Eine mangelhaft durchgeführte oder mangelhaft dokumentierte Probenahme (hier: Mineralölerzeugnis) ist keine taugliche Grundlage für eine Abgabenvorschreibung.
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
ZRV/0286-Z3K/09-RS1 | Wird für Untersuchungszwecke eine Probe genommen, ist darüber ein Bericht anzufertigen, der alle für die Probenahme wichtigen Angaben enthalten muss. Fehlt ein derartiger Bericht, kann nicht festgestellt werden, ob die untersuchte Probe repräsentativ und unverfälscht gewesen ist. |
ZRV/0286-Z3K/09-RS2 | Soll eine Probe flüssiger Mineralölerzeugnisse aus der Zapfeinrichtung einer Tankstelle entnommen werden, ist vor der eigentlichen Probenahme ein ausreichender Vorlauf (mindestens 10 l) zu entnehmen, der nicht zu Prüfzwecken verwendet werden darf. Dadurch wird vermieden, dass die Probe durch Rückstände in der Zapfanlage verfälscht wird. Die Menge des entnommenen Vorlaufs ist in dem über die Probenahme anzufertigenden Bericht zu dokumentieren. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerde der Bf, vertreten durch Mag. Thomas Mairitsch, Steuerberater, 9500 Villach, Seebacher Allee 6, vom gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes X vom , Zahl: 000000/00000/2009, betreffend Mineralölsteuer entschieden:
Der Beschwerde wird Folge gegeben.
Der Spruchbestandteil der Berufungsvorentscheidung des Zollamtes X vom
"Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen."
wird wie folgt abgeändert:
"Der Berufung wird vollinhaltlich stattgegeben. Der Bescheid des Zollamtes X vom , Zahl: 000000/00000/08/2009,wird ersatzlos aufgehoben."
Die übrigen Spruchbestandteile bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Am haben Vertreter des Zollamtes X im Rahmen einer Kontrolle hinsichtlich verbotswidriger Verwendung gekennzeichneten Gasöls unter anderem aus dem 2.000 Liter fassenden Tank der Hoftankstelle in E, und dem Traktor von AM Proben entnommen. Da sich bei einer ersten Untersuchung mittels Schnelltest der Verdacht auf eine Beimischung gekennzeichneten Gasöls ergab, wurde eine Probe zur Untersuchung an die Technischen Untersuchungsanstalt des Bundes (TUA) übermittelt. Laut ETOS-Untersuchungsbefund zu Geschäftsfall 000A/2008 vom zeigen die Analyseergebnisse das Vorliegen einer Mischung von 2% Vol. steuerbegünstigtem und 98% Vol. nicht steuerbegünstigtem Gasöl (bezogen auf eine Kennzeichnung des getankten Heizöl Extra Leicht von 6 mg/l S.Y. 124) Laut Aussage von AM bestellt dieser den benötigten Diesel beim Y in V. Die letzte Lieferung sei im Herbst 2007 gewesen. Dazu wurde die Rechnung Nr. 000000 vom über 1.502 Liter Diesel vorgelegt. Laut Aktenlage arbeitet der Lieferant mit der Bf, zusammen. Ein Tankzug inklusive Fahrer sei ständig und ausschließlich für ihn im Einsatz. Dieser habe auch die Lieferung an AM am durchgeführt. Im Akt findet sich überdies der ETOS-Antrag vom , Geschäftsfall 000B/2008, mit dem handschriftlichen Vermerk Tankwagen und der zugehörige Untersuchungsbefund vom , wonach die Analyseergebnisse das Vorliegen einer Mischung von 1% Vol. steuerbegünstigtem und 99% Vol. nicht steuerbegünstigtem Gasöl (bezogen auf die Kennzeichnung des getankten Heizöl Extra Leicht von 6 mg/l S.Y. 124) zeigen.
Mit Bescheid vom , Zahl: 000000/00000/08/2009, schrieb das Zollamt X der Beschwerdeführerin (Bf) daraufhin einen Betrag von EUR 694,00 an Mineralölsteuer zur Entrichtung vor. Begründend führt die Behörde im Wesentlichen aus, die Bf habe ohne Bewilligung durch das örtlich zuständige Zollamt im Jahr 2007 ungekennzeichnetes mit gekennzeichnetem Gasöl vermischt und an AM, E, ausgeliefert. Durch die vollständige Befüllung des Tanks (Fassungsvermögen: 2.000 Liter) sei auch die restliche im Tank befindliche Treibstoffmenge mit dem gelieferten - ohne Bewilligung hergestellten - Gasöl vermischt worden, was schlussendlich eine Zumischung von 2% Vol. von steuerbegünstigtem zu nicht steuerbegünstigtem Gasöl ergeben habe. Der Vermischungsgrad sei durch die Analyse der TUA in Wien festgestellt worden. Da eine Bewilligung als Herstellungsbetrieb im Sinne des § 26 Mineralölsteuergesetz 1995 (MinStG) für die Bf nicht vorliege, sei die Mineralölsteuer für die gesamte hergestellte Menge von 2.000 Liter gemäß § 21 Abs 3 für die Bf als Steuerschuldner im Sinne des § 22 Abs 5 entstanden und gemäß § 201 BAO vorzuschreiben. Eine schriftliche Anmeldung beim örtlich zuständigen Zollamt hinsichtlich der verbotswidrig hergestellten Menge und in weiterer Folge eine Entrichtung der Abgaben sei bis dato nicht erfolgt.
Gegen diese Entscheidung brachte die abgabenrechtlich vertretene Bf mit Schreiben vom form- und fristgerecht den Rechtsbehelf der Berufung ein. Sie beantragt darin, unter anderem den verfahrensgegenständlichen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben. Zusammenfassen wird vorgebracht, die Bf sei kein Herstellungsbetrieb im Sinne des MinStG, sondern führe lediglich im Auftrag den Transport durch. Sie würde auch nur dafür entlohnt und wisse nicht, welche Produkte geladen und an die Empfänger geliefert werden. Auch auf die Verrechnung und Zahlung der gelieferten Kraftstoffe habe sie als Frächter keinen Einfluss. Die Bf bestreitet daher die unterstellte Herstellung eines Gemisches, bestehend aus gekennzeichnetem und nicht gekennzeichnetem Gasöl.
Die Berufung hatte keinen Erfolg; sie wurde mit Berufungsvorentscheidung (BVE) vom als unbegründet abgewiesen. Die Behörde schildert darin den angenommenen Sachverhalt und kommt nach Darlegung der Rechtslage zum Schluss, im gegenständlichen Fall würde im Hinblick auf das vorliegende Untersuchungsergebnis (TUA-Untersuchung) eine Herstellung von Mineralöl im Sinne des § 26 Abs 1 MinStG vorliegen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die beim Unabhängigen Finanzsenat anhängige Beschwerde der Bf vom . Darin wird zunächst unter Hinweis auf die Bestimmung des § 28 BAO die von der Behörde unterstellte widerrechtliche gewerbliche Herstellung von Mineralöl vehement bestritten. Darüber hinaus beanstandet die Bf die vorgenommene Beweiswürdigung sowie einige ihrer Ansicht nach vorliegende Verfahrensmängel. In der Beschwerdeschrift beantragt sie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, stellt einen Antrag auf Vernehmung eines namentlich genannten Zeugen und begehrt die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts.
Mit Schreiben vom wurden die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie auf Zeugeneinvernahme zurückgezogen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Laut Tatbeschreibung (Seite 15 im Akt) haben Organe des Zollamtes X am Mineralölproben aus dem Tank der Hoftankstelle in E, und dem Traktor von AM entnommen. Die Untersuchung dieser Proben mittels Schnelltest bzw die Untersuchung einer aus dem Tank entnommenen Probe durch die Technische Untersuchungsanstalt (TUA) der Steuer- und Zollkoordination in Wien habe eine Vermischung von steuerbegünstigtem (gekennzeichneten) und nicht steuerbegünstigtem Gasöl ergeben.
Wie bereits erwähnt finden sich im vorliegenden Akt dazu der ETOS-Antrag vom , Geschäftsfall 000A/2008 , sowie der zugehörige ETOS-Untersuchungsbefund vom . Der ebenfalls dem Akt angeschlossene ETOS-Antrag vom , Geschäftsfall 000B/2008, sowie der zugehörige ETOS-Untersuchungsbefund vom stehen in keinem direkten Zusammenhang zur verfahrensgegenständlichen Abgabenvorschreibung.
Da die Art der Proben- bzw Musterentnahme sowie die Zuordnung von der Bf nachhaltig in Zweifel gezogen wird, wurde die belangte Behörde mit Vorhalt vom ersucht, dem Unabhängigen Finanzsenat die über die Probenahmen angefertigten Protokolle, die im vorliegenden Akt nicht enthalten sind, vorzulegen, die Qualifikation der zur Probenahme eingesetzten Organe nachzuweisen und darzulegen, wie seitens der Zollverwaltung eine Verunreinigung der Proben durch die benutzten Probenahmegeräte ausgeschlossen werden kann.
Mit Schreiben vom hat J von der belangten Behörde dazu Folgendes ausgeführt:
"Die Probenmuster wurden von der Zapfsäule bzw den Zapfsäulen in neue und somit ungebrauchte von der H gekaufte Dosen abgefüllt (eine Wiederverwendung von solchen Dosen gibt es nicht). Seitens der Probenentnahmegeräte werden die neuen Sampler verwendet, welche vor etwa 4-5 Jahren angekauft wurden. Wenn in der Folge ein Schnelltester eine Reaktion zeigt, wird ein Muster an die TUA gesandt. Nach der Entnahme der Muster wird das Probenentnahmegerät mit der beiliegenden Reinigungsflüssigkeit gespült, um etwaige Verunreinigungen auszuschließen. Der Entnahmeschlauch wird entweder entsorgt oder ebenfalls gereinigt. In den XY-Fällen jedoch wurden, wie bereits oben angeführt, sämtliche Muster über die Zapfanlage direkt in die neuen Dosen gefüllt und an die TUA zur Überprüfung gesandt, wobei Gegenmuster beim Amt vorliegen. Eine Verunreinigung mittels der Entnahmegeräte ist somit auszuschließen. Bezüglich Qualifikation wäre anzuführen, dass sowohl Koll. S als auch die OZA-Organe und somit auch ich hinsichtlich der Handhabung der Entnahmegeräte als auch hinsichtlich der Musterziehung weitergebildet wurden.
Zusätzliche Protokolle liegen nicht vor, wozu auch, wenn die Proben direkt von der Zapfsäule in den Behälter gefüllt wurden. Eine Probenentnahme aus dem Erdtank ist nicht möglich. Auch bei Hoftankstellen ist eine Probenentnahme direkt aus dem Tank kaum bis ebenfalls nicht möglich.
Zu den Kontrollen im G wird noch festgestellt, dass bei anderen Hoftankstellen bzw. gewerblichen Tankstellen, welche nicht durch die Fa. XY beliefert wurden, keine Verunreinigungen festgestellt wurden. Dasselbe gilt für die L in den restlichen Bezirken.
Nach den Musterziehungen im Gwurde aus dem Transporttank beim LKW ebenfalls beim Y in V ein Muster entnommen und an die TUA eingesandt (müsste ETOS 000B/2008sein). Dabei wurde ebenfalls eine Verunreinigung des Diesels festgestellt."
Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass über die Probenahme im Rahmen der Kontrolle am bei der Hoftankstelle in E, kein Bericht angefertigt wurde. Selbst unter Berücksichtigung der Daten im ETOS-Antrag vom , Geschäftsfall 000A/2008, fehlen für die Probenahme wichtige Angaben (siehe DIN 51 750 Teil 1, Abschnitt 5). Mangels Dokumentation kann somit nicht festgestellt werden, ob die einschlägigen Normen für die Probenahme und Prüfung flüssiger Mineralölerzeugnisse eingehalten worden sind. So ist etwa bei der Entnahme einer Probe aus Zapfeinrichtungen vor der eigentlichen Probenahme ein ausreichender Vorlauf (mindestens 10 l bei Tankstellen) zu entnehmen, der nicht zu Prüfzwecken verwendet werden darf (DIN 51 750 Teil 2, Abschnitt 4.5). Aus den angeführten Gründen ist nicht nachvollziehbar, ob die untersuchte Probe repräsentativ und unverfälscht gewesen ist. Der ETOS-Untersuchungsbefund zu Geschäftsfall 000A/2008 ist daher als Beweismittel untauglich.
Ein geeigneter Nachweis für eine Herstellung von Mineralöl im Sinne des § 26 Abs 1 MinStG durch die Bf liegt nicht vor. Auf Grund der Aktenlage darf nicht davon ausgegangen werden, dass der von der Bf transportierte bzw in den Tank der Hoftankstelle in E, gefüllte Treibstoff verunreinigt oder ohne Bewilligung mit gekennzeichnetem Gasöl vermischt worden wäre.
Da sich die Abgabenvorschreibung vom schon aus diesem Grund als rechtswidrig erweist, erübrigt es sich, auf weitere Mängel (zB Annahme einer vollständigen Befüllung des Tanks durch die Bf, Vorwurf der gewerblichen Herstellung) einzugehen.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 26 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994 § 21 Abs. 3 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994 § 28 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Mineralölsteuer Vermischung von gekennzeichnetem und ungekennzeichnetem Gasöl Herstellung ohne Bewilligung Gewerbebetrieb Untersuchung Probenahme DIN 51 750 |
Zitiert/besprochen in | UFS Newsletter 2012/04 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at