der Gesellschaft.
Das Kriterium der organisatorischen Eingliederung allein genüge nicht für die Annahme eines Dienstverhältnisses. Für die Beurteilung, ob ein Dienstverhältnis vorliege, sei auch zu prüfen, ob die beschäftigte Person weisungsgebunden sei. Wenn die Weisungsgebundenheit kein Kriterium für die Beurteilung des Dienstverhältnisses wäre, dann wäre ein Unternehmer, der in die betriebliche Organisation eines anderen Unternehmers eingegliedert sei, wie dies bei Großprojekten der Fall sei, auch Dienstnehmer. Im vorliegenden Fall unterliege der Geschäftsführer nicht den Weisungen der Generalversammlung. Er könne seinen Arbeitsumfang und seine Arbeitszeit selbst bestimmen. Er könne sich auch vertreten lassen. Es treffe ihn auch ein Unternehmerrisiko, da er unter bestimmten Voraussetzungen die Verluste selbst tragen müsse. Es läge daher kein steuerliches Dienstverhältnis vor. Die Vergütungen der Geschäftsführer seien daher nicht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen.
Der Berufung beigelegt waren Kopien der Geschäftsführungsverträge, aus denen sich der in der Berufung dargestellte Arbeitsbereich und die in der Berufung dargestellten Bedingungen der Geschäftsführung ergaben.
Das Finanzamt entschied unter Verweis auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichthofes mit abweisender Berufungsvorentscheidung.
Die Bw stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Über die Berufung wurde erwogen:
Der Unabhängige Finanzsenat ist bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt ausgegangen:
Herr Gesellschafter1 und Herr Gesellschafter2 waren an der Bw im Streitzeitraum zu jeweils 30 Prozent beteiligt. Sie nahmen die Aufgaben der Geschäftsführung der Gesellschaft selbständig wahr, und zwar Herr Gesellschafter1 seit der Gründung der Gesellschaft im Jahr 1979 und Herr Gesellschafter2 seit dem Jahr 1998.
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Vergütungen | 2003 | 2004 | 2005 | 2006 |
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Währung | Euro | Euro | Euro | Euro |
Vergütung insgesamt | 120.600 | 123.000 | 126.000 | 130.200 |
Dieser Sachverhalt gründet sich auf den Firmenbuchauszug und die Feststellungen im Rahmen der Lohnsteuerprüfung und ist insoweit nicht strittig.
Rechtliche Würdigung:
Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Entsprechend der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG 1967 in der ab 1994 geltenden Fassung BGBl. Nr. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z 2 EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG 1967 idF BGBl. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z 2 EStG 1988.
Nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.
Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25 Prozent beträgt (§ 22 Z 2 EStG 1988).
Die Regelung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, der von der in § 41 FLAG 1967 festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, findet sich für die Jahre 2003 bis 2006 in § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 (WKG).
Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , G 109/00, darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis wären, im Falle der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung verlieren, gehören nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor allem Folgende (vgl. hierzu auch Arnold, ÖStZ 2000, 639f): fixe Arbeitszeit (, , und ), fixer Arbeitsort (), arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit (), Anwendbarkeit typisch arbeitsrechtlicher Vorschriften, wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz (, ), sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (). Der Verfassungsgerichtshof hat weiter aufgezeigt, dass dies insbesondere für die Merkmale der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Unternehmens und des Fehlens des Unternehmerwagnisses nicht zutreffe.
Bezug nehmend auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes kristallisierten sich danach in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor allem drei Merkmale eines Dienstverhältnisses heraus, nämlich
- die Eingliederung in den betrieblichen Organismus,
- das fehlende Unternehmerrisiko
- eine laufende, wenn auch nicht monatliche Entlohnung
Im Erkenntnis des verstärkten Senates vom (), stellte der Verwaltungsgerichtshof klar, dass bei der Frage, ob Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielt werden, entscheidende Bedeutung dem Umstand zukommt, ob der Gesellschafter bei seiner Tätigkeit in den betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert ist. Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen des Unternehmerwagnisses oder einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, kann nur in solchen Fällen Bedeutung zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes nicht klar zu erkennen wäre.
Eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. des wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung dieser Aufgaben spricht für die Eingliederung (vgl. und 2001/14/0052). Unerheblich ist, ob der Gesellschafter im operativen Bereich der Gesellschaft oder im Bereich der Geschäftsführung tätig ist. Dies ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes deswegen unerheblich, weil die Bestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nicht an den Inhalt der Tätigkeit des an der Gesellschaft wesentlich Beteiligten und an seine handelsrechtliche Stellung anknüpft. Deshalb steht der Annahme der Eingliederung in den Organismus des Betriebes auch nicht entgegen, wenn der Gesellschafter von der Tätigkeit der Geschäftsführung nur in geringem Umfang in Anspruch genommen wird ().
Entsprechend dem der Behörde vorliegenden Firmenbuchauszug war Herr Gesellschafter1 seit der Gründung der Gesellschaft im Jahr 1979 und Herr Gesellschafter2 seit dem Jahr 1997 wesentlich beteiligter Gesellschafter der Bw und als Geschäftsführer der Bw seit diesem Zeitpunkt eingetragen. Sie übten diese Tätigkeit bereits vor dem Prüfungszeitraum aus. Sie bildeten in Erfüllung dieser Aufgaben einen Teil des rechtlichen und wirtschaftlichen Organismus der Bw und führten ihre Tätigkeit im Interesse der Bw aus. Vor dem Hintergrund des vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen funktionalen Verständnisses vom Begriff der Eingliederung in den Organismus des Betriebes ist für die beiden Gesellschafter durch die unbestritten kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung dieser Aufgaben das Merkmal der Eingliederung ohne Zweifel gegeben ().
Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass die Betätigung der Gesellschafter-Geschäftsführer auf Grund der zweifelsfreien Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Bw als eine Betätigung im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 zu qualifizieren ist. Die Vergütungen der Gesellschafter sind daher im Sinne der obigen Ausführungen in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen.
Die Bw bringt vor, dass die Eingliederung in den betrieblichen Organismus eines Unternehmens ohne gleichzeitige Beachtung des Vorliegens von Weisungsgebundenheit die Dienstnehmereigenschaft nicht begründen könne, weil sonst auch Unternehmer, die in die betriebliche Organisation im Rahmen von Großprojekten oder Großbaustellen eingegliedert sind, auch zu Dienstnehmern würden. Dieses Vorbringen vermag der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil der Unternehmer in diesem Fall an dem Unternehmen, in dessen betriebliche Organisation er im Rahmen von Großprojekten eingegliedert sein mag, nicht wesentlich beteiligt ist. Dadurch kommt die Bestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, welche letztlich zur Einbeziehung der Geschäftsführervergütungen in die Bemessungsgrundlagen für den Dienstgeberbeitrag und für den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag führt, nicht zur Anwendung. Die Frage nach dem Vorliegen eines Dienstverhältnisses stellt sich somit im angeführten Beispielfall nicht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 22 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 122 Abs. 7 und 8 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at