Dienstgeberbeitragspflicht eines wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige
Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., S., vertreten durch Konrad &
Pruckner KEG, Steuerberatungsgesellschaft, 3100 St. Pölten, Maria
Theresia - Straße 9, vom gegen die Bescheide des
Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten vom betreffend
Festsetzung von Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für
Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum
bis
entschieden:
Die Berufung
wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide
bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (Bw.) ist eine Gesellschaft mit
beschränkter Haftung, an der G.P. zu 100% beteiligt ist.
Im Zuge einer die Jahre 1999 bis 2001 umfassenden
Lohnsteuerprüfung wurde ua festgestellt, dass für die
Geschäftsführerbezüge des zu 100% an der Bw. beteiligten
Gesellschafter-Geschäftsführers Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum
Dienstgeberbeitrag nicht abgeführt worden waren. Diese Abgaben wurden daher
unter Berücksichtigung der Bestimmung des § 41 Abs. 4 lit e zweiter
Absatz FLAG 1967 für die im Folgenden dargestellten
Geschäftsführerbezüge nachgefordert (alle Beträge in
ATS):
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum | Geschäftsführerbezug |
-
| 900.000,- |
-
| 1,000.000,- |
-
| 350.000,- |
In der dagegen erhobenen
Berufung wurde ausgeführt, der 100%ige Gesellschafter G.P. sei einem
Einzelunternehmer gleichgestellt. Er trage ein wesentliches Unternehmerrisiko,
das sich in massiven Einnahmenschwankungen niederschlage. Seine Bezüge
seien hinsichtlich Höhe und Auszahlung erfolgs- und
liquiditätsabhängig. Die Endabrechnung der
Geschäftsführervergütung erfolge auf Grund der
Erfolgsabhängigkeit erst am Jahresende, nachdem das tatsächlich
erzielte Jahresergebnis feststehe.
Es sei vertraglich vereinbart worden, dass die
tatsächliche Auszahlung der Geschäftsführervergütung von der
Liquiditäts- und Ertragslage der Gesellschaft abhängig sei, es bestehe
keine laufende Entlohnung und auch kein arbeitsrechtlicher Anspruch auf einen
Bezug.
Die vertragliche Vereinbarung, dass bei Nichterreichen
eines vorgegebenen Planzieles eine Kürzung der
Geschäftsführervergütung erfolge, sei im Jahr 2001 wirksam
geworden. Auf Grund des geringen Cash-flows seien die Bezüge auf ATS
350.000,- gekürzt worden.
Durch die Kürzung der
Geschäftsführerbezüge wälze die Bw. letztlich Ertrags- und
Liquiditätsschwierigkeiten auf den Geschäftsführer ab, der
letztlich das gesamte Unternehmerrisiko zu tragen habe.
Dem Geschäftsführer sei auch kein Arbeitsplatz
von der Bw. zur Verfügung gestellt worden. Sein Büro befinde sich in
seinem Einfamilienhaus, die Kosten hiefür trage er selbst.
Auf Grund dieser Tatsachen sei erkennbar, dass der
Geschäftsführer ein massives Unternehmerrisiko (Verlustrisiko) trage,
seine Geschäftsführervergütung von der Ertrags- und
Liquiditätslage der Bw. abhänge, was sich in den tatsächlichen
wesentlichen Einnahmenschwankungen zeige.
Die Berufung wurde ohne Erlassung einer
Berufungsvorentscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur
Entscheidung vorgelegt.
Über
die Berufung wurde erwogen:
Die Behörde nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen
an:
Herr G.P. war im Streitzeitraum an der Bw. zu 100%
beteiligt und nahm die Aufgaben der Geschäftsführung seit
wahr.
Er erhielt für seine Tätigkeit folgende
Bezüge (alle Beträge in ATS):
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1999 | 900.000,- |
2000 | 1,000.000,- |
2001 | 350.000,- |
Sie wurden in folgenden
Teilbeträgen ausbezahlt (alle Beträge in ATS):
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1999 | 2000 | 2001 |
45.000,- | 45.000,- | 200.000,- |
30.000,- | 15.000,- | 150.000,- |
15.000,- | 25.000,- | |
120.000,- | 25.000,- | |
30.000,- | 25.000,- | |
30.000,- | 865.000,- | |
30.000,- | ||
100.000,- | ||
500.000,- |
Laut Pkt 2 des mit
datierten Geschäftsführervertrages trägt Herr G.P. die
Verantwortung und das Risiko für den Erfolg der Gesellschaft. Die
Einteilung und die Organisation der ihm obliegenden Tätigkeiten stehen ihm
frei. Er ist an keine bestimmten Arbeitszeiten gebunden. Der hiefür
erforderliche Zeitaufwand und die Einteilung der Arbeitszeit werden vom
Geschäftsführer eigenverantwortlich bestimmt.
Entsprechend Pkt 3 schuldet der Geschäftsführer
keine persönliche Arbeitsleistung, er ist berechtigt, sich durch andere
Personen, die von ihm selbst beauftragt werden können, vertreten zu lassen.
Der GmbH ist bekannt, dass der Geschäftsführer nicht
ausschließlich für die Gesellschaft tätig ist.
Nach Pkt 4 wird das endgültige Entgelt erst am
Jahresende nach Erstellen des Jahresabschlusses abgerechnet, da es
erfolgsabhängig ist. Es wird für jedes Jahr im Vorhinein ein Planziel
vorgegeben, bei Erreichen dessen ein festgesetzter
Geschäftsführerbezug zusteht. Bei Nichterreichen des Planzieles wird
der Geschäftsführerbezug gekürzt.
Der Geschäftsführer ist berechtigt,
a-conto-Zahlungen zu verlangen. Sollte der endgültige
Geschäftsführerbezug entsprechend der o.a. Regelung niedriger sein als
die a-conto-Zahlungen, sind die zuviel erhaltenen a-contos zurückzuzahlen
bzw. zurückzuverrechnen.
Kilometergelder und Diäten werden nicht
vergütet.
Dem Geschäftsführer wird von der Gesellschaft
kein Arbeitsplatz (Büro) zur Verfügung gestellt.
Die tatsächliche Auszahlung des
Geschäftsführer-Entgeltes ist von der Liquiditäts- und
Ertragslage der Gesellschaft abhängig.
Dieser Sachverhalt gründet sich auf die im Akt
befindlichen Unterlagen, ist insoweit unstrittig und war rechtlich wie folgt zu
beurteilen:
Gemäß
§ 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu
entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Entsprechend
der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 geltenden Fassung BGBl.
Nr. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis
i.S.d. § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften
beteiligte Personen i.S.d. § 22 Z 2 EStG 1988.
Gemäß
§ 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl. Nr. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der
Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei
Bezüge gemäß
§ 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie
Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art i.S.d. § 22 Z 2 EStG
1988.
Nach § 22
Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus
selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder
Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre
sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988)
aufweisende Beschäftigung gewährt werden.
Eine Person ist
dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der
Gesellschaft mehr als 25% beträgt (§ 22 Z 2 EStG 1988).
Die Regelung
des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, der von der in § 41 FLAG
festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, findet sich für die
Streitjahre in § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes
1998 (WKG).
Der
Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , G 109/00, darauf
hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im
Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein
Dienstverhältnis wären, im Falle der - auf die
gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden -
Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für
die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die
sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht
brauchbar sind. Der Verfassungsgerichtshof hat aufgezeigt, dass dies
insbesondere für die Merkmale der Eingliederung in den geschäftlichen
Organismus des Unternehmens und des Fehlens des Unternehmerwagnisses nicht
zutreffe. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der
Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung verlieren, gehören nach der
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor allem folgende (vgl. hierzu auch
Arnold, ÖStZ 2000, 639f): fixe Arbeitszeit (, , und ), fixer Arbeitsort (),
arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der
Tätigkeit (), Anwendbarkeit typisch
arbeitsrechtlicher Vorschriften, wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung,
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz (, ), sowie die Heranziehung
von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten ().
Im Erkenntnis
des verstärkten Senates vom , 2003/13/0018, stellte der
Verwaltungsgerichtshof klar, dass bei der Frage, ob Einkünfte nach §
22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielt werden, entscheidende Bedeutung dem
Umstand zukommt, ob der Gesellschafter bei seiner Tätigkeit in den
betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert ist.
Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen des Unternehmerwagnisses oder einer als
"laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, kann nur in solchen Fällen Bedeutung
zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen
Gesellschafters in den Organismus des Betriebes nicht klar zu erkennen
wäre.
Eine
Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist nach
der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gegeben, wenn der
Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. des wirtschaftlichen
Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus
ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren
Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung
spricht für die Eingliederung (vgl. und
2001/14/0052). Unerheblich ist, ob der Geschäftsführer im operativen
Bereich der Gesellschaft oder im Bereich der Geschäftsführung
tätig ist.
Im vorliegenden
Fall war Herr G.P. seit für die Bw. als
Geschäftsführer tätig.
Vor dem
Hintergrund des vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen funktionalen
Verständnisses vom Begriff der Eingliederung in den Organismus des
Betriebes ist durch die unbestritten kontinuierliche und über einen
längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der
Geschäftsführung für den Geschäftsführer das Merkmal
der Eingliederung ohne Zweifel gegeben (). In
Anbetracht dessen vermag die Bestimmung im Geschäftsführervertrag, der
Geschäftsführer sei in die Organisation des Betriebes nur insoweit
eingegliedert als er verpflichtet sei, entsprechend den Bestimmungen des
GmbH-Gesetzes die Geschäftsführung unternehmerisch und
eigenverantwortlich mit der Sorgfaltsverpflichtung eines ordentlichen Kaufmannes
gegenüber der Gesellschaft zu gestalten, an der Eingliederung des
Geschäftsführers in den betrieblichen Organismus der Bw. nichts zu
ändern.
Den
Sachverhaltskomponenten, dass der Geschäftsführer an keine feste
Arbeitszeit gebunden ist und keine persönliche Arbeitsleistung schuldet,
sondern sich vertreten lassen kann, ist keine wesentliche Bedeutung beizumessen
(). Auch die Freiheit, den für die
Tätigkeit erforderlichen Zeitaufwand eigenverantwortlich zu bestimmen und
die Arbeitszeit selbst einzuteilen, ist für die Beurteilung der
Eingliederung in den betrieblichen Organismus nicht wesentlich.
Zur Bestimmung
im Geschäftsführervertrag, der Geschäftsführer sei mit
Wissen der Bw. nicht ausschließlich für die Bw. tätig, ist
entgegenzuhalten, dass einer Eingliederung in den betrieblichen Organismus der
Gesellschaft nicht entgegensteht, wenn der Geschäftsführer auch
anderweitig tätig wird. Auch im Spitzenmanagement tätige
Fremdgeschäftsführer, die Dienstnehmer sind, übernehmen
häufig weitere Funktionen, wenn sich ihre Dienstgeber nicht dagegen
aussprechen ().
Das im oben
zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes neben der Eingliederung in den
betrieblichen Organismus genannte Kriterium des fehlenden Unternehmerwagnisses
ist im vorliegenden Fall ebenfalls erfüllt. Ein Unternehmerwagnis ist
nämlich nur dann zu bejahen, wenn der Erfolg der Tätigkeit des
Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom
Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den
Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige
für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen
muss (vgl. und 2001/14/0052).
Wie der
Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom , 99/14/0255, und vom
, 2000/14/0061, ausgesprochen hat, steht im Vordergrund dieses
Merkmales, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht
fallender Einnahmenschwankungen trifft. In die Überlegungen einzubeziehen
sind aber auch Wagnisse, die sich aus Schwankungen bei nicht
überwälzbaren Ausgaben ergeben.
Dem Vorbringen,
die Bw. habe Ertrags- und Liquiditätsschwierigkeiten auf den
Geschäftsführer, dessen Bezüge gekürzt worden seien,
abgewälzt, ist entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in
zahlreichen Erkenntnissen ausgesprochen hat, dass Schwankungen der Bezüge
eines Gesellschafter-Geschäftsführers entsprechend der Ertragslage und
der Liquidität der Gesellschaft für sich allein noch keinen
Rückschluss auf eine tatsächliche Erfolgsabhängigkeit der
Entlohnung des Geschäftsführers zulassen (vgl. , und die dort zitierte Judikatur).
Dass sich
Wagnisse auf Grund von Schwankungen bei nicht überwälzbaren Ausgaben
ergeben hätten, wurde von der Bw. nicht vorgebracht.
Im Hinblick auf
die zumindest einmal jährliche Auszahlung des
Geschäftsführerbezuges war auch das Kriterium der laufenden Entlohnung
als erfüllt zu betrachten (vgl. ).
Es war daher
spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | |
betroffene Normen | § 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 22 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 122 Abs. 7 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998 § 122 Abs. 8 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998 |
Schlagworte | Dienstgeberbeitrag Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag Geschäftsführerbezüge Liquiditätslage Ertragslage Unternehmerrisiko Eingliederung in den geschäftlichen Organismus laufende Entlohnung feste Arbeitszeit Unternehmerwagnis |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at