Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 16.11.2009, RV/1318-L/07

Zeitpunkt der Zurechnungsfortschreibung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1318-L/07-RS1
Für den Stichtag einer Zurechnungsfortschreibung ist nicht der Erwerb des zivilrechtlichen Eigentums (Datum der Eintragung im Grundbuch), sondern der Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums maßgebend. Bei entgeltlichen Eigentumserwerben ist der Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums üblicherweise im Kaufvertrag geregelt. Dieser Zeitpunkt ist aber nicht vor dem Datum der Unterfertigung des Vertrages durch alle Beteiligten anzunehmen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des J und der A Bw, Adresse1, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom und vom betreffend 1. Einheitswert des Grundbesitzes EZ xxx teilw., KG H, Adresse3 (EW-AZ xx-2-xxxx) und 2. Einheitswert des Grundbesitzes EZ xxx teilw., KG H, Adresse2 (EW-AZ xx-2-xxxy), zum (Zurechnungsfortschreibungen gem. § 21 Abs. 4 BewG) und zum (Zurechnungsfortschreibungen gem. § 21 Abs. 4 BewG) entschieden:

Die Berufung betreffend die Zurechnungsfortschreibungen zum vom wird als verspätet zurückgewiesen.

Die Berufungsvorentscheidung vom wird aufgehoben.

Die Berufung betreffend die Zurechnungsfortschreibungen zum vom wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Kaufvertrag vom verkauften H.A. und A.A. an die Berufungswerber die Liegenschaft EZ xxx, Grundbuch H, BG F, im Ausmaß von 2.175 m² mit den darauf befindlichen Einfamilienhäusern Adresse3 und Adresse2.

Punkt 3 des Kaufvertrages lautete wie folgt: Die Übergabe und Übernahme der Kaufliegenschaft in den tatsächlichen Besitz und Genuß der Käufer erfolgt unter gleichzeitigem Übergang der Haftung für Gefahr und Zufall, Nutzen und Lasten mit dem Tag der Unterfertigung dieses Kaufvertrages durch sämtliche Vertragsparteien; als Stichtag für den Steuern- und Abgabenwechsel wird der vereinbart.

Unterfertigt wurde der Kaufvertrag von den Berufungswerbern als Käufer am , von A.A. am und von H.A. am .

Mit Feststellungsbescheiden vom nahm das Finanzamt Gmunden Vöcklabruck betreffend die wirtschaftlichen Einheiten EW-AZ xx-2-xxxx (Adresse3) und EW-AZ xx-2-xxxy (Adresse2) zum Zurechnungsfortschreibungen nach § 21 Abs. 4 BewG vor. Das Finanzamt rechnete den Einheitswert der Liegenschaft Adresse3 (EW-AZ xx-2-xxxx) in Höhe von Euro 4.360,37 und den Einheitswert der Liegenschaft Adresse2 (EW-AZ xx-2-xxxy) in Höhe von Euro 24.200,05 je zur Hälfte den Berufungswerbern zu. In den Bescheidbegründungen wurde jeweils ausgeführt, dass die Feststellungen wegen Änderung in der steuerlichen Zurechnung (Änderung der Eigentumsverhältnisse) erforderlich waren.

Gegen diese Einheitswertbescheide zum vom erhoben die Abgabepflichtigen mit Eingabe vom Berufung und wandten sich gegen die Zurechnungsfortschreibungen zum Stichtag . Sie beantragten die Zurechnungsfortschreibungen erst zum . Zur Begründung führten sie aus: "Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom nehmen wir gegen diesen Bescheid (Eigentumsrecht) wie folgt Stellung: Laut Grundsteuergesetz § 9 Abs.1 sind die Hausbesitzer Herr H.A. und A.A. die Schuldner der Grundsteuer, da diese bis September 2006 das Eigentumsrecht hatten. Außerdem hatten sie bis das Veräußerungsrecht. Wir waren nur nach der Rangordnung vorgemerkt."

Nach Aufforderung durch das Finanzamt legten die Berufungswerber den Kaufvertrag vom vor.

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung teilweise statt und hob die angefochtenen Bescheide auf. In der Begründung wurde ausgeführt: Gem. § 21 Bewertungsgesetz wird der Einheitswert neu festgestellt, wenn eine Änderung der steuerlichen Zurechnung des Bewertungsgegenstandes eintritt. Dabei sind die Verhältnisse bei Beginn des Kalenderjahres zugrundezulegen, das auf die Änderung folgt. Im gegenständlichen Fall wurde der Grundbesitz EZ xxx, KG H mittels Kaufvertrag vom erworben. Dieser Kaufvertrag wurde von einem Eigentümer der Liegenschaft (H.A.) am unterfertigt, der Kaufvertrag somit rechtsgültig. Der Stichtag für die steuerliche Zurechnung ist somit der .

Mit Bescheiden vom hob das Finanzamt Gmunden Vöcklabruck gem. § 299 Abs. 1 BAO die Zurechnungsfortschreibungen zum für den berufungsgegenständlichen Grundbesitz EW-AZ xx-2-xxxx und EW-AZ xx-2-xxxy auf. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erforderlich war.

Mit Feststellungsbescheiden vom nahm das Finanzamt Gmunden Vöcklabruck betreffend die berufungsgegenständlichen wirtschaftlichen Einheiten EW-AZ xx-2-xxxx und EW-AZ xx-2-xxxy Zurechnungsfortschreibungen zum Stichtag vor.

Mit Eingabe vom beantragten die Berufungswerber die Vorlage der Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat. Zur Begründung führten sie aus: "Bezugnehmend auf das mit Ihnen geführte Telefonat am sind wir nach wie vor der Meinung, dass der Stichtag für die steuerliche Zurechnung der ist. Wir nehmen wie folgt Stellung: Laut Grundsteuergesetz § 9 Abs. 1 sind die Hausbesitzer Herr H.A. und A.A. die Schuldner der Grundsteuer, da diese bis September 2006 das Eigentumsrecht hatten. Außerdem hatten sie bis das Veräußerungsrecht. Wir waren grundbücherlich nur nach der Rangordnung vorgemerkt."

Das Finanzamt legte die Berufung am dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Berufung betreffend die Zurechnungsfortschreibungsbescheide zum

Nach § 245 Abs. 1 beträgt die Berufungsfrist einen Monat

Nach § 273 Abs. 1 hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Die angefochtenen Zurechnungsfortschreibungsbescheide zum wurden vom Finanzamt am erlassen. Die Berufungsfrist endete einen Monat nach Zustellung dieser Bescheide, vermutlich also Ende April 2007. Das Berufungsschreiben (bezeichnet als Einspruch) langte erst am beim Finanzamt ein. In diesem Schreiben nahmen die Berufungswerber Bezug auf ein Schreiben des Finanzamtes vom . Aus diesem Sachverhalt (Bezugnahme auf ein bereits außerhalb der Berufungsfrist liegendes Ereignis) ergibt sich, dass die Berufung nicht fristgerecht eingebracht wurde. Das Finanzamt hätte daher keine Berufungsvorentscheidung erlassen dürfen, sondern hätte die Berufung als verspätet zurückweisen müssen.

Aufgrund dieses Sachverhaltes hatte der Unabhängige Finanzsenat als Rechtsmittelbehörde die Berufung gegen die Zurechnungsfortschreibungsbescheide zum vom als verspätet zurückzuweisen und die Berufungsvorentscheidung vom aufzuheben.

Zur Aufhebung der Berufungsvorentscheidung wird bemerkt, dass das Finanzamt die Zurechnungsfortschreibungsbescheide zum vom gleich zweimal aufgehoben hat. Einmal mit der nun im Rechtsmittelverfahren aufgehobenen Berufungsvorentscheidung vom und ein zweites Mal gemäß § 299 BAO mit Bescheiden ebenfalls vom . Ein bereits aufgehobener Bescheid kann kein zweites Mal aufgehoben werden und die Aufhebung der Berufungsvorentscheidung beseitigt diese doppelte Aufhebung. Eine steuerliche Auswirkung ergibt sich dadurch nicht, weil die Zurechnungsfortschreibungsbescheide zum vom aufgrund der Aufhebungsbescheide nach § 299 BAO ohnedies nicht mehr dem Rechtsbestand angehörten.

Der formell gegen die Berufungsvorentscheidung vom gerichtete Vorlageantrag vom richtete sich dem Inhalt nach tatsächlich gegen die Zurechnungsfortschreibungsbescheide zum vom . Der Vorlageantrag wird deshalb als (fristgerechte) Berufung gegen die Zurechnungsfortschreibungs-bescheide zum gewertet.

Berufung betreffend die Zurechnungsfortschreibungsbescheide zum

Nach § 21 Abs. 4 Bewertungsgesetz 1955 (BewG) sind bei allen Fortschreibungen einschließlich der Fortschreibungen auf Grund einer Änderung der steuerlichen Zurechnung des Bewertungsgegenstandes (Zurechnungsfortschreibungen) die Verhältnisse bei Beginn des Kalenderjahres zugrundezulegen, das auf die Änderung folgt (Fortschreibungszeitpunkt).

Nach § 24 Abs. 1 lit. d Bundesabgabenordnung (BAO) werden Wirtschaftgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, diesem zugerechnet.

Nach Abs. 2 leg.cit. gelten die Bestimmungen des Abs.1 auch für wirtschaftliche Einheiten im Sinn des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148.

Nach § 9 Grundsteuergesetz 1955 ist Steuerschuldner der Grundsteuer grundsätzlich der Eigentümer.

Nach § 194 Abs. 5 BAO wirkt ein Grundsteuermessbescheid, soweit er die sachliche Abgabenpflicht und die Höhe des Steuermessbetrages betrifft, auch gegen den Rechtsnachfolger, auf den der Steuergegenstand nach dem Feststellungszeitpunkt übergegangen ist oder übergeht. Das gleiche gilt auch bei Nachfolge im Besitz.

Aus der eindeutigen Bestimmung des zitierten § 24 BAO kommt es bei der bewertungsrechtlichen Zurechnung von wirtschaftlichen Einheiten im Sinn des Bewertungsgesetzes nicht darauf an, ob der Eigentümer bereits im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist, sondern darauf, ob er die Herrschaft über den Bewertungsgegenstand gleich einem Eigentümer ausübt. Bei Liegenschaftskäufen wird der Zeitpunkt des Übergangs der "Herrschaft über den Bewertungsgegenstand" regelmäßig im Kaufvertrag vereinbart. So wurde auch im Kaufvertrag vom dieser Zeitpunkt mit dem Tag der Unterfertigung des Kaufvertrages durch sämtliche Vertragsparteien vereinbart. Als letzter Vertragspartner hat Herr H.A. den Vertrag am unterfertigt, sodass ab diesem Zeitpunkt die Berufungswerber als (wirtschaftliche) Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft anzusehen sind.

Nach § 21 Abs. 4 BewG ist bei einer Zurechnungsfortschreibung als Fortschreibungszeitpunkt der nächste 1. Jänner des Kalenderjahres anzusehen, das auf die Änderung folgt. Im berufungsgegenständlichen Fall ist dieser Zeitpunkt der .

Anders als die Berufungswerber vermeinen, wird bei der Zurechnungsfortschreibung keine Aussage über die Verpflichtung zur Leistung der Grundsteuer getroffen. Es erfolgt keine Fortschreibungsveranlagung des Grundsteuermessbetrages, sondern nach § 194 Abs. 5 BAO wirkt der für die Voreigentümer oder Vorbesitzer festgestellte Grundsteuermessbescheid unabhängig von einer allenfalls vorgenommenen Zurechnungsfortschreibung auch gegen die Rechtsnachfolger, auf die der Steuergegenstand nach dem Feststellungszeitpunkt übergegangen ist.

Das Berufungsvorbringen ist insofern unverständlich, weil im Kaufvertrag vom als Stichtag für den Steuern- und Abgabenwechsel der vereinbart wurde. Die Berufungswerber sind also gegenüber den Verkäufern vertraglich verpflichtet, die Grundsteuer ab dem zu bezahlen. Diese privatrechtliche Vereinbarung ändert aber natürlich nichts daran, dass nach den oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen ohne Rücksicht auf anders lautende privatrechtliche Vereinbarungen im berufungsgegenständlichen Fall die Zurechnungsfortschreibung zum zu erfolgen hatte.

Aus den angeführten Gründen war daher die Berufung gegen die Zurechnungsfortschreibungen zum als unbegründet abzuweisen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 21 Abs. 4 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 24 Abs. 1 lit. d BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 24 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 194 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149/1955

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at