Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 20.06.2011, RV/0347-I/10

Erlöschen der Zulassung zum Studium wegen viermalig negativer Beurteilung bei einer Prüfung - kein erzwungener Studienwechsel

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Berufungswerberin, Wohnort, Straße, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes FA vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom teilte die Beihilfenwerberin mit, dass die Zulassung ihres Sohnes [Name,Geb.Dat.], für die Studienrichtung Humanmedizin erloschen ist, da dieser bei vier Versuchen die Prüfung "Erste summative integrierte Prüfung (SIP1)" erfolgreich abzulegen gescheitert ist. Nun sei er gezwungen gewesen, auf andere Studien zu wechseln. Es werde um Prüfung des weiteren Anspruches auf Familienbeihilfe ersucht.

Das Finanzamt wertete diese Eingabe als Antrag auf (Weiter-)Gewährung der Familienbeihilfe ab Oktober 2009 und erließ einen Abweisungsbescheid mit der Begründung, es liege ein "schädlicher" Studienwechsel vor.

Mit Eingabe vom erhob die Beihilfenwerberin Berufung und führte zusammengefasst aus, ihr Sohn habe im Wintersemester [JJJJ] das Studium der Humanmedizin begonnen. Nachdem der erste und der zweite Versuch die o.a. Prüfung abzulegen nicht erfolgreich gewesen sei, wäre mit Beginn des Sommersemesters 2009 der Familienbeihilfenbezug eingestellt worden. In der Folge wären durch ihren Sohn zwei weitere Versuche unternommen worden, die in Rede stehende Prüfung zu absolvieren. Wiederum sei es zu negativen Beurteilungen gekommen; dies trotz intensiver Lernbemühungen. Durch das mit dem vierten erfolglosen Versuch verbundene Erlöschen der Zulassung zum Studium der Humanmedizin wäre ein Studienwechsel zwangsläufig notwendig geworden. Ihr Sohn hätte das Studium der Humanmedizin "sehr wohl ernsthaft und zielstrebig" verfolgt. Der Wechsel des Studiums wäre somit ihrer Meinung nach "ohne unmittelbares persönliches Verschulden, sondern auf Grund faktischer Gegebenheiten im Zusammenhang mit den Prüfungsmodi und der damit zusammenhängenden jeweils knappen Negativentscheidungen" zu Stande gekommen.

Unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 2 FLAG 1967 und des § 17 StudFG wurde die Berufung mittels Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen.

Daraufhin beantragte die Einschreiterin die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und wiederholte mit umfangreichen Ausführungen ihre Berufungsargumente.

Über die Berufung wurde erwogen:

An Sachverhalt ist im vorliegenden Fall unstrittig, dass der volljährige Sohn der Berufungswerberin mit Beginn des Wintersemesters [JJJJ/JJ] das Studium der Humanmedizin aufgenommen hat. Dieses Studium wurde über vier Semester betrieben. Auf Grund der viermalig negativen Beurteilung bei den Versuchen die Prüfung "Erste summative integrierte Prüfung (SIP1)" abzulegen, erlosch die Zulassung für die betriebene Studienrichtung. In der Folge begann der Sohn der Berufungswerberin neue Studien.

Nach § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. ... Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe.

§ 17 Abs 1 StudFG normiert, dass ein günstiger Studienerfolg nicht vorliegt, wenn der Studierende

1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder

2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder

3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

Als Studienwechsel im Sinne des Abs 1 gelten nach Abs 2 nicht:

1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind,

2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,

3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,

4. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs 3 StudFG.

Ein Studienwechsel im Sinne des Abs 1 Z 2 ist nach Abs 4 leg. cit. nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt haben. Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.

Aus dem Zusammenhalt dieser Regelungen ergibt sich deutlich, dass der Gesetzgeber für Studenten eine enge Verknüpfung zwischen dem Anspruch auf Familienbeihilfe und einer gewissenhaften Studienwahl sowie einem raschen Studienfortschritt normiert hat. Dies ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialen zu § 17 StudFG (RV, 72 BlgNR 20. GP, 309 f), in welchen zur Darlegung des Regelungszieles ausgeführt wird, dass durch die Einschränkung des Förderungsanspruches bei Studienwechsel auf eine raschere Studienwahl hingewirkt werden soll, was mit dem Grundsatz der StudFG, nur zügig betriebene Studien zu finanzieren, im Einklang stehe. Durch u.a. eine Ausnahmeregelung, der zu Folge etwa durch Erkrankung oder Unfall erzwungene Studienwechsel den Anspruch auf Studienbeihilfe nicht beseitigen, werde dafür vorgesorgt, dass Härtefälle vermieden werden können ().

Im vorliegenden Fall reduziert sich die von der Abgabenbehörde vorzunehmende Prüfung darauf, ob gegenständlich ein Anwendungsfall des § 17 Abs 2 Z 2 StudFG vorliegt und der Studienwechsel des Sohnes der Berufungswerberin durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt worden ist.

Dazu führt die Berufungswerberin aus, dass die von ihrem Sohn vier Mal nicht bestandene Prüfung eine Gesamtprüfung über "sämtlichen Stoff der ersten beiden Semester" darstelle, die Prüfung in einem "Zeitraum von 4(!) Stunden mit kurzer Pause" abgehalten werde und "der Stoff im Multiple choise - System" abgefragt werde. Sie hätte sich diesbezüglich umgehört und rate man in Fachkreisen "grundsätzlich von solchen unsinnigen Praktiken ab".

Mit dieser Argumentation kann für den gegenständlichen Fall aber nichts gewonnen werden, wird dadurch nämlich in keiner Weise dargelegt, dass der Studienwechsel tatsächlich ohne Verschulden des Studierenden durch ein unabwendbares Ereignis zwingend herbeigeführt worden. Es ist nämlich offensichtlich und bedarf keiner näheren Ausführungen, dass eine Vielzahl von Studierenden die Prüfung SIP1 erfolgreich ablegen und den - bereits bei der Entscheidung für das Studium bekannten - Umfang des Lernstoffes sowie die Art der Prüfungsmethode bewältigen können. Diese Tatsache offenbart, dass die Kritik der Berufungswerberin an den Anforderungen, welche das konkrete Studium an die Studierenden stellt, einerseits wohl nicht begründet ist bzw nicht davon auszugehen ist, dass unüberbrückbare Hindernisse einem erfolgreichen Fortgang des Studiums entgegenstehen. Wenn sich nun im Fall des Sohnes der Berufungswerberin herausgestellt hat, dass es diesem - im Gegensatz zu vielen anderen Medizinstudierenden - nicht gelingt, eine mehrstündige Prüfung über einen umfangreichen Lernstoff positiv zu absolvieren, handelt es sich dabei nicht um ein unabwendbares Ereignis, das ohne Verschulden des Studierenden eingetreten ist, sondern liegen die Gründe des Scheiterns entweder in einer falschen Studienwahl oder in einer nicht ausreichenden Vorbereitung. Für diese Fälle sieht das Gesetz aber die Konsequenz vor, dass, wenn in der Folge - bezogen auf den Zeitraum in dem das (abgebrochene) Studium betrieben wurde - nach dem dritten Semester ein Wechsel des Studiums vorgenommen wird, für die Anzahl der Semester, die in diesem Studium zurückgelegt wurden, kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht.

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass dem Sohn der Berufungswerberin nach dem vierten erfolglosen Versuch die in Rede stehende Prüfung abzulegen die Zulassung zum Studium der Humanmedizin an der Universität [X] (nicht aber für andere österreichische Universitäten) entzogen wurde. Der Entzug der Zulassung ist nämlich nur die Konsequenz aus dem mehrmaligen und nachhaltigen Versagen bei der Ablegung einer Prüfung und damit ebenso weder unabwendbar noch ohne Verschulden des Studierenden zwangsläufig.

Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass der Sohn der Berufungswerberin nach einem über vier Semester betriebenen Studium ohne Vorliegen eines der in § 17 Abs 2 StudFG aufgezählten Gründe sein Studium gewechselt hat und damit ein günstiger Studienerfolg nicht mehr gegeben ist, was einem Anspruch auf Familienbeihilfe ab entgegensteht.

Dabei kann auf Grund des klaren und eindeutigen Gesetzestextes auch der Tatsache, dass der Sohn der Berufungswerberin in seiner schulischen Laufbahn durchwegs positive Leistungen erbracht hat, ebenso wenig Bedeutung beigemessen werden, wie dem Umstand, dass - wie die Berufungswerberin ausführt - im neu betriebenen Studium nunmehr erste Prüfungen erfolgreich abgelegt wurden. Der letztgenannte Umstand wird jedoch in der Folge von Bedeutung sein, wenn das Finanzamt nach Ablauf der "Wartezeit" (§ 17 Abs 4 StudFG, zur Dauer vgl -I/10) den dann allenfalls wieder bestehenden Anspruch auf Familienbeihilfe zu prüfen haben wird.

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Innsbruck, am

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