Schätzung aufgrund der Lebenshaltungskosten
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., geb. 1981, 1160 Wien, vertreten durch Hinkelmann Melitta, 1020 Wien, Vorgartenstr. 167/2/17, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 8/16/17, vertreten durch AD Rudolf Stadler, vom betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2006 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bescheid betreffend Einkommensteuer 2006 wird zu Ungunsten des Bw. abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe ist dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen. Dieses bildet einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Die Fälligkeit des mit dieser Entscheidung festgesetzten Mehrbetrages der Abgaben ist aus der Buchungsmitteilung zu ersehen.
Die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2006 wird als verspätet zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) gab die Steuererklärungen für das Jahr 2006 am beim Finanzamt ab. Er erklärte Umsätze inklusive Eigenverbrauch in Höhe von 56.143,75 €. Als Vorsteuer machte er 5.088,88 € geltend. Hinsichtlich des von ihm geführten Gewerbebetriebes machte er einen Verlust von 10.153,29 € geltend.
In der Umsatzsteuererklärung vom setzte das Finanzamt die Umsätze in der erklärten Höhe fest, erhöhte jedoch den Eigenverbrauch von 1.800,-- € auf 3.600,-- €. Im Einkommensteuerbescheid gleichen Datums wurden jedoch die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 20.000,-- € festgestellt.
Da die Steuererklärungen des Bw. dem Finanzamtes aufgrund des Postlaufes zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht bekannt waren, begründete dieses den Bescheid damit, dass wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzweg ermittelt worden seien.
Mit Berufung vom eingelangt beim Finanzamt am erhob der Bw. Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid und führte aus, dass er die Steuererklärungen bereits am dem Finanzamt übermittelt habe.
Am erließ das Finanzamt einen Mängelbehebungsauftrag und führte hierbei aus, dass die Berufung gegen den Umsatz- und Einkommensteuerbescheid 2006 hinsichtlich des Inhalts (§ 250 BAO) die nachfolgenden Mängel aufweise:
"Aus dem vorgelegten Jahresabschluss, wie auch aus der Aktenlage ergibt sich kein Rückschluss auf die Deckung der Lebensführungskosten. Sie werden daher ersucht, den Nachweis über die Bestreitung dieser für das Jahr 2006 zu erbringen."
Am erklärte der Bw., dass er vor seiner Selbständigkeit angestellt gewesen sei und sich einen Not-Euro erspart habe. Seine Frau beziehe Kinderbetreuungsgeld und Familienbeihilfe für zwei Kinder. Außerdem habe ihm sein Schwager noch Geld geborgt, sodass er über schwierige Zeiten hinweg gekommen sei. Die Familie lebe in bescheidenen Verhältnissen. Daher seien die monatlichen Lebenskosten gering.
Am erließ das Finanzamt eine Berufungsvorentscheidung sowohl hinsichtlich der Umsatzsteuer als auch der Einkommensteuer 2006. Hinsichtlich der Umsatzsteuer führte es aus: "Im Zuge der Umsatzsteuersonderprüfung für den Zeitraum 6-12/2006 konnte kein stichhaltiger Nachweis über die Bestreitung der Lebenshaltungskosten und der Deckung der laufenden Betriebsausgaben vorgebracht werden. Im Zuge der Beantwortung der Mängelbehebung vom wurde nunmehr dargestellt, die Bestreitung dieser Kosten neben Bezug von Familienbeihilfe und Kindergeld auch zum Teil aus Ersparnissen, welche aus nichtselbständigen Einkünften vor Beginn der selbständigen Tätigkeit stammen, bestritten zu haben. Dem ist entgegenzuhalten, dass unter Berücksichtigung der Erfahrungen des täglichen Lebens und der Höhe dieser Einkünfte aus den Vorjahren eine teilweise Ersparnis nicht realistisch erscheint, da sich aus der weiteren Darstellung kein detaillierter Rückschluss auf die Bestreitung dieser Kosten ableiten lässt, war an den Prüfungsfeststellungen vom festzuhalten und das in den vorgelegten Steuererklärungen dargestellte Betriebsergebnis mangels Deckung dieser Kosten als nicht zutreffend zu erachten. Die Berufung war somit abzuweisen." Hinsichtlich der Einkommensteuer verwies das Finanzamt lediglich auf die Begründung des Umsatzsteuerbescheides.
Am brachte die Vertreterin des Bw. einen Antrag auf die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz ein und führte aus: "Laut Auskunft von Herrn BH lebt seine Familie äußerst sparsam, daher liegen die monatlichen Lebenskosten zwischen 1.200,-- und 1.400,-- (mit solchen Einkommen müssen leider viele Familien - egal welcher Nationalität - auskommen). Herr BH hat ein Imbisslokal auf der ..straße betrieben. Da die Konkurrenz in dieser Umgebung sehr groß war, war die Geschäftsfrequenz gering. Bei immer höher werdenden Mietkosten, Stromkosten und Lebensmittelkosten aber fast gleich bleibenden Verkaufspreisen ist das von ihnen geschätzte Einkommen von 20.000,-- € nicht realistisch. Herr BH hat deswegen auch sein Lokal aufgegeben, da die Ausgaben immer höher wurden und er diese nicht mehr finanzieren konnte. Ich ersuche Sie daher auf diese wirtschaftliche Lage Rücksicht zu nehmen und Herrn BH zu gute zu halten, dass er das Lokal aufgegeben hat.
Am fand beim Bw. eine Umsatzsteuernachschau für die Monate 6-12/2006 statt. Die Betriebsprüfung stellte fest, dass Herr BH das Geschäft in der ..straße im Oktober 2005 um brutto 24.000,--€ erworben habe. Er sei verheiratet und habe zwei Kinder. Vor der Eröffnung des Geschäftes in den Jahren 2004 und 2005 sei er meist arbeitslos gewesen, weshalb bereits die Finanzierung des Betrages von 24.000,-- € fraglich sei. Weiters seien bereits im Prüfungszeitraum 17.900,-- € an Einlagen getätigt worden. Im Jänner 2007, nachdem ein nicht angemeldeter Arbeitnehmer angetroffen wurde, habe der Bw. nachträglich per das Geschäft an seinen Bruder BM übergeben. Dabei seien nur Lebensmittel und Getränke verrechnet worden. Herr BM sei vorher bei seinem Bruder BH (dem Bw.) angestellt gewesen. Weiters stellte die Betriebsprüfung fest, dass kein Wareneingangsbuch geführt worden sei und es auch keine Aufzeichnungen hinsichtlich des Eigenverbrauches gegeben habe. Sämtliche Ausgaben seien aus der Kasse bezahlt worden. Einige Male seien Rechnungen quasi privat bezahlt und später erst mit der Kasse verrechnet worden. Da aber der Abgabepflichtige absolut keine Entnahme zur Deckung des eigenen Lebensunterhaltes laut Buchhaltung entnommen habe, sei es nicht möglich, über privates Geld zu verfügen. Würden die Zahlungen am Zahlungstag verbucht werden, würde die Kassa einen negativen Saldo aufweisen. Dies werde meist dadurch umgangen, dass Einlagen eingebucht würden. Trotz allem sei die Kassa im Prüfungszeitraum mehrmals negativ gewesen. Die Erlöse seien auf so genannten Strichlisten aufgezeichnet worden. Für jedes verkaufte Getränk oder Essen sei ein Stricherl gemacht worden. Bei genauerer Betrachtung sähen alle Striche einheitlich aus. Das hieße, dass immer dieselbe Person mit demselben Kugelschreiber die Stricherl gemacht habe. Dies widerspräche eindeutig der Lebenserfahrung. Außerdem sei im Juli 2006 eine Registrierkassa angeschafft worden. Diese sei jedoch zur Losungsermittlung nicht herangezogen worden.
Bei genauerer Kontrolle mittels Mengenrechnung und Losungsanalyse seien außerdem folgende Feststellungen getroffen worden:
"Im geprüften Zeitraum wurden hier 144 Red Bull Dosen eingekauft. Laut Liste wurden bis zum Jahresende allerdings nur 98 Stück verkauft, also müssten allein 46 Stück an den Bruder per 31.12. verkauft werden. Allerdings befindet sich auf dieser Rechnung keine einzige Dose. Wahrscheinlich waren aber auch vor dem Juli 2006 noch Dosen vorhanden und die Anzahl ist noch höher und es wurden weit mehr als angegeben verkauft.
Bei der Losungsanalyse ergeben sich 17 Doppel- und Mehrfachlosungen. Die Lückenstruktur erscheint ebenfalls nicht als statistisch konform. Weiters dürfte auch ein Fehler bei der nachträglichen Erstellung der Losungen dahingehend passiert sein, dass auch an geschlossenen Samstagen Losungen vorhanden sind. Weiters wurden Waren eingekauft, wie Süßigkeiten, Tee usw., von denen kein Erlös in der Stricherlliste erklärt worden ist. "
Nach Vorlage des Aktes beim UFS wurde die Steuerberaterin mehrmals kontaktiert und aufgefordert zu belegen, inwieweit der Bw. Ersparnisse bilden konnte und diese nachzuweisen. Weiters solle er, die behauptenden Zahlungen vom Schwager und sowie eine genaue Aufschlüsselung seiner Ausgaben betreffend die Lebenskosten nachweisen. N
ach wiederholter Erinnerung langte am die Antwort des Bw. beim UFS ein. "Ich musste ca. 100,-- € für Fernwärme, ca. 200,-- € für Gas und Wasser, 230,-- € für Wohnungsmiete und 1.300,-- € für meine Autoversicherung ausgeben. Nebenbei musste ich auch meine zwei Kleinkinder versorgen, wobei ich für sie Windeln (Pampers), Tee (Hipp), Brei (Preaptamil), Feuchttücher (Pampers), Medikamente und alles mögliche was Kleinkinder brauchen, kaufen musste. Ich musste auch noch 15.000,-- € meiner Schulden, welche ich für mein Pizzageschäft ausgeliehen hatte, zahlen. Üblicherweise musste ich auch 400,-- € für die Nahrungen und Waschmittel ausgeben."
Über die Berufung wurde erwogen:
1. Die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2006 wird als verspätet zurückgewiesen.
Der Umsatzsteuerbescheid 2006 wurde am erlassen. Die Berufung vom richtet sich ausdrücklich nur gegen den Einkommensteuerbescheid 2006. Wobei als Begründung nur darauf verwiesen wurde, dass die Steuererklärungen bereits am per Post dem Finanzamt übermittelt worden seien. Aus diesem Vorbringen ist nach Ansicht des UFS nicht darauf zu schließen, dass sich die Berufung entgegen dem Wortlaut auch gegen den Umsatzsteuerbescheid richtet. Die Berufungsvorentscheidung vom erging somit ohne rechtliche Grundlage. Der auch gegen den Umsatzsteuerbescheid 2006 gerichtete Vorlageantrag war somit als Berufung gegen den bereits in Rechtskraft erwachsenen Umsatzsteuerbescheid 2006 zu werten. Die Berufungsfrist für den Bescheid lief am ab. Der als Berufung zu wertende Vorlageantrag betreffend den Umsatzsteuerbescheid 2006 wurde jedoch am eingebracht, sodass die Berufungsfrist zu diesem Zeitpunkt bereits längst abgelaufen war.
2. Einkommensteuerbescheid 2006
Gemäß den Angaben des Bw. hat dieser monatliche Aufwendungen in Höhe von ca. 2.280,-- €. Dies ergibt einen jährlichen Aufwand von 17.360,-- €. Rechnet man zu diesem Betrag nur die von der Betriebsprüfung festgestellten Einlagen für die Monate 6-12/2006 in Höhe von 17.900,-- € dazu, ergibt dies eine Summe von 45.260,-- €, gerundet 45.000,-- €. Die vom Bw. getätigten Aufwendungen für die Kinder wurden in diese Berechnung nicht einbezogen, weil diese durch das Kinderbetreuungsgeld, das seine Gattin bezieht, und die Familienbeihilfe gedeckt sind.
Die Berufung war deshalb als unbegründet abzuweisen. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden daher gemäß § 184 BAO im Schätzungsweg mit 45.000,-- € festgelegt.
Beilage : 1 Berechnungsblatt
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Zitiert/besprochen in |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at