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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.09.2022, RV/3100460/2013

Standortvermutung und Wohnsitz im Zusammenhang mit KFZ-Steuer und NoVA

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Walter Aiglsdorfer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Obermoser WTH GmbH, St. Johanner Straße 49a, 6370 Kitzbühel, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des FA Kitzbühel Lienz (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Normverbrauchsabgabe 08/2008, KFZ-Steuer für 8-12/2008, 1-12/2009, 1-12/2010, 1-12/2011 und 1-6/2012 sowie Verspätungszuschläge Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Nach einer Anzeige der Finanzpolizei wurde mit Bescheid über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe/Bescheid über einen Verspätungszuschlag vom für den Zeitraum August 2008 die entsprechende Abgabe festgesetzt (Normverbrauchsabgabe 2.044,44 €; Verspätungszuschlag 204,44 €).
Mit Bescheiden vom wurde auch die KFZ-Steuer für folgende Zeiträume festgesetzt:
< 8-12/2008 (238,76 €)
< 1-12/2009 (676,80 €); Verspätungszuschlag: 67,68 €
< 1-12/2010 (676,80 €); Verspätungszuschlag: 67,68 €
< 1-12/2011 (676,80 €); Verspätungszuschlag: 67,68 €
< 1-6/2012 (338,40 €)
Begründend wurde ausgeführt, dass die Festsetzung erforderlich gewesen sei, weil die Selbstberechnung der Normverbrauchsabgabe unterblieben sei.
Der Verspätungszuschlag sei wegen nicht entschuldbarer Unterlassung der Einreichung der Erklärung festzusetzen gewesen.

Gemäß § 1 Ziffer 3 des Normverbrauchsabgabegesetzes 1991 (NoVAG) unterliegt unter anderem auch die Verwendung eines Fahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen im Inland der Normverbrauchsabgabe (NoVA), wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre.

Gemäß § 79 Abs. 1 des Kraftfahrgesetzes (KFG) ist die Verwendung eines Fahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen im Inland nur dann zulässig, wenn das jeweilige Fahrzeug in Österreich keinen dauernden Standort hat. Wird ein Fahrzeug überwiegend im Inland benützt, so führt dies auf Grund der tatsächlichen Verwendung zu einem Standort in Österreich und das Fahrzeug müsste in Österreich zugelassen werden.

Nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 idgF haben Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit Haupt- oder Nebenwohnsitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis ihren Standort im Inland und dürfen ohne inländische Zulassung nur während eines Monats ab der Einbringung in das Inland verwendet werden.

Gem. § 1 Abs. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz unterliegen der Kraftfahrzeugsteuer unter anderem auch Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichen Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden (widerrechtliche Verwendung).

Das Finanzamt hat festgestellt, dass der Beschwerdeführer laut Zentralen Melderegister am ***1*** seinen Nebenwohnsitz und seit ***2*** seinen Hauptwohnsitz in Österreich angemeldet hätte. Auch in der Niederschrift vom hätte der Beschwerdeführer angegeben, dass er den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich hätte und das gegenständliche Fahrzeug mit dem Kennzeichen ***3*** seit im Inland benutzen würde.
Die Normverbrauchsabgabe sei daher mit Stichtag , sowie die Kraftfahrzeugsteuer ab diesem Datum vorzuschreiben.

Mit Eingabe vom wurde Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen die Bescheide vom eingebracht.
Die Behörde begründe die jeweiligen Festsetzungen mit der Unterlassung der Selbstberechnung durch den Abgabenpflichtigen.
Der Abgabenpflichtige sei, wie die Behörde in der Bescheidbegründung ausführt, seit ***1*** mit Nebenwohnsitz in Österreich gemeldet, die Meldung als Hauptwohnsitz sei erst am ***2*** erfolgt.

Die Behörde würde ihre Entscheidung hinsichtlich der vorgeschriebenen NoVA zum einen auf § 79 Abs. 1 KFG 1967 idgF und zum anderen auf § 82 Abs. 8 KFG 1967 idgF stützen.

Für die Frage, wie lange ein im Ausland zugelassenes Kraftfahrzeug im Inland ohne österreichische Zulassung verwendet werden dürfe, würde es darauf ankommen, wo das Fahrzeug seinen dauernden Standort hätte. Dafür sei entscheidend, wer das Fahrzeug im Inland verwende. Werde das Fahrzeug, wie im verfahrensgegenständlichen Sachverhalt, für private Zwecke verwendet, würde die Standortvermutung an den Hauptwohnsitz des Verwenders anknüpfen.

Für die Anwendung der Vermutung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 müsse neben der Verwendung des Fahrzeuges im Inland auch seitens der Behörde nachgewiesen sein, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen (der Hauptwohnsitz) im Inland sei.
Der Hauptwohnsitz sei erster Anknüpfungspunkt für die Ermittlung des Standortes des Kraftfahrzeuges. Den Hauptwohnsitz hätte der Beschwerdeführer nach wie vor in Deutschland.
Der Hauptwohnsitz sei an jener Unterkunft begründet, an der man sich in der Absicht niedergelassen hätte, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensinteressen(-beziehungen) zu machen. Würde diese Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen einer Person auf mehrere Wohnsitze zutreffen, so hätte sie jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem sie das überwiegende Naheverhältnis hätte. Gemäß der Rechtsprechung des VwGH sei es durchaus möglich, dass am Hauptwohnsitz wenige oder gar keine beruflichen Lebensbeziehungen bestehen würden. Bei mehreren Wohnsitzen würde jeweils einer die stärksten persönlichen Beziehungen auf sich vereinigen; demnach würde es nur einen Mittelpunkt der Lebensverhältnisse geben (vgl. 946/73).

Weiters würden nach der Rechtsprechung auch Grund- und Hausbesitz, emotionale und persönliche Bindungen, Teilnahme an Vereinsleben, sportliche Aktivitäten, Wohnverhältnisse udgl. eine Rolle spielen. Der polizeilichen Meldung komme dagegen keine tragende Bedeutung zu.
Der Beschwerdeführer hätte im Inland lediglich einen Nebenwohnsitz der berufsbedingt begründet worden sei. Im Zuge der Niederschrift hätte der Beschwerdeführer zwar angegeben, der Mittelpunkt der Lebensinteressen befände sich in Österreich, hierbei sei aber vom Beschwerdeführer lediglich auf die berufliche Tätigkeit Bezug genommen worden.

Tatsächlich würde sich aber der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers nach wie vor in Deutschland befinden. Dies lasse sich zum einen daraus ableiten, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatort in B ½ Eigentümer einer Liegenschaft sei und dort somit über Haus und Grundvermögen verfügen würde, zum anderen würden sich auch die persönlichen Lebensbeziehungen des Beschwerdeführers nach wie vor in Deutschland befinden, neben seiner Familie befinde sich dort auch der Freundes- und Bekanntenkreis.

In Österreich gehe der Beschwerdeführer lediglich seiner beruflichen Tätigkeit nach. Längere Freizeitphasen würde der Beschwerdeführer immer in seiner Heimat in Deutschland verbringen.

Wie der Beschwerdeführer auch in der Niederschrift vom angegeben hätte, würde er mindestens 1-mal im Monat nach Deutschland fahren. Die einfache Fahrstrecke von C bei E nach B betrage 460 km, der Anteil der Fahrstrecke in Österreich von 32 km bis zum Grenzübertritt würde lediglich 7% der gesamten Fahrstrecke ausmachen.

Des Weiteren würde der Beschwerdeführer in der Niederschrift vom ausführen, dass er ca. 20.000 - 25.000 km pro Jahr fahre. Entsprechend den oben angeführten Angaben würde der Beschwerdeführer zu mindestens 12-mal im Jahr die Strecke C - B und retour fahren, die Fahrstrecke würde gerundet ca. 12.000 km ergeben, dies allein seien bereits mehr als 50% der Gesamtkilometerleistung. Wie erwähnt, würde der Beschwerdeführer längere Freizeitphasen und seinen Urlaub in Deutschland verbringen, die in diesem Zeitraum zurückgelegten km würden bei durchschnittlich 5.000 km liegen, welche wiederum ausschließlich in Deutschland und nicht in Österreich zurückgelegt werden würden, in Österreich werde das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug so gut wie nicht verwendet, da der Beschwerdeführer bei seiner Tätigkeit als Maurer vom Firmenauto seines Arbeitgebers, der Fa. AG, abgeholt werde. Bezogen auf die durchschnittlichen Gesamtjahreskilometer von 22.500 km, würden mehr als 75% (12.000 km zuzüglich durchschnittlich 5.000 km) davon in Deutschland gefahren.

Auch würden sämtliche Reparaturen am verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeug am Wohnsitz des Beschwerdeführers in Deutschland durchgeführt, exemplarisch würden einige Rechnungskopien als Beweis hierzu vorgelegt (Beilage l. - IV.).

Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum 2008 sowie im Jahr 2009 hätte der Beschwerdeführer in Deutschland Arbeitslosenunterstützung (Beilage V. - VI.) bezogen, er hätte sich während dieser Zeiträume in Deutschland aufgehalten.

Das BMF würde in seinem Erlass vom (GZ BMF-010220/0204-lV/9/2011) ausführen, dass bei Tages-, Wochen- und Monatspendlern sowie Saisonarbeitern (z. B. Gastronomiesaisoniers) als Mittelpunkt der Lebensinteressen und somit als dauernder Standort des Kfz nach wie vor der Familienwohnsitz zu betrachten sei.

Der Lebensmittelpunkt würde beim Beschwerdeführer, wie oben ausgeführt, nach wie vor in Deutschland, wo sich sein Familienwohnsitz befinde, liegen. Eine Zulassungsverpflichtung nach KFG und eine sich hieraus ableitende NoVA-Pflicht würde nicht bestehen.

Mit Eingabe vom 24. Oktober2012 bezog die Finanzpolizei zu gegenständlicher Berufung wie folgt Stellung.
Die Finanzpolizei sei der Ansicht, dass der Beschwerdeführer, mit HWS gemeldet in ***4*** C bei E, die bereits vorgeschriebene Normverbrauchsabgabe und Kraftfahrzeugsteuer in Österreich zu entrichten hätte. Der Beschwerdeführer sei betreffend Benutzung des Audi A4 mit dem amtlichen Kennzeichen ***3*** befragt und niederschriftlich einvernommen worden.
Folgende Gründe würden aus Sicht der Finanzpolizei für die o.a. Angabe sprechen:
< seit laufend gemeldet bei der Firma AG, in 4020 Linz
< von ***1*** bis ***2*** mit Nebenwohnsitz und ab ***2*** mit Hauptwohnsitz in ***4*** C bei E gemeldet
< Mittelpunkt der Lebensinteressen wurde (niederschriftlich) in Österreich bekundet
< überwiegender Aufenthalt in Österreich - Vollzeitbeschäftigung (max. 1mal/Monat Fahrt nach Deutschland)
< benützt den Audi A4 laut eigenen Angaben seit überwiegend in Österreich
< laut Auskunft der Vermieterin befindet sich der Beschwerdeführer ständig in Österreich (an der o.a. Adresse).

Dabei wurde auch folgende Niederschrift vorgelegt:

< Niederschrift gemäß § 144 BAO (mit Beschwerdeführer am ):
Sachverhalt:
Im Zuge einer Kontrolle nach den Bestimmungen des § 12 AVOG durch Organe der Abgabenbehörde am , um 08:35 Uhr, in ***4*** E, sei Obengenannter (Anmerkung Richter: Beschwerdeführer) zu dem Kraftfahrzeug Audi A4, behördliches Kennzeichen ***3*** (D), befragt worden.
Lt. Zentralem Melderegister sei der Beschwerdeführer in ***4*** C, mit Hauptwohnsitz amtlich gemeldet.
Der Beschwerdeführer werde betreffend die Verwendung des KFZ mit ausländischen Kennzeichen in

Österreich befragt.

Aussage der Auskunftsperson:
"1. Wie lange ist der PKW der Marke Audi A4 mit dem ausländischen behördlichen Kennzeichen ***3*** in Ihrem Besitz? In welchem Verhältnis stehen Sie zum Zulassungsbesitzer?
Antwort: Ich habe den Audi A4 am von meinem Vater um 18.711,26 € gekauft. Neupreis war ca. 35.000,00 €, der Durchschnittsverbrauch ist ca. 10 Liter.
2. Wann wurde der PKW nach Österreich verbracht?


Antwort: Seit ; das Fahrzeug wurde im August 2008 von meinem Vater erworben und ich hatte die Erlaubnis es zu fahren. Der Audi wurde damals von meinem Vater für mich gekauft.

4. Die Fahrzeugdaten des betreffenden PKWs werden benötigt (Kaufvertrag, Leasingvertrag, Zulassungsschein, Typenschein, KM-Stand bei Erwerb, KM-Stand bei Anhaltung). Welche Unterlagen können vor Ort vorgelegt werden?
Antwort: Kaufvertrag, Zulassungsschein, Führerschein, km-Stand bei Einbringung nach Österreich war 0; heutiger km-Stand 92.000; ich fahre ca. 20,000 bis 25,000 km im Jahr.
5. Wo ist der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen?
Antwort: Mein Haupthohnsitz ist
***4***C. Mein Lebensmittelpunkt befindet sich in Österreich, auch mein Bruder wohnt hier in C. Ich fahre ca. 1mal im Monat nach Deutschland, da ich dort ein Haus besitze (ich bin Hälfteeigentümer meines Elternhauses, die 2. Hälfte gehört meinem Bruder).
6. Wie sind ihrer Familienverhältnisse? Sind sie Verheiratet? Wie heißt ihr/e Gatte/In/PartnerIn?
Wo wohnt sie/er und wo ist sie/er beschäftigt?
Antwort: ich bin ledig
7. Haben Sie Kinder? (Name, Geburtsdatum)
Wo wohnen diese?
Wo gehen die Kinder
Antwort: keine Kinder"

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde gegenständliche Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Vorausgeschickt sei, dass der Beschwerdeführer in seinem Beruf als Maurer schon des längeren in Österreich tätig sei und hierzulande auch einen Wohnsitz aufgeschlagen hätte. Jedenfalls hätte er mit ***1*** in C bei E seinen Nebenwohnsitz angemeldet und diesen in Folge ab ***2*** als Hauptwohnsitz definiert. Bei der österreichischen Baufirma AG GmbH sei er in den Jahren 2010, 2011 und 2012 durchgehend, in den Jahren 2007, 2008 und 2009 abgesehen von Teilzeiten im Winter über jeweils ca. 9,5 Monate und 2006 ab Mitte April durchgängig beschäftigt gewesen. Auch in den Jahren 2004 und 2005 sei er zumindest zeitweilig bei österreichischen Baufirmen in Beschäftigung gewesen.
Zum streitgegenständlichen Fahrzeug der Marke Audi 4 sei vermerkt, dass der PKW am von seinem Vater für den Beschwerdeführer als Neuwagen angeschafft worden sei, von Beginn an in der Nutzung des Juniors gestanden und mit von diesem, ohne dass sich dieser Vorgang im Zulassungsschein niedergeschlagen hätte, letztlich auch erworben worden sei.
Der Vollständigkeit halber sei vermerkt, dass der Beschwerdeführer mit das Fahrzeug nach Deutschland verbracht und bei der Zulassungsstelle die Abmeldung veranlasst hätte.
Unter Maßgabe des dargestellten Sachverhaltes hätte das Finanzamt unter rechtlicher Bezugnahme auf § 79 Abs. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KFG), wonach die Verwendung eines Fahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen im Inland nur dann zulässig sei, wenn das Fahrzeug in Österreich keinen dauernden Standort hätte und auch nicht überwiegend im Inland benützt werde, die Kraftfahrzeugsteuer sowie unter Beachtung der einschlägigen Bestimmung des § 1 Ziffer 3 des Normverbrauchsabgabegesetzes 1991 (NoVAG), welche bei widerrechtlicher Verwendung eines Fahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen im Inland die Steuerhängigkeit vorsehe, die im Spruch genannten Abgaben und Steuern für die jeweiligen Zeiträume in Vorschreibung gebracht.

Als unstrittig dürfe vorausgeschickt werden, dass der Beschwerdeführer seit 2006 zeitlich weit überwiegend bei der österreichischen Baufirma AG GmbH, davon in den Jahren 2010, 2011 und 2012 sogar durchgängig, in Beschäftigung stehe, auch schon in den Jahren 2004 und 2005 zeitweilig bei österreichischen Baufirmen tätig gewesen sei und er sohin den wesentlichen Teil seines Berufslebens in Österreich verbracht hätte.
Ebenso stehe außer Streit, dass der Beschwerdeführer von ***1*** bis ***2*** nach der entsprechenden Meldung seinen Nebenwohnsitz in C bei E aufgeschlagen und diesen mit vorgenanntem Datum als seinen Hauptwohnsitz definiert hätte. In dieser Zeit, jedenfalls bis zur Abmeldung des Fahrzeuges bei der deutschen Zulassungsstelle mit , sei der ursprünglich von seinem Vater erworbene, diesem aber am abgekaufte Audi A4 in relevanter Verwendung in Österreich und Deutschland gestanden.

Nun würde sohin im vorliegenden Fall außer Zweifel stehen, dass das Lebensfeld des Beschwerdeführers sowohl zu Deutschland als auch zur Republik Österreich wesentliche Berührungselemente aufweisen würde. Durchaus bezogen auf solche Mischkomponenten würde die Bestimmung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 in der geltenden Fassung normieren, dass Fahrzeuge, die von Personen mit Wohnsitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet würden, bis zu einem Gegenbeweis ihren Standort im Inland hätten und nur einen Monat ohne steuerliche Konsequenz im Inland verwendet werden würden dürfen. Korrespondierend mit dieser Gesetzesbestimmung werde in § 1 Z 3 des Normverbrauchsabgabegesetzes 1991 determiniert, dass die Verwendung eines Fahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen, das nach dem Kraftfahrzeugsteuergesetz zuzulassen wäre, jedenfalls die Steuerhängigkeit nach dem Normverbrauchsabgabegesetz auslösen würde.
Wenn auch einige Beurteilungsaspekte die aufrechte Beziehung zu Thüringen und Deutschland - wie der Besitz eines Liegenschaftsanteils, die dortige Ansässigkeit von Familienmitgliedern, der Freundes- und Bekanntenkreis, die häufigen Aufenthalte in Deutschland und der damit verbundene hohe dortige Bewegungsgrad des Fahrzeuges - anschaulich dokumentieren, dürfe dennoch im konkreten Fall nicht übersehen werden, dass das Berufsleben des Einschreiters in den letzten sieben Jahren ausschließlich, in den Jahren zuvor zumindest zeitweise in Österreich domestiziert gewesen sei und die Orientierung auf das Arbeitseinkommen letztlich die Sicherung der Lebensumstände und folglich auch die Bestreitung der Lebenskosten garantiert hätten. Diese augenscheinlich immer stärkere Hinwendung zum Lebensraum Österreich sei indes auch in der Ummeldung auf einen Hauptwohnsitz in C schlüssig zum Ausdruck gekommen.
Überdies würde die Wahl eines Wohnsitzes in einem bekannten Tourismusort und in einer begehrten Freizeitregion trefflich andeuten, dass der Beschwerdeführer eben nicht nur einen kostengünstigen und für die Arbeitserbringung funktionalen Wohnstützpunkt in Österreich ins Auge genommen hätte, sondern vielmehr auch den Freizeitwert dieser Gegend als Anreiz für die Wohnsitznahme in seine Entscheidung einfließen gelassen und diesen Gesichtspunkt letztlich deutlich gewichtet hätte, sodass im Gesamtbild der Verhältnisse diese Perspektive als das entscheidende und durchschlagende Motiv für die Wohnsitzbegründung in C zu werten sei. Diese Sicht würde sich auch durch die deckungsgleiche Beschäftigung und Wohnortwahl seines Zwillingsbruders verdichten, wodurch eben eine nicht unbeachtliche Familienanknüpfung auch im Inland gegeben sei.
Aus vorliegenden Ausführungen würde sich nach Dafürhalten der Finanzbehörde in Anknüpfung über den in Österreich gelegenen Mittelpunkt der Lebensinteressen das Vorliegen eines inländischen Standortes und folglich auch die finanzamtliche Berechtigung zur Vorschreibung der entsprechenden Abgaben und Steuern nach dem Kraftfahrzeugsteuergesetz und dem Normverbrauchsabgabegesetz erschließen. Ergänzend sei klargestellt, dass bei Vorliegen eines inländischen Standortes auch eine allenfalls nach der Kilometerleistung überwiegende Nutzung außerhalb des österreichischen Bundesgebietes nicht weiter von entscheidender Bedeutung sein würde. Letztlich würde auch die Bezugnahme auf den Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom ins Leere führen, würden doch weder die Voraussetzungen für eine Einstufung der beruflichen Tätigkeit als (regelmäßiger) Tages-, Wochen- oder Monatspendler oder allenfalls als Ausübung einer Saisonarbeit, wie sie beispielsweise im Gastgewerbe oder bei Erntehelfern vorliegen kann, vorliegen, wie genauso wenig beim ledigen Beschwerdeführer ein ausländischer Familienwohnsitz unterstellt werden könne.
Bei der Ausmessung des Verspätungszuschlages würde der Zeitverlauf und der daraus gewonnene Zinsgewinn ins Gewicht fallen, sodass aufgrund fehlender Minderungskomponenten die vorgenommene Ermessungsausübung fallspezifisch ihre Richtigkeit finden würde.
Aus obgenannten Gründen könne dem Berufungsbegehren nicht Rechnung getragen werden und sei sohin die Berufung abweislich zu behandeln.

Mit Eingabe vom wurde beantragt, gegenständliche Beschwerde der zweiten Instanz zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag)

Mit Vorlagebericht vom wurde gegenständliche Beschwerde dem damals zuständigen Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde gegenständliche Beschwerde dem nunmehr erkennenden Richter zugeteilt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Nach einer Anzeige der Finanzpolizei wurden dem Beschwerdeführer KFZ-Steuer, NoVA sowie Verspätungszuschlag vorgeschrieben. Es wurde davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer sein Fahrzeug mit deutschem Kennzeichen unrechtmäßigerweise in Österreich verwendet hat.

Der Beschwerdeführer hat einen Nebenwohnsitz in Österreich gemeldet; den Hauptwohnsitz hat er erst am ***2*** hier gemeldet.
Auch wenn der Beschwerdeführer angibt, dass er seinen Wohnsitz sowie den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Deutschland hat, so geht dies aus den vorliegenden Daten nicht unzweifelhaft hervor.
Der Beschwerdeführer hält sich zumindest in zeitlicher Hinsicht gesehen jedenfalls überwiegend in Österreich auf.
Der erkennende Richter geht also davon aus, dass die Standortvermutung des streitgegenständlichen Fahrzeuges in Österreich ist.

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer das streitgegenständliche Fahrzeug tatsächlich auch im Inland genutzt hat.

Der Beschwerdeführer hat allerdings das österreichische Bundesgebiet zumindest 1x pro Monat verlassen.

2. Beweiswürdigung

Einer Anzeige der Finanzpolizei folgend, hatte der Beschwerdeführer ein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen (Deutschland) in Österreich verwendet.
Dem folgend wurde Normverbrauchsabgabe sowie KFZ-Steuer (und Verspätungszuschlag) festgesetzt, da davon ausgegangen wurde, dass das Fahrzeug den dauernden Standort in Österreich hat.

In der Beschwerde vom hat der Beschwerdeführer dargestellt, dass sein Hauptwohnsitz und auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen jedenfalls in Deutschland liegen.
Der Beschwerdeführer hat seine stärksten persönlichen Beziehungen (Lebenspartner) jedenfalls zu Deutschland. Er hat dort Grund- und Hausbesitz, nimmt dort am Vereinsleben teil, etc..

Anhand der vorliegenden Daten können aber die hier dargelegten Gründe und Unterlagen nicht zweifelsfrei belegen, dass der Beschwerdeführer tatsächlich seinen Wohnsitz sowie den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Deutschland hat.
Da der Beschwerdeführer seine beruflichen Tätigkeiten ausschließlich in Österreich ausübt und er sich auch in zeitlicher Hinsicht weitaus überwiegend in Österreich aufhält, ist davon auszugehen, dass er hier auch seinen Wohnsitz hat.
Somit ist auch die Standortvermutung des streitgegenständlichen Fahrzeuges in Österreich.

Diese Standortvermutung kann allerdings widerlegt werden - Nachweis, dass das Fahrzeug zumindest in monatlichen Abständen das Bundesgebiet Österreich verlassen hat.

Der Beschwerdeführer hat glaubhaft dargestellt, dass er lediglich seiner beruflichen Tätigkeit in Österreich nachgeht und seine Freizeit immer in seiner Heimat in Deutschland verbringt.

Die Darstellungen der mit diesem Fahrzeug zurückgelegten Kilometer lassen darauf schließen, dass er jedenfalls regelmäßig in seinen Heimatort nach Deutschland gefahren ist. Da der überwiegende Anteil dieser Fahrtstrecke sich in Deutschland befindet, ist davon auszugehen, dass der überwiegende Anteil der zurückgelegten Kilometer in Deutschland gefahren wurde - dies ist für den streitgegenständlichen Zeitraum allerdings nicht unbedingt von Relevanz. Diese Ausführung sollte nur darstellen, dass es glaubhaft ist, dass der Beschwerdeführer oftmals nach Deutschland gefahren ist.

Den vorliegenden Berechnungen folgend, gilt es für den erkennenden Richter als erwiesen, dass der Beschwerdeführer zumindest monatlich seinen Heimatort in Deutschland aufgesucht hat.
Dem hat auch die belangte Behörde nicht widersprochen.
In der Stellungnahme vom wurde festgestellt, dass "der Beschwerdeführer maximal 1 Mal im Monat nach Deutschland fahre."

Der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer auch sämtliche Reparaturen am streitgegenständlichen Fahrzeug in Deutschland durchführen hat lassen (vgl. vorliegende Rechnungskopien).

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 79 KFG 1967 ist das Verwenden von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden und die Vorschriften der §§ 62, 82 und 86 leg. cit. eingehalten werden.

§ 82 Abs. 8 KFG idF BGBl. I Nr. 132, lautet:
Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder mit diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrtzeuge mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichen Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafelnder Behörde, in deren örtlichen Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis vom , VwGH 2011/16/0221, ausgesprochen, dass § 82 Abs. 8 KFG beim Beginn der Frist auf denselben Vorgang abstellt wie § 79 leg. cit., nämlich auf das Einbringen des Fahrzeuges, und lediglich eine andere Dauer normiert. Auch für die Frist in § 82 Abs. 8 KFG galt, dass beim Verbringen des betreffenden Fahrzeuges ins Ausland und bei neuerlicher Einbringung dieses Fahrzeuges die Frist mit der neuerlichen Einbringung begann. Die (von der damals belangten Behörde vertretene) Ansicht, dass ein vorübergehendes Verbringen des Fahrzeuges ins Ausland die Frist des § 82 Abs. 8 KFG nicht unterbreche, das heißt bei neuerlicher Einbringung des Fahrzeuges die Frist nicht ab der (neuerlichen) Einbringung zu rechnen sei, findet nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes im Gesetz keine Deckung.

Der Gesetzgeber hat darauf § 82 Abs. 8 mit dem BGBl. I Nr. 26/2014 geändert, stellt nunmehr für den Fristbeginn auf die "erstmalige Einbringung" in das Bundesgebiet ab und hat ausdrücklich die gesetzliche Bestimmung aufgenommen, dass eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet diese Frist nicht unterbricht.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , VfGH G 72/2014, die Bestimmung des § 135 Abs. 27 KFG, womit der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2014 geänderte § 82 Abs. 8 KFG rückwirkend mit in Kraft trete, aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist.

Demzufolge ist die geänderte Bestimmung des § 82 Abs. 8 KFG gemäß Art. 49 Abs. 1 B-VG mit Ablauf des Tages ihrer Kundmachung, mit Ablauf des , in Kraft getreten (vgl. ).

Durch diese gesetzlichen Bestimmungen ist auch die Beurteilung für den streitgegenständlichen Sachverhalt klar vorgezeichnet.

Streitgegenständlich sind hier die Zeiträume VOR der genannten Gesetzesänderung (vor ). Somit war es ausreichend, dass das streitgegenständliche Fahrzeug zumindest monatlich das Bundesgebiet verlassen hat. Diese Tatsache ist im Rahmen der oben angeführten Beweiswürdigung jedenfalls klar dargestellt worden.

Die Standortvermutung des Fahrzeuges in Österreich ist somit jedenfalls als widerlegt zu beurteilen.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 79 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
Art. 49 Abs. 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100460.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at