Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 14.01.2009, RV/1036-L/07

Familienbeihilfenanspruch eines Fremden nach rechtzeitigem bzw. verspätetem Verlängerungsantrag gemäß § 24 NAG.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum bis  entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Für M., geboren am xx, ist die Familienbeihilfe im Zeitraum Februar 2006 bis September 2006 zu gewähren. Hinsichtlich des Antrages auf Familienbeihilfe für A., geboren am yy, wird die Berufung abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerberin wurde im Oktober 2006 die österreichischer Staatsbürgerschaft verliehen, gleichzeitig erhielten auch ihr Ehegatte und ihre drei Kinder A, M und J die österreichische Staatsbürgerschaft. Zuvor waren sie kroatische Staatsbürger. Die Berufungswerberin lebt seit dem Jahr 1993 ununterbrochen in Österreich, ihre drei Kinder wurden in Österreich geboren. Da zufolge des Ablaufs der kroatischen Reisepässe der Töchter A und M deren Aufenthaltsbewilligungen mit bzw. abgelaufen waren und die Berufungswerberin aus diesem Grund keinen Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz für die Töchter nachweisen konnte, wies das Finanzamt mit Bescheid vom einen Antrag auf Weitergewährung der Familienbeihilfe für die beiden Töchter unter Hinweis auf die mit geänderte Gesetzeslage für den Zeitraum Februar bis September 2006 ab.

Dagegen wurde Berufung eingebracht, die sinngemäß folgendermaßen begründet wurde: Die Berufungswerberin selbst lebe seit 1993 in Österreich, der Ehegatte bereits seit 1990, alle Kinder wären in Österreich geboren. Sie bzw. der Ehegatte hätten im Zeitpunkt der Antragstellung auf Gewährung der Familienbeihilfe über den Aufenthaltstitel "unbefristete Niederlassungsbewilligung" verfügt, der Ehegatte sei immer entsprechend den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes unselbständig beschäftigt gewesen. Die Töchter hätten für den Berufungszeitraum deshalb keine Niederlassungsbewilligungen bekommen, da ihre kroatischen Reisepässe abgelaufen waren. Sie hätten deshalb nicht um Ausstellung neuer kroatischer Reisepässe ersucht, da sie bereits im Jänner 2005 einen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gestellt hatten. Nach Erteilung der Zusicherungsbescheinigung im Juni 2005 hätten sie die Entlassung aus dem kroatischen Staatsverband beantragt und erwartet, dass diese bald erfolgen werde. Um nicht unnötig Geld für neue Reisepässe ausgeben zu müssen, hätten sie keine mehr ausstellen lassen. Es war daher nicht möglich, eine NAG-Karte zu erhalten. Die Töchter wären jedoch die ganze Zeit in Österreich gewesen und hätten hier die Schule besucht. Es sei auch ein Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltstitel beim Magistrat x gestellt worden. Die Berufungswerberin sei der Meinung, dass es nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen sei, den Migrantinnen, die schon jahrelang in Österreich leben, und Kindern, die seit Geburt in Österreich leben, die Familienbeihife vorzuenthalten. Es werde daher um Änderung des Bescheides ersucht.

Nach abweisender Berufungsvorentscheidung wiederholte die Berufungswerberin in ihrem Vorlageantrag im Wesentlichen die bisherigen Ausführungen und verwies darauf, dass ihr Ehegatte Alleinverdiener sei und sie in Zusammenhang mit dem Ansuchen auf Staatsbürgerschaft außerordentliche Ausgaben hatten, sodass jede unnötige Ausgabe zuviel war. Sie hätten überdies erwartet, dass die Entlassung aus dem kroatischen Staatsverband schneller gehen würde. Sie hätten auch die Verlängerungsanträge nach dem Fremdengesetz rechtzeitig beim Magistrat x gestellt. Obwohl die Aufenthaltsbewilligung für eine Tochter bereits im Jahr 2005 abgelaufen sei, hätten sie weiterhin Familienbeihilfe bezogen. Sie seien daher sehr überrascht gewesen, als sie im Jänner 2006 erfahren hatten, dass ohne Aufenthaltstitel die Familienbeihilfe nicht mehr gewährt werden könne. Da sie die Familienbeihilfe für alle drei Kinder erst wieder mit Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft ab Oktober 2006 erhalten hätten, hätte die Berufungswerberin neuerlich einen Antrag für die davorliegende Zeit gestellt und nunmehr in der Berufung alle Umstände geschildert, die zum Fehlen der NAG-Karten geführte hätten.

Im weiteren Berufungsverfahren wurde auf Anfrage des Unabhängigen Finanzsenates von der zuständigen Stelle des Magistrates x zum Aufenthaltstitel der beiden Kinder M und A bis zur Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft Folgendes mitgeteilt: Beide Kinder hätten sich zunächst nach der alten Rechtslage auf Grund des Aufenthaltstitels "Familiengemeinschaft" nach § 20 FrG in Österreich aufgehalten. Für M ist die Gültigkeit von Reisepass und Aufenthaltstitel am abgelaufen, ein Verlängerungsansuchen wurde am , somit rechtzeitig, gestellt. Für A ist die Gültigkeit bereits am abgelaufen, ein Verlängerungsansuchen wurde erst am gestellt, sodass sie in der Zwischenzeit keinen gültigen Aufenthaltstitel hatte.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 FLAG 1967 in der ab geltenden Fassung haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Nach § 3 Abs. 2 leg.cit. besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten.

In den §§ 8 und 9 NAG sind somit alle Aufenthaltstitel aufgezählt, die bei Erfüllung aller anderen Voraussetzungen zu einem Bezug von Familienbeihilfe berechtigen. Nach dem eindeutigen Wortlaut der zitierten gesetzlichen Regelung des § 3 FLAG ist es seit erforderlich, dass sowohl der anspruchsberechtigte Elternteil als auch das anspruchsvermittelnde Kind über einen dieser Aufenthaltstitel verfügt. Im gegenständlichen Fall war lediglich strittig, ob sich die beiden Töchter M und A auf Grund eines derartigen Titels in Österreich aufhielten.

Das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) trat mit in Kraft. Die Übergangsbestimmungen sind in § 81 NAG geregelt. Nach Absatz 1 dieser Gesetzesstelle sind Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen.

§ 81 Abs. 2 NAG besagt, dass vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes erteilte Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer und ihres Gültigkeitszweckes insoweit weiter gelten, als sie nach dem Zweck des Aufenthaltes den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechen. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche vor In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes erteilten Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen nach ihrem Aufenthaltszweck als entsprechende Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen nach diesem Bundesgesetz und dem Fremdenpolizeigesetz weiter gelten.

In diesem Sinn wurde im 5. Abschnitt der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - Durchführungsverordnung - NAG-DV, BGBl. II 451/2005, die Weitergeltung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen geregelt. Danach gelten laut § 11 NAG-DV unter anderem Niederlassungsbewilligungen "Familiengemeinschaft" nach § 20 FrG als "Niederlassungsbewilligung-beschränkt" nach dem NAG.

§ 24 NAG regelt das Verfahren im Fall von Anträgen auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels. Nach Absatz 1 sind derartige Anträge vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen. Absatz 2 besagt: Anträge, die nach Ablauf des Aufenthaltstitels gestellt werden, gelten nur dann als Verlängerungsanträge, wenn der Antrag spätestens sechs Monate nach dem Ende der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels gestellt wurde. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet fremdenpolizeilicher Bestimmungen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

In den Materialien zur Regierungsvorlage zum Fremdenrechtspaket (BGBl. 100/2005) wird zum § 24 NAG ausgeführt, dass mit dieser Bestimmung in einer Zusammenschau von Abs. 1 und 2 Vorsorge für jene Fälle getroffen werden soll, wo das Ende des Aufenthaltsrechtes nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels und die Erledigung des Verlängerungsantrages auch bei rechtzeitiger Antragstellung zeitmäßig auseinanderfallen können, sodass eine Lücke im Aufenthaltsrecht bestehen würde. Die Regierungsvorlage schlägt daher vor, zu normieren, dass der Fremde weiterhin niedergelassen bleibt, bis über den Antrag entschieden wird oder fremdenpolizeiliche Maßnahmen gesetzt werden. Darüber hinaus ist der Regierungsvorlage nichts zu entnehmen, wonach sich in der Zeitspanne zwischen Ablauf des Aufenthaltstitels und der rechtskräftigen Entscheidung am Aufenthaltsstatus etwas ändern sollte.

Diese Bestimmung ähnelt in ihrem Wortlaut und dem damit zum Ausdruck gebrachten Inhalt ihrer Vorgängerbestimmung im § 31 Abs. 4 FrG. Zu dieser Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2004/08/0276, ausgesprochen, dass sich Fremde, die vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des ihnen zuletzt erteilten Aufenthaltstitels einen Antrag auf Ausstellung eines weiteren Aufenthaltstitels eingebracht haben, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und ihren Status vorläufig beibehalten.

In diesem Sinn war zunächst bezüglich der Tochter M festzustellen: Der Aufenthaltstitel "Familiengemeinschaft", auf Grund dessen sie sich im Bundesgebiet aufhielt, war noch bis gültig und galt mit Änderung der Rechtslage als Aufenthaltstitel "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" nach § 8 NAG. Ein Antrag auf Verlängerung wurde noch vor Ablauf der Gültigkeit gestellt, sodass sie nach den in § 24 NAG getroffenen Regelungen während des gesamten anhängigen Verfahrens diesen Aufenthaltsstatus weiter behielt. Die Familienbeihilfe konnte daher für M auch noch in den Monaten Februar bis September 2006 gewährt werden.

Die Tochter A verfügte hingegen bereits ab über keinen gültigen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet mehr. Da ein "Verlängerungsantrag" erst lange nach Ablauf der Gültigkeit des vorigen Aufenthaltstitels gestellt wurde, steht er nach § 24 Abs. 2 NAG rechtlich einem Erstantrag gleich. Da ein solcher Antrag nicht unmittelbar ein Aufenthaltsrecht schafft, hielt sich A bis zur Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft tatsächlich ohne rechtlichen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet auf. Ein Anspruch auf Familienbeihilfe für A bestand daher im streitgegenständlichen Zeitraum nicht.

Aus den angeführten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Aufenthaltstitel
Niederlassungsbewilligung
Verlängerungsverfahren.

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at