Mieterinvestitionen können zu einer Erhöhung des Einheitswertes führen
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze | |
RV/1036-L/04-RS1 | Nach § 51 Abs. 1 BewG umfasst eine wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens auch Gebäude und das Zubehör des Grundstückes. Alle Gegenstände, die als Bestandteile des Gebäudes anzusehen sind - wie z.B. Fußböden, Verfliesungen, WC-Anlagen und Türen - sind beim festzustellenden Einheitswert mitzubewerten. Werden Investitionen in die bauliche Verbesserung des Gebäudes oder eines Gebäudeteiles durchgeführt, so wirken sich diese Investitionen insoweit auf den Gebäudewert aus, als es wegen einer besseren Bauausführung zu einem höheren Ansatz der nach § 53 Abs.3 BewG zu unterstellenden Durchschnittspreise kommt. Bei Überschreiten der Wertfortschreibungsgrenzen des § 21 Abs. Z 1 BewG kann der Einheitswert neu festgestellt werden. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Investitionen nicht der Eigentümer, sondern der Mieter auf eigene Rechnung durchführen lässt. Die Schaffung eines Wirtschaftsgutes "Mieterinvestitionen", welches ertragssteuerlich auf die voraussichtliche Dauer des Mietverhältnisses abgeschrieben wird, steht der bewertungsrechtlichen Zurechnung der Werterhöhung (als Folge der Ausstattungsverbesserung) beim Eigentümer des Grundstückes nicht entgegen. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, Adresse1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Feststellung des Einheitswertes (Wertfortschreibung gem. § 21 Abs. 1 Z. 1 BewG) des Grundbesitzes EZ 999 u.a., KG W, Adresse2 (Geschäftsgrundstück), zum entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber ist Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 999, KG W. Auf diesem Grundstück im Zentrum der Stadt W befindet sich das dreigeschossige Gebäude mit der Grundstücksadresse Adresse2. In diesem Gebäude wurde im Jahr 2003 zum Zweck der Erweiterung der Tanzschule H das Kellergeschoß umgebaut.
Mit Feststellungsbescheid zum vom nahm das Finanzamt Grieskirchen Wels betreffend den berufungsgegenständlichen Grundbesitz (Geschäftsgrundstück) eine Wertfortschreibung vor und stellte den Einheitswert in Höhe von 553.600 Euro und den gemäß AbgÄG 1982 um 35% erhöhten Einheitswert in Höhe von 747.300 Euro fest. In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, dass die Fortschreibung erforderlich war, weil bauliche Veränderungen vorgenommen wurden bzw. Änderungen in der baulichen Ausführung eingetreten sind. Aus der beigelegten Berechnung des Einheitswertes war ersichtlich, dass der Gebäudewert hinsichtlich des Kellergeschosses (Tanzschule) im Ausmaß eines umbauten Raumes von 1.833 m³ als Bauklasse 4.3/4 mit einem Durchschnittspreis von 36,3364 Euro pro Kubikmeter umbauten Raumes bewertet wurde. Vorher waren die berufungsgegenständlichen Räumlichkeiten zuletzt im Feststellungsbescheid zum (Wertfortschreibung gem. § 21 Abs. 1 Z. 1 BewG) im Ausmaß des umbauten Raumes von 1.833 m³ als Bauklasse 13.3 mit einem Durchschnittspreis von S 250 (entspricht € 18,1682) pro Kubikmeter umbauten Raumes bewertet worden.
Gegen diesen Einheitswertbescheid zum erhob der Abgabepflichtige fristgerecht Berufung und beantragte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Er führte aus, dass die Tanzschule H seit November 2003 Mieter des Kellergeschosses sei. Der Mieter habe auf eigene Kosten und Gefahr bauliche Adaptierungen vorgenommen, die zum Betrieb einer Tanzschule notwendig seien. Die bereits bestehende Toilettenanlage sei vom Bestandgeber neu installiert und verfliest worden. Das räumliche Ausmaß der Toilettenanlage sei nicht verändert worden. Eine Wertsteigerung des Grundstückes sowie der Bausubstanz sei daher nicht gegeben. Von der Tanzschule H seien im Wesentlichen folgende Adaptierungsmaßnahmen durchgeführt worden: Einbau einer Lüftungsanlage, Verlegung eines Parkettbodens als Tanzfläche (auf bestehenden Boden), Einbau eines Barbereiches sowie eines Wartebereiches. Der Berufungswerber zitierte § 57 Abs. 1 BewG, wonach zum Betriebsvermögen alle Teile einer wirtschaftlichen Einheit gehören, die dem Betrieb als Hauptzweck dient, soweit die Wirtschaftsgüter dem Betriebsinhaber gehören. Er verwies auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der bewertungsrechtliche Begriff des Wirtschaftsgutes weiter als der Begriff "veräußerungsfähiger Gegenstand" sei, da durch den Begriff des Wirtschaftsgutes alle materiellen und immateriellen Werte erfasst werden, für die im Fall des Verkaufes des Unternehmens zwecks Fortführung vom Erwerber etwas bezahlt würde. So seien Aufwendungen für Zu- und Umbauten an gemieteten Liegenschaften, die in der Regel nicht zugunsten des Eigentümers, sondern zum eigenen geschäftlichen Vorteil des Unternehmens vorgenommen werden, als bei dem Unternehmer selbständig zu bewertendes Wirtschaftsgut angesehen worden, insbesondere dann, wenn der Bauaufwand in der Steuerbilanz zu aktivieren sei ( Zl. 355/57 und vom , Zl. 1733/68). Mieterinvestitionen seien im allgemeinen dem Bestandnehmer als dessen wirtschaftliches Eigentum zuzurechnen, außer die Investitionen gehen auf Grund rechtlicher Abmachungen und tatsächlicher Gestaltung in das wirtschaftliche Eigentum des Bestandgebers über (vgl. Zl. 1338/75, vom , Zl. 1934/76, und vom , 1794/68). Wenn diese Voraussetzungen nicht zutreffen, gelte der Bestandnehmer als wirtschaftlicher Eigentümer der von ihm geschaffenen Wirtschaftgüter. Da der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen habe, liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Bei Zurechnung der Mietereinbauten auf den Bestandnehmer vermöge es beim Bestandgeber zu keinen Wertsteigerungen am Grundstück oder Gebäude zu kommen. Der Gebäudewert des Kellers sei daher unverändert mit einem Durchschnittspreis von Euro 18,17 per m² zu belassen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt Grieskirchen Wels die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung wurde ausgeführt, dass das bisher als Keller i.S. von Abstell- und Lagerraum bewertete Untergeschoß mit Feststellungsbescheid zum aufgrund der vorgenommenen Adaptierungen als Tanzschule bewertungsmäßig neu eingestuft wurde. Nach § 2 Abs. 1 BewG sei jede wirtschaftliche Einheit für sich zu bewerten. Ein Mietverhältnis begründe in der Regel nicht ein wirtschaftliches Eigentum des Mieters am Mietgegenstand, dies sei nur dann zu bejahen, wenn der Mieter berechtigt wäre, den Mietgegenstand bis zur Substanzerschöpfung zu nutzen (). Eine Trennung zwischen dem unbestrittenerweise dem Berufungswerber gehörenden Gebäude und der werterhöhenden Adaptierung (Parkettfußboden, Verfliesung, Türen, Ausstattung als Empfangs- und Barbereich usw.) sei nicht möglich. Dem Vorbringen des Berufungswerbers, wonach dem im Ertragsteuerrecht geltenden Grundsatz für Investitionen bis zur Beendigung des Mietverhältnisses der Mieter als wirtschaftlicher Eigentümer angesehen werde, wurde entgegengehalten, dass diese auf dem Grundsatz der kaufmännischen Bilanzierung beruhende Übung nicht auf das Bewertungsrecht übertragen werden könne.
Mit Eingabe vom beantragte der Berufungswerber die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, weshalb die Berufung wiederum als unerledigt gilt.
Das Finanzamt legte die Berufung am dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
Über die Berufung wurde erwogen:
Nach § 51 Abs. 1 Bewertungsgesetz 1955 (BewG) gehört zum Grundvermögen der Grund und Boden einschließlich der Bestandteile (insbesondere Gebäude) und des Zubehörs. In das Grundvermögen sind nicht einzubeziehen die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen alle Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind.
Nach § 53 Abs. 1 BewG ist bei der Bewertung von bebauten Grundstücken vom Bodenwert (Abs. 2) und vom Gebäudewert (Abs. 3 bis 6) auszugehen.
Nach § 53 Abs. 3 BewG ist der Gebäudewert vorbehaltlich der Bestimmungen der Abs. 4 und 5 aus dem Neuherstellungswert abzuleiten, der sich je nach der Bauweise und Ausstattung der Gebäude oder der Gebäudeteile bei Unterstellung von Durchschnittspreisen je Kubikmeter des umbauten Raumes der Gebäude oder der Gebäudeteile ergibt. Umbauter Raum ist der auf mindestens drei Seiten von Wänden umschlossene innere nutzbare Raum zuzüglich des Raumes, den die Umwandung einnimmt.
Nach § 53 a BewG sind die bei der Ermittlung des Gebäudewertes gemäß § 53 Abs. 3 bis 5 zu unterstellenden Durchschnittspreise in der Anlage festgesetzt. Die Anlage ist ein Bestandteil dieses Bundesgesetzes.
Im angefochtenen Bescheid wurden die als Tanzschule genutzten strittigen Räumlichkeiten im Kellergeschoß im Ausmaß eines umbauten Raumes von 1.833 m³ als Bauklasse 4 (Bank-, Versicherungs-, Geschäfts-, Büro und Verwaltungsgebäude) bewertet. Vom Finanzamt wurde eine gute bis mittlere Ausführung angenommen und der Berechnung des Einheitswertes ein Durchschnittspreis von 36,3364 Euro pro Kubikmeter umbauten Raumes zugrunde gelegt.
Dagegen wendet sich der Berufungswerber und begehrt weiterhin die Bewertung der strittigen Räumlichkeiten als Bauklasse 13.3 (Keller und Kellergeschoße, mittlere Ausführung) mit einem Durchschnittspreis von € 18,1682. Er bestreitet nicht, dass die vom Finanzamt der Berechnung des Einheitswertes zugrunde gelegte Bauklasse und die angenommene Ausführung den tatsächlichen Verhältnissen widerspricht, sondern er stützt die beantragte niedrigere Bewertung darauf, dass der durch die vorgenommenen Adaptierungen erhöhte Wert des Gebäudes nicht ihm als Eigentümer des Gebäudes, sondern dem Mieter als wirtschaftlichen Eigentümer der Wirtschaftsgutes Mieterinvestitionen zuzurechnen ist.
Diese Ansicht des Berufungswerbers ist aus folgenden Gründen verfehlt:
1. Das Wirtschaftsgut Mieterinvestitionen (Zu- und Umbauten an einer gemieteten Liegenschaft) beinhaltet nicht einen materiellen oder ideellen Anteil am Gebäude, sondern beinhaltet das Recht, den Mietgegenstand mit den vom Mieter vorgenommenen Veränderungen (bauliche Adaptierungen) eine bestimmte Zeit - in der Regel die Vertragsdauer - zu benutzen. Diese Mieterinvestitionen sind daher nach den ertragssteuerrechtlichen Bestimmungen auf die Dauer der voraussichtlichen Nutzung (Vertragsdauer) abzuschreiben. Ein wirtschaftliches Eigentum am Gebäude oder Gebäudeteilen wird dadurch aber - im Gegensatz zu den beweglichen, nicht fest mit dem Gebäude verbundenen Gegenständen - nicht begründet. Die in der Berufung zitierten VwGH-Erkenntnisse betreffen die selbständige Bewertbarkeit des Wirtschaftsgutes "Mieterinvestitionen", geben aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Wirtschaftsgut "Gebäude" bzw. "Gebäudeteile" nicht mehr dem zivilrechtlichen (und gleichzeitig auch vermuteten wirtschaftlichem) Gebäudeeigentümer, sondern dem Mieter (als wirtschaftlichem Eigentümer des Wirtschaftsgutes Mieterinvestitionen) zuzurechnen wäre.
2. Nach § 2 Abs. 1 BewG ist Bewertungsgegenstand die wirtschaftliche Einheit. Die wirtschaftliche Einheit Betriebsvermögen besteht aus den einzelnen Wirtschaftsgütern des Betriebes. Neben dem Wirtschaftsgut "Betriebsgrundstück" kann es auch ein Wirtschaftsgut "Mieterinvestitionen" geben. Wirtschaftliche Einheit ist im berufungsgegenständlichen Fall aber nicht ein Betriebsvermögen oder ein Betriebsgrundstück, sondern das Geschäftsgrundstück EZ 999 u.a., KG W, Adresse2. Nach § 51 Abs. 1 BewG umfasst diese wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens auch die Gebäude und das Zubehör des Grundstückes. Alle Gegenstände, die Bestandteil des Gebäudes sind, sind daher beim Gebäudewert mitzubewerten. Parkettfußboden, Verfliesungen, WC-Anlagen und Türen sind fest mit dem Gebäude verbunden und daher dessen Bestandteile. Investitionen in das Gebäude, die der Verbesserung der baulichen Ausführung eines Gebäudes (oder Gebäudeteiles) dienen, können daher bei Überschreiten der Wertfortschreibungsgrenzen des § 21 Abs. 1 Z. 1 BewG zu einer Neufeststellung des Einheitswertes führen. Die Investitionen (des Mieters) in die Bareinrichtung und den Empfangsbereich gelten hingegen als Investitionen in bewegliche Gegenstände, die nicht fest mit dem Gebäude verbunden sind, bzw. sind als Betriebsvorrichtung anzusehen. Sie bleiben daher bei einer allfälligen Neufeststellung des Einheitswertes unberücksichtigt. Ob nun die Investitionen in das Gebäude, die der Verbesserung der baulichen Ausführung eines Gebäudes (oder Gebäudeteiles) dienen, vom Eigentümer oder vom Mieters vorgenommen werden, macht keinen Unterschied darin, nach welcher Bauklasse und nach welcher Ausführung das Gebäude (oder der Gebäudeteil) zu bewerten ist. Das Entstehen eines Wirtschaftsgutes "Mieterinvestitionen" beim Mieter hindert nicht die Neubewertung der wirtschaftlichen Einheit "Grundvermögen" wegen baulicher Verbesserung der Ausführung eines Gebäudes. Auch kommt es nicht darauf an, ob diese Mieterinvestitionen tatsächlich zu einer Wertsteigerung des Grundstückes oder Gebäudes geführt haben, da nach den maßgeblichen Gesetzesbestimmungen (§ 53 Abs. 3 BewG und Anlage zu § 53 a BewG) die dort festgestellten Durchschnittspreise, differenziert nach Bauklasse und Ausführung zu unterstellen sind. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen hat, weil die Bewertung ausschließlich nach den tatsächlichen Verhältnissen zum Bewertungsstichtag (hier ) zu erfolgen hat.
Da der Berufungswerber keine Einwendungen dagegen vorbrachte, dass die vom Finanzamt angenommene Bauklasse und Ausführung nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen würden, war die vom Finanzamt vorgenommene Einstufung als zutreffend anzuerkennen.
Aus den angeführten Gründen war die Berufung daher als unbegründet abzuweisen.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 51 Abs. 1 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 53 Abs. 3 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 53a BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at