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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 12.01.2009, RV/2441-W/08

Sicherstellungsauftrag, keine Gefährdung der Einbringlichkeit bei ausreichendem Vermögen trotz des Verdachtes der Abgabenhinterziehung

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/13/0176 eingebracht. Einstellung des Verfahrens mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Arnold Rechtsanwaltspartnerschaft, 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Sicherstellungsauftrag gemäß § 232 BAO entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Sicherstellungsauftrag vom ordnete das Finanzamt zur Sicherung der im Betriebsprüfungsverfahren festgestellten voraussichtlichen Nachforderungen an Umsatzsteuervorauszahlungen für den Zeitraum 02-10/2007 im Betrag von insgesamt € 6,5 Mio. die Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Berufungswerberin (Bw.) an, da diese auf Grund von Rechnungen der Firmen A-KEG und M-GmbH Vorsteuern in genannter Höhe in Abzug gebracht bzw. ausbezahlt erhalten hätte. Nach Erkenntnislage der Finanzbehörde lägen den dem Vorsteuerabzug unterliegenden Rechnungen keine rellen, sondern Scheingeschäfte zu Grunde.

Das Finanzamt hätte Kenntnis von Zeugenaussagen, dass der Geschäftsführer der Bw., Herr W.B., von den Scheingeschäften gewusst hätte bzw. jedenfalls wissen hätte müssen. Das Finanzamt gehe davon aus, dass Herr B. in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der R-GmbH bei Eingehen der Leistungsbeziehungen zur A-KEG und der M-GmbH davon Kenntnis gehabt hätte, dass diese Firmen entsprechend ihrer vorgefassten Absicht die ausgewiesene Umsatzsteuer nicht entrichten würden oder sich vorsätzlich außer Stande setzen würden, diese zu entrichten (§ 27 Abs. 9 UStG).

Die Einbringlichkeit wäre gefährdet, weil das rechnungsausstellende Unternehmen A-KEG bereits insolvent geworden wäre. Nach den Feststellungen der Steuerfahndung wären bezüglich der A-KEG die entsprechenden Umsatzsteuern zwar gemeldet, jedoch nicht abgeführt worden. Hinsichtlich dieser Vorgänge wäre ein gerichtliches Finanzstrafverfahren anhängig. Es bestehe weiters der Verdacht gleichgelagerter Finanzvergehen betreffend die M-GmbH . Weiters bestehe begründeter Verdacht, dass Organwalter der Bw., insbesondere der Geschäftsführer W.B. , an den obgenannten Finanzvergehen beteiligt wären. Wegen der Höhe des sicherzustellenden Betrages und des, soweit feststellbar, verhältnismäßig geringen Gesellschaftsvermögens erscheine die Einbringung gefährdet.

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Berufung wandte die Bw. ein, dass sich der angefochtene Bescheid darauf beschränke, das einschlägige Formular (EH 19) hinsichtlich der Abgabenart mit "Umsatzsteuer 02-10/2007 € 6,5 Mio." unter Anführung eines gleich hohen Befreiungsbetrages auszufüllen und zur Begründung auf zwei Beilagen, nämlich zur Begründung des sicherzustellenden behaupteten Abgabenanspruches auf Beilage ./1 und zur Begründung der behaupteten Erschwerung der Einbringlichkeit auf Beilage ./2 zu verweisen.

Der angefochtene Bescheid werde den gesetzlichen Erfordernissen weder in formeller Hinsicht noch inhaltlich gerecht.

Zu den Bescheidbestandteilen würden nicht nur die im § 232 Abs. 2 BAO angeführten, sondern auch die in den §§ 93 und 96 BAO geforderten gehören. Die Begründung des angefochtenen Bescheides würden für eine gesetzmäßige Begründung nicht ausreichen, da die ins Treffen geführten Argumente, denen mit aller Entschiedenheit entgegengetreten werde, unrichtig und in sich widersprüchlich wären.

Zu den Erfordernissen einer Bescheidbegründung judiziere der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (zitiert aus ):

"Für die nach § 93 Abs. 3 lit. a BAO gebotene Begründung eines Abgabenbescheides hat der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Erkenntnissen die Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass eine solche Begründung erkennen lassen muss, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung eines Abgabenbescheides muss in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist.

Von zentraler Bedeutung für die Tragfähigkeit der Begründung eines Bescheides ist die zusammenhängende Darstellung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes, nämlich die Anführung jenes Sachverhaltes, den die belangte Behörde als Ergebnis ihrer Überlegungen zur Beweiswürdigung als erwiesen annimmt.

Das der zusammenhängenden Sachverhaltsdarstellung methodisch folgende Begründungselement eines Bescheides hat in der Darstellung der behördlichen Überlegungen zur Beweiswürdigung zu bestehen. In den zu diesem Punkt der Bescheidbegründung zu treffenden Ausführungen sind, auf das Vorbringen eines Abgabepflichtigen im Verwaltungsverfahren sachverhaltsbezogen im einzelnen eingehend, jene Erwägungen der Behörde darzustellen, welche sie bewogen, einen Sachverhalt als erwiesen anzunehmen, und aus welchen Gründen sich die Behörde im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung dazu veranlasst sah, im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse gerade den von ihr angenommenen und nicht einen durch Beweisergebnisse auch als denkmöglich erscheinenden Sachverhalt als erwiesen anzunehmen.

Das dritte tragende Element der Bescheidbegründung schließlich hat in der Darstellung der rechtlichen Beurteilung der Behörde zu bestehen, nach welcher sie die Verwirklichung welcher abgabenrechtlicher Tatbestände durch den im ersten tragenden Begründungselement angeführten festgestellten Sachverhalt als gegeben erachtet."

Bei diesen Aussagen handle es sich um (inzwischen) ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (sie zB zuletzt und 2001/14/0150; ). Werde erstinstanzlich amtswegig ein Bescheid erlassen, zu dem der Abgabepflichtige zuvor kein rechtliches Gehör gehabt hätte, wäre dessen Position und Interessenlage besonders sorgfältig zu berücksichtigen. Dies gelte insbesondere bei gravierenden Eingriffen wie bei einem Sicherstellungsauftrag (noch dazu in dieser Höhe).

Zudem fehle jedwede Begründung des Ermessens.

Zum behaupteten Scheingeschäft:

Ein Scheingeschäft (§ 23 BAO) liege nicht vor, da die Parteien die jeweiligen Geschäfte, die zivilrechtlich (§ 916 ABGB) gültig wären, so gewollt hätten. Die Beweislast, dass ein Scheingeschäft vorliege, treffe die Finanzverwaltung (Ritz, BAO³, § 23 Tz 2). Einen solchen Beweis könne die Finanzverwaltung nie erbringen und es genüge, zu Beilage./1 des angefochtenen Bescheides darauf hinzuweisen, dass sich diese in bloßen Behauptungen ohne jedwedes Substrat erschöpfe.

Zu § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994:

Mit dem sich gleichfalls auf eine bloße Behauptung beschränkenden (einzigen) Satz, dass der Geschäftsführer etwas "gewusst hätte oder jedenfalls wissen hätte müssen", hätte der angefochtene Bescheid augenscheinlich § 12 Abs. 1 Z 1 vorletzter und letzter Satz UStG 1994 im Auge. Diese neue gesetzliche Bestimmung wäre jedoch nur auf Umsätze anzuwenden, die nach dem ausgeführt werden würden. Auf zuvor verwirklichte Umsätze wäre diese Gesetzesbestimmung daher nicht anwendbar.

Es gelte der Vorrang der günstigeren nationalen Regelung (Ruppe, USTG³, Einf Tz 26; unter Anführung mehrerer Urteile des BFH).

Die entsprechenden Rechnungen würden alle Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug erfüllen. Dieser wäre zu gewähren. Entschieden bestritten werde, dass der Geschäftsführer der Bw. kennen hätte müssen (oder gekannt hätte), dass es sich um Scheingeschäfte gehandelt hätte, bzw. dass die beiden genannten Gesellschaften die Absicht gehabt hätten, die Umsatzsteuer nicht zu bezahlen. Die Bw. hätte alle Maßnahmen getroffen, die man vernünftigerweise treffen müsse, um nicht (unwissend!) in ein Umsatzsteuerproblem verwickelt zu werden.

Nachdem im Oktober 2006 durch Herrn B.V. eine Kontaktaufnahme bei dem Geschäftsführer der Bw., Herrn B. , erfolgt wäre, hätte dieser eine entsprechende KSV-Auskunft über A. (später dann auch über M.) eingeholt, die keine negativen Aussagen enthalten hätte. Es entspreche dies der bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen üblichen Vorgangsweise der Bw. (Kontrolle der UID-Nummer, etc.). Es hätte ein ordnungsgemäß eingerichtetes Büro, Fax- und Telefonverbindungen und ein problemlos funktionierendes Sekretariat gegeben. Die Abwicklung der Administrationsagenden funktioniere klaglos.

Da die KSV-Auskunft allerdings keine Informationen zu Jahresabschlüssen der Gesellschaft enthalten hätte, hätte die Bw. aus Vorsichtsgründen vereinbart, Lieferungen nur gegen Vorauskassa bzw. gegen Zahlung bei Übergabe zu leisten. Diese Zahlungsmodalitäten wären für die Lieferungen an A. und später M. im Wesentlichen auch eingehalten worden. Sämtliche Zahlungen wären über entsprechende Bankkonten erfolgt.

Ende Februar 2007 (im Jänner 2007 hätten keine Lieferungen stattgefunden) hätte Herr V. die Geschäftsbeziehung ausweiten wollen. Die Bw. hätte dies aus Gründen kaufmännischer Sorgfalt hinterfragt, nicht zuletzt auch deshalb, da sie in Erfahrung gebracht hätte, dass er Verkäufe unter seinem Einstandspreis durchführe.

Die der Bw. für diesen Umstand gegebene Erklärung wäre plausibel gewesen: Getränke (vor allem R.B.) würden vom Unternehmen im Inland mit österreichischer Umsatzsteuer eingekauft und ohne österreichische Umsatzsteuer ins Ausland verkauft. Die von den Getränkelieferanten in Rechnung gestellte österreichische Umsatzsteuer müsse mit den jeweiligen Rechnungen prompt an diese bezahlt werden. Es dauere aber viele Monate, bis er die Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückerhalte. Als Ausgleich - eine andere kurzfristige Finanzierung zB über Factoring wäre viel teurer - würde das Geschäftsmodell verfolgen, Diesel hauptsächlich aus Deutschland ohne Umsatzsteuer (innergemeinschaftliche Lieferung in Deutschland) einzukaufen und in Österreich mit 20 % Umsatzsteuer weiterzuverkaufen. Die Kunden müssten den Diesel zeitnah zahlen, die Umsatzsteuerschuld werde in den Umsatzsteuervoranmeldungen mit den Vorsteuerguthaben saldiert und so die Finanzierungslücke geschlossen.

Von der Bw. zu Kontrollzwecken (vordringlich um die Höhe der in Österreich getätigten Umsätze zu erfahren) angeforderte Kopien der Umsatzsteuervoranmeldungen hätten diesen Umstand bestätigt und wären aus ihrer Sicht - soweit sie das kontrollieren hätte können - inhaltlich richtig, wobei lediglich Fehler im Formalbereich aufgetreten wären. Der Bw. wäre natürlich die Problematik, dass Vorsteuerguthaben nur mit erheblicher Verzögerung vom Finanzamt zurückgezahlt werden würden, bekannt. Besonders günstige Verkaufspreise wären in der Branche nichts Ungewöhnliches, insbesondere wenn neue Unternehmen tätig werden würden. Im gleichen Zeitraum hätten etwa auch X. oder Y. versucht, mit extrem günstigen Verkaufspreisen auf den österreichischen Markt zu drängen.

Solcherart wäre der Bw. die erhaltene Erklärung völlig plausibel und vor allem in keiner wie immer gearteten Weise bedenklich vorgekommen. Dass M. zu günstigeren Preise an Dritte verkauft hätte, würden zB die Rechnungen vom 25., 27. und erweisen.

In dieser Situation wäre die Bw. vor der Überlegung gestanden, dass zu große Mengen günstigeren Diesels auf dem österreichischen Markt angeboten worden wären, was einen entsprechenden Preisdruck bedeutet sowie Mitteilungen ihrer Kunden mit sich gebracht hätte, da einzelnen von ihnen bekannt gewesen wäre, dass die Lieferungen durch A. (später M. ) aus denselben Kontingenten stammen würden, aus denen die Bw. ihre Lieferungen tätige. Sie wäre mit massiven Vorwürfen aus dem Markt konfrontiert gewesen, dass sie keine ähnlich günstigen Preise anbieten könne (die Bw. werbe mit dem Slogan "best price Diesel"). Um dieses Angebot zu drosseln, hätte sie verlangt, dass A. (später M. ) ihr gewisse Mengen mit einem günstigeren Preis rückverkaufen müsse. Das wäre dann auch tatsächlich der Fall gewesen.

Die diesbezüglichen Geschäfte wären ernst gemeint gewesen und von außersteuerlichen, wirtschaftlich nachvollziehbaren Motiven getragen. Es hätte nicht die geringsten Anhaltspunkte gegeben, dass seitens A. und/oder M. irgendeine Umsatzsteuer nicht bezahlen würde. Falls dies gewesen sein sollte - auch der Sicherstellungsauftrag spreche in seiner Begründung von "Anmeldungen" dieser Gesellschaften - hätte die Bw. weder etwas davon gewusst noch wissen müssen. Die vorstehend aufgezeigte plausible Erklärung bringe es auch mit sich, dass hier größere Mengen Zahllast gar nicht auffallen hätten können, da das - durchaus legale - Finanzierungsmodell des Herrn V. ja von Saldierung gesprochen hätte.

Soweit ein argumentum e contrario aus den EuGH-Urteilen Kittel bzw. Optigen vorgenommen worden sein sollte, wäre dies darüber hinaus aus den aufgezeigten rechtlichen Gründen verfehlt.

Zu § 27 Abs. 9 UStG 1994:

Der diesbezügliche Teil der Beilage ./1 beschränke sich auf eine reine Behauptung, eingekleidet in die reine Wiedergabe des Gesetzestextes.

Unter Anknüpfung an das Vorgesagte werde entschieden die Behauptung bestritten, dass "diese Firmen" eine entsprechende vorgefasste Meinung gehabt hätten, wobei das Finanzamt sich nicht einmal dahingehend festlege, ob diese vermeintliche Absicht dahin gegangen wäre, die ausgewiesene Umsatzsteuer nicht zu entrichten oder ob sich die Rechnungsaussteller "vorsätzlich außer Stande sehen würden, die ausgewiesene Umsatzsteuer nicht zu entrichten".

Demzufolge könne schon rein vom Sachverhalt her nicht im Entferntesten davon die Rede sein, dass der Tatbestand des § 27 Abs. 9 UStG 1994 erfüllt wäre. Bei dieser Gesetzesstelle handle es sich um eine Haftungsbestimmung. Da ein Haftungsbescheid aber nicht vorliege, wäre zur Sicherstellung einer potenziellen vom Finanzamt in den Raum gestellten Haftungsverbindlichkeit schon allein aus diesen rechtlichen Gründen kein Platz. Nochmals wäre betont, dass die vom Finanzamt geltend gemachten Rechtsgründe einander widersprechen würden.

Wenn es zu Malversationen gekommen wäre, wäre die Bw. Opfer und nicht "Wissende".

Zur Höhe der Forderung:

Den Betrag von € 6,5 Mio. könne die Bw. nicht nachvollziehen. Die Vorsteuer aus Käufen der A. betrage € 5.196.219,84, die Vorsteuer aus Käufen der M. € 1.117.770,61. Die Abgabenbehörde hätte mit Bescheid vom die Geldforderung der M. gegen den Drittschuldner Z. gepfändet, die einbringlich sein dürfte und die offene Verbindlichkeit der M. an Umsatzsteuer reduziert. Angeblich handle es sich nicht um die einzige Forderungspfändung. Laut diesem Bescheid betrage die Abgabenschuld der M. € 2.046,017,51.

Zur Beilage ./2:

Der Beilage ./2 wäre vorerst einmal zu entnehmen, dass A. die entsprechenden Umsatzsteuern gemeldet hätte. Ein Konkurs- oder Ausgleichsverfahren hätte nicht festgestellt werden können. Allein der Umstand, dass die Umsatzsteuern "gemeldet" worden wären, stehe im Widerspruch zu den Argumenten der als Bescheidbegründung gedachten Beilage ./1.

Die Reputation der Bw. erweise, dass ein Sicherstellungsauftrag gegen sie nicht notwendig wäre. Einen allfällig gegen sie erlassenen Abgaben- oder Haftungsbescheid würde sie bekämpfen und - sollten sie wider Erwarten im Rechtsmittelverfahren unterliegen - bezahlen.

In ihrer Stellungnahme zur Berufung gegen den Sicherstellungsauftrag brachte die Betriebsprüfung vor, dass ein Sicherstellungsauftrag kein abschließender Sachbescheid wäre, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende "Sofortmaßnahme", die dazu diene, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zu der Annahme bestehe, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liege in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden könne, sondern es genüge, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach entstanden wäre und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung gegeben wären.

Es müssten zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages die hierfür erforderlichen sachlichen Voraussetzungen gegeben sein. Nach Meinung der Betriebsprüfung wären alle in § 232 BAO geforderten Voraussetzungen erfüllt.

Der Begründung liege der Erkenntnisstand der Finanzbehörde zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages zu Grunde. Im Berufungsverfahren wäre zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Sicherstellungsauftrages die diesbezüglichen Voraussetzungen gegeben wären. Es werde jedoch mit der Abgabe der Stellungnahme die Absicht verfolgt, die Sachverhaltsdarstellung zu präzisieren sowie die Verwirklichung der abgabenrechtlichen Tatbestände und die rechtliche Würdigung ausführlicher darzustellen.

Zu Scheingeschäft und § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994:

Auch wenn die Geschäfte zwischen den beiden Parteien ( A. /M. und R.) von diesen gewollt gewesen und daher zivilrechtlich gültig wären, wäre dies hinsichtlich der geltend gemachten Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit diesen Geschäften aus steuerrechtlicher Sicht nicht ausreichend. Im Lichte der aktuellen Rechtsprechung wäre besonders auf die Maßnahmen, die der Unternehmer treffe, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in einen Betrug einbezogen wären, erhöhtes Augenmerk zu legen (EuGH - Urteil Kittel). Nach Meinung der Behörde müsse dieses EuGH-Urteil entgegen der in der Berufung vertretenen Rechtsansicht bei der rechtlichen Würdigung berücksichtigt werden. Das Urteil wäre in Auslegung der 6. MwstRL, die für den Mitgliedstaat Österreich bindende Wirkung hätte, ergangen.

Die vom Unternehmen zwecks im Sinne der EuGH-Rechtsprechung zumutbarer Überprüfung der Plausibilität der umsatzsteuerlich korrekten Gebarung der Firmen A. und M. getroffenen Maßnahmen würden der Betriebsprüfung nicht ausreichend und auch nicht wirklich zielführend erscheinen. Wenn man davon absehe, dass die Identität der vorgelegten und der beim Finanzamt abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen nicht hätte festgestellt werden können, könnten zudem aus den abverlangten Umsatzsteuervoranmeldungen die Umsätze mit der Bw. nicht ersehen werden.

Laut Berufung wären die angeforderten Umsatzsteuervoranmeldungen kontrolliert und vom Geschäftsführer der Bw. als inhaltlich richtig beurteilt worden. Dem wäre entgegenzuhalten, dass selbst aus den lediglich zwei erhaltenen Umsatzsteuervoranmeldungen ersichtlich gewesen wäre, dass die von den Firmen A. und M. aufgestellten Behauptungen, warum man es sich hätte leisten können, unterpreisig zu verkaufen, nicht zutreffen könnten. Also gerade bei der Beurteilung der Umsatzsteuervoranmeldungen hätte erkannt werden müssen, dass darin Daten eingetragen gewesen wären, die nicht nur formal, sondern auch inhaltlich unrichtig gewesen wären. So wären zB in der Voranmeldung für März keine innergemeinschaftlichen Erwerbe eingetragen gewesen. Dies obwohl die Bw. Lieferungen mit einem Rechnungswert von über € 5 Mio. an A. verkauft und auf der Rechnung auch noch vermerkt hätte, dass es sich um einen innergemeinschaftlichen Erwerb handle und daher die Firma A. als Leistungsempfängerin eine Erwerbsteuer zu erklären gehabt hätte.

Im Juli wären wiederum in der dem Geschäftsführer der Bw. von der A. vorgelegten Umsatzsteuervoranmeldung die von dieser erklärten Erlöse sogar geringer als die Lieferungen von der Bw. an A. gewesen. Das Ergebnis wäre eine Zahllast von fast € 1 Mio. gewesen. Die Behauptung, es wären Gewinne aus "R.B. - Geschäften" erzielt worden, hätte sich also in den vorgelegten Umsatzsteuervoranmeldungen nicht bestätigt, ganz im Gegenteil. Die vorgebliche Plausibilitätskontrolle der umsatzsteuerlich korrekten Gebarung der A. und M. hätte somit nicht wirklich stattgefunden haben können.

Bei Käufen zu unüblichen Usancen, wie zB ein Kauf deutlich unter dem branchenüblichen Preis, könne im Sinn der erwähnten EuGH-Rechtsprechung vom Unternehmen erwartet werden, nachvollziehbare Maßnahmen zu setzen, um einem Betrugsszenario vorzubeugen. Es wäre wie erwähnt bekannt gewesen, dass die Verkäufe unter dem Einkaufspreis durchgeführt worden wären. Die dafür abgegebene Erklärung der Schließung einer Finanzierungslücke könne, wenn überhaupt, nur sehr kurzfristig als möglich angenommen werden. Längerfristig müsse das Unternehmen mit einem derartigen Modell Verluste erwirtschaften (was auch der Fall gewesen wäre). Das Modell könne auch nur funktionieren, wenn die Umsätze aus den behaupteten "R.B. - Geschäften" in großem Umfang betrieben worden wären, ähnlich dem Umfang der Dieselgeschäfte. Dass dies nicht der Fall gewesen wäre, wäre evident gewesen. Stelle man zwischen der Bw. und den Firmen A. und M. getätigten Umsätzen den für die Verlustabdeckung daraus eigentlich erforderlichen Umsatz aus anderen Geschäften, wie aus "R.B. - Geschäften", gegenüber, so wäre es auf der Hand gelegen, dass es sich bei diesem Argument um eine reine Zweckbehauptung handeln müsse. Für die Annahme von Umsätzen aus "R.B. - Geschäften" in Millionenhöhe hätte - für den Geschäftsführer der Bw. klar erkennbar - jeder Anhaltspunkt gefehlt.

Dass die Firmen X. und Y. auch mit extrem günstigen Verkaufspreisen auf den österreichischen Markt gedrängt wären, könne nicht dazu führen, diese Vorgangsweise als "branchenüblich" zu betrachten. Die Beweggründe und der Finanzierungsspielraum dieser Großunternehmen könnten augenscheinlich bei der Firma A. bzw. M. nicht vorliegen.

Dass die Umsätze nur auf Vorauskasse abgewickelt worden wären,wäre ein weiterer Hinweis, dass die Bw. bzw. deren Geschäftsführer von der schlechten Finanzlage Kenntnis hätte haben müssen. Weiters wäre der Bw. am vom Finanzamt Salzburg-Stadt ein Bescheid mit Aufforderung zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung zugestellt worden, aus dem ersichtlich gewesen wäre, dass die A. Beteiligungs GmbH & Co KG Schulden in Höhe von über € 4,9 Mio. beim Finanzamt hätte. Auch dieser Umstand wäre mit der behaupteten Unkenntnis von den steuerlichen Problemen bzw. Malversationen der Firma A. absolut nicht kompatibel. Am wäre der Bw. ein weiterer Bescheid zur Drittschuldnererklärung über € 1,5 Mio. zugestellt worden, der Forderungen der Firma M. der Bw. gegenüber betroffen hätte.

Auf Grund all dieser Faktoren hätte die Finanzbehörde davon ausgehen müssen, dass der Geschäftsführer der Bw. vom Bestehen hinreichender Verdachtsgründe Kenntnis haben hätte müssen, dass die Umsatzsteuer, seine Einkäufe betreffend, nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sein könnte. Es könne auch nicht befriedigend beantwortet werden, warum zwar an die inkriminierten Firmen nur auf Vorauskasse geliefert, andererseits aber die Umsatzsteuer nicht auf dem Überrechnungsweg abgewickelt worden wäre. Dies schon aus Selbstschutz im Sinne des EuGH-Urteils "Kittel".

Bei der Übung des Ermessens nach § 20 BAO müssten berechtigte Interessen des Abgabepflichtigen mit öffentlichen Interessen an der Einbringung der Abgabe abgewogen werden. Auf Grund der Höhe und der finanziellen Ausgestaltung der Firma hätte die Notwendigkeit der Sofortmaßnahme bei diesen Voraussetzungen die Interessen des Abgabenpflichtigen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben in den Hintergrund treten lassen. Die Einhaltung der Ermessensgrenzen und die Ausübung eines rechtsrichtigen Ermessens wäre damit gegeben.

Zu § 27 Abs. 9 UStG 1994:

Einzuräumen wäre, dass der Verweis auf § 27 Abs. 9 UStG in der Begründung zum Sicherstellungsauftrag wegen Nichterlassung eines Haftungsbescheides unrichtig wäre. Dieser Verweis trage aber nicht den Spruch des Sicherstellungsauftrages. Im ermittelten Betrag wäre auch kein Haftungsbetrag enthalten.

Zur Höhe der Forderung:

Gemäß § 232 Abs. 2 lit. a BAO hätte der Sicherstellungsauftrag die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld zu enthalten. Es liege in der Natur der Sache, dass bei einer Sofortmaßnahme nicht die exakte Höhe angegeben werden könne. Selbst wenn man im Zeitpunkt der Erstellung dieser Stellungnahme den durch Erhebungen der Betriebsprüfung nunmehr präzisierten Betrag von € 6,313.991 ins Verhältnis setze, ergebe sich zum im Sicherstellungsauftrag ermittelten Betrag von € 6,5 Mio. keine signifikante Abweichung.

Zur Beilage ./2:

Unter Bedachtnahme auf die Vermögens- und Ertragssituation der Bw. reiche schon der dringende Verdacht der Abgabenhinterziehung aus, damit eine Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung anzunehmen wäre. Der dringende Verdacht einer Abgabenhinterziehung hätte sich im gegenständlichen Fall auch in der vom Landesgericht für Strafsachen Wien angeordneten und am durchgeführten Hausdurchsuchung und des am selben Tag erlassenen Sicherstellungsauftrages bestätigt.

Nach Aufforderung des Finanzamtes vom erstattete die Bw. mit Schreiben vom dazu eine Gegenäußerung:

Die Betriebsprüfung räume ein, dass der Verweis auf § 27 Abs. 9 UStG 1994 in der Begründung zum Sicherstellungsauftrag wegen Nichterlassung eines Haftungsbescheides unrichtig wäre, argumentiere jedoch, dass dieser Verweis aber nicht den Spruch des Sicherstellungsauftrages trage. Es wäre kein Haftungsbetrag im ermittelten Betrag enthalten. Vielmehr wäre die aktuelle Rechtsprechung (EuGH-Urteil Kittel) herangezogen worden.

In diesem Zusammenhang übersehe die Betriebsprüfung dass § 27 Abs. 9 UStG 1994 auf Umsätze, die bis inklusive ausgeführt werden würden, weiterhin anwendbar wäre (§ 28 Abs. 30 Z 2 UStG 1994). Für den maßgeblichen Zeitraum würden daher die Kriterien des § 27 Abs. 9 UStG 1994 gelten. Angesichts dieser eindeutigen nationalen Rechtslage in Österreich wäre es ausgeschlossen, dass die von der Betriebsprüfung so bezeichnete "aktuelle Rechtsprechung (EuGH-Urteil Kittel)" in Österreich für Umsätze vor dem Anwendung finde, zumal eine Doppelsanktionierung verfassungs- und auch gemeinschaftswidrig wäre. Diesen Umstand hätte auch der nationale Gesetzgeber nicht nur eindeutig zum Ausdruck gebracht, sondern ihm auch expressis verbis Rechnung getragen, indem korrespondierend erst für Umsätze, die ab verwirklich worden wären, dem § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 ein weiterer Satz angefügt worden wäre, der der zitierten EuGH-Judikatur Rechnung trage und insoweit § 27 Abs. 9 UStG 1994 wegfalle.

Im maßgeblichen Zeitraum hätte daher ausschließlich die weniger strenge Bestimmung des § 27 Abs. 9 UStG 1994 gegolten. Zu den umfassenden Belegstellen in der Berufung aus der BFH-Judikatur zum Anwendungsvorrang günstigeren nationalen Rechts (sowie auch zur Belegstelle in Ruppe, UStG³) nehme die Betriebsprüfung nicht Stellung.

Die Betriebsprüfung gebe vor, "die Sachverhaltsdarstellung zu präzisieren sowie die Verwirklichung der abgabenrechtlichen Tatbestände und die rechtliche Würdigung ausführlicher darzustellen". Dass das letztere durch die Stellungnahme nicht gelinge, wäre bereits dargetan worden.

Die äußerst dürftigen "Sachverhaltsdarstellungen" (die unterstellten Sachverhalte in einem begründungsbedürftigen Sicherstellungsbescheid) würden auch durch die Stellungnahme, abgesehen davon, dass nachgeholte oder nachholende Begründungen durch die Betriebsprüfung unzulässig wären, weder gefestigt noch aufgehellt werden. Das in der Stellungnahme erkannte Erfordernis des Abstellens auf die Beweislage zum Zeitpunkt der Ausfertigung des Sicherstellungsauftrages hätte die Betriebsprüfung veranlassen müssen, einzugestehen, dass der Sachverhalt nicht ausreiche, die gesetzlichen Tatbestandselemente für die Erlassung eines Sicherstellungsbescheides über € 6,5 Mio. zu verwirklichen. Auch die weiteren Verfahrensergebnisse hätten nichts gebracht, was die Annahmen des Finanzamtes rechtfertigen könnte.

Wenn zugebilligt werde, dass "die Geschäfte zwischen den beiden Parteien (A. /M. und R. ) von diesen gewollt gewesen wären", so werde damit auch logischerweise zugebilligt, dass eben kein Scheingeschäft vorliege. Auch die diesbezügliche Argumentation des Sicherstellungsauftrages zu (unterstellten) Scheingeschäften wäre daher nicht tragfähig und könne im Berufungsverfahren nicht aufrecht erhalten werden.

Was verbleibe, wäre der Vorwurf, die von der Bw. getroffenen Maßnahmen der zumutbaren Überprüfung der Plausibilität der umsatzsteuerrechtlich korrekten Gebarung der A. bzw. M. wären nicht ausreichend und auch "nicht wirklich zielführend" gewesen. Dazu wäre in aller Deutlichkeit zu sagen, dass sich die kriminelle Aktivität der für A. /M. handelnden Person(en) - soweit der Bw. Verdachtsmomente bekannt wären - gegen den Fiskus gerichtet hätte und dieser (als Gläubiger der Umsatzsteuer) hätte geschädigt werden sollen. Wenn die Bw. dadurch mit einem Vermögensnachteil bedroht werde, wäre sie Opfer.

Der vom Dritten geschädigte Fiskus wolle nun den Schaden dadurch von sich abwenden, indem er ihn einfach auf einen Geschäftspartner des (vermutlichen) Täters überwälze. Die (allfällige, nach § 27 Abs. 9 UStG 1994 jedenfalls erforderliche) Behauptung, die Bw. hätte bei Eingehung der Leistungsbeziehung davon Kenntnis gehabt, dass der Aussteller der Rechnung entsprechend seiner vorgefassten Absicht die ausgewiesene Steuer nicht entrichtet oder sich vorsätzlich außerstande gesetzt hätte, die ausgewiesene Steuer zu entrichten, wäre schlicht und einfach unbegründet und nur darauf zurückzuführen, dass der geschädigte Fiskus den Schaden auf die Bw. abwälzen wolle. Entsprechend gelte auch für den von der Betriebsprüfung unzutreffenderweise angelegten (strengeren) Maßstab, die Bw. hätte nicht alle zumutbaren Überprüfungsmaßnahmen gesetzt.

Die österreichische Rechtsordnung wäre von Vertrauensprinzipien geleitet, die in der europarechtlichen Unschuldsvermutung (siehe die mit Verfassungsrang ausgestattete Bestimmung des Art. 6 Abs. 2 EMRK; § 6 Abs. 2 FinStrG) eine ihrer gesetzlichen Verankerungen gefunden hätten. Niemand wäre gehalten, in seinem Geschäftspartner einen Kriminellen (hier: einen Täter im Sinne des § 33 FinStrG) zu vermuten. Hier gelte das, was zu "hinterzogenen" Abgaben im Sinne des § 207 BAO herrschende Ansicht wäre.

Dieser Grundsatz zeige sich besonders deutlich im Hinblick auf den Bereich der Umsatzsteuervoranmeldungen. Aktenkundig wäre, dass der Bw. am per E-Mail die Umsatzsteuervoranmeldung für März 2007 (offenbar der A. ) übermittelt worden wäre. Es wäre völlig abwegig (und auch mit dem Steuergeheimnis nicht vereinbar), von ihr zu verlangen, dass sie die "Identität der vorgelegten und der beim Finanzamt abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen" hätte überprüfen müssen.

Die Umsätze (der A. ) mit der Bw. hätten (mit 0 % belastet) € 4.836.105,00 und (mit 20 % belastet) € 280.473,00, in Summe € 5.116.977,00 betragen. Demgegenüber weise das Formular einen Gesamtumsatz von € 6.894.134,09, sohin einen höheren Umsatz aus. Zur Verfassung der Berufung wäre dem Vertreter der Bw. die Kurzinformation erteilt worden, dass Herr B. darauf hingewiesen hätte, dass die innergemeinschaftlichen Erwerbe "in einem falschen Kastel", nämlich auf Seite 1 statt auf Seite 2 eingetragen gewesen wären. Die Umsatzsteuervoranmeldung für Juli hätte die Bw. am (gemeint wohl 2007) erhalten. Die Bw. hätte mit A. (mit 0 % zu versteuernde) Umsätze in Höhe von € 15.061.717,00 und (mit 20 % zu versteuernde) Umsätze in Höhe von € 3.332.417,00 getätigt. in der Umsatzsteuervoranmeldung der A. wären Lieferungen in Höhe von € 18.517.896,67 angeführt und ein innergemeinschaftlichen Erwerb von € 19.959.135,44.

Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten und die einschlägigen Bestimmungen im UStG 1994 wäre ein allfälliger Umstand (was die Bw. aber nicht verifizieren könne), dass die erklärten Erlöse geringer als die Lieferungen von ihr an A. gewesen wären, ohne jedweden Argumentationswert.

Im Übrigen überfordere die Betriebsprüfung in ihrer Stellungnahme gröblich die Pflichten einer Mineralölhandelsgesellschaft, wenn diese überhaupt Prüfungsmaßnahmen, jedenfalls aber solche in der Betriebsprüfung vorschwebendem Umfang hinsichtlich der Umsatzsteuervoranmeldung von Kunden tätigen solle. Die Plausibilität, insbesondere die Bescheinigung, dass die A. Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben hätte (die vom Finanzamt amtswegig zu prüfen gewesen wären - die Bw. wäre allein im Jahr 2007 insoweit mehrmals geprüft worden), wäre jedenfalls in ausreichendem Ausmaß gegeben gewesen.

"Gewinne" (aus Getränkegeschäften) würden sich in einer Umsatzsteuererklärung nicht niederschlagen, höchstens Umsätze. Es wäre nicht zwingend, dass solche im März oder im Juli 2007 erfolgen hätten müssen.

Es wäre der Bw. nicht "von Anfang an bekannt" gewesen, dass A. Käufe unter dem Einkaufspreis durchführe, dies hätte sie naturgemäß erst im Zuge der Geschäftsbeziehung erfahren. A. /M. hätten ja auch noch bei anderen Händlern eingekauft. Nur 29 % des von der Bw. gelieferten Diesels hätte sie zurückgekauft.

Sollte es sich bei dem Argument von A. /M. mit den "R.B. - Geschäften" tatsächlich um eine reine Zweckbehauptung gehandelt haben, so wäre doch allein entscheidend, ob die Bw. das im maßgeblichen Zeitraum wissen hätte müssen. Es wäre auch nicht ihre Aufgabe, die betriebswirtschaftliche Strategie ihrer Geschäftspartner zu überprüfen. Maßgeblich wäre allein, dass sie weder erkannt hätte noch erkennen hätte müssen, dass Machinationen im Bereich der Umsatzsteuer geplant gewesen wären. Damit falle aber auch das Argument der Stellungnahme weg, die einen Unterschied zwischen A. bzw. M. einerseits und X. und Y. andererseits mache. Wer am Markt bestehen wolle, müsse sich an die Gegebenheiten des Marktes halten und könne nicht höhere Preise - wie es der Betriebsprüfung offenbar vorschwebe - mit der Begründung verlangen, man wäre kein Großunternehmen. Ein Unternehmen, das neu am Markt wäre, erkenne sehr oft, dass es, um Marktanteile zu erlangen, attraktiv sein müsse (zB durch aggressives Preisverhalten).

Fehl gehe auch die Argumentation, dass die Bw. aus dem Umstand, dass sie ein Zahlungsziel gewährt hätte, schließen hätte müssen, dass A. /M. gerichtlich strafbare Handlungen begehen würden.

Die beiden Bescheide (Forderungsexekutionen vom 5. und ) wären von der Betriebsprüfung gleichfalls völlig falsch eingeschätzt worden. Am reinen Beweissektor wäre darauf zu verweisen, dass der Bw. noch am ein Schreiben des Rechtsanwalts Dr. H.G. übermittelt worden wäre. Sie hätte darauf vertrauen können, dass der Inhalt dieses anwaltlichen Schreibens zutreffend wäre.

Selbst wenn man - was bestritten werde - anderer Ansicht sein sollte, könnte ihr guter Glaube erst für Geschäfte, die ab dem (Zustellung des Pfändungsbescheides) getätigt worden wären, in Frage gestellt werden. Danach hätte die Bw. mit A. überhaupt keine Geschäfte mehr getätigt und zwar nicht, weil sie erkannt hätte oder erkennen hätte müssen, dass umsatzsteuerliche Malversationen vorlägen, sondern schlicht und einfach aus Eigeninteresse hinsichtlich der Einbringlichkeit ihrer Forderungen. Was die am zugestellte Pfändung betreffend M. betreffe, gelte das oben Gesagte sinngemäß.

Generell wäre festzuhalten, dass keinerlei Beweisergebnisse vorliegen würden (der Bw. vorgehalten oder zugänglich gemacht worden wären), in welcher Höhe A. /M. überhaupt Umsatzsteuerschulden aus Geschäften mit der Bw. bestünden, auf welche Zeiträume und auf welche Umsätze sich diese Verbindlichkeiten beziehen würden und wieviel nachträglich von der Finanzverwaltung (auch über die Forderungsexekutionen) einbringlich gemacht hätte werden können. Der Betrag von € 6,5 Mio. wäre nicht annähernd erwiesen. Das Argument der Betriebsprüfung, es liege in der Natur der Sache, dass bei einer Sofortmaßnahme nicht die exakte Höhe angegeben werden könne, gehe fehl und entbinde das Finanzamt nicht von einer entsprechenden Nachweispflicht. Die Bw. bestreite die Richtigkeit des "durch Erhebung der Betriebsprüfung nunmehr präzisierten Betrages in Höhe von € 6.313.991,00", der weder aufgeschlüsselt noch sonst wie erklärt bzw. nachgewiesen worden wäre.

Die Betriebsprüfung widerspreche sich auch insoweit, als sie einleitend darauf hinweise, dass sie "auf den Erkenntnisstand der Finanzbehörde zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages" abstelle, andererseits aber zur Berufung vom erst dann Stellung nehme, nachdem der Geschäftsführer (im Beisein der im Protokoll nicht vollständig angeführten Organwalter der Betriebsprüfung ) am vernommen worden wäre.

Insoweit gehe auch der Hinweis auf einen angeblichen dringenden Verdacht der Abgabenhinterziehung ins Leere, weil sich die vom Landesgericht für Strafsachen durchgeführten Maßnahmen ausschließlich auf die Strafanzeige des Finanzamtes stützen würden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabenpflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung zu begegnen.

Wegen der Akzessorietät des Pfandrechts ist im Sicherstellungsauftrag eine Aufgliederung nach Abgabenarten und Zeiträumen vorzunehmen. Die Anführung lediglich einer Globalsumme ist unzulässig. Die Angabe eines einheitlichen Betrages genügt nicht, weil diese Vorgangsweise nicht erkennen lässt, für welchen Abgabenanspruch in welcher Höhe im folgenden Sicherungsverfahren Pfandrechte begründet werden (RAE, RZ 1563;).

Da gemäß § 276 Abs. 1 iVm § 279 Abs. 1 BAO aber die Abgabenbehörde zweiter Instanz den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abändern kann, werden nunmehr die für den gesamten Zeitraum Februar bis Oktober 2007 angeführten Abgaben unter Zugrundelegung des sich aus dem Betriebsprüfungsbericht vom ergebenden Aufteilungsschlüssels auf die einzelnen Zeiträume aufgegliedert:


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Umsatzsteuer 02/2007
25.590,62
Umsatzsteuer 03/2007
154.353,73
Umsatzsteuer 04/2007
216.159,33
Umsatzsteuer 05/2007
484.834,46
Umsatzsteuer 06/2007
711.233,08
Umsatzsteuer 07/2007
1.346.833,61
Umsatzsteuer 08/2007
2.008.495,52
Umsatzsteuer 09/2007
1.182.036,84
Umsatzsteuer 10/2007
184.385,44
gesamt
6.313.922,63

Da mittlerweile infolge Erlassung der Sachbescheide vom 18. und das Ausmaß der Abgabenschuld feststeht, war die Sicherstellung auf den Betrag von € 6.313.922,63 einzuschränken, weil durch die genannten Bescheide Minderungen des Abgabenanspruches eingetreten sind.

Im Berufungsverfahren ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als Ausnahme vom Grundsatz, wonach für Berufungsentscheidungen grundsätzlich die Sachlage zur Zeit der Entscheidung maßgeblich ist, lediglich zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides die diesbezüglichen Voraussetzungen gegeben waren (), somit nicht, ob sie im Zeitpunkt der Berufungserledigung noch vorliegen.

Ein Sicherstellungsauftrag ist kein abschließender Sachbescheid, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende Sofortmaßnahme, aus deren Natur sich ergibt, dass die Ermittlung des genauen Ausmaßes der Abgabenschuld für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nicht erforderlich ist (), zumal er dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind ().

Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages setzt somit die Entstehung eines noch nicht vollstreckbaren Abgabenanspruches sowie die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der betreffenden Abgaben voraus.

Gemäß § 19 Abs. 2 UStG entstand der Abgabenanspruch bei der Umsatzsteuer mit Ablauf des Monats, in dem die sonstige Leistung erbracht bzw. das Entgelt vereinnahmt worden ist. Zudem ist die mit Bescheiden vom 18. und erfolgte Festsetzung der dem Sicherstellungsauftrag zu Grunde liegenden Abgaben ein Indiz für die Entstehung des Abgabenanspruches, obwohl dieser grundsätzlich unabhängig von einer behördlichen Tätigkeit entsteht, er demnach keine diesbezügliche Bescheiderlassung voraussetzt ().

Von einer Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung von Abgaben im Sinne der Bestimmung des § 232 BAO ist im Wesentlichen dann zu sprechen, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint ().

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () sind derartige Gefährdungen oder Erschwerungen u.a. bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben.

Im gegenständlichen Fall bringt die Bw. zwar selbst keine Einwände gegen die Annahme der Gefährdung oder Erschwerung der Abgabeneinbringung vor. Dennoch ist festzuhalten, dass zwar der dringende Verdacht der Abgabenhinterziehung bestand, der zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages zu erwartenden Steuernachforderung jedoch laut der von der Betriebsprüfung vorgelegten Bilanz zum ein zur Abdeckung der Steuerschulden ausreichendes Vermögen, nämlich Forderungen aus Lieferungen und Leistungen von € 11.227.146,01, sonstige Forderungen von € 4.018.015,62 sowie Bankguthaben von € 1.260.411,46, selbst unter der Annahme, dass die Forderung gegenüber der Montec von € 3.469.680,46 nach Ansicht der Betriebsprüfung uneinbringlich wäre, gegenüberstand.

Somit ist die weitere kumulative Voraussetzung des § 232 Abs. 1 BAO nicht als erfüllt anzusehen.

Aus den dargelegten Gründen war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 232 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at