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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.09.2022, RV/3100464/2013

Standortvermutung und Wohnsitz im Zusammenhang mit KFZ-Steuer und NoVA

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Walter Aiglsdorfer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Obermoser WTH GmbH, St. Johanner Straße 49a, 6370 Kitzbühel, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des FA Kitzbühel Lienz (neu: Finanzamt Österreich) vom betreffend Normverbrauchsabgabe 2011, Kraftfahrzeugsteuer 8-12/2011, Kraftfahrzeugsteuer 1-6/2012 sowie Verspätungszuschlag 7/2011 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Nach einer Anzeige der Finanzpolizei wurde mit Bescheid über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe/Bescheid über einen Verspätungszuschlag vom für den Zeitraum Juli/2011 die entsprechende Abgabe festgesetzt (Normverbrauchsabgabe 1.051,88 €; Verspätungszuschlag 105,19 €).
Mit Bescheiden vom wurde auch die KFZ-Steuer für folgende Zeiträume festgesetzt:
< 8-12/2011 (237,00 €)
< 1-6/2012 (284,40 €)
Begründend wurde ausgeführt, dass die Festsetzung erforderlich gewesen sei, weil die Selbstberechnung der Normverbrauchsabgabe unterblieben sei.
Der Verspätungszuschlag sei wegen nicht entschuldbarer Unterlassung der Einreichung der Erklärung festzusetzen gewesen.

Gemäß § 1 Ziffer 3 des Normverbrauchsabgabegesetzes 1991 (NoVAG) unterliegt unter anderem auch die Verwendung eines Fahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen im Inland der Normverbrauchsabgabe (NoVA), wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre.

Gemäß § 79 Abs. 1 des Kraftfahrgesetzes (KFG) ist die Verwendung eines Fahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen im Inland nur dann zulässig, wenn das jeweilige Fahrzeug in Österreich keinen dauernden Standort hat. Wird ein Fahrzeug überwiegend im Inland benützt, so führt dies auf Grund der tatsächlichen Verwendung zu einem Standort in Österreich und das Fahrzeug müsste in Österreich zugelassen werden.

Nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 idgF haben Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit Haupt- oder Nebenwohnsitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis ihren Standort im Inland und dürfen ohne inländische Zulassung nur während eines Monats ab der Einbringung in das Inland verwendet werden.

Gem. § 1 Abs. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz unterliegen der Kraftfahrzeugsteuer unter anderem auch Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichen Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden (widerrechtliche Verwendung).

Das Finanzamt hat festgestellt, dass der Beschwerdeführer laut Zentralen Melderegister am ***1*** den Nebenwohnsitz in Österreich angemeldet hätte. Auch in der Niederschrift vom sei angegeben worden, dass das gegenständliche Fahrzeug seit im Inland benutzt worden sei.
Die Normverbrauchsabgabe sei daher mit Stichtag , sowie die Kraftfahrzeugsteuer ab diesem Datum vorzuschreiben.

Mit Eingabe vom wurde Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen die Bescheide vom eingebracht.
Die Behörde begründe die jeweiligen Festsetzungen mit der Unterlassung der Selbstberechnung durch den Abgabenpflichtigen.
Der Abgabenpflichtige sei, wie die Behörde in der Bescheidbegründung ausgeführt hätte, seit ***1*** mit Nebenwohnsitz in Österreich gemeldet, die Meldung als Hauptwohnsitz sei nicht erfolgt, da sich der Hauptwohnsitz und der Mittelpunkt der Lebensinteressen nach wie vor in Deutschland befinde.

Die Behörde würde ihre Entscheidung hinsichtlich der vorgeschriebenen NoVA zum einen auf § 79 Abs. 1 KFG 1967 idgF und zum anderen auf § 82 Abs. 8 KFG 1967 idgF stützen.

Für die Frage, wie lange ein im Ausland zugelassenes Kraftfahrzeug im Inland ohne österreichische Zulassung verwendet werden dürfe, würde es darauf ankommen, wo das Fahrzeug seinen dauernden Standort hätte. Dafür sei entscheidend, wer das Fahrzeug im Inland verwende. Werde das Fahrzeug, wie im verfahrensgegenständlichen Sachverhalt, für private Zwecke verwendet, würde die Standortvermutung an den Hauptwohnsitz des Verwenders anknüpfen.

Für die Anwendung der Vermutung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 müsse neben der Verwendung des Fahrzeuges im Inland auch seitens der Behörde nachgewiesen sein, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen (der Hauptwohnsitz) im Inland sei.
Der Hauptwohnsitz sei erster Anknüpfungspunkt für die Ermittlung des Standortes des Kraftfahrzeuges. Den Hauptwohnsitz hätte der Beschwerdeführer nach wie vor in Deutschland.
Der Hauptwohnsitz sei an jener Unterkunft begründet, an der man sich in der Absicht niedergelassen hätte, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensinteressen(-beziehungen) zu machen. Würde diese Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen einer Person auf mehrere Wohnsitze zutreffen, so hätte sie jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem sie das überwiegende Naheverhältnis hätte. Gemäß der Rechtsprechung des VwGH sei es durchaus möglich, dass am Hauptwohnsitz wenige oder gar keine beruflichen Lebensbeziehungen bestehen würden. Bei mehreren Wohnsitzen würde jeweils einer die stärksten persönlichen Beziehungen auf sich vereinigen; demnach würde es nur einen Mittelpunkt der Lebensverhältnisse geben (vgl. ).

Weiters würden nach der Rechtsprechung auch Grund- und Hausbesitz, emotionale und persönliche Bindungen, Teilnahme an Vereinsleben, sportliche Aktivitäten, Wohnverhältnisse udgl. eine Rolle spielen.
Der Beschwerdeführer hätte im Inland lediglich einen Nebenwohnsitz der berufsbedingt begründet worden sei. Im Zuge der Niederschrift hätte der Beschwerdeführer angegeben, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen nach wie vor in Deutschland befinden würde.

Der Mittelpunkt der Lebensinteressen lasse sich zum einen daraus ableiten, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatort in B ½ Eigentümer einer Liegenschaft sei und dort somit über Haus und Grundvermögen verfügen würde, zum anderen würden sich auch die persönlichen Lebensbeziehungen des Beschwerdeführers nach wie vor in Deutschland befinden, neben seiner Familie befinde sich dort auch der Freundes- und Bekanntenkreis.

In Österreich gehe der Beschwerdeführer lediglich seiner beruflichen Tätigkeit nach. Längere Freizeitphasen würde der Beschwerdeführer immer in seiner Heimat in Deutschland verbringen.

Der Beschwerdeführer würde seit mit seinem Lebenspartner eine Mietwohnung in Deutschland bewohnen. In Österreich würde er lediglich seiner beruflichen Tätigkeit nachgehen. Längere Freizeitphase würde er immer in seiner Heimat in Deutschland verbringen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
bis
43 Tage
23.2. bis
4 Tage
5.3. bis
4 Tage
1.4. bis
2 Tage
22.4. bis
3 Tage
30.4. bis
1 Tag
2.6. bis
3 Tage
10.6. bis
3 Tage
6.8. bis
2 Tage
27.8. bis
8 Tage
22.10. bis
4 Tage
12.11. bis
1 Tag
7.12. bis
4 Tage

Der Anteil der Fahrtstrecke von 32km bis zum Grenzübertritt würde lediglich 7% der gesamten Fahrtstrecke ausmachen.
Der Beschwerdeführer hätte in der Niederschrift vom ausgeführt, dass das KFZ bei der Einbringung 07/2011 einen Km-Stand von ca. 102.000 km und beim Verkauf (08/2012) ca. 123.000 km gehabt hätte. Hieraus würden sich 21.000 km pro Jahr ableiten lassen. Wie zuvor ausgeführt, würde die Strecke C - D und retour ca. 11.500 km ergeben, dies allein seien bereits mehr als 50% der Gesamtkilometerleistung.

Insgesamt würden mehr als 70% der Gesamtkilometerleistung in Deutschland gefahren.

Das BMF würde in seinem Erlass vom (GZ BMF-010220/0204-lV/9/2011) ausführen, dass bei Tages-, Wochen- und Monatspendlern sowie Saisonarbeitern (z. B. Gastronomiesaisoniers) als Mittelpunkt der Lebensinteressen und somit als dauernder Standort des Kfz nach wie vor der Familienwohnsitz zu betrachten sei.
Der Lebensmittelpunkt würde beim Beschwerdeführer wie oben ausgeführt, nach wie vor in Deutschland, wo sich sein Familienwohnsitz befinde, liegen. Eine Zulassungsverpflichtung nach KFG und eine sich hieraus ableitende NoVA-Pflicht würde nicht bestehen.

< Stellungnahme der Finanzpolizei vom zur Berufung:
Folgende Gründe würden für die streitgegenständlichen Abgaben sprechen:
- Seit laufend gemeldet bei der Firma AG
- Seit ***1*** mit Nebenwohnsitz in C gemeldet
- Anknüpfungspunkte in Österreich: Arbeit und Bruder
- überwiegender Aufenthalt in Österreich - Vollzeitbeschäftigung
- benützt den Audi A3 seit überwiegend in Österreich
- Beschwerdeführer besucht zwar in seiner Freizeit regelmäßig seinen Lebenspartner in Deutschland, befindet sich jedoch überwiegend mit dem KFZ in Österreich.

< Niederschrift gemäß § 144 BAO (mit Beschwerdeführer am ):
Sachverhalt:
Im Zuge mehrerer Kontrollen nach den Bestimmungen des § 12 AVOG durch Organe der Abgabenbehörde im Zeitraum vom bis in ***2*** E, sei Obengenannter (Anmerkung Richter: Beschwerdeführer) mit dem Kraftfahrzeug Audi A3, behördliches Kennzeichen ***3***, gesichtet worden.
Lt. Zentralem Melderegister sei der Beschwerdeführer in ***2*** C, mit Nebenwohnsitz amtlich gemeldet.
Obengenannter werde betreffend die Verwendung des KFZ mit ausländischen Kennzeichen in

Österreich befragt.

Aussage der Auskunftsperson:
1. Wie lange ist der PKW der Marke Audi mit dem ausländischen behördlichen Kennzeichen in ihrem Besitz? In welchem Verhältnis stehen sie zum Zulassungsbesitzer?
Antwort: Seit Anfang März 2011 habe ich den Audi A3 - damals als Gebrauchtfahrzeug - erworben.
Ich bin auch der Zulassungsbesitzer.
2. Wann wurde der PKW nach Österreich verbracht?


Antwort: Bis Juni 2011 befand sich der Audi überwiegend in Deutschland (wurde von Lebenspartner benützt).
Ab wird das Fahrzeug überwiegend in Österreich gefahren.
4. Die Fahrzeugdaten des betreffenden PKWs werden benötigt (Kaufvertrag, Leasingvertrag, Zulassungsschein, Typenschein, KM-Stand bei Erwerb, KM-Stand bei Anhaltung).
Welche Unterlagen können vor Ort vorgelegt werden?
Antwort: keine mehr - wurde bereits abgemeldet. Verkauf ist schon seit längerer Zeit geplant - verkauft am in Deutschland - am abgemeldet siehe Quittung.
5. Wo ist der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen?
Antwort: Mein Nebenwohnsitz
ist ***2*** C. Mein Hauptwohnsitz in D-D. Dort wohnt auch mein Lebenspartner. In D bin ich vereinszugehörig. Daher sehe ich meinen Mittelpunkt der Lebensinteressen in Deutschland.
6. Wie sind ihrer Familienverhältnisse? Sind sie Verheiratet? Wie heißt ihr/e Gatte/In/PartnerIn?
Wo wohnt sie/er und wo ist sie/er beschäftigt?
Antwort: Habe einen Lebenspartner in Deutschland an der o.a. Adresse.
7. Haben Sie Kinder? (Name, Geburtsdatum)
Wo wohnen diese?
Wo gehen die Kinder
Antwort:
8. Stellen sie ihre Wohnverhältnisse in Österreich und im Ausland dar.
Antwort: In Österreich habe ich eine Mietwohnung (ca. 50m²). In Deutschland habe ich auch gemeinsam mit meinem Partner eine Mietwohnung.
9. Welche sozialen Anknüpfungspunkte haben sie im In- und Ausland.
Antwort: In Österreich nur die Arbeit und meinen Bruder, der ebenfalls in Österreich arbeitet. In Deutschland bin ich bei einem Gartenverein und mein Lebenspartner wohnt ebenfalls in Deutschland. Weiters bin ich in Deutschland im Besitz einer Haushälfte.
10. Welche Tätigkeit üben sie in Österreich aus?
Antwort: Bei der Firma
AG bin ich als Maurer angestellt.
11. Wo befindet sich ihr überwiegender Aufenthalt?
Antwort: Durch die Arbeit - in Österreich
12. Führen sie ein Fahrtenbuch
Antwort:
13. Sind ihnen die Begriffe Normverbrauchsabgabe und Kraftfahrzeugsteuer bekannt?
Antwort: Der Begriff NoVA sagt mir nichts, KR kenn ich aus Deutschland.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde gegenständliche Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Vorausgeschickt sei, dass der Beschwerdeführer in seinem Beruf als Maurer schon des längeren in Österreich tätig sei und hierzulande auch einen ursprünglich als Nebenwohnsitz deklarierten Wohnsitz in C aufgeschlagen hätte.
Bei der österreichischen Baufirma AG GmbH sei er in den Jahren 2010, 2011 und 2012 durchgehend, in den Jahren 2007, 2008 und 2009, abgesehen von Teilzeiten im Winter, über jeweils ca. 9,5 Monate und 2006 ab 26. April durchgängig beschäftigt gewesen. Auch in den Jahren 2004 und 2005 sei er zumindest zeitweilig bei österreichischen Baufirmen in Beschäftigung gewesen, zwischenzeitig auch kurzfristig bei der BUAK registriert.
Zum streitgegenständlichen Fahrzeug der Marke Audi 3 sei vermerkt, dass er den PKW im August 2008 in Deutschland erworben und nach seinen Angaben das Fahrzeug zwischenzeitlich überwiegender Nutzung durch seinen Lebenspartner in Deutschland ab überwiegend im Inland genutzt hätte.

Dieser Sachverhalt hätte das Finanzamt veranlasst, die streitgegenständlichen Abgaben vorzuschreiben.

Vorausgeschickt werden dürfe, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 2010, 2011 und 2012 durchgehend, in den Jahren 2007, 2008 und 2009 außer in arbeitslosen Winterzeiten jeweils um die 9,5 Monate und im Jahre 2006 durchgehend ab 26.4. in Diensten des österreichischen Bauunternehmens AG GmbH gestanden sei.
Ebenso sei aktenkundig, dass der Beschwerdeführer im Beurteilungszeitraum seit ***1*** in C im Nebenwohnsitz gemeldet sei. Laut eigenen Angaben anlässlich der Niederschrift vor der Finanzpolizei des Finanzamtes, würde er ab das Fahrzeug überwiegend in Österreich fahren, während es zuvor ab dem Erwerb im März 2011 bis Juni desselben Jahres überwiegend vom Lebenspartner (Name) in Deutschland genutzt worden sei.

Nunmehr würde außer Zweifel stehen, dass das Lebensfeld des Beschwerdeführers sowohl zu Deutschland als auch Österreich wesentliche Berührungstangenten aufweisen würde.
Durchaus auch bezogen auf solche Sachverhaltskomponenten würde die Bestimmung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 in der geltenden Fassung normieren, dass Fahrzeuge, die von Personen mit Wohnsitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden würden, bis zu einem Gegenbeweis ihren Standort im Inland hätten und nur einen Monat ohne steuerliche Konsequenz im Inland verwendet werden würden dürfen.
Korrespondierend mit dieser Gesetzesbestimmung werde in § 1 Z 3 des Normverbrauchsabgabegesetzes 1991 normiert, dass die Verwendung eines Fahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen, das nach dem Kraftfahrzeugsteuergesetz zuzulassen wäre, jedenfalls die Steuerhängigkeit nach dem Normverbrauchsabgabegesetz bewirken würde.
Wenn auch einige Beurteilungsaspekte - wie der Besitz eines Liegenschaftsanteils in B, der Unterhalt einer gemeinsamen Mietwohnung mit seinem Lebenspartner in D mit dortigen Aufenthalten und Fahrtbewegungen in der Urlaubs- und Freizeit, Aufrechterhaltung der Verbindung zu Familie, Bekannten und Freunden udgl. - weiterhin gegebene Anknüpfungstangenten zur alten Heimat offenbaren würden, dürfe doch nicht übersehen und mindergewichtet werden, dass das Berufsleben des Beschwerdeführers in den letzten sieben Jahren ausschließlich, in den zwei Jahren zuvor mindestens zeitweise in Österreich abgelaufen sei und die langjährige Aufrechterhaltung eines Arbeitsverhältnisses mit entsprechenden Einkommen bei einer österreichischen Baufirma letztlich die Sicherung der persönlichen Lebensumstände und sohin die Bestreitung der Lebensunterhaltskosten garantiert hätten.

Überdies zeige die Wahl eines Wohnsitzes in einem bekannten Tourismusort und in einer begehrten Freizeitregion deutlich auf, dass der Beschwerdeführer eben nicht nur einen kostengünstigen und für die Arbeitserbringung funktionalen Wohnstützpunkt in Österreich ins Auge gefasst hätte, sondern vielmehr auch den Freizeitwert als wesentlichen Motivationsfaktor für seine Wohnsitzwahl einfließen gelassen hätte, sodass im Gesamtbild der Verhältnisse diese Perspektive als das entscheidende und durchschlagende Kriterium für die Begründung eines Wohnsitzes in C zu werten sei.

Diese Sicht verdichte sich auch durch die deckungsgleiche Beschäftigung und Wohnortwahl seines Zwillingsbruders, wodurch eben eine nicht unbeachtliche Familienanknüpfung auch im Inland gegeben sei.

Die augenscheinlich immer stärkere Hinwendung zum Lebensraum Österreich komme indes auch in der mittlerweile mit erfolgten Ummeldung des Wohnsitzes in C von Neben- auf Hauptwohnsitz deutlich zum Ausdruck.

Aus vorliegenden Ausführungen erschließe sich nach in Anknüpfung an den nach der Auffassung der Finanzbehörde in Österreich lokalisierten Mittelpunkt der Lebensinteressen das Vorliegen eines inländischen Standortes und folglich auch die finanzamtliche Berechtigung zur Vorschreibung der entsprechenden Abgaben und Steuern nach dem Kraftfahrzeugsteuergesetz und dem Normverbrauchsabgabegesetz. Ergänzend sei klargelegt, dass bei Vorliegen eines inländischen Standortes einer allenfalls nach der Kilometerleistung überwiegende Nutzung außerhalb des österreichischen Staatsgebietes keine entscheidende Bedeutung zukommen würde. Letztlich würde auch die Bezugnahme auf den Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom ins Leere führen, würden doch weder die Voraussetzungen für eine Einstufung der beruflichen Tätigkeit als (regelmäßiger) Tages-, Wochen- oder Monatspendler oder allenfalls als Ausübung einer Saisonarbeit, wie sie beispielsweise im Gastgewerbe oder bei Erntehelfern, vorkommen könne, vorliegen, sodass als Mittelpunkt der Lebensinteressen und damit als dauernder Standort der Tätigkeit - und der würde sich im konkreten Fall aufgrund der langjährigen Beschäftigung bei einem österreichischen Bauunternehmen im Inland - heranzuziehen sei.

Bei der Bemessung des ohnehin nicht näher bekämpften Verspätungszuschlages würde der Zeitverlauf mit dem daraus gewonnenen Zinsgewinn ins Gewicht fallen, sodass aufgrund fehlender Minderungskomponenten die vorgenommene Ermessungsausübung fallspezifisch ihre Richtigkeit finde.
Aus obgenannten Gründen hätte dem Beschwerdebegehren nicht gefolgt werden können.

Mit Eingabe vom wurde beantragt, gegenständliche Beschwerde der zweiten Instanz zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag).

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde gegenständliches Rechtsmittel dem nunmehr urteilenden Richter zugeteilt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer hat einen Nebenwohnsitz in Österreich gemeldet.
Der Hauptwohnsitz liegt nicht in Österreich, da sich der Hauptwohnsitz und der Mittelpunkt der Lebensinteressen nach wie vor in Deutschland befindet.

Die Standortvermutung des streitgegenständlichen Fahrzeuges ist also in Deutschland.

Unstrittig ist, dass er das streitgegenständliche Fahrzeug tatsächlich auch im Inland genutzt hat und mit diesem jedenfalls 1x pro Monat das Bundesgebiet verlassen hat.

Beweiswürdigung

Einer Anzeige der Finanzpolizei folgend, hatte der Beschwerdeführer ein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen (Deutschland) in Österreich verwendet.
Dem folgend wurde Normverbrauchsabgabe sowie KFZ-Steuer (und Verspätungszuschlag) festgesetzt, da davon ausgegangen wurde, dass das Fahrzeug den dauernden Standort in Österreich gehabt hat.

In der Beschwerde vom hat der Beschwerdeführer klar dargestellt, dass sein Hauptwohnsitz und auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen jedenfalls in Deutschland liegen.
Der Beschwerdeführer hat seine stärksten persönlichen Beziehungen (Lebenspartner) jedenfalls zu Deutschland. Er hat dort Grund- und Hausbesitz, nimmt dort am Vereinsleben teil, etc..

Der Beschwerdeführer hat glaubhaft dargestellt, dass er lediglich seiner beruflichen Tätigkeit in Österreich nachgeht und seine Freizeit immer in seiner Heimat in Deutschland verbringt.

Somit ist davon auszugehen, dass sich der Wohnsitz sowie der Lebensmittelpunkt jedenfalls in Deutschland befinden.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Auflistung allerdings ebenfalls klar und glaubhaft dargestellt, dass er zumindest in monatlichen Abständen mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug das österreichische Bundesgebiet wieder verlassen hat (Excel Tabelle). Dies wurde auch durch die vorgelegten Kilometerstände des Fahrzeuges glaubhaft untermauert.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 79 KFG 1967 ist das Verwenden von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden und die Vorschriften der §§ 62, 82 und 86 leg. cit. eingehalten werden.

§ 82 Abs. 8 KFG idF BGBl. I Nr. 132, lautet:
Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder mit diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrtzeuge mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichen Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafelnder Behörde, in deren örtlichen Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis vom , VwGH 2011/16/0221, ausgesprochen, dass § 82 Abs. 8 KFG beim Beginn der Frist auf denselben Vorgang abstellt wie § 79 leg. cit., nämlich auf das Einbringen des Fahrzeuges, und lediglich eine andere Dauer normiert. Auch für die Frist in § 82 Abs. 8 KFG galt, dass beim Verbringen des betreffenden Fahrzeuges ins Ausland und bei neuerlicher Einbringung dieses Fahrzeuges die Frist mit der neuerlichen Einbringung begann. Die (von der damals belangten Behörde vertretene) Ansicht, dass ein vorübergehendes Verbringen des Fahrzeuges ins Ausland die Frist des § 82 Abs. 8 KFG nicht unterbreche, das heißt bei neuerlicher Einbringung des Fahrzeuges die Frist nicht ab der (neuerlichen) Einbringung zu rechnen sei, findet nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes im Gesetz keine Deckung.

Der Gesetzgeber hat darauf § 82 Abs. 8 mit dem BGBl. I Nr. 26/2014 geändert, stellt nunmehr für den Fristbeginn auf die "erstmalige Einbringung" in das Bundesgebiet ab und hat ausdrücklich die gesetzliche Bestimmung aufgenommen, dass eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet diese Frist nicht unterbricht.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , VfGH G 72/2014, die Bestimmung des § 135 Abs. 27 KFG, womit der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2014 geänderte § 82 Abs. 8 KFG rückwirkend mit in Kraft trete, aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist.

Demzufolge ist die geänderte Bestimmung des § 82 Abs. 8 KFG gemäß Art. 49 Abs. 1 B-VG mit Ablauf des Tages ihrer Kundmachung, mit Ablauf des , in Kraft getreten (vgl. ).

Durch diese gesetzlichen Bestimmungen ist auch die Beurteilung für den streitgegenständlichen Sachverhalt klar vorgezeichnet.

Streitgegenständlich sind hier die Zeiträume VOR der genannten Gesetzesänderung (vor ). Somit war es ausreichend, dass das streitgegenständliche Fahrzeug zumindest in monatlichen Abständen das Bundesgebiet verlassen hat.
Diese Tatsache ist im Rahmen der oben angeführten Beweiswürdigung jedenfalls klar dargestellt worden.

Anzumerken ist hierzu allerdings, dass auch ohne zumindest monatlichem Verbringen dem Beschwerdebegehren stattzugeben gewesen wäre, da der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz und Mittelpunkt der Lebensinteressen in Deutschland hat (bzw. im streitgegenständlichen Zeitraum gehabt hat). Somit ist die Standortvermutung in Deutschland und ein Gegenbeweis des monatlichen Einbringens hätte sich somit erübrigt.

Würde man allerdings annehmen, dass der Wohnsitz sowie der tatsächliche Mittelpunkt der Lebensinteressen sich in Österreich befinden würde, so würde es zu keinem anderen Ergebnis führen, da der Nachweis gelungen ist, dass das Fahrzeug zumindest monatlich das österreichische Bundesgebiet verlassen hat.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 79 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 1 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100464.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at