Gewährung eines Gesellschafterdarlehens durch einen Treuhänder
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/1366-W/03-RS1 | Bei der fiduziarischen Treuhand (Volltreuhand) wird das Vollrecht vom Treugeber an den Treuhänder übertragen.
Bei der Ermächtigungstreuhand erwirbt der Treuhänder nur ein Verfügungsrecht in Bezug auf ein Vollrecht, das beim Treugeber verbleibt. |
RV/1366-W/03-RS2 | Wird ein Treuhänder nach dem eindeutigen Wortlaut der getroffenen Vereinbarung hinsichtlich der Art der Ausübung des ihm übertragenen Verfügungsrechtes auf die Ausübung dieses bestimmten Auftrages beschränkt, so liegt keine fiduziarische Treuhand (Volltreuhand), sondern bloß eine Ermächtigungstreuhand vor. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Adresse, vertreten durch Eidos Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., 1010 Wien, Renngasse 1/Freyung, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , St. Nr. XY, betreffend Gebühren nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Die EIM (nunmehr SI) war Alleingesellschafterin der A. mit einem Geschäftsanteil entsprechend einer zur Hälfte bar eingezahlten Stammeinlage im Nennbetrag von S 500.000,00.
Mit Verschmelzungsvertrag vom erfolgte die Übertragung des Vermögens der A . als übertragende Gesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die EIM als übernehmende Gesellschaft.
Anlässlich der Anzeige des Verschmelzungsvertrages und der für das Jahr 1999 vorgelegten Schlussbilanz erhielt das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien davon Kenntnis, dass unter den ausgewiesenen Verbindlichkeiten der A . Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen bestanden. Dazu heißt es in der Anlage III Blatt 5 der Erläuterungen zur Bilanz:
"Die Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen entfallen .... auf ein Gesellschafterdarlehen..."
Nach einer entsprechenden Anfrage wurde mit Vorhaltsbeantwortung vom seitens der Berufungswerberin (Bw.) dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien bekannt gegeben, dass die EB im Jänner 1999 im eigenen Namen aber auf Rechnung der EIM (nunmehr SI), der Bw., deren damaliger Tochtergesellschaft, der A., ein Darlehen in Höhe von S 133,390.044,93 als Treuhänder gewährt hat. Im Februar 1999 wurde auf dieselbe Weise ein weiteres Darlehen in Höhe von S 5,000.000,00 gewährt.
Weiters wurde seitens der Bw. ausgeführt, dass über diese Darlehen keine Urkunden errichtet wurden und die Treuhandverträge mit der EB mündlich abgeschlossen worden waren. Die darüber angelegten Aktenvermerke je vom 15. Jänner bzw. mit folgendem Inhalt wurden beigelegt:
"Aktenvermerk über eine mündlich getroffene Treuhandvereinbarung mit der E als Treuhänder
Die E stellt als Treuhänder für die EI einen Betrag von ATS 133,390.944,93 (ATS 5,000,000.00) treuhändig als langfristiges Darlehen unter folgenden Bedingungen zur Verfügung:
1.) Das Darlehen ist endfällig mit . Es kann jederzeit, unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist, jeweils zum Jahresende, zur Gänze oder teilweise, vorzeitig rückgezahlt werden.
2.) Das Darlehen wird bis zum Abschluss der Sanierungsarbeiten und der Vollvermietung der Liegenschaft BS längstens aber bis zinsenfrei gestellt. Ab dann beträgt die Verzinsung 5 % p.a. fix ganzjährlich, dekursiv.
3.) Allfällige durch diese Vereinbarung ausgelöste Gebühren trägt der Treugeber (EI )"
Mit dem bekämpften Bescheid wurde die Gebühr gemäß § 33 TP 8 Abs. 1 iVm Abs. 4 GebG 1957 ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 138,390.944,93 (entspricht € 10,057.262,19) in Höhe von € 80.458,13 (das entspricht S 1,107.128,00) festgesetzt, da durch die Verbuchung dieser seitens der EIM (Gesellschafterin) an die A . gewährten Gesellschafterdarlehen im Jahre 1999 der Ersatzbeurkundungstatbestand verwirklicht war.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wird eingewendet, dass die im Jahre 1999 der damaligen Tochtergesellschaft A . gewährten Darlehen von der EB als (zivilrechtlichem) Darlehensgeber gewährt worden sei. Da zu diesem Zeitpunkt keine unmittelbare gesellschaftsrechtliche Beziehung bestanden habe, seien die Darlehen nicht als Gesellschafterdarlehen zu qualifizieren.
Mit Berufungsvorentscheidung vom hat das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien die Berufung mit der Begründung abgewiesen, dass es sich im Gegenstand um eine Ermächtigungstreuhand handle, die der Verwirklichung des § 33 TP8 Abs. 4 GebG nicht entgegenstehe.
In ihrem Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde II. Instanz brachte die Bw. weiter vor, dass im Berufungsfall entgegen der Ansicht des Finanzamtes nicht eine Ermächtigungstreuhand der E vorliege, sondern sehr wohl eine Volltreuhand (Fiducia).
Weiters wurde seitens der Bw. eingewendet, dass ein von der E als Konzernobergesellschaft gewährtes Darlehen niemals im Auftrag der Bw. als einer Konzerntochtergesellschaft hätte erfolgen können, da eine Konzerntochtergesellschaft sich niemals erlauben würde, ihre Konzernobergesellschaft auf die bedeutungslose Rolle eines bloßen Ermächtigungstreuhänders herabzuwürdigen.
Weiters seien auch die Überweisungen der Darlehensvaluta auf und von verschiedenen Konten erfolgt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Darlehensverträge unterliegen gemäß § 33 TP 8 Abs 1 GebG 1957 einer Gebühr in Höhe von 0,8 vH vom Wert der dargeliehenen Sache. Wurde über das Darlehen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft keine Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenpflicht maßgeblichen Weise errichtet, so gelten gemäß Abs. 4 derselben Gesetzesstelle die nach den abgabenrechtlichen Vorschriften im Inland zu führenden Bücher und Aufzeichnungen des Darlehensschuldners, in die das Darlehen aufgenommen wurde, als Urkunde. Der Darlehensschuldner hat die Gebühr selbst zu berechnen und innerhalb von drei Monaten nach dem Entstehen der Gebührenschuld zu entrichten.
Strittig ist im Berufungsfall die Frage, ob die das Darlehen an die Bw. auszahlende EB Volltreuhänderin der EIM oder nur eine so genannte Ermächtigungstreuhänderin war.
Das Wesen der so genannten fiduziarischen Treuhand (Volltreuhand) liegt zivilrechtlich darin, dass der Treuhänder nach außen hin unbeschränkt Eigentümer ist, im Innenverhältnis hingegen obligatorisch an den Treugeber gebunden ist. Das bedeutet, dass bei der fiduziarischen Treuhand das Vollrecht vom Treugeber an den Treuhänder übertragen wird, der es im eigenen Namen aber im Interesse des Treugebers auszuüben hat.
Unter einer Ermächtigungstreuhand hingegen versteht die herrschende Auffassung in Österreich eine Treuhandvariante, bei der dem Treuhänder (im Gegensatz zur Fiduzia) nicht das Vollrecht am Treugut übertragen wird, sondern nur Verfügungsrechte (meist Verwaltungsrechte) über das Vollrecht eingeräumt werden (vgl. hierzu Kastner, Gesellschafts- und Unternehmensrecht, gesammelte Aufsätze 595 und 616; Strasser in Rummel, ABGB 12 Rz 42 zu § 1002 ABGB; Klicka in Schwimann, Praxiskommentar zum ABGB Rz 1 zu § 358 ABGB; OGH vom 19. Junoi 1986, / Ob 520/86 JBl. 1986, 647 sowie die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 98/16/0133 und vom , 2001/16/0338).
Das Wesen der Ermächtigungstreuhand liegt somit in dem Umstand, dass der Treuhänder nur ein Verfügungsrecht in Bezug auf ein Vollrecht, das beim Treugeber verbleibt, erwirbt.
In seinem Erkenntnis vom , 2001/16/0338 hat der Verwaltungsgerichtshof in einem ähnlich gelagerten Fall dazu ausgeführt wie folgt:
"In den Beschwerdefällen wurde der Treuhänder jeweils beauftragt, den ihm zur Verfügung gestellten Geldbetrag innerhalb von drei Tagen der jeweiligen Tochtergesellschaft zur Verfügung zu stellen und hierüber zu berichten. Der Treuhänder war somit nach dem klaren Wortlaut der getroffenen Vereinbarungen hinsichtlich der Art der Ausübung des ihm übertragenen Verfügungsrechtes auf die Ausführung dieses Auftrages beschränkt. Für den Treuhänder bestand damit bloß eine einzige, innerhalb weniger Tage zu vollziehende Möglichkeit, über das ihm übertragene Recht zu disponieren. Wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, kann bei einer solchen Vereinbarung von der Übertragung des Vollrechtes an dem jeweiligen Geldbetrag an den Treuhänder keine Rede sein. Insbesondere hatte er auf die Rückführung des Darlehens keinen Einfluss. Daraus folgt aber, dass die Beschwerdeführerin damit Darlehensgeber als Gesellschafterin der Gesellschaften, denen die Geldbeträge zugezählt worden sind, gewesen ist."
Wie aus den der Vorhaltsbeantwortung vom 4. April beigelegten Aktenvermerken vom und vom hervorgeht, wurde auch im Berufungsfall der Treuhänder nur zu einer von vornherein festgelegten Handlung, der Zurverfügungstellung des Darlehensvertrages, ermächtigt. Weiters waren sowohl die Laufzeit als auch die Rückzahlung bereits in der mündlich getroffenen Treuhandvereinbarung genau festgelegt. Ebenso wurde auch schon die Höhe der Verzinsung bestimmt und eine Zinsenfreistellung für eine bestimmte Zeit zugesagt.
Entsprechend der Vorbehaltsantwortung der Bw. vom hat die EIM die Darlehensvaluta von ATS 133,390.944,93 am (mit Valuta ) an die E überwiesen. Die Überweisung des gewährten Darlehens in Höhe von ATS 133,390.944,93 von der E an die A erfolgte auf Weisung der EIM am (ebenfalls mit Valuta ). Schon aus dieser Art des Zahlungsflusses wird bereits deutlich erkennbar, dass im Berufungsfall, entgegen dem Vorbringen der Bw., eine Ermächtigungstreuhand und keine Volltreuhand beabsichtigt war.
Dass die Überweisungen auf und von verschiedenen Konten erfolgte, kann an der Tatsache nichts ändern, dass die Überweisung des Darlehensbetrages über Auftrag der EIM als Gesellschafterin der A erfolgte.
Ebenso muss der Einwand der Bw., dass ein von der EB , als Konzernobergesellschaft gewährtes Darlehen niemals im Auftrag der Bw. als Konzerntochtergesellschaft erfolgen hätte können, da eine Konzerntochtergesellschaft sich niemals erlauben würde, ihre Konzernobergesellschaft auf die bedeutungslose Rolle eines bloßen Ermächtigungstreuhänders herabzuwürdigen, ins Leere gehen. Denn die EB bewilligte das Darlehen nicht ausdrücklich in ihrer Eigenschaft als Konzernobergesellschaft sondern lediglich als die Bank, die im Zuge ihrer zu tätigenden Bankgeschäfte über Anweisung der Bw. den Darlehensbetrag überwies.
Der Berufung konnte somit kein Erfolg beschieden sein.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 33 TP 8 Abs. 4 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Schlagworte | Gesellschafterdarlehen Ersatzbeurkundung fiduziarische Treuhand Ermächtigungstreuhand |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at