Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 23.11.2009, RV/0408-G/09

§ 3 FLAG in verschiedenen anzuwendenden Fassungen

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bwin., vom , gegen die Bescheide des Finanzamtes Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg vom , betreffend die Abweisung des Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe - für das Kind AB, für den Zeitraum vom bis  und vom bis , - für das Kind BB, für den Zeitraum vom bis  und vom bis , - für das Kind CB, für den Zeitraum vom bis , entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin, ihr Ehegatte und die beiden Kinder A und B sind nach der Aktenlage am ins Bundesgebiet eingereist und haben hier am selben Tage die Gewährung von Asyl beantragt, C wurde im November 2005 in Österreich geboren. Allen Familienangehörigen wurde nach der Aktenlage im März 2006 Asyl gewährt. Der Berufungswerberin wurde daher auf Grund eines beim Finanzamt eingebrachten Antrages für alle drei Kinder Familienbeihilfe ab dem Monat der Asylgewährung, somit ab März 2006, ausgezahlt. Im März 2009 hat die Berufungswerberin einen (weiteren) Antrag auf Familienbeihilfe für alle im Spruch genannten Kinder rückwirkend für die Zeit ab bis einschließlich Februar 2006 eingebracht.

Dieser Antrag wurde vom Finanzamt mit dem nunmehr angefochtenen (Sammel-)Bescheid hinsichtlich der im Spruch genannten Zeiträume abgewiesen.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung rügt der Vertreter der Berufungswerberin einerseits die Begründung des Finanzamtes als mangelhaft, andererseits führt er sinngemäß aus, die Berufungswerberin erfülle auf Grund der Asylgewährung im März 2006 alle Anforderungen für eine rückwirkende Gewährung der Familienbeihilfe.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Familienbeihilfe für die Kinder A und B für die Monate November 2003 bis einschließlich Februar 2004:

Gemäß § 10 Abs. 3 des Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG) 1967 werden die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In Bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

Der Antrag vom auf Gewährung der Familienbeihilfe für die Kinder A und B für die Zeit ab wurde beim Finanzamt am eingebracht. Nach der zitierten Norm darf Familienbeihilfe jedenfalls nur höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt werden. Somit durfte Familienbeihilfe, unabhängig vom Vorliegen oder Nichtvorliegen aller Voraussetzungen für deren Gewährung für die Monate November 2003 bis einschließlich Februar 2004 schon aus diesem Grunde nicht gewährt werden. Der Berufung konnte deshalb für den genannten Zeitraum kein Erfolg beschieden sein.

2.Familienbeihilfe für die Kinder A und B für die Monate Mai 2004 bis Dezember 2005, und Familienbeihilfe für das Kind C für die Monate November und Dezember 2005:

Zur hier anzuwendenden Rechtslage hat der Verwaltungsgerichtshof zu einem im Wesentlichen Gleich gelagerten Fall im Erkenntnis vom , 2006/15/0098, ausgeführt:

"§ 3 FLAG idF vor der mit dem Pensionsharmonisierungsgesetz, BGBl. I Nr. 142/2004, vorgenommenen Änderung lautet:

"(1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.

(2) Abs. 1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und für Flüchtlinge im Sinne des Art. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom , BGBl. Nr. 55/1955, und des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974.

(3) Ist der Elternteil, der den Haushalt überwiegend führt (§ 2a Abs. 1), nicht österreichischer Staatsbürger, genügt für dessen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn der andere Elternteil österreichischer Staatsbürger ist oder die Voraussetzungen nach Abs. 1 oder 2 erfüllt."

Artikel 22 des Pensionsharmonisierungsgesetzes, BGBl. I Nr. 142/2004, lautet auszugsweise:

"Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967

Das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 110/2004, wird wie folgt geändert:

1. § 3 Abs. 2 lautet:

"(2) Abs. 1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde."

2. ...

3. ...

4. Nach § 50x wird folgender § 50y eingefügt:

"§ 50y.

(1) § 39j Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 142/2004 tritt mit in Kraft.

(2) Die §§ 3 Abs. 2 und 38a Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 142/2004 treten mit in Kraft. Ausgenommen sind jene Fälle, in denen bis einschließlich des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde."

Auch gegenständlich steht fest, dass ein Fall, in dem bis zur Kundmachung des Pensionsharmonisierungsgesetzes, das ist der , bereits Asyl gewährt worden ist, nicht vorliegt. Auf den vorliegenden Fall findet daher die Regelung des zweiten Satzes des § 50y Abs. 2 FLAG 1967 keine Anwendung.

Der Verwaltungsgerichtshof führt im genannten Erkenntnis weiter aus:

"Für den Beschwerdefall ist solcherart von Bedeutung, dass auf Grund der Regelung des ersten Satzes des § 50y Abs. 2 FLAG 1967, die mit dem Pensionsharmonisierungsgesetz vorgenommene Änderung des § 3 Abs. 2 FLAG 1967 mit  in Kraft getreten ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten (siehe die Erkenntnisse vom , 2000/13/0103, , 96/14/0125, vom , 2000/13/0104, vom , 96/14/0139, und vom , 95/14/0119).

Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach dem Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (siehe das hg. Erkenntnis vom , 96/13/0076)."

Der Verfassungsgerichtshof hat im Übrigen die Behandlung der gegen den, diesem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu Grunde liegenden, Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 3295/05, abgelehnt. Er hat darauf verwiesen, dass in Anbetracht des großen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bei der Gewährung familienfördernder Maßnahmen (Hinweis auf VfSlg. 8605/1979 und 14.694/1996) und der verfassungsrechtlich unbedenklichen Übergangsbestimmung die behauptete Rechtsverletzung wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen so wenig wahrscheinlich sei, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Aus der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der jeweils maßgeblichen Rechtslage ergibt sich zusammengefasst, dass für die Frage, ob im Zeitraum von Mai 2004 bis Dezember 2005 ein Beihilfenanspruch besteht, wie sich dies aus § 50y Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 ergibt, § 3 FLAG 1967 in der durch das Pensionsharmonisierungsgesetz geänderten Fassung maßgeblich ist, was zur Folge hat, dass der Beihilfenanspruch erst ab der tatsächlichen Asylgewährung besteht.

Der angefochtene Bescheid entspricht daher auch für die oben genannten Monate der anzuwendenden Rechtslage, weshalb der dagegen gerichteten Berufung kein Erfolg beschieden sein konnte.

3. Familienbeihilfe für die Kinder A , B und C für die Monate Jänner und Februar 2006:

Gemäß § 3 Abs. 1 FLAG 1967, in der ab geltenden Fassung, haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten. Nach § 3 Abs. 2 leg. cit. besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten. § 3 Abs. 3 leg. cit. besagt: Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.

Allerdings bestimmt § 55 Abs. 1 FLAG 1967, dass § 3 des Gesetzes in dieser Fassung nach Maßgabe der Übergangsbestimmungen des NAG sowie des Asylgesetzes 2005 in Kraft tritt. In den Übergangsbestimmungen des Asylgesetzes (§ 75 Abs. 1 AsylG 2005) wird angeordnet, dass Asylverfahren, die am bereits anhängig waren, noch nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen sind. § 55 FLAG 1967 ist in diesem Zusammenhang so zu verstehen, dass § 3 FLAG 1967 in der zitierten Fassung des Fremdenrechtspakets 2005 für Personen, deren Asylverfahren noch nach dem AsylG 1997 abzuführen ist, auch für Zeiträume nach dem nicht anzuwenden ist. Für diesen Personenkreis kommt daher § 3 FLAG 1967, unbeschadet der durch BGBl. I Nr. 168/2006 mit Wirkung ab vorgenommenen Änderung, zunächst noch in der Fassung des Pensionsharmonisierungsgesetzes, BGBl. I Nr. 142/2004, zur Anwendung (vgl. z. B. ).

Im vorliegenden Fall ist daher § 3 FLAG 1967 in folgender Fassung anzuwenden:

Abs. 1: Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.

Abs. 2: Abs. 1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde.

Abs. 3: Ist der Elternteil, der den Haushalt überwiegend führt (§ 2 a Abs. 1), nicht österreichischer Staatsbürger, genügt für dessen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn der andere Elternteil österreichischer Staatsbürger ist oder die Voraussetzungen nach Abs. 1 oder 2 erfüllt.

Die Berufungswerberin und ihr Ehegatte hatten ohne jeden Zweifel keinen Aufenthaltstitel nach der neuen gesetzlichen Regelung. Der Berufung kann auch die Tatsache, dass der Berufungswerber Asylwerber ist und über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Asylgesetz 1997 verfügt, nicht zum Erfolg verhelfen, da § 3 Abs. 2 FLAG 1967, in der hier anzuwendenden Fassung, Asylsuchende erst ab dem Zeitpunkt begünstigt, ab dem ihnen mit Bescheid endgültig Asyl gewährt wurde.

Ein Anspruch auf Familienbeihilfe kann daher nur gegeben sein, wenn die Berufungswerberin (oder ihr Ehegatte als "anderer Elternteil" im Sinn des hier anzuwendenden § 3 Abs.3 FLAG 1967) die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 oder 2 FLAG 1967 erfüllten.

Nun war aber weder die Berufungswerberin noch war ihr Ehegatte in der hier alleinmaßgeblichen Zeit (Jänner und Februar 2006) bei einem Dienstgeber beschäftigt und hatte aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen. Es wurden auch keine Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung zufolge einer solchen Beschäftigung im Bundesgebiet bezogen.

Da die Einreise ins Bundesgebiet erst im November 2003 erfolgt ist, hielten sie sich in den hier maßgeblichen Monaten noch nicht seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet auf. Die Berufungswerberin und ihr Ehegatte sind auch nicht staatenlos und es wurde ihnen bis zum Ergehen des angefochtenen Bescheides auch nicht Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt.

Da sohin keiner der taxativ genannten Anspruchsgründe für einen Beihilfenbezug vorlag, entspricht der angefochtene Bescheid des Finanzamtes auf für diesen Zeitraum der bestehenden Rechtslage.

Die Berufung musste daher, wie im Spruch geschehen, als unbegründet abgewiesen werden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Asylwerber
Asylant
rückwirkend
Beschäftigung
Übergangsregelung
Verjährung
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at