Vertreterpauschale und Immobilienmakler
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes X vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2008 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom wurde die Berufungswerberin (im folgenden Text mit Bw. bezeichnet) erklärungsgemäß zur Einkommensteuer für das Jahr 2008 veranlagt. In der dagegen erhobenen Berufung vom führte die Bw. begründend aus, dass "von meiner Seite unter Punkt Werbungskosten der Punkt Kurzbezeichnung der Berufsgruppe V, Zeitraum der Tätigkeit bis nicht ausgefüllt wurde und ich dies nun nachreiche (siehe Beilage). Ich bin seit bei der Firma A im Außendienst betreffend Immobilien tätig."
Auf das Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom hin wurde von der Bw. ein Schreiben der A. übermittelt, in dem die Gesellschaft bestätigend festhielt, dass die Bw. in der Zeit vom bis als Immobilienmaklerin überwiegend im Außendienst tätig und ihr Aufgabengebiet ausschließlich die Vermittlung von Immobilienverkäufen gewesen sei.
In der die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 als unbegründet abweisenden Berufungsvorentscheidung vom führte das Finanzamt folgendes aus: "Unbestritten ist, dass Sie die Tätigkeit im Rahmen ihres Dienstverhältnisses (unselbständig tätige Immobilienmaklerin) überwiegend im Außendienst ausüben. Strittig ist, ob die Tätigkeit einer unselbständig tätigen Immobilienmaklerin in die Gruppe der Vertreter gemäß § 1 Z 9 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen (BGBl. II Nr. 382/2001) fällt. Dies trifft aus folgenden Gründen nicht zu: In der Aufzählung der Gruppen von Steuerpflichtigen, für die die Durchschnittssätze der Verordnung gelten, ist die Gruppe der nicht selbständig tätigen Immobilienmakler nicht enthalten, sodass auf Grund der taxativen Aufzählung der einzelnen Gruppen in der Verordnung das Vertreterpauschale nicht zusteht."
Dem von der Bw. mit Schriftsatz vom gestellten Vorlageantrag wurde eine Kopie des zwischen der Bw. als Provisionsangestellte und der A. als Arbeitgeber abgeschlossenen und mit 1999 datierten Provisionsangestelltenvertrages vorgelegt, der auszugsweise nachstehenden Inhalt aufweist:
"1. Vertragsgegenstand 1.1. Der Arbeitgeber ist im Bereich der Erschließung, des Kaufes und Verkaufes sowie der Vermittlung von Grundstücken, Wohnungen und sonstigen Realitäten tätig. 1.2. Der Provisionsangestellte ist im Geschäftsbereich des Arbeitgebers mit der Vermittlung und dem Nachweis von Gelegenheiten zum Abschluss von Verträgen betreffend die Vermittlung des Kaufes, Verkaufes und Tausches von bebauten und unbebauten Grundstücken; von Rechten an Immobilien, einschließlich der Vermittlung von Nutzungsrechten an Immobilien; des Kaufes, Verkaufes und des Tausches von Wohnungen, Geschäftsräumen und Unternehmen; von Bestandverträgen über Immobilien, einschließlich von Bestandverträgen über Wohnungen, Geschäftsräume und Unternehmen, sowie Mietkaufverträgen tätig.
2. Vertragsdauer/Urlaub 2.1. Festgehalten wird, dass der Provisionsangestellte bereits seit bei der A. beschäftigt ist. Die Vertragsparteien kommen überein, dass auf gegenständliches Arbeitsverhältnis mit Wirkung ab ausschließlich der vorliegende Provisionsangestelltenvertrag anwendbar ist...
2.5 Das Arbeitsverhältnis unterliegt den Bestimmungen des Kollektivvertrages für Angestellte der Immobilienverwalter in der jeweils gültigen Fassung. ...Der Provisionsangestellte wird unter die "Verwendungsgruppe III: Angestellte, die nach allgemeinen Richtlinien und Weisungen technische oder kaufmännische Arbeiten im Rahmen des Ihnen erteilten Auftrages selbständig erledigen" eingestuft...
3.2 Der Provisionsangestellte ist verpflichtet, die Interessen des Arbeitgebers redlich und sorgfältig zu wahren, insbesondere ist er verpflichtet, die für den Arbeitgeber geltenden Bestimmungen des MaklerG, BGBl. Nr. 262/1996, in der jeweils geltenden Fassung, die Bestimmung der Immobilienmaklerverordnung, BGBl. II Nr. 297/1996 in der jeweils gültigen Fassung, sowie die in den besonderen Standesregeln für Immobilienmakler enthaltenen Bestimmungen einzuhalten, und bei seiner Leistungserbringung zu beachten...
3.4 Der Provisionsangestellte ist dem Arbeitgeber weisungsgebunden. Der Provisionsangestellte hat daher sämtlichen Weisungen des Arbeitgebers im Hinblick auf sein arbeitbezogenes Verhalten Folge zu leisten. Insbesondere hat der Provisionsangestellte dem Arbeitgeber laufend über seine Tätigkeit zu berichten.
4.Arbeitszeit/Arbeitsort 4.1 Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt ohne Ruhepausen derzeit 40 Stunden...
6. Fixum/Provision 6.1 Der Provisionsangestellte erhält für seine Arbeit in der vereinbarten Normalarbeitszeit ein Fixum...Dieses Fixum beträgt € 2.297,-- brutto im Monat vierzehnmal jährlich. Das Fixum teilt sich wie folgt auf: Der Provisionsangestellte erhält für 10 Wochenstunden als Abgeltung für die Tätigkeiten in der Firma einen Betrag von € 574,25 brutto pro Monat, fix und ohne Gegenverrechnung. Für die restlichen 30 Wochenstunden erhält der Provisionsangestellte eine Provisionsvorauszahlung in der Höhe von € 1.722,75 brutto pro Monat, wobei in diesem Fall eine vierteljährliche Gegenverrechnung - wie in der gesondert abzuschließenden Provisionsvereinbarung beschrieben - erfolgt. Die Zahlung des Fixums erfolgt am Ende eines jeden Kalendermonats...Der dem Fixum entsprechende Betrag steht dem Provisionsangestellten in jedem Fall zu, ...
6.6 Der Anspruch auf Provision entfällt, soweit feststeht, dass der Vertag zwischen dem Kunden und dem Arbeitgeber aus welchen Gründen auch immer nicht erfüllt wird. 6.7. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Provision quartalsweise abzurechnen. Die Provision wird mit Abrechnung fällig, keinesfalls jedoch vor Eingang des vom Arbeitgeber gegenüber seinem Kunden errechneten Rechnungsbetrages beim Arbeitgeber, worüber dieser den Provisionsangestellten innerhalb eines Monats informieren muss..."
Für die Berechnung der Provision gelten laut der ebenfalls beigelegten Provisionsvereinbarung folgende Provisionssätze:
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Provisionsumsatz (netto) | VK-/EK-Anteil des Maklers |
Bis € 100.000,00 | 40 % |
€ 100.001,00- € 150.000,00 | 45 % |
€ 150.001,00- € 200.000,00 | 50 % |
€ 200.001,00 - € 250.000,00 | 55 % |
Über 250.001,00 | 60 % |
Dem Ersuchen des Finanzamtes vom um detaillierte Tätigkeitsbeschreibung kam die A. mit Schreiben vom wie folgt nach:
"Frau Bw ist selbständig für die Betreuung und Vermittlung von Immobilienkäufen und Immobilienverkäufen zuständig. Ihr Aufgabenbereich umfasst folgende Tätigkeiten:Akquise von verkaufbaren LiegenschaftenKontaktaufnahme bzw. Termine mit LiegenschaftseigentümernBesichtigungen und Bewertungen von Liegenschaften vor OrtAufbereitung der ObjektdatenSchaltung von InseratenErstellung von ObjektangebotenTermine und Besichtigungen mit Käufern vor OrtPreisverhandlungen zwischen Verkäufer und KäuferBegleitung bei der Kaufvertragsunterzeichnung zwischen Verkäufer und Käufer."
Mit Vorlagebericht vom wurde die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen vom , BGBl II Nr. 382/2001, idgF., lautet auszugsweise wie folgt:
"Auf Grund des § 17 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988, wird verordnet:
§ 1. Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt: 1: Artisten,... 2. Bühnenangehörige, ... 3. Fernsehschaffende,... 4. Journalisten... 5. Musiker... 6. Forstarbeiter, Förster... 7. Hausbesorger... 8. Heimarbeiter... 9. Vertreter 5 % der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich. Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden. 10. Mitglieder einer Stadt-, Gemeinde- oder Ortsvertretung..."
Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die laut Verwaltungsakten aufgrund eines Provisionsangestelltenvertrages als unselbständige Immobilienmaklerin tätige Bw. die in der zu § 17 Abs. 6 EStG 1988 ergangenen Verordnung festgelegte Ermittlung der Werbungskosten anhand von Durchschnittssätzen in Anspruch nehmen kann oder nicht.
Der unabhängige Finanzsenat hat sich bereits mehrmals mit dieser Thematik befasst und ist dabei zu dem Schluss gelangt, dass die Tätigkeit eines unselbständig arbeitenden Immobilienmaklers nicht in die Gruppe der Vertreter im Sinne der in Rede stehenden Verordnung des Bundesministers für Finanzen fällt. Die Rechtsauffassung basierte im Wesentlichen auf folgenden Überlegungen (vgl. dazu etwa und die dort angeführte Entscheidung vom , RV/0184-S/03):
In der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen wird festgelegt, dass ein Arbeitnehmer ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben muss, um die in der Verordnung festgelegten Werbungskosten zu erhalten. Zur Vertretertätigkeit gehört nach dieser Bestimmung sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden.
In der Aufzählung der Gruppen von Steuerpflichtigen, für die die Durchschnittssätze der Verordnung gelten, ist die Gruppe der nicht selbständig tätigen Immobilienmakler nicht enthalten, sodass einerseits auf Grund der taxativen Aufzählung der einzelnen Gruppen in der Verordnung das Vertreterpauschale nicht zusteht.
Die Verordnung enthält jedoch andererseits keine Definition des Begriffes "Vertreter". Sie legt lediglich fest, dass von der Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden, sohin der Außendienst den Innendienst zeitlich überwiegen muss, und der Innendienst die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit umfassen darf.
Dem Verordnungsgeber ist aber sehr wohl zu unterstellen ist, dass ihm die Begriffe "Vertreter" und "Makler" und ihre Unterschiede bekannt waren und er eben bewusst nur "Vertretern" pauschalierte Werbungskosten zugestehen wollte. Dies gilt umso mehr, als auch unterschiedliche Rechtsnormen (Handelsvertretergesetz, Maklergesetz) für die jeweiligen Berufsgruppen zur Anwendung kommen. Darüber hinaus bleibt es anderen Dienstnehmern in ähnlichen Berufen ohnehin unbenommen, die tatsächlich angefallenen Kosten als Werbungskosten geltend zu machen.
Vergleicht man das Berufsbild des Immobilienmaklers mit jenem des Vertreters, so zeigt sich, dass sich die Tätigkeit eines Immobilienmaklers auch inhaltlich deutlich von der eines Vertreters unterscheidet. Ein Vertreter ist von einem anderen ständig damit betraut, im Außendienst Geschäfte anzubahnen, Geschäftsabschlüsse zu tätigen und Kunden zu betreuen. Der Immobilienmakler hingegen vermittelt nur Geschäfte über einen entsprechenden Auftrag und tätigt selbst keine Geschäftsabschlüsse.
Ein Immobilienmakler wird vielmehr erst auf Grund einer privatwirtschaftlichen Vereinbarung - dem von den jeweiligen, wechselnden Auftraggebern geschlossenen "Vermittlungsauftrag" - tätig. Sei es nun, dass eine Immobilie vermietet, verkauft oder verpachtet werden soll. Er ist daher nicht ständig damit betraut für einen anderen Geschäfte zu vermitteln, sondern erst, wenn er vom jeweiligen Auftraggeber damit beauftragt wird. Damit fehlt aber das für die Berufsgruppe der Vertreter typische Merkmal des "ständig betraut Seins", da auch der Arbeitgeber nicht Eigentümer der zu vermittelnden Liegenschaften ist, sondern der jeweilige Auftraggeber. Ein Immobilienmakler tätigt auch keinen Geschäftsabschluss. Er schließt weder ein "Geschäft" für seinen Arbeitgeber noch für seinen Auftraggeber ab, sondern der Auftraggeber und dessen Vertragspartner schließen den jeweiligen Vertrag ab.
Nichts anderes kann aber nach Ansicht der Referentin in dem hier zu beurteilenden Berufungsfall gelten. Auch die Bw. war zum einen nicht befugt, im Namen und für Rechnung ihres Dienstgebers Geschäftsabschlüsse zu tätigen. Wie in der vom Arbeitgeber übermittelten Tätigkeitsbeschreibung vom klar gestellt wird, umfasste ihr Aufgabenbereich die Betreuung und Vermittlung von Immobilienankäufen bzw. Immobilienverkäufen, nicht jedoch den Abschluss von Verträgen. Zum anderen war die Bw. auch nicht ständig von einem anderen mit der Vermittlung betraut und steht daher in keinem Dauerschuldverhältnis zum jeweiligen Auftraggeber. Sie wird vielmehr auf Grund von Einzelaufträgen ihrer jeweiligen Auftraggeber tätig, auch wenn ihr ein und dieselbe Person immer wieder Aufträge erteilt. Damit fehlt es aber auch im gegenständlichen Fall an den vom unabhängigen Finanzsenat für die Subsumierung unter die Vertretertätigkeit im Sinne der zu § 17 Abs. 6 EStG 1988 ergangenen Verordnung als erforderlich erachteten Merkmalen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Durchschnittssätze für Werbungskosten - Angehörige bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2001 |
Schlagworte | unselbständiger Immobilienmakler Durchschnittssätze für Werbungskosten |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at