Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 07.03.2007, RV/0003-S/07

Unterschiedliche Bewertung von Inlands-und Auslandsimmobilien

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zl. B 513/07 eingebracht. Mit Erk. v. aufgehoben. VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/16/0117 eingebracht. Einstellung des Verfahrens mit Beschluss vom wegen Klaglosstellung (§ 300 BAO).

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch Rechtsanwalt, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom betreffend Schenkungssteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Schenkungsvertrag vom wurden der Berufungswerberin von ihrer Mutter in Italien gelegene Liegenschaften bzw. Liegenschaftsanteile im Gesamtwert von € 780.822,-- laut Schätzungsgutachten schenkungshalber übertragen. Mit Schenkungsteuerbescheid vom wurde ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe des Verkehrswertes des vorgenannten ausländischen Liegenschaftsvermögens unter Einbeziehung einer ebenfalls von ihrer Mutter im Jahre 1999 erhaltenen Geldschenkung von € 51.645,69 Schenkungsteuer in Höhe von € 91.329,37 vorgeschrieben, wobei die auf die Geldschenkung entfallende und bereits entrichtete Schenkungsteuer nicht angerechnet worden war. In der fristgerecht eingebrachten Berufung brachte die Berufungswerberin vor, dass die auf den früheren Erwerb (Geldschenkung) entfallende und anrechenbare Schenkungsteuer unberücksichtigt geblieben sei. Hinsichtlich des Ansatzes des Verkehrswertes der in Italien gelegenen Liegenschaften bringt die Berufungswerberin vor, dass dadurch gegen Art. 56 des EG-Vertrages und somit gegen die Freiheit des Kapitalverkehrs verstoßen werde. Die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit läge insbesondere darin, dass diese Form der Besteuerung geeignet sei, in Österreich ansässige unbeschränkte Steuerpflichtige von Immobilieninvestitionen im Ausland abzuhalten, da sie damit in Kauf nehmen müssten, dass dieses Liegenschaftsvermögen einer wesentlich höheren Besteuerung unterzogen werde, wenn sie es einmal verschenken oder vererben würden und sie Österreich bis dahin nicht verlassen wollten. Überdies würde die höhere Besteuerung ausländischen Liegenschaftsvermögens auch Ausländer, die sich in Österreich niederließen, jedoch im Ausland Liegenschaftsvermögen besäßen, oder wie im Gegenstandsfall, beispielsweise im Erbwege oder durch Schenkung erwerben würden, diskriminieren. Schließlich sei der angefochtene Bescheid auch verfassungswidrig. Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Beschluss zu B 3391/05 bereits erklärt, Bedenken gegen § 19 Abs. 2 und 3 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 in der geltenden Fassung zu haben und prüfe diese Bestimmungen von Amts wegen. Die verfassungsmäßigen Bedenken - wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums - gründeten einmal darin, dass das genannte Gesetz eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung in der Bewertung zwischen in- und ausländischem Grundvermögen vornehme. Ausländischer Grundbesitz würde daher im Erbschafts- wie im Schenkungsfalle durch die genannten Bestimmungen ungerechtfertigter Weise diskriminiert. Verfassungswidrig sei aber auch die Höhe der Steuer, welche aus einer sachlich durch nichts zu rechtfertigenden Differenzierung zwischen verschiedenen Vermögensarten ( insbesondere Liegenschaftsvermögen und Kapitalvermögen) oder verschiedenen Vermögenswerten resultiere, die dazu führe, dass Liegenschaftsvermögen, noch dazu, wenn es sich im Ausland befände, diskriminierend besteuert würde. Im Rahmen der Berufungsvorentscheidung vom wurde dem Berufungsbegehren lediglich hinsichtlich des auf die Vorschenkung entfallenden und anzurechnenden Steuerbetrages stattgegeben. Die Bewertung des ausländischen Grundvermögens mit dem Verkehrswert wurde mit dem Hinweis, dass der Abgabenbehörde I. Instanz nicht die Prüfung einer Gemeinschafts- oder Verfassungswidrigkeit der hier anzuwendenden Bestimmung des § 19 Abs. 2 ErbStG obliege, belassen. Im rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag legt die Berufungswerberin ein Gutachten der Universität Salzburg bei, welches ausdrücklich zum Berufungsvorbringen erhoben und zur Stützung dieses Antrages herangezogen wird. In diesem Gutachten wird einerseits die potentielle Verfassungswidrigkeit der österreichischen Rechtslage und hier insbesondere der Prüfungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom (B3391/05) betreffend die von Amts wegen erfolgte Prüfung des § 19 Abs. 2 und 3 ErbStG angezogen. Andererseits wird unter Hinweis auf Schrifttum und relevante Judikatur des EuGH dargelegt, dass die unterschiedliche österreichische Bemessung von Grundvermögen im Inland und im Ausland gemeinschaftrechtswidrig, in concreto der Kapitalverkehrsfreiheit widerspräche. Darüber hinaus regt die Berufungswerberin an bzw. beantragt, die aufgeworfenen Fragen europarechtlicher Natur dem EuGH vorzulegen und eine Vorabentscheidung zu begehren.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 Erbschafts- und Schenkungsteuergesetz 1955 (ErbStG) unterliegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz Schenkungen unter Lebenden. § 3 ErbStG lautet: Abs. 1 als Schenkung im Sinne des Gesetzes gilt: 1. jede Schenkung im Sinne des Bürgerlichen Rechtes; 2. jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird; 3. ... Gemäß § 19 Abs 1 ErbStG richtet sich die Bewertung, soweit nicht im Abs. 2 etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften). Gemäß 19 Abs. 2 ErbStG ist für inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen, für inländisches Grundvermögen und für inländische Betriebsgrundstücke das Dreifache des Einheitswertes maßgebend, der nach den Vorschriften des Zweiten Teiles des Bewertungsgesetzes (Besondere Bewertungsvorschriften) auf den dem Entstehen der Steuerschuld unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist oder festgestellt wird. Wird von einem Steuerschuldner nachgewiesen, dass der gemeine Wert dieser Vermögenswerte im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als das Dreifache des Einheitswertes, ist der nachgewiesene gemeine Wert maßgebend. § 10 Bewertungsgesetz 1955 (BewG) normiert als Bewertungsgrundsatz den gemeinen Wert und lautet: Abs. 1 Bei Bewertungen ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrunde zu legen. Abs. 2 Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. Abs 3 Als persönliche Verhältnisse sind auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind. Das gilt insbesondere für Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilligen Anordnungen beruhen. Gemäß § 26 BewG gelten für die Bewertung des ausländischen land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, Grundvermögens und Betriebsvermögens die Vorschriften des Ersten Teiles dieses Bundesgesetzes, insbesondere § 10 (Gemeiner Wert) und § 11 Abs. 3. Nach diesen Vorschriften sind auch die ausländischen Teile einer wirtschaftlichen Einheit zu bewerten, die sich sowohl auf das Inland als auch auf das Ausland erstrecken. Aus dem Zusammenhang der Bestimmungen des § 19 ErbStG, des § 10 BewG und des § 26 BewG - nach welcher Bestimmung für die Bewertung des ausländischen Grundvermögens die Vorschriften des § 10 BewG (Gemeiner Wert) gelten - ergibt sich, dass bei der Bewertung des Nachlasses (bzw. des Schenkungsgegenstandes) ausländische Grundstücke - abgesehen davon, dass nicht jeder Staat den Begriff des Einheitswertes kennt - nicht mit dem jeweiligen Einheitswert bzw. mit dem jeweils von diesem abgeleiteten Wert, sondern mit dem jeweiligen Verkehrswert (Gemeiner Wert) zum Ansatz zu bringen sind (vgl. Fellner, Gebühren- und Verkehrsteuern, Band III Erbschafts- und Schenkungssteuer, § 19 Rz. 21 a und dort zitierte Rechtsprechung). Im Gegenstandsfall erhielt die Berufungswerberin durch Schenkungsvertrag vom von ihrer Mutter als Geschenkgeberin in Italien gelegene Liegenschaften bzw. Liegenschaftsanteile. Die Berufungswerberin ist unbeschränkt steuerpflichtig, da sie als Erwerberin bzw. Geschenknehmerin zur Zeit des Eintritts der Steuerpflicht, welche gemäß § 12 Abs 1 Z 2 mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung entstanden ist, Inländerin im Sinne des ErbStG ist (§ 6 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 1 ErbStG). Da gemäß § 19 Abs. 2 der dreifache Einheitswert nur bei Bewertung von inländischem Grundvermögen herangezogen werden kann, ist bei Bewertung von ausländischem Grundvermögen auf den allgemeinen Bewertungsmaßstab des gemeinen Wertes gemäß § 10 BewG im Zusammenhang mit § 19 Abs. 1 ErbStG zurückzugreifen. Gemäß Art. 18 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Der UFS als Verwaltungsbehörde ist daher an die Gesetze gebunden. Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes liegt in der ausschließlichen Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes.

Hinsichtlich des Einwandes der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der unterschiedlichen Bewertung von inländischen Grundstücken und Auslandsimmobilien und somit einer nach Art. 56 EG verbotenen Beschränkung des Kapitalverkehrs ist anzumerken, dass diese Bedenken nicht nur im Schrifttum (vgl Fraberger, Nationale und internationale Unternehmnesnachfolge; Fellner, RdW 7/2005, 449) erhoben sondern auch im Rahmen der Judikatur geäußert wurden (vgl BFH vom , II B120/04) bzw. bereits Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens beim EuGH betreffend Erbschaftssteuer (vgl Theodor Jäger v Finanzamt Kusel-Landstuhl, Rechtssache C-256/06) sind.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Bewertung von ausländischen Liegenschaften
EU-Widrigkeit
Verfassungswidrigkeit

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at