Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 26.11.2009, RV/3903-W/08

Haftung einer Strohfrau, schuldhafte Pflichtverletzung , Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/16/0001 eingebracht. Einstellung des Verfahrens mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden HR Dr. Karl Kittinger und die weiteren Mitglieder HR Dr. Michaela Schmutzer, Mag. Harald Berger und Gerhard Mayerhofer im Beisein der Schriftführerin Edith Madlberger über die Berufung der L.E., (Bw.) vertreten durch Bonafide Treuhand und Revisions GesmbH, 1090 Wien, Berggasse 10, vom gegen den Haftungsbescheid gemäß § 9 iVm § 80 BAO des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg, vertreten durch AD Herbert Geißler, vom nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird teilweise stattgegeben (hinsichtlich Umsatzsteuer 2006 in der Höhe von € 17,60) und die Haftung auf Umsatzsteuer 1-8/2006 in der Höhe von € 50.649,65 und 2005 in der Höhe von € 45.140,00 eingeschränkt.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom wurde die Bw. durch die Abgabenbehörde darauf aufmerksam gemacht, dass auf dem Abgabenkonto der B.GesmbH, vormals I.GesmbH bzw. T.GesmbH, Abgabenschuldigkeiten in der Höhe von € 103.406,71 aushaften, deren Einbringung bisher vergeblich versucht worden sei. Sollten diese Abgabenschuldigkeiten nicht abgestattet werden, sei die Bw. zur Haftung heranzuziehen, sofern sie nicht Beweis führen könne, dass sie ohne ihr Verschulden daran gehindert gewesen sei, für die Entrichtung Sorge zu tragen.

Die Bw. brachte am eine Stellungnahme dazu ein und führte aus, dass mit dem Erwerb der T.GesmbH durch R.S. und A.Z. neben ihr Herrn V.V. die treuhändische Geschäftsführung übertragen worden sei. Ihr Tätigkeitsbereich und ihre Befugnisse seien dahingehend festgelegt worden, dass sie sich ausschließlich um administrative Belange zu kümmern gehabt habe. Selbständige operative Geschäftstätigkeiten seien ihr untersagt worden. Wie sich aus dem beigelegten Vertrag ergebe, oblagen diese einzig und allein V.V.. Da die T.GesmbH die Wirtschaftsberatungsagenden der P.AG übertragen hatte, sollte V.V. den Kontakt mit dem Kundenbetreuer D.C., der diese Aufgabe von B., dem damaligen Partner der P.AG, übernommen hatte, halten. D.C. hätte auch Aufträge von V.V. oder den Gesellschaftern R.S. und A.Z. an die Bw. weiterleiten und sie über Geschäftstätigkeiten auf dem Laufenden halten sollen. Direkten Kontakt mit den drei genannten Herren habe sie nicht gehabt. Ihre Aufgabe habe sich auf die Bezahlung der monatlichen Rechnungen der P- Firmen bezogen. Die Genehmigung dazu sei ihr jeweils von D.C. bekannt gegeben worden. Buchhaltung und Bilanz seien von D.C., wahrscheinlich in Absprache mit V.V. und den Gesellschaftern besprochen worden. Ihre regelmäßigen Anfragen seien glaubhaft positiv beantwortet worden und die vorgelegten Daten hätten keinen Verdacht aufkommen lassen. Als der Kontakt zwischen D.C. und V.V. abgerissen und D.C. aus der P.AG ausgeschieden sei, habe die Bw. keine Möglichkeit gehabt, mit einem Verantwortlichen Kontakt aufzunehmen und auf die Bekanntgabe der Abgabenschuld zu reagieren. Da das bestehende Bankkonto der T.GesmbH von V.V. und möglicherweise auch den beiden Gesellschaftern dotiert worden sei und Zahlungen durch die Bw. nur mit ausdrücklicher Genehmigung vorgenommen werden durften, sei es ihr unmöglich gewesen, etwas zu unternehmen. Selbst wenn sie, sich über alle vertraglichen Vereinbarungen hinwegsetzend, Zahlungen an die Finanzbehörde zu leisten gewollt hätte, wäre ihr dies aufgrund fehlender Mittel unmöglich gewesen. Mit Ende des Jahres 2006 sei sie, nachdem sie ihren Rücktritt als Treuhandgeschäftsführerin bekannt gegeben habe, in den Ruhestand getreten.

Am erließ das Finanzamt Wien 9/18/19 und Klosterneuburg einen Haftungsbescheid und zog gemäß §§ 9 und 80 BAO die Bw. als Geschäftsführerin der B.GesmbH für offene Umsatzsteuerschuldigkeiten für 1-8/2006 im Ausmaß von € 50.649,65, 2005 in der Höhe von € 45.140,00 und 2006 in der Höhe von € 17,60 zur Haftung heran.

Dagegen richtet sich die Berufung vom , in der zunächst auf den Inhalt des Schreibens vom verwiesen wird. Der Bw. sei es auf Grund der Weisungsgebundenheit nicht möglich gewesen, Zahlungen zu leisten. V.V. sei allein als Geschäftsführer für die operative Durchführung der Geschäfte zuständig gewesen, dies betreffe auch jene Geschäfte, die zur Festsetzung der Umsatzsteuer für die Jahre 2005 und 2006 geführt hätten. Es werde daher der Antrag gestellt, der Berufungssenat möge nach Abhaltung einer mündlichen Verhandlung eine Entscheidung fällen und den Bescheid aufheben.

Am erging eine teilweise stattgebende Berufungsvorentscheidung. Die Stattgabe bezog sich auf den für das Jahr 2006 angeführten Betrag von € 17,60 und wurde damit begründet, dass die Fälligkeit dieser Abgabe erst am gegeben gewesen sei und die Bw. nach ihren Angaben bereits mit Ende des Jahres 2006 die Geschäftsführung zurückgelegt habe.

Aus Punkt 2.2. des vorgelegten Treuhand- Geschäftsführungsvertrages ergebe sich jedoch eindeutig, dass die Bw. ermächtigt worden sei, all jene Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung und Geschäftsführung zu treffen, die dafür erforderlich seien, dass die Gesellschaft allen in Österreich geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere in steuerlicher Hinsicht, entspreche. Es werde darin der Bw. auch die Befugnis erteilt, das Konto der Gesellschaft mit den zur Begleichung der Steuern erforderlichen Beträgen zu belasten. Aus dem Vertrag seien keine relevanten Beschränkungen der Funktion ersichtlich.

Sollte es dennoch im Innenverhältnis Einschränkungen gegeben haben, so entbinde sie dies nicht von der Haftung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liege ein für die Haftung relevantes Verschulden auch dann vor, wenn der Geschäftsführer bei Übernahme seiner Funktion eine solche Beschränkung in Kauf nehme, die die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung, insbesondere auch den Abgabenbehörden gegenüber unmöglich mache bzw. wesentlich erschwere oder sich eine Hinderung an der Erfüllung seiner Obliegenheiten durch die Gesellschaft oder Dritte gefallen lasse, indem er es unterlasse, entweder auf dem Rechtsweg die unbehinderte Ausübung der Geschäftsführungsfunktion zu erzwingen oder diese Funktion niederzulegen.

Die mangelnde Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft vermöge gleichfalls an einer Haftungsinanspruchnahme nichts zu ändern, da der Geschäftsführer für nicht entrichtete Abgaben auch dann hafte, wenn die Mittel, die ihm zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet habe, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechte behandelt habe als andere Verbindlichkeiten. Daher sei die Berufung hinsichtlich 2005 und 1-8/2006 abzuweisen gewesen.

Am wurde ein Vorlageantrag eingebracht.

Mit Vorlage des Veranlagungsaktes am teilte das zuständige Finanzamt mit, dass gegen V.V. kein Haftungsbescheid erlassen worden sei, da er nicht in Österreich gemeldet und die Datenbankauskunft der Sozialversicherung ebenfalls negativ sei.

Auf Grund einer Vorsprache des im Rechtsmittelverfahren neu auftretenden steuerlichen Vertreters, Dr. Halm, der Bonafide Treuhand und Revisions GesmbH wurden mit Schreiben vom die Prüfungs- und Nachschauaufträge, die Niederschrift über das Ergebnis der Prüfung vom und die Bescheide nach der Umsatzsteuernachschau vom an den Vertreter der Bw. übermittelt und mit Schreiben vom eine Kopie des gesamten Arbeitsbogens zur Umsatzsteuernachschau zugestellt.

Mit Schreiben vom 8. September, 6. und wurden weitere Vorbringen erstattet bzw. die im Vorhalt vom gestellten Anfragen beantwortet.

Im Schreiben vom wird wiederum ausgeführt, dass die Bw. im Zeitraum 2005 und 2006 nicht die alleinige Geschäftsführerin der Gesellschaft gewesen sei. Sie habe erst jetzt durch die Akteneinsicht ihres Vertreters von einem "Autotransfer" Kenntnis erlangt, der ganz offensichtlich hinter ihrem Rücken abgewickelt worden sei. Andernfalls hätten in den Unterlagen der Betriebsprüfung Belege von Banken mit ihrer Unterschrift als Geschäftsführerin sein müssen. Es hätte daher die Betriebsprüfung in Entsprechung des § 115 BAO feststellen müssen, welche Bankkonten verwendet worden seien. Die Bw. beantrage ausdrücklich die Erhebungen nachzuholen. Es sei daher rechtswidrig die Bw. zur Haftung heranzuziehen, da Geschäfte abgewickelt worden seien, über die sie keinerlei Kenntnis haben konnte oder haben musste, da sie nicht damit rechnen habe können, dass hinter ihrem Rücken betrügerische Machenschaften abgewickelt werden könnten.

Es werde jedoch auch ausdrücklich auf die von der Bw. gegen die Abgabenbescheide eingebrachte Berufung verwiesen, wonach diese Geschäfte nur insoweit betrügerisch abgewickelt worden seien, als sie hinter dem Rücken der Bw. stattfanden, damit werde nicht anerkannt, dass die von der Prüferin gezogenen Schlüsse zu umsatzsteuerlichen Folgen richtig gewesen seien. Offensichtlich sei mit einer zwar geringen aber doch vorhandenen Gewinnspanne ein Transferhandel abgewickelt worden, für welchen entgegen der Meinung der Finanzbehörde eine Gewerbeberechtigung überhaupt nicht notwendig sei.

Folgende Fragen wurden im zweitinstanzlichen Ermittlungsverfahren mit Vorhalt vom gestellt:

1) Welche Beweggründe hatte die Bw. die Geschäftsführung zu übernehmen?

2) Welche Aufgaben hat sie tatsächlich für das Unternehmen erbracht?

3) Welche Entscheidungen hat sie im Rahmen der Gesellschaft getroffen?

4) War sie je an der Unternehmensadresse in Wien?

5) Hat sie die verfahrensgegenständlichen 21 Autos und deren Liefer- und Verkaufspapiere gesehen?

6) Welche Maßnahmen hat sie getroffen, um für die ordnungsgemäße Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der GesmbH Sorge zu tragen?

7) Welche Überwachungsmaßnahmen hat sie gegen die anderen im Rahmen der Gesellschaft handelnden Personen gesetzt, um die ordnungsgemäße Erfüllung der Obliegenheiten der Gesellschaft zu gewährleisten?

8) Wie ist es zur Zurücklegung der Geschäftsführertätigkeit mit Ende des Jahres 2006 während der laufenden Prüfung gekommen und wem gegenüber wurde die Tätigkeit zurückgelegt?

Zu den Fragen wurde geantwortet, dass die Bw. schon bei der vorherigen Gesellschaft als Sekretärin und Geschäftsführerin beschäftigt gewesen sei. Sie habe einen Arbeitsplatz gebraucht und daher mit der Firma P.P. einen Dienstvertrag abgeschlossen, der vorgesehen habe, dass sie auch Geschäftsführerfunktionen übernehme.

Sie habe im Rahmen der Gesellschaft keine Entscheidungen getroffen. Diese habe der Sachbearbeiter der Kanzlei P.P. und der zweite, allein zeichnungsberechtigte Geschäftsführer gefällt. Sie habe im Betrachtungszeitraum in Villach gelebt und habe ihren Arbeitsplatz im Bürohaus der Kanzlei P.P. gehabt. An der Unternehmensadresse in Wien sei sie niemals gewesen und habe auch die verfahrensgegenständlichen Autos oder Unterlagen dazu nicht gesehen.

Die Bw. habe mit dem zuständigen Referenten, der die Beratung bei der P.P. für die Gesellschaft gemacht habe, regelmäßig Kontakt gehalten. Mit dem zweiten Geschäftsführer sei kein persönlicher Kontakt gegeben gewesen. Sie habe darauf vertraut, dass dieser ordnungsgemäß handle, zumal sie gewusst habe, dass ohnedies eine Überwachung durch die Kanzlei P.P. stattgefunden habe, was ihr aus Gesprächen plausibel erschienen sei. Der direkte Gesprächspartner sei D.C. gewesen, der sich zu Zeiten der Geschäftsführung durch die Bw. im selben Bürohaus aufgehalten habe, aber nicht mehr in Österreich sein dürfte.

Die Zurücklegung der Geschäftsführertätigkeit sei mit dem Pensionsantritt der Bw. per zusammen gefallen, da sie am geboren sei und damit das 60 igste Lebensjahr vollendet hatte.

Vom Vorliegen einer Betriebsprüfung sei sie nicht informiert gewesen. Die Unterschrift auf dem Prüfungsauftrag stamme nicht von ihr und sie wisse auch nicht, wessen Unterschrift das sei. Es werde dazu die zeugenschaftliche Einvernahme der Betriebsprüferin beantragt, zum Beweis dafür, dass sie niemals persönlichen Kontakt mit der Bw. gehabt habe.

Von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt sei ein Strafverfahren eingeleitet worden, weil sich herausgestellt habe, dass in mehreren Fällen die Unterschrift der Bw. gefälscht worden war. Es sei jedoch nicht möglich gewesen, den Täter auszuforschen. Zum Beweis werde der Zeuge RA H.A. namhaft gemacht. Hilfsweise werde die Einholung eines Gutachtens eines Schriftsachverständigen beantragt.

Zum Treuhand- und Geschäftsführungsauftrag werde mitgeteilt, dass sich aus den Steuerakten ergebe, dass die Bw. die laufenden Zahlungen abgewickelt habe, jedoch über die Aktivitäten mit den Kraftfahrzeugen nichts gewusst habe. Die Kontrollpflicht ende dann, wenn betrügerische Machenschaften gegeben seien. Es werde ausdrücklich beantragt, die Belege betreffend das Konto 10 der Bank beizuschaffen. Dies, zum Beweis dafür, dass die Bw. keinerlei Verfügungen über dieses Konto getroffen habe.

Es werde ausdrücklich ersucht, nach Vorliegen dieser Informationen diese im Vorhaltsweg mitzuteilen. Die handschriftlichen Anmerkungen im Auszug 16/002 vom stammten nicht von der Bw. und sie habe auch nicht den Vermerk "gebucht am " angebracht. Dies sei höchstwahrscheinlich in der Buchhaltung geschehen.

Zum Beweis dafür, dass die Bw. über die inkriminierten Transaktionen nichts gewusst habe, werde die Einvernahme der beiden Treugeber gemäß Treuhand-Geschäftsführungsvertrag vom , R.S. und A.Z., wohnhaft an den angegebenen Adressen in Italien beantragt. Die Einvernahme sämtlicher Zeugen möge im Beisein des steuerlichen Vertreters bzw. der Bw. vor dem erkennenden Senat erfolgen, damit allfällige Zusatzfragen an die Zeugen gestellt werden könnten.

Vorgelegt wurde weiters eine Arbeitsvereinbarung zwischen der Bw. und der P.AG vom , wonach die Bw. für ein Pauschalentgelt von € 1.000,00 / Monat administrative Tätigkeiten, Zahlungsverkehr und Übersetzungen übernehmen und in der Ausübung ihrer Tätigkeiten weder örtlich noch in zeitlicher Hinsicht gebunden sein sollte.

Die Zusatzvereinbarung mit Unterschrift der Bw. vom enthält eine Verpflichtungserklärung der Bw. auch Geschäftsführertätigkeiten in Tochter- und Enkelunternehmen der Unternehmensgruppe P zu übernehmen.

Die zu übernehmende Geschäftsführung werde der Bw. jeweils vorgeschlagen und sie entscheide frei, ob sie die Organfunktion übernehmen werde.

Für jede übernommene Geschäftsführertätigkeit verpflichte sie sich ausdrücklich, nur über schriftliche (bei Gefahr im Verzug auch mündliche) Anweisung der jeweils weisungsberechtigten Person (dies sei entweder der Klient selbst, die AG oder ein Unternehmer der Gruppe P, welcher/welche/welches im Auftrag des Klienten handle und in diesem Zusammenhang zur Weitergabe der Anweisungen berechtigt sei) zu handeln.

Somit bestehe für die Bw. lediglich die Verpflichtung zur sorgfältigen Ausführung der Weisungen, sie sei jedoch zu keiner Zeit entscheidungsbefugt. Zuwiderhandlungen lösten ein Pönale in Höhe von € 2.000,00 für jeden Verstoß und allfällige darüber hinausgehende Schadenersatzansprüche aus.

Die AG verpflichte sich, die Bw. für in Ausübung ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin laut dieser Vereinbarung verursachte Schäden im Innenverhältnis vollkommen schad- und klaglos zu halten.

Festgehalten werde, dass dies lediglich einen Zusatz zum Vertrag zwischen der P.AG und der Bw. vom darstelle. Sämtliche Tätigkeiten seien durch den monatlichen Pauschalbetrag von € 1.000,00 abgegolten. Die Bw. werde selbständig tätig und sei für die Abfuhr der Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträge selbst verantwortlich.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung entschuldigte der steuerliche Vertreter das Nichterscheinen der Bw. mit einer ärztlichen Bestätigung über deren hohen Blutdruck, der eine Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung nicht zulasse.

Er verwies neuerlich auf die bereits im Vorverfahren gestellten Beweisanträge, führte aus, dass seiner Rechtsansicht nach die Haftungsinanspruchnahme die Bw. in einem verfassungsgesetzlich geschützten Recht beeinträchtige und beantragte die Einvernahme der Betriebsprüferin zum Beweis dafür, dass für die Festestellung des für den Prüfungsbericht maßgeblichen Sachverhaltes keine Informationen bei der Bw. eingeholt worden seien.

Ausdrücklich werde auch darauf hingewiesen, dass die Niederschrift über das Ergebnis der Prüfung keinen Hinweis darauf enthalte, ob von Seiten des Abgabepflichtigen an der Besprechung teilgenommen habe und wenn ja, welche Person.

Über Befragen, ob der steuerliche Vertreter wisse, ob die Bw. neben ihrer Arbeit als Sekretärin auch bereits vor der Übernahme der Geschäftsführung bei der verfahrensgegenständlichen Gesellschaft in einer anderen Gesellschaft als handelsrechtliche Geschäftsführerin fungiert habe, erklärte der Vertreter darüber keine Kenntnis zu haben.

In der Folge wurde vorgehalten, dass eine Firmenbuchabfrage ergeben habe, dass die Bw. insgesamt bereits bei 91 Gesellschaften als handelsrechtliche Geschäftsführerin fungiert habe, solche Positionen bereits seit dem Jahr 2000 übernommen habe und im Zeitraum, für den die Haftung ausgesprochen worden sei, in 46 Firmen als Geschäftsführerin aufscheine.

Der steuerliche Vertreter gab dazu an, dass ihm dieser Umstand bis dato nicht bekannt gewesen sei. Es verstärke jedoch den Eindruck, dass hier offenbar die Bw. in untergeordneter Funktion lediglich Sekretariatsarbeiten verrichtet habe und offenbar die Geschäftsführungsfunktion keiner wesentlichen Zusatzarbeit bedurft habe, da sie andernfalls 46 Unternehmen nicht habe leiten können. Man müsse diesfalls noch klären, ob sie bei diesen Gesellschaften alleinige Geschäftsführerin gewesen sei oder ob noch weitere Geschäftsführer bestellt gewesen seien.

Ausdrücklich werde der Verstoß gegen das Parteiengehör bemängelt, da dem Vertreter die Erhebungen des UFS nicht so rechtzeitig zur Kenntnis gebracht worden seien, um den Sachverhalt mit der Bw. klären zu können. Der Vorhalt in der mündlichen Verhandlung widerspreche dem Grundsatz des "fair trial".

Der erst in der Verhandlung ins Spiel gebrachte Sachverhalt erscheine jedoch nicht verfahrenswesentlich. Es komme nämlich nicht darauf an, ob die Bw. im Streitzeitraum andere Tätigkeiten ausgeübt habe sondern, ob ihr in ihrer Geschäftsführertätigkeit die verfahrensgegenständliche Gesellschaft betreffend vorgeworfen werden könne, dass sie ihrer Geschäftsführerfunktion nicht entsprochen habe.

Man könne umgekehrt nämlich auch ohne weiteres argumentieren, dass sie offenbar in den anderen in der Verhandlung bekannt gegebenen Fällen, offensichtlich ihre Funktion sachgerecht ausüben habe können, weil eben bei diesen Gesellschaften sie nicht von einem Geschäftsführer oder sonstigen Personen durch offensichtlich gesetzwidrige Maßnahmen hinters Licht geführt worden sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der Ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden konnten.

Nach § 9 Abs.1 BAO liegt demnach eine Ausfallshaftung dar, somit ist zunächst festzustellen, dass die Außenstände bei der Primärschuldnerin, B.GesmbH, nicht mehr eingebracht werden können.

Dazu ist auf die Feststellungen der für April 2005 bis August 2006 abgehaltenen Umsatzsteuersonderprüfung (Prüfungsbericht vom ) zu verweisen, wonach die gegenständliche Firma an der angegebenen Adresse in 1, über keine Büroräumlichkeiten verfügt hat, sondern nur eine Postübernahmestelle aufweist. Eine aufrechte Gewerbeanmeldung lag ebenfalls nicht vor. Mangels Vorlage von Buchhaltungsunterlagen wurde die geltend gemachte Vorsteuer aberkannt und die Erwerbssteuer festgesetzt. Die gegen die Feststellungen der Prüfung eingebrachte Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom abgewiesen. Der dagegen erhobene Vorlageantrag als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

In der Begründung der Berufungsvorentscheidung wird ausgeführt, dass Fahrzeuge unter Verwendung einer österreichischen UID Nummer nach Österreich geliefert worden seien und dieser Umsatz auch erklärt worden sei. Nunmehr habe sich jedoch herausgestellt, dass das Unternehmen als Teil einer internationalen Umsatzsteuerkarusselgruppe tätig gewesen sei und dadurch erheblicher Schaden durch Verkürzung der Umsatzsteuer im Gemeinschaftsgebiet verursacht worden sei. Die Firma habe keine Gewerbeberechtigung für den KFZ Handel und keinen Sitz in Österreich besessen, daher sei sie als Scheinfirma zu qualifizieren. Die Kraftfahrzeuge seien nicht zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt gewesen, daher sei der Vorsteuerabzug zu verwehren.

Ein Zugriff auf Geldmittel der Gesellschaft ist somit nicht möglich, die Einbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten beim Primärschuldner nicht gegeben.

Die Bw. fungierte unbestritten ab bis als handelsrechtliche Geschäftsführerin. Von bis war auch V.V. handelsrechtlicher Geschäftsführer. Die beiden Geschäftsführer waren laut Firmenbuch jeweils selbständig vertretungsbefugt. Die B.GesmbH wurde am unter dem Namen I.GesmbH gegründet. Mit wurde die Gesellschaft in T.GesmbH umbenannt und am erhielt sie den Namen B.GesmbH. Der Bw. oblag somit generell die Obsorge für die Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der verfahrensgegenständlichen Firma im Zeitraum der handelsrechtlichen Geschäftsführung.

Der im Haftungsbescheid enthaltene Teilbetrag der Umsatzsteuer 2006 von € 17,60 wurde am fällig. Die Abgabenbehörde erster Instanz hat dem Vorbringen der Bw. Glauben geschenkt, dass sie bereits mit Ende des Jahres 2006 die Geschäftsführung zurückgelegt hat. Dazu wurde zwar in der Vorhaltsbeantwortung im zweitinstanzlichen Verfahren weiterhin nicht darauf eingegangen, wem gegenüber und in welcher Form die Geschäftsführung zurückgelegt worden sein soll, sondern die Zurücklegung nur mit dem Alter der Bw. und deren Pensionsantritt begründet - der behauptete Pensionsantritt steht in einem Gegensatz zu den vorliegenden Einkommensteuererklärungen, wonach die Bw. bereits im Jahr 2004 Einkünfte aus Pension erklärt hat -, jedoch handelt es sich bei dem Betrag von € 17,60 um eine Nachforderung aus der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen am und scheint unter Berücksichtigung der vorangegangenen Prüfung, die am abgeschlossen wurde, eine schuldhafte Pflichtverletzung hinsichtlich dieser geringen Differenz nicht nachweisbar, daher war auf den Wahrheitsgehalt dieses Parteienvorbringens nicht weiter einzugehen.

Zur Frage einer schuldhaften Pflichtverletzung und der dadurch bewirkten Uneinbringlichkeit von Abgabenschuldigkeiten ist auszuführen:

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

Haftungsgegenstand ist nicht entrichtete Umsatzsteuer.

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 94 hat der Unternehmer spätestens am 15.Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen. in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebene Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Für die Monate April bis Dezember 2005 wurde mittels drei jeweils für ein Quartal eingebrachten Voranmeldungen eine Gutschrift in der Höhe von € 3.788,07 geltend gemacht und verbucht.

Für die ersten beiden Quartale des Jahres 2006 wurden Gutschriften in der Höhe von € 1.252,92 geltend gemacht und verbucht.

Zunächst wurde für die Monate 4/2005 bis 12/2005 am eine Umsatzsteuernachschau begonnen, welche am um die Zeiträume 1-8/2006 erweitert wurde. Die Prüfungsaufträge wurden am und am mit "zur Kenntnis genommen" unterfertigt.

Zur Geschäftsgebarung ist aus dem Arbeitsbogen 227117/05 zu entnehmen, dass bezüglich eines Fahrzeuges der Nachweis einer Lieferkette gelungen sei. So sei am ein Mercedes CLS 350 Coupe von der deutschen Firma M.GesmbH an die italienische Firma P.. in Salerno um € 55.900,00 verkauft und das Fahrzeug von der italienischen Firma selbst abgeholt worden. Auffällig sei sofort, dass dieses Fahrzeug bereits am von der italienischen Firma S..l. an die T.GesmbH um € 45.700,00 verkauft und nach Villach geliefert worden sein solle.

Die Lieferung von Italien nach Österreich sei erfasst worden. Am sei das Fahrzeug von der Firma T.GesmbH an die italienische Firma I.. in Senna um € 46.000,00 verkauft worden, wobei das Fahrzeug mit Überstellungskennzeichen nach Italien verbracht, die IG Lieferung jedoch nicht gemeldet worden sei. Laut Rechnung habe das Fahrzeug nach einer Fahrt von Deutschland nach Italien und wieder nach Österreich einen Kilometerstand von 50 gehabt. Am sei das Fahrzeug von der italienischen Firma O.. in Cantu angemeldet worden.

Laut MIAS Datenbank hat das geprüfte Unternehmen die Fahrzeuge nach Österreich verbracht, jedoch in der Folge keine Erwerbsteuer für die Lieferung entrichtet.

Für das Jahr 2005 wurde Erwerbsteuer für 9 Autos in der Höhe von € 45.140,00 und für das Jahr 2006 für 12 Autos Erwerbsteuer in der Höhe von € 52.440,00 errechnet und die zuvor geltend gemachten Gutschriften aus Vorsteuerabzug aberkannt.

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voraus, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung zur Heranziehung zur Haftung an den Abgabenbescheid zu halten ().

Im Berufungsverfahren gegen den Haftungsbescheid können daher, wenn Bescheide über den Abgabenanspruch ergangen sind, Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung nicht mit Erfolg erhoben werden ().

Nach den Feststellungen der Umsatzsteuernachschau wurden somit buchhalterische Vorschriften und steuerliche Melde- und Zahlungsverpflichtungen gänzlich negiert, ein derartiges Verhalten stellt grundsätzlich eine Pflichtverletzung dar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgeführt, dass ein Geschäftsführer, der sich durch Gesellschafter oder dritte Personen behindert sieht, entweder sofort im Rechtsweg die Möglichkeit der ungehinderten Ausübung seiner Funktion erzwingen oder seine Funktion niederzulegen und als Geschäftsführer auszuscheiden hat (, , 96/14/0076, , 95/15/0163).

Ein für die Haftung relevantes Verschulden liegt auch dann vor, wenn sich der Geschäftsführer schon bei Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw. eine solche Beschränkung in Kauf nimmt, welche die zukünftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung unmöglich macht. Der Umstand allein, dass ein Geschäftsführer seine Funktion nie ausgeübt hat, bedeutet nicht, dass er wie ein zurückgetretener Geschäftsführer zu beurteilen wäre ().

Eine im Innenverhältnis getroffene Vereinbarung kann einen Geschäftsführer somit nicht gänzlich von seinen steuerrechtlichen Verpflichtungen entbinden, bei Übertragung seiner Pflichten hat er zumindest eine Auswahl- und Kontrollpflicht wahrzunehmen, deren Verletzung eben die Konsequenz einer Haftungsinanspruchnahme nach § 9 BAO nach sich zieht.

Der bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die diese betreffenden Abgaben nicht entrichtet hat, haftet, wenn die Abgaben bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweisen kann, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten. Dem Vertreter obliegt die konkrete Darstellung der Gründe, die der gebotenen rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden. Bei schuldhafter Pflichtverletzung spricht die Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben ().

Mit Schreiben vom hat die Bw. einen Treuhand-Geschäftsführungsauftrag vorgelegt, der unter Punkt 2 die Ausübung der Geschäftsführertätigkeit regelt. Demnach wurde sie, wörtlich zitiert: "ermächtigt, jene Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung und Geschäftsführung zu treffen, die dafür erforderlich sind, dass die Gesellschaft allen in Österreich geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere in steuerlicher und verwaltungsrechtlicher Hinsicht entspricht". Sie wurde zudem ermächtigt, das Konto der Gesellschaft mit den Aufwendungen zur Begleichung der Steuern und Buchhaltungskosten zu belasten.

Sie war somit grundsätzlich verpflichtet für die Einhaltung der steuerlichen Vorschriften und die Begleichung der Abgaben Sorge zu tragen.

Die im Rechtsmittelverfahren eingebrachten Beweisanträge zur Einvernahme der Gesellschafter, Einholung eines Schriftsachverständigengutachtens zur Unterschrift mit dem Namenszug der Bw. auf dem Prüfungsauftrag, Befragung eines Rechtsanwaltes zu dem Vorbringen, dass auch in anderen Fällen Unterschriften der Bw. gefälscht worden seien, Beischaffung der Auszüge eines Bankkontos und Einvernahme der Betriebsprüferin zum Beweis dafür, dass die Bw. nicht über die Abhaltung einer Betriebsprüfung informiert gewesen sei, bezogen sich alle rein auf das Vorbringen, dass die Bw. die Geschäfte der Gesellschaft tatsächlich nicht selbst geführt habe und keine Kenntnis von der Abhaltung der Betriebsprüfung erlangt habe.

Dieses Vorbringen, dass die Bw. die "Autotransfergeschäfte" nicht selbst getätigt habe und keine Zahlungen in diesem Zusammenhang vorgenommen habe, nimmt der Senat als erwiesen an, daher bedarf es keines weiteren Beweises dazu. Es ist zudem im Haftungsverfahren auch irrelevant, ob die Bw. von der Abhaltung der Betriebsprüfung informiert gewesen ist oder ob eine andere Person für die Gesellschaft tätig geworden ist. Wie oben ausgeführt wurde, sind die Bescheide ordnungsgemäß zugestellt worden und wurde von der die Gesellschaft vertreten habenden Steuerberatungskanzlei ein Rechtsmittelverfahren angestrengt, das jedoch letztlich zu keiner Änderung der Vorschreibungen geführt hat.

Das Berufungsvorbringen befreit die Bw. nicht vom Vorwurf der schuldhaften Pflichtverletzung.

Im gegenständlichen Fall wäre es an der Bw. gelegen einen Nachweis zu erbringen, dass sie den zweiten Geschäftsführer entsprechend kontrolliert habe und alles unternommen habe, um eine ordnungsgemäße Erfassung aller Geschäftsfälle und Zahlung der Abgabenschuldigkeiten zu gewährleisten.

Die Bw. gesteht jedoch zu, als Geschäftsführerin keine Entscheidungen getroffen zu haben, diese Funktion lediglich übernommen zu haben, da sie eine Anstellung gebraucht habe, niemals an der Firmenadresse gewesen zu sein, den zweiten Geschäftsführer nicht zu kennen und keine Überwachungsmaßnahmen hinsichtlich seiner Geschäftsführung gesetzt zu haben.

Nach der Zusatzvereinbarung vom verpflichtet sie sich ausdrücklich nur über schriftliche Anweisung tätig zu werden und Anweisungen sorgfältig auszuführen und nimmt an jedoch zu keiner Zeit entscheidungsbefugt zu sein.

Schon das Eingehen einer derart knebelnden und fesselnden Vereinbarung hinsichtlich der Übernahme der von der P.AG vorgeschlagenen Geschäftsführerpositionen zeigt, dass sich die Bw. vollständig der Möglichkeit begeben hat, den ihr durch handelsrechtliche und steuerrechtliche Vorschriften aufgetragenen Aufgaben ordnungsgemäß nachkommen zu können. Wer in seiner Funktion als gesetzlich dazu verpflichteter handelsrechtlicher Geschäftsführer die Geschicke der von ihm vertretenen Gesellschaft nicht selbst leitet und damit keinen Einblick in deren tatsächliche Geschäftstätigkeit gewinnt, öffnet naturgemäß anderen im Namen der Gesellschaft tätigen Personen Tür und Tor für illegale Handlungen aller Art.

Die schuldhafte Pflichtverletzung der Bw. liegt darin, dass sie eine Geschäftsführerstellung in dem Wissen übernommen hat, dass sie diese nicht ausüben könne, sich sämtlicher Kontrollrechte begeben und sich dauerhaft mit der Einschränkung ihrer Befugnisse einverstanden erklärt hat. Dass gerade solche Konstellationen abgabenrechtliche Pflichtverletzungen ermöglichen, liegt auf der Hand.

Rein zur Abrundung des Gesamtblickes auf die Verfahrenseinlassung der Bw. (Relativierung der im Berufungsvorbringen dargestellten Opferrolle) wurde im Zuge der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen, dass unter der Abfrage des Namens der Bw. im Firmenbuch 91 verschiedene Firmenbuchnummern aufscheinen und sie im Zeitraum, für den sie zur Haftung herangezogen wurde bei insgesamt 46 Firmen als handelsrechtliche Geschäftsführerin erfasst war.

Dieser Umstand zeigt, dass die Bw. über Jahre hinweg ihren Namen dafür hergegeben hat, in zahlreichen Firmen als handelsrechtlicher Geschäftsführer eingetragen zu sein. Bei der Vielzahl der übernommenen Vertretungen ergibt es sich von selbst, dass eine einzelne Person nicht tatsächlich die Geschicke aller von ihr vertretenen Firmen geleitet hat.

Dem Vertreter wird insoweit beigepflichtet, als er vermeint, dass dieser Umstand zur Begründung der schuldhaften Pflichtverletzung nicht wesentlich sei, sie ergibt sich für den Senat - wie oben ausgeführt wurde - bereits zweifelsfrei aus den im Verfahren vorgelegten Unterlagen zur vertraglichen Gestaltung der Geschäftsführungsposition und dem Parteienvorbringen.

Eine Verletzung des Parteiengehörs wird jedoch in Abrede gestellt. Das Firmenbuch ist öffentlich zugänglich, es wäre daher an der Bw. gelegen ihren Vertreter über weitere Geschäftsführereintragungen in Kenntnis zu setzen. Dass es nahe liegend war, dass die Bw. bei weiteren Firmen als Geschäftsführer eingetragen war, indiziert die Vertragsgestaltung mit der P.AG, auffällig ist nur die exorbitant hohe Zahl.

Nach Lehre und Rechtssprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.

Ist eine Einbringlichmachung beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben, kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden ().

Dazu ist abschließend anzumerken, dass der zweite Geschäftsführer V.V. unbekannten Aufenthaltes ist, daher war eine Haftungsinanspruchnahme bei ihm nicht möglich.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at