Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 30.09.2010, RV/0434-G/10

Beurkundung von Darlehensvertrag und Pfandurkunde in verschiedenen Schriften

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Berufungswerberin, vertreten durch Siegl, Choc & Axmann, Rechtsanwaltspartnerschaft, 8010 Graz, Kalchberggasse 10/1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Rechtsgebühr entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert aufrecht.

Entscheidungsgründe

Die am von den Vertragsparteien unterfertigte und am dem Finanzamt angezeigte Pfandurkunde hat auszugsweise folgenden Inhalt:

"Frau Mag. SM hat von S ein Darlehen im Betrag von € 100.000 zugezählt erhalten. Das Gesamtdarlehen ist frühestens am zur Rückzahlung fällig, wobei jährliche Darlehenszinsen von 2% sowie Verzugszinsen ab Fälligkeit von 8 % vereinbart sind.

Zur Sicherstellung der Darlehensforderung in Höhe von € 100.000, welche Herrn S aufgrund des geschlossenen Darlehensvertrages zusteht, verpfändet Frau Mag. SM die ihr gehörige Liegenschaft EZ x. Diese erteilt hiermit ihre ausdrückliche und unwiderrufliche Einwilligung, dass aufgrund dieser Urkunde, auch über einseitige Antragstellung ohne ihr ferneres Wissen und Einvernehmen das Singularpfandrecht im Betrag von € 100.000 zuzüglich Zinsen ab Fälligkeit für diese Darlehensforderung zu Gunsten von S auf der Liegenschaft EZ x einverleibt wird."

Der beim Finanzamt am angezeigte und von den Vertragsparteien am unterfertigte "Schuldschein" hat folgenden, auszugsweise wiedergegebenen Inhalt:

"Frau Mag. SM bekennt hiermit von Herrn S ein Darlehen von € 100.000 zugezählt erhalten zu haben. Der Darlehensbetrag wird erst nach Ablauf von 15 Jahren uns somit frühestens am zur Rückzahlung fällig. Das Darlehen ist bis zur gänzlichen Rückzahlung im Nachhinein zu verzinsen.

Zur Sicherstellung dieses Darlehens verpfändet die Darlehensnehmerin ihre Liegenschaft EZ x , wobei eine gesonderte Pfandurkunde errichtet und ein Pfandrecht im Betrage von € 100.000 zuzüglich 2% Zinsen, 8 % Verzugszinsen und einer Nebengebührensicherstellung von € 2.000 im laufenden Rang einverleibt werden soll". Eine Aufsandungsklausel enthält diese Urkunde nicht.

Für den Schuldschein setzte das Finanzamt mit Bescheid vom eine Gebühr gemäß § 33 TP 8 Abs. 1 in Höhe von € 800 fest.

Mit weiterem Bescheid vom schrieb das Finanzamt der Berufungswerberin für die Pfandurkunde ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von € 100.000 gemäß § 33 TP 18 Abs. 1 GebG die Rechtsgebühr von € 1.000 vor.

In der gegen den letztgenannten Bescheid fristgerecht eingebrachten Berufung wurde im Wesentlichen eingewendet, dass die gegenständliche Pfandurkunde lediglich aus Gründen der Zweckmäßigkeit und um eine ordnungsgemäße Verbücherung gewährleisten zu können, ausgestellt und von den Vertragsparteien unterfertigt worden sei. Diesen Umstand habe das Finanzamt übersehen. Darüber hinaus sei eine Eintragungsgebühr für das Pfandrecht im Betrag von € 1.200 bezahlt worden. Eine nochmalige gesonderte Vergebührung der Pfandurkunde sei daher keinesfalls zulässig.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Zur Erfüllung der Voraussetzungen der Gebührenfreiheit nach § 19 Abs. 2 GebG müsse es sich um Nebengeschäfte und Nebenabredungen in derselben Urkunde zwischen denselben Vertragsteilen zum Zweck der Sicherung oder Erfüllung des Hauptgeschäftes handeln. Die separate Pfandbestellungsurkunde vom unterliege daher der Gebühr nach § 33 TP 18 GebG.

Dagegen wurde der Vorlageantrag gestellt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß TP 18 Abs. 1 zu § 33 GebG sind Hypothekarverschreibungen, wodurch zur Sicherstellung einer Verbindlichkeit eine Hypothek bestellt wird, nach dem Werte der Verbindlichkeit, für welche die Hypothek eingeräumt wird, gebührenpflichtig. Allerdings kann die in dieser Tarifpost genannte Hypothekarverschreibung unter den Voraussetzungen der §§ 19 Abs. 2 bzw. 20 Abs. 5 GebG gebührenfrei beurkundet werden (Frotz-Hügel-Popp, Kommentar zum Gebührengesetz, B I 5 zu § 33 TP 18).

Gemäß § 20 Abs. 5 GebG unterliegen nicht der Gebührenpflicht u.a. Sicherungsgeschäfte zu Darlehens- und Kreditverträgen mit taxativ aufgezählten Kreditinstituten, soferne über die genannten Verträge spätestens gleichzeitig mit der Beurkundung des Nebengeschäftes eine Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenschuld maßgeblichen Weise errichtet worden ist.

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Hypothekarverschreibung der Sicherstellung der Darlehensforderung dient. Die Berufungswerberin hat sich richtigerweise nicht auf den Befreiungstatbestand des § 20 Abs. 5 GebG berufen, weil diese Bestimmung nur für Sicherungs- und Erfüllungsgeschäfte zu Darlehens- und Kreditverträgen mit den in dieser Gesetzesbestimmung angeführten Kreditgebern zur Anwendung kommt (Beschränkung auf bestimmten Personenkreis).

Werden in einer Urkunde mehrere Rechtsgeschäfte derselben oder verschiedenen Art, die nicht zusammenhängende Bestandteile des Hauptgeschäftes sind, abgeschlossen, so ist die Gebühr für jedes einzelne Rechtsgeschäft zu entrichten. Dies gilt aber nicht für die in der Urkunde über das Hauptgeschäft zwischen denselben Vertragsteilen zur Sicherung oder Erfüllung des Hauptgeschäftes abgeschlossenen Nebengeschäfte oder Nebenverabredungen, gleichgültig ob das Hauptgeschäft nach diesem Gesetz oder einem Verkehrsteuergesetz einer Gebühr oder Verkehrsteuer unterliegt. (§ 19 Abs.2 GebG).

§ 19 Abs 2 GebG schließt somit eine mehrfache Besteuerung zweier oder mehrerer in einer Urkunde zusammengefasster gebührenpflichtiger Rechtsgeschäfte im Bereich des Gebührengesetzes aus. Diese Gesetzesbestimmung ist nicht auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt- allerdings erfordert sie neben den Voraussetzungen, dass das Hauptgeschäft einer Gebühr oder Verkehrsteuer unterliegen muss, wobei es unerheblich ist, ob die Abgabenpflicht tatsächlich ausgelöst wird, und dass das Nebengeschäft ein Sicherungs- oder Erfüllungsgeschäft zum Hauptgeschäft ist, die Voraussetzungen der Urkunden und Parteienidentität.

Urkundenidentität bedeutet, dass das Sicherungs- oder Erfüllungsgeschäft in der Urkunde über das Hauptgeschäft abgeschlossen werden muss.

Parteienidentität bedeutet, dass Haupt und Nebengeschäft zwischen denselben Vertragspartnern abgeschlossen werden muss.

In der Berufung wird ausgeführt, dass die gegenständliche Pfandurkunde lediglich aus Gründen der Zweckmäßigkeit und aus Gründen einer ordnungsgemäßen Verbücherung von den Vertragsparteien unterfertigt worden sei.

Bei dieser Argumentation übersieht die Berufungswerberin, dass die Gebührenfreiheit eines Nebengeschäftes oder einer Nebenvereinbarung nach § 19 Abs 2 GebG zweiter Satz nicht davon abhängig ist, dass das Nebengeschäft oder die Nebenverabredung zur Sicherung oder Erfüllung des Hauptgeschäftes notwendig oder zweckmäßig ist. Aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen des § 15 Abs 1, § 17 Abs 5, § 19 Abs 2 und § 21 GebG ergibt sich, dass jedes Rechtsgeschäft, über das eine Urkunde errichtet wird, der Gebühr unterliegt, sofern es nach dem Tarif des § 33 GebG überhaupt für gebührenpflichtig erklärt wurde.

Im konkreten Fall wurden der Darlehensvertrag und die Pfandurkunde in verschiedenen Schriften beurkundet. Es ist zutreffend, dass im Schuldschein vom eine Hypothekarverschreibung für dieselbe Liegenschaft beurkundet worden war. Dieser Schuldschein enthielt jedoch im Gegensatz zur Pfandurkunde keine Aufsandungserklärung, die gemäß § 32 Abs. 1 lit b GBG zur Einverleibung des Pfandrechts im Grundbuch zwingend vorgeschrieben ist (). Im Schuldschein wird lediglich auf die gesonderte Errichtung einer Pfandurkunde hingewiesen. Erst durch die Beurkundung dieser Klausel in der gesondert erstellten Pfandurkunde konnte der mit der Hypothekarverschreibung beabsichtigte Zweck , nämlich die Einverleibung des Pfandrechtes an der Liegenschaft EZ x erreicht werden. Insofern enthält die Pfandurkunde ein zusätzliches rechtliches Element, das die grundbücherliche Sicherstellung in voller Höhe umfasst und das daher nach Maßgabe des Urkundeninhalts nach dem Wert der Verbindlichkeit, für die die Hypothek eingeräumt wurde (€ 100.000), der Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 18 Abs. 1 GebG unterlag.

Die eingewendete Entrichtung der entsprechenden Eintragungsgebühr für das Pfandrecht vermag an dieser Rechtslage nichts zu ändern zumal Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht die Vorschreibung allfälliger Gebühren nach dem GGG sondern die Festsetzung einer Rechtsgebühr nach dem Gebührengesetz ist.

Die Anwendung des § 19 Abs. 2 GebG scheitert daher im Berufungsfall deswegen, weil das Sicherungsgeschäft nicht in der Urkunde über den Darlehensvertrag abgeschlossen wurde (Urkundenidentität).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 33 TP 18 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 19 Abs. 2 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Schlagworte
Sicherungsgeschäft
Urkundenidentität

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