Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 27.02.2006, RV/1908-W/04

Dienstgeberbeitragspflicht eines wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., S., vertreten durch Konrad & Pruckner KEG, Steuerberatungsgesellschaft, 3100 St. Pölten, Maria Theresia - Straße 9, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten vom betreffend Festsetzung von Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum bis  entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der G.P. zu 100% beteiligt ist.

Im Zuge einer die Jahre 1999 bis 2001 umfassenden Lohnsteuerprüfung wurde ua festgestellt, dass für die Geschäftsführerbezüge des zu 100% an der Bw. beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag nicht abgeführt worden waren. Diese Abgaben wurden daher unter Berücksichtigung der Bestimmung des § 41 Abs. 4 lit e zweiter Absatz FLAG 1967 für die im Folgenden dargestellten Geschäftsführerbezüge nachgefordert (alle Beträge in ATS):


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Zeitraum
Geschäftsführerbezug
-
900.000,-
-
1,000.000,-
-
350.000,-

In der dagegen erhobenen Berufung wurde ausgeführt, der 100%ige Gesellschafter G.P. sei einem Einzelunternehmer gleichgestellt. Er trage ein wesentliches Unternehmerrisiko, das sich in massiven Einnahmenschwankungen niederschlage. Seine Bezüge seien hinsichtlich Höhe und Auszahlung erfolgs- und liquiditätsabhängig. Die Endabrechnung der Geschäftsführervergütung erfolge auf Grund der Erfolgsabhängigkeit erst am Jahresende, nachdem das tatsächlich erzielte Jahresergebnis feststehe.

Es sei vertraglich vereinbart worden, dass die tatsächliche Auszahlung der Geschäftsführervergütung von der Liquiditäts- und Ertragslage der Gesellschaft abhängig sei, es bestehe keine laufende Entlohnung und auch kein arbeitsrechtlicher Anspruch auf einen Bezug.

Die vertragliche Vereinbarung, dass bei Nichterreichen eines vorgegebenen Planzieles eine Kürzung der Geschäftsführervergütung erfolge, sei im Jahr 2001 wirksam geworden. Auf Grund des geringen Cash-flows seien die Bezüge auf ATS 350.000,- gekürzt worden.

Durch die Kürzung der Geschäftsführerbezüge wälze die Bw. letztlich Ertrags- und Liquiditätsschwierigkeiten auf den Geschäftsführer ab, der letztlich das gesamte Unternehmerrisiko zu tragen habe.

Dem Geschäftsführer sei auch kein Arbeitsplatz von der Bw. zur Verfügung gestellt worden. Sein Büro befinde sich in seinem Einfamilienhaus, die Kosten hiefür trage er selbst.

Auf Grund dieser Tatsachen sei erkennbar, dass der Geschäftsführer ein massives Unternehmerrisiko (Verlustrisiko) trage, seine Geschäftsführervergütung von der Ertrags- und Liquiditätslage der Bw. abhänge, was sich in den tatsächlichen wesentlichen Einnahmenschwankungen zeige.

Die Berufung wurde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Behörde nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Herr G.P. war im Streitzeitraum an der Bw. zu 100% beteiligt und nahm die Aufgaben der Geschäftsführung seit wahr.

Er erhielt für seine Tätigkeit folgende Bezüge (alle Beträge in ATS):


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1999
900.000,-
2000
1,000.000,-
2001
350.000,-

Sie wurden in folgenden Teilbeträgen ausbezahlt (alle Beträge in ATS):


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1999
2000
2001
45.000,-
45.000,-
200.000,-
30.000,-
15.000,-
150.000,-
15.000,-
25.000,-

120.000,-
25.000,-

30.000,-
25.000,-

30.000,-
865.000,-

30.000,-


100.000,-


500.000,-



Laut Pkt 2 des mit datierten Geschäftsführervertrages trägt Herr G.P. die Verantwortung und das Risiko für den Erfolg der Gesellschaft. Die Einteilung und die Organisation der ihm obliegenden Tätigkeiten stehen ihm frei. Er ist an keine bestimmten Arbeitszeiten gebunden. Der hiefür erforderliche Zeitaufwand und die Einteilung der Arbeitszeit werden vom Geschäftsführer eigenverantwortlich bestimmt.

Entsprechend Pkt 3 schuldet der Geschäftsführer keine persönliche Arbeitsleistung, er ist berechtigt, sich durch andere Personen, die von ihm selbst beauftragt werden können, vertreten zu lassen. Der GmbH ist bekannt, dass der Geschäftsführer nicht ausschließlich für die Gesellschaft tätig ist.

Nach Pkt 4 wird das endgültige Entgelt erst am Jahresende nach Erstellen des Jahresabschlusses abgerechnet, da es erfolgsabhängig ist. Es wird für jedes Jahr im Vorhinein ein Planziel vorgegeben, bei Erreichen dessen ein festgesetzter Geschäftsführerbezug zusteht. Bei Nichterreichen des Planzieles wird der Geschäftsführerbezug gekürzt.

Der Geschäftsführer ist berechtigt, a-conto-Zahlungen zu verlangen. Sollte der endgültige Geschäftsführerbezug entsprechend der o.a. Regelung niedriger sein als die a-conto-Zahlungen, sind die zuviel erhaltenen a-contos zurückzuzahlen bzw. zurückzuverrechnen.

Kilometergelder und Diäten werden nicht vergütet.

Dem Geschäftsführer wird von der Gesellschaft kein Arbeitsplatz (Büro) zur Verfügung gestellt.

Die tatsächliche Auszahlung des Geschäftsführer-Entgeltes ist von der Liquiditäts- und Ertragslage der Gesellschaft abhängig.

Dieser Sachverhalt gründet sich auf die im Akt befindlichen Unterlagen, ist insoweit unstrittig und war rechtlich wie folgt zu beurteilen:

Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Entsprechend der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 geltenden Fassung BGBl. Nr. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis i.S.d. § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen i.S.d. § 22 Z 2 EStG 1988.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl. Nr. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art i.S.d. § 22 Z 2 EStG 1988.

Nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.

Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt (§ 22 Z 2 EStG 1988).

Die Regelung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, der von der in § 41 FLAG festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, findet sich für die Streitjahre in § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 (WKG).

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , G 109/00, darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis wären, im Falle der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Der Verfassungsgerichtshof hat aufgezeigt, dass dies insbesondere für die Merkmale der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Unternehmens und des Fehlens des Unternehmerwagnisses nicht zutreffe. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung verlieren, gehören nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor allem folgende (vgl. hierzu auch Arnold, ÖStZ 2000, 639f): fixe Arbeitszeit (, , und ), fixer Arbeitsort (), arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit (), Anwendbarkeit typisch arbeitsrechtlicher Vorschriften, wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz (, ), sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten ().

Im Erkenntnis des verstärkten Senates vom , 2003/13/0018, stellte der Verwaltungsgerichtshof klar, dass bei der Frage, ob Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielt werden, entscheidende Bedeutung dem Umstand zukommt, ob der Gesellschafter bei seiner Tätigkeit in den betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert ist. Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen des Unternehmerwagnisses oder einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, kann nur in solchen Fällen Bedeutung zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes nicht klar zu erkennen wäre.

Eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. des wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. und 2001/14/0052). Unerheblich ist, ob der Geschäftsführer im operativen Bereich der Gesellschaft oder im Bereich der Geschäftsführung tätig ist.

Im vorliegenden Fall war Herr G.P. seit für die Bw. als Geschäftsführer tätig.

Vor dem Hintergrund des vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen funktionalen Verständnisses vom Begriff der Eingliederung in den Organismus des Betriebes ist durch die unbestritten kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung für den Geschäftsführer das Merkmal der Eingliederung ohne Zweifel gegeben (). In Anbetracht dessen vermag die Bestimmung im Geschäftsführervertrag, der Geschäftsführer sei in die Organisation des Betriebes nur insoweit eingegliedert als er verpflichtet sei, entsprechend den Bestimmungen des GmbH-Gesetzes die Geschäftsführung unternehmerisch und eigenverantwortlich mit der Sorgfaltsverpflichtung eines ordentlichen Kaufmannes gegenüber der Gesellschaft zu gestalten, an der Eingliederung des Geschäftsführers in den betrieblichen Organismus der Bw. nichts zu ändern.

Den Sachverhaltskomponenten, dass der Geschäftsführer an keine feste Arbeitszeit gebunden ist und keine persönliche Arbeitsleistung schuldet, sondern sich vertreten lassen kann, ist keine wesentliche Bedeutung beizumessen (). Auch die Freiheit, den für die Tätigkeit erforderlichen Zeitaufwand eigenverantwortlich zu bestimmen und die Arbeitszeit selbst einzuteilen, ist für die Beurteilung der Eingliederung in den betrieblichen Organismus nicht wesentlich.

Zur Bestimmung im Geschäftsführervertrag, der Geschäftsführer sei mit Wissen der Bw. nicht ausschließlich für die Bw. tätig, ist entgegenzuhalten, dass einer Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Gesellschaft nicht entgegensteht, wenn der Geschäftsführer auch anderweitig tätig wird. Auch im Spitzenmanagement tätige Fremdgeschäftsführer, die Dienstnehmer sind, übernehmen häufig weitere Funktionen, wenn sich ihre Dienstgeber nicht dagegen aussprechen ().

Das im oben zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes neben der Eingliederung in den betrieblichen Organismus genannte Kriterium des fehlenden Unternehmerwagnisses ist im vorliegenden Fall ebenfalls erfüllt. Ein Unternehmerwagnis ist nämlich nur dann zu bejahen, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss (vgl. und 2001/14/0052).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom , 99/14/0255, und vom , 2000/14/0061, ausgesprochen hat, steht im Vordergrund dieses Merkmales, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft. In die Überlegungen einzubeziehen sind aber auch Wagnisse, die sich aus Schwankungen bei nicht überwälzbaren Ausgaben ergeben.

Dem Vorbringen, die Bw. habe Ertrags- und Liquiditätsschwierigkeiten auf den Geschäftsführer, dessen Bezüge gekürzt worden seien, abgewälzt, ist entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Erkenntnissen ausgesprochen hat, dass Schwankungen der Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers entsprechend der Ertragslage und der Liquidität der Gesellschaft für sich allein noch keinen Rückschluss auf eine tatsächliche Erfolgsabhängigkeit der Entlohnung des Geschäftsführers zulassen (vgl. , und die dort zitierte Judikatur).

Dass sich Wagnisse auf Grund von Schwankungen bei nicht überwälzbaren Ausgaben ergeben hätten, wurde von der Bw. nicht vorgebracht.

Im Hinblick auf die zumindest einmal jährliche Auszahlung des Geschäftsführerbezuges war auch das Kriterium der laufenden Entlohnung als erfüllt zu betrachten (vgl. ).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 41 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 22 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 122 Abs. 7 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998
§ 122 Abs. 8 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998
Schlagworte
Dienstgeberbeitrag
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
Geschäftsführerbezüge
Liquiditätslage
Ertragslage
Unternehmerrisiko
Eingliederung in den geschäftlichen Organismus
laufende Entlohnung
feste Arbeitszeit
Unternehmerwagnis
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at