Sonstiger Bescheid, UFSS vom 31.07.2012, FSRV/0015-S/11

Zurückweisung einer nicht fristgerecht eingebrachten Berufung

Entscheidungstext

Bescheid

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch den Vorsitzenden des Finanzstrafsenates 5, HR Dr. Andreas Hartl, in der Finanzstrafsache gegen T., Adr.T., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Johann Essl, 5453 Werfenweng, Weng 78, wegen der Finanzvergehen der vorsätzlichen gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung gem. §§ 33 Abs. 1 iVm. 38 Abs. 1 FinStrG und des gewerbsmäßigen Schmuggels gem. §§ 35 Abs. 1 lit. a iVm. 38 Abs. 1 FinStrG über die Berufung des T. vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates für unselbständige Berufe als Organ des Zollamtes Salzburg als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , zugestellt am , StrNr. 600000/2010/00050-001,

zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als verspätet zurückgewiesen.

Begründung

Gemäß § 56 Abs. 3 1. Satz FinStrG gelten für Zustellungen das Zustellgesetz (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982, und sinngemäß die Bestimmungen des 3. Abschnittes der Bundesabgabenordnung.

Gemäß § 150 Abs. 2 FinStrG beträgt die Rechtsmittelfrist einen Monat und beginnt mit der Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses oder sonstigen Bescheides.

Nach § 17 Abs. 1 ZustG ist dann, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 ZustG regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

§ 17 Abs. 2 ZustG ordnet an, dass der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen ist. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegungsanzeige hinzuweisen.

Nach dem Abs. 3 dieser Gesetzesstelle ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Mit Erkenntnis des Spruchsenates für unselbständige Berufe als Organ des Zollamtes Salzburg als Finanzstrafbehörde erster Instanz war T. nach einer am in seiner Abwesenheit durchgeführten mündlichen Verhandlung schuldig erkannt worden, im Zeitraum von bis in seiner Funktion als Busfahrer anlässlich von zehn Einreisen in das Zollgebiet der Europäischen Union bzw. nach Österreich insgesamt 759.920 Stück (=3.799,6 Stangen) Zigaretten der Marke "Memphis" mit einem geschätzten Zollwert von € 22.873,52, worauf Abgaben und zwar Tabaksteuer in Höhe von € 71.975,67 und Zoll in Höhe von € 13.175,15 lasten, einerseits unter Verletzung der Anzeigepflicht vorschriftswidrig in das Steuergebiet der Republik Österreich und andererseits diese eingangsabgabepflichtigen Waren vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht zu haben, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Über ihn wurde gem. §§ 33 Abs. 5, 35 Abs. 4 iVm. 38 Abs. 1 und 21 FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von € 50.000,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 90 Tage) und eine anteilige Wertersatzstrafe in Höhe von € 30.000,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Tage) verhängt. Gem. § 17 Abs. 2 lit. a FinStrG wurde auf Verfall von 379,6 Stangen (=75.920 Stück) Zigaretten erkannt.

Die schriftliche Ausfertigung dieses Straferkenntnisses wurde T. durch Hinterlegung beim Postamt seiner Wohnanschrift am (dem ersten Tag der Abholfrist) zugestellt. Beim vorangegangenen Zustellversuch am hat das Zustellorgan E. den Beschuldigten in dessen Wohnung angetroffen, wobei sich dieser gegenüber E. als Bekannter des Beschuldigten ausgegeben hat. E. hat ihm die Hinterlegungsanzeige ausgehändigt.

Mit Eingabe vom hat T. gegen dieses Erkenntnis Berufung eingebracht.

Mit Vorhalt vom wurde T. zur Kenntnis gebracht, dass seine Berufung erst am und somit verspätet beim Unabhängigen Finanzsenat eingelangt ist.

Mit Schreiben vom teilte der Vertreter von T. mit, dass T. erst durch den Vorhalt des Unabhängigen Finanzsenates von der Zustellung des Erkenntnisses im Postweg sowie von der Hinterlegung dieses Schriftstückes Kenntnis erlangt habe. Weder seine Lebensgefährtin noch er hätten die Hinterlegungsanzeige vorgefunden. Zum versperrten Hausbriefkasten hätten nur er und seine Lebensgefährtin M. Zugang; eine Beschädigung dieses Hausbriefkastens habe er bislang nicht feststellen können. Der Zustellvorgang sei somit rechtswidrig erfolgt, da der Zusteller nicht wie im Zustellgesetz vorgesehen eine Hinterlegungsanzeige an der Abgabestelle hinterlassen habe, sodass er von der Zustellung keine Kenntnis habe. Die nachfolgende unmittelbare persönliche Zustellung habe zur Folge, dass die von ihm erhobene Berufung rechtzeitig erfolgt sei.

Unter einem wurden vom Beschuldigten ein Wiedereinsetzungsantrag und eine Berufung eingebracht.

Über Auftrag des Unabhängigen Finanzsenates wurde E. zum Ablauf der Zustellung und zur Ausstellung der Hinterlegungsanzeige als Zeuge befragt.

E. gab an, seit ca. 2 Jahren als Postzusteller für die HStraße zuständig zu sein. Von vorangegangenen Zustellungen habe er gewusst, dass ein T. an der Adresse wohne und dass die (unbeschriftete) Klingel zur Wohnung des T. gehöre. Ein Mann (ca. 190 cm groß, durchtrainiert, bekleidet mit Unterhose und Unterleibchen) habe auf sein Klingeln die Haustüre geöffnet, jedoch verneint, dass er T. sei. Dieser Mann habe sich aber bereit erklärt, den Rsa Brief für T. zu übernehmen. Auf Grund der Postbestimmungen habe er die Übergabe des Briefes an diesen Mann aber unter Hinweis auf die Postbestimmungen verweigert und dem Unbekannten die Hinterlegungsanzeige ausgehändigt, mit dem Auftrag, diese T. zu übergeben.

Nachdem E. von den vernehmenden Beamten ein Foto des T. gezeigt wurde, hat dieser ihn eindeutig als jenen Mann identifiziert, der ihm die Tür geöffnet und dem er die Hinterlegungsanzeige übergeben hat.

Mit dieser Zeugeneinvernahme (unter Anschluss des Fotos, das dem Zusteller vorgehalten worden ist), konfrontiert, erklärte der Vertreter des T. mit Schriftsatz vom , folgendes:

"Der Beschuldigte ist der deutschen Sprache in Schrift nicht, im Wort nur in Bruchstücken mächtig, sodass als Übersetzer dessen Lebensgefährtin M. beigezogen wurde.

Der ausgewiesene Vertreter hat Zweifel, ob diese dem Beschuldigten den Inhalt des Vorhaltes richtig wiedergegeben hat bzw. dessen Antwort gegenüber dem ausgewiesenen Vertreter, da auch diese der deutschen Sprache im Wort nicht wirklich mächtig erscheint, sodass dieser es unumgänglich für erforderlich erachtet einen gerichtlich beeideten Dolmetscher für die serbische Sprache beizuziehen, um die Gefahr einer unrichtigen Übersetzung hintanzuhalten. Aus diesem Grund wird der Antrag gestellt, die Frist zur Erstattung einer Stellungnahme bis zum 2012-04-11 zu erstrecken.

Vorsorglich wird gegenwärtig die Richtigkeit der Aussage des Zustellorganes der Post bestritten und die Ladung desselben und Gegenüberstellung mit dem Beschuldigten beantragt."

Eine solche (angekündigte) Stellungnahme hat T. nicht abgegeben.

T. ist vom Zustellorgan eindeutig und zweifelsfrei identifiziert worden. Da er seine Identität gegenüber dem Zustellorgan verleugnet hat, wurde ihm die Sendung nicht ausgefolgt, sondern lediglich die Hinterlegungsanzeige ausgehändigt.

Damit ist die Verantwortung des Beschuldigten in der Stellungnahme vom , von einer Zustellung bzw. einer Hinterlegung des Erkenntnisses der 1. Instanz nichts gewusst zu haben, zweifelsfrei widerlegt.

Selbst wenn der Beschuldigte von der Hinterlegung tatsächlich keine Kenntnis erlangt hätte (was aufgrund der zweifelsfreien Aussage des Zustellers ohnehin nicht der Fall war), gilt die Hinterlegung als Zustellung unabhängig davon, ob der Empfänger tatsächlich von ihr Kenntnis erlangt und ob die Sendung behoben wird ()

Da gemäß § 150 Abs. 2 FinStrG in Finanzstrafsachen die Rechtsmittelfrist ein Monat beträgt, ist im gegenständlichen Fall die Frist für eine zeitgerechte Berufung gegen das genannte Straferkenntnis am abgelaufen gewesen. Die Berufung war daher als verspätet eingebracht zurückzuweisen.

Der "vorsorglich" gestellte Beweisantrag auf Gegenüberstellung des Postzustellers mit dem Beschuldigten wird gem. § 114 Abs. 2 FinStrG abgelehnt, da darin weder ein Beweisthema bekannt gegeben wurde (was bei den gegebenen, zur Kenntnis gebrachten Ermittlungsergebnissen noch geklärt werden soll), noch dargetan wurde, aus welchen Gründen das Ergebnis der ordnungsgemäß durchgeführten Beweisaufnahme angezweifelt wird oder warum die beantragte Beweisaufnahme ein anderes (und welches) Ergebnis bringen könnte, zumal nicht einmal bestritten wurde, dass das beweisrelevante Foto ohnehin den Bescheidadressaten zeigt. Im Übrigen besteht kein persönliches Befragungsrecht von Zeugen außerhalb des Untersuchungsverfahrens.

Da somit dem Zustellvorgang des angefochtenen Erkenntnisses ein Mangel nicht anhaftet, war spruchgemäß zu entscheiden.

Salzburg, am

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Materie
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

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