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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.10.2023, RV/6100176/2021

Werbungskosten bei Unfallschaden auf der Fahrt zur Arbeitsstätte

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, gegen den von der belangten Behörde Finanzamt Österreich zu Steuernummer ***BF1StNr1*** am ausgefertigten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruchs dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid die Einkommensteuer für das Jahr 2019 mit € 3.426,00 festgesetzt. Dabei wurden in der Abgabenerklärung geltend gemachte Aufwendungen in Höhe von € 8.375,00 für einen Schaden am PKW des Beschwerdeführers, der bei einem Unfall auf der Fahrt zur Arbeit erfolgte, nicht als Werbungskosten anerkannt. Die belangte Behörde sehe keinen steuerlich abschreibbaren Restbuchwert des Unfallautos, es sei nach der Erstzulassung im Jahr 2010 am bereits voll abgeschrieben gewesen. Zudem wurden Aufwendungen in Höhe von € 211,00 für ein Notebook mangels beruflicher Notwendigkeit als Beschäftigter im Barbereich eines Hotels nicht als Werbungskosten anerkannt.

2. Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde erhoben.

2.1. Zum Unfallschaden bei seinem PKW habe die Polizei den Schaden aufgenommen und einen Bericht erstell. Es sei weder eine Alkoholisierung, überhöhte Geschwindigkeit oder sonst ein über eine leichte Fahrlässigkeit hinausgehendes Verschulden gegeben gewesen. Der PKW werde laut Eurotax Marketradar zum Stichtag zu einem Angebotskurs von von € 12.240,00 und einem Verkaufskurs von € 9.370,00 gehandelt. Er habe seinen PKW wegen diverser Sonderausstattungen privat zum Listenpreiserworben. Dass dieses Auto nach einem Jahr keinen Restbuchwert mehr haben soll, sei unbegründet. Nach § 8 Abs. 6 EStG betrage die Mindestnutzungsdauer 8 Jahre. Es sei offensichtlich, dass ein PKW nach 8 Jahren nicht plötzlich wertlos werde.

2.2. Hinsichtlich der Notwendigkeit für das Notebook verweist der Beschwerdeführer auf die Kriterien für die ausgeschriebene Stelle als Bar Manager in einem exklusiven Hotel.

3. Die belangte Behörde hat mit der am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung die Bescheidbeschwerde als unbegründet abgewiesen.

3.1. Die Mindestnutzungsdauer betrage bei Fahrzeugen gemäß § 8 Abs. 6 Z 1 EStG 1988 acht Jahre. Bei erworbenen Gebrauchtwagen werde von der Mindestnutzungsdauer der Zeitraum der Nutzung des Voreigentümers (im Beschwerdefall 9 Jahre) abgezogen. Daraus ergebe sich kein absetzbarer Restbuchwert für das Auto des Beschwerdeführers.

3.2. Da die Anschaffung eines Computers auch eine private Veranlassung vermuten lasse, komme es auf die Notwendigkeit der Anschaffung an. Zu prüfen sei, ob die Anschaffung objektiv sinnvoll sei. Die Hauptaufgaben eines Bar-Managers lägen nach der vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung in der Betreuung und Beratung der Gäste, Einhaltung gewisser Standards, Bestellung von Getränken, Erstellung der Getränkekarte und Personalführung. Der Arbeitgeber des Beschwerdeführers wünsche sich lediglich Kompetenzen und Qualifikationen wie gute Kenntnisse im Umgang mit dem Computer, den gängigen Microsoft Office Programmen und dem Kassensystem Micros. Es entspreche dem täglichen Leben, dass Menschen im Alter des Beschwerdeführers mit seiner Qualifikation die Microsoft Office Standardprogramme bedienen könnten. Sein Arbeitsplatz liege in einem Hotel, weshalb nicht habe glaubhaft gemacht werden können, dass für die Nebentätigkeiten, welche eventuell am Computer ausgeführt werden könnten (Bestellung von Getränken, Erstellung der Getränkekarte und Personalführung), kein Computer des Arbeitgebers hätte verwendet werden können (beispielsweise der Computer an der Rezeption). Der Aspekt, dass der Beschwerdeführer vom Arbeitgeber keinen Dienstlaptop erhalten habe, spiele bei der Beurteilung des Sachverhalts keine Rolle.

4. Der Beschwerdeführer hat mit dem über FinanzOnline am elektronisch eingebrachten Schreiben beantragt, die Bescheidbeschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

4.1. Die Begründung hinsichtlich der Nutzungsdauer des PKW lasse die Logik außer Acht, dass ein PKW nach dem Kauf nicht unmittelbar wertlos sein könne. Es sei überdies offensichtlich, dass PKW der Marke Audi je nach Zustand über die gewöhnliche Nutzungsdauer hinaus einen hohen Wiederverkaufserlös erzielten.

4.2. Zum Laptop sei anzumerken, dass der Arbeitgeber einen Arbeitsplatz-PC für sämtliche Bar-Mitarbeiter zur Verfügung stelle. Tätigkeiten, für die der Beschwerdeführer den Laptop benötigte wären Kostenkontrolle (Budgetierung, KAPEX, etc.), Preiskalkulationen, Gin- und Wiskybuch Gestaltung, email Postfach, Outlook Programme (Listen, Tabellen, Schulungen, Trainings), Konzept Entwürfe, Handbuchgestaltung der neuen Mitarbeiter, Einarbeitungslisten, Checklisten, Internetrecherche zu potenziell neuen Produkten, Rezepte erarbeiten und erneuern.

5. Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Sachverhalt

Folgender Sachverhalt ist für das Bundesfinanzgericht entscheidungswesentlich und erwiesen:

1. Der Beschwerdeführer hatte im Beschwerdejahr 2019 seinen Wohnsitz in Österreich. Ab März 2019 arbeitete er als Bar Manager im ***Hotel1*** in Berchtesgaden, Arbeitgeber war die Berchtesgaden ***GmbH1***, ***Adresse1***. Der Beschwerdeführer erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

2. Auf der Fahrt zur Arbeit hatte der Beschwerdeführer am um 08:25 Uhr mit seinem PKW einen Auffahrunfall. Unfallursache war eine Unachtsamkeit des Beschwerdeführers. Sein Fahrzeug hatte einen Frontschaden. Der Beschwerdeführer hatte das Fahrzeug (Baujahr 2009) mit Kaufvertrag vom zum Kaufpreis von € 14.500,00 erworben. Er hat den PKW nach dem Unfall mit Kaufvertrag vom zum Kaufpreis von € 3.100,00 veräußert. Der PKW hatte einen Kilometerstand 209.000.

3. Der Beschwerdeführer hat am zum Preis von € 1.374,00 ein Notebook erworben und dieses auch für berufliche Zwecke verwendet.

III. Beweiswürdigung

1. Der unter Punkt II 1. Und 2. dargestellte Sachverhalt ist nach der Aktenlage erwiesen, insbesondere der Auskunft des Zentralen Melderegisters (ON 18), dem Arbeitsvertrag (ON 6), der Erfassungsbestätigung (ON7), Dem Protokoll der Landespolizeidirektion Salzburg über den Verkehrsunfall vom (ON 11), dem Kaufvertrag vom sowie dem Kaufvertrag vom (ON 11). Die Sachlage ist unbestritten.

2. Der Zeitpunkt der Anschaffung sowie die Kosten für das Notebook sind mit der Rechnung der ***Firma1*** belegt und unstrittig. Dass das Notebook auch für beruflich Zwecke verwendet wurde, ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, das für das Bundesfinanzgericht schlüssig und lebensnah ist. Er war Bar Manager in einem exklusiven Hotel, hatte Mitarbeiter, Praktikanten und Auszubildende zu leiten. Das im Beschwerdeschreiben und im Vorlageantrag dargelegte Aufgaben- und Tätigkeitsprofil für diese Arbeit zeigen glaubhaft auf, dass der Beschwerdeführer sein Notebook als Bar Manager verwendet hat. Diese Tatsache, dass der Beschwerdeführer das Notebook auch für berufliche Zwecke verwendete, wurde im Übrigen auch von der belangten Behörde nicht in Frage gestellt. Sie hat den Werbungskostenabzug nur deshalb nicht zugelassen, weil sie die Anschaffung des Arbeitsmittels für die beruflichen Zwecke als Barmanager für nicht notwendig hielt (zur Relevanz der Notwendigkeit der Anschaffung siehe unten Punkt IV 2.). Die Ansicht der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer den Computer des Arbeitgebers an der Rezeption Hotels verwendet und daher für seine beruflichen Tätigkeiten kein eigenes Notebook benötigte, hält für das Bundesfinanzgericht nicht für lebensnah. Die Anmerkung des Beschwerdeführers im Vorlageantrag, dass der Arbeitgeber einen Arbeitsplatzcomputer für sämtliche Bar-Mitarbeiter zur Verfügung stellte, steht der Annahme nicht entgegen, dass er sein eigenes Notebook für die beruflichen Tätigkeiten verwendet hat.

IV. Rechtliche Beurteilung

1. Unfallschaden

1.1. Zu den Werbungskosten gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 gehören auch die Kosten für einen Unfall auf einer berufsbedingten Fahrt, sofern nicht die berufliche Veranlassung durch eine private Veranlassung (zB Alkoholisierung, grobe Missachtung von Verkehrsvorschriften) überlagert wird (; ). Zu den berufsbedingten Fahrten zählen auch die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ().

1.2. Im Beschwerdefall ist aktenkundig und unbestritten, dass der Beschwerdeführer mit seinem Fahrzeug einen Unfall auf der berufsbedingten Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte hatte. Eine die berufliche Veranlassung überlagernde private Veranlassung lag nicht vor. Strittig ist im Beschwerdefall nur, in welcher Höhe Unfallkosten als Werbungskosten geltend gemacht werden können.

1.3. Die belangte Behörde geht davon aus, dass dem Beschwerdeführer kein Schaden entstanden ist. Sie nimmt an, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Unfalls wertlos war. Es sei bereits älter als acht Jahre gewesen und habe daher die in § 8 Abs. 6 EStG 1988 für Personenkraftwagen vorgesehene Nutzungsdauer bereits überschritten.

1.4. Das Bundesfinanzgericht ist der Ansicht, dass für die Feststellung der Schadenshöhe die für die Abschreibung in § 8 Abs. 6 EStG 1988 festgelegte Nutzungsdauer nicht herangezogen werden kann. Zum einen handelt es sich nach dieser Bestimmung um eine Mindestnutzungsdauer. Damit geht auch der Gesetzgeber davon aus, dass Personenkraftwagen eine längere Nutzungsdauer haben können. Für die Feststellung des Schadens ist relevant, dass der Beschwerdeführer das Fahrzeug mit Baujahr 2009 ungefähr ein Jahr vor dem Unfallschaden um € 14.500,00 erworben hat. Das Fahrzeug hatte beim Verkauf einen Kilometerstand von 209.000, wurde also im Jahr durchschnittlich 20.000 Kilometer gefahren. Das Bundesfinanzgericht geht daher davon aus, dass das Fahrzeug beim Erwerb eine Nutzungsdauer von zumindest noch drei Jahren hatte. Der Unfall ereignete sich rund ein Jahr nach dem Erwerb. Daraus errechnet sich ein Schaden von € 6.566,67 (Anschaffungskosten € 14.500,00/3*2 = Restwert € 9.666,67 abzüglich Verkaufserlös iHv € 3.100), der im Beschwerdejahr als Werbungskosten einkommensmindernd geltend gemacht werden kann.

2. Notebook

2.1. Gemäß § 16 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 gehören zu den Werbungskosten Ausgaben für Arbeitsmittel (zB Werkzeug und Berufskleidung). Ist die Nutzungsdauer der Arbeitsmittel länger als ein Jahr, ist § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 anzuwenden (gleichmäßige Verteilung der Anschaffungskosten auf die Nutzungsdauer). Wird das Arbeitsmittel im Kalenderjahr weniger als sechs Monate genutzt, kann gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 iVm § 7 Abs. 2 EStG 1988 im Kalenderjahr nur die Hälfte des Jahresbetrags abgesetzt werden.

2.2. Aufwendungen für ein Notebook sind als Arbeitsmittel abzugsfähig, soweit eine berufliche Verwendung feststeht, gegebenenfalls auch bloß zu einem prozentuellen Anteil (kein Aufteilungsverbot, ). Aufwendungen für einen Computer sind bereits dann abzugsfähig, wenn der Einsatz des Computers unzweifelhaft sinnvoll ist (; ; ). Die Notwendigkeit eines Aufwandes ist keine Voraussetzung für die Anerkennung von Werbungskosten, sondern in typisierender Betrachtungsweise nur ein Indiz für die berufliche Veranlassung und somit für das Fehlen einer privaten Veranlassung (; Zorn/Stanek in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20 () Tz 12 f mwN). Die Nutzungsdauer eines Computers kann mit vier Jahren angenommen werden ().

2.3. Der Beschwerdeführer hat das Notebook am erworben und somit im Beschwerdejahr weniger als sechs Monate genutzt. Die Anschaffungskosten betrugen € 1.374,00. Da für das Bundesfinanzgericht erwiesen ist, dass das Notebook auch beruflich verwendet wurde, hinsichtlich der Aufteilung der privaten und beruflichen Nutzung aber kein konkreter Nachweis vorliegt, wird die berufliche Nutzung pauschal mit 40% bemessen. Bei der angenommenen Nutzungsdauer für das Notebook von vier Jahren können daher im Beschwerdejahr Aufwendungen in Höhe von € 68,70 (1.374/4/2*0,4) als Werbungskosten abgezogen werden.

V. Bemessungsgrundlagen und Höhe der festgesetzten Abgabe

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer für das Jahr 2019 betragen in Euro:


Der Betrag an Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, setzt sich wie folgt zusammen:

VI. Zulässigkeit einer Revision

Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt sich im Beschwerdefall nicht. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig. Zur außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof siehe nachstehende Rechtsbelehrung.

Rechtsbelehrung

[...]

Innsbruck, am

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