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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 09.01.2009, RV/0018-L/07

Der Pönalcharakter der Strafe soll im Wege der steuerlichen Entlastung nicht unwirksam gemacht werden - dies gilt auch für Disziplinarstrafen von Rechtsanwälten, da deren Klienten in ihre berufliche Tätigkeit großes Vertrauen setzen.

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/15/0035 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO 2000 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Hinweis:

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (= Bw.) brachte gegen den Feststellungsbescheid 2000 Berufung ein, da die Einkünfte entgegen der Abgabenerklärung um 17.740,50 S erhöht worden waren: Es handelt sich bei diesem Betrag um Disziplinarstrafen eines der Beteiligten, die die Abgabenbehörde erster Instanz erklärungswidrig nicht als Betriebsausgaben qualifizierte. In der Berufungsbegründung wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass "§ 20 EStG die Geltendmachung von Strafen als Betriebsausgaben nicht ausdrücklich" ausschließe. Der Ausschluss ergebe sich erst aufgrund der VwGH-Judikatur. Kernpunkt sei, dass nicht zu einer Freiheits- sondern einer Geldstrafe verurteilt wurde, "von wem das Geld dafür kommt, bleibt belanglos". Die Geldstrafe treffe den Verurteilten also nicht zwangsläufig direkt, die Freiheitsstrafe sei lediglich Ersatzfreiheitsstrafe. Die Meinung des VwGH, wonach die Strafe eine persönliche Angelegenheit sei, sei also nicht richtig, außerdem beziehe sich der VwGH nur auf "staatliche Strafen". Im Fall des betroffenen Beteiligten handle es sich aber um Disziplinarstrafen der Rechtsanwaltskammer, "also Strafen, die ausschließlich und nur im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen". Der Sachverhalt, der seiner disziplinären Verurteilung zugrunde lag, habe ausschließlich und nur mit seiner beruflichen Tätigkeit zu tun. Die Disziplinarstrafe berühre also seine Privatsphäre in keiner Weise, weshalb ein Recht darauf bestehe, die Disziplinarstrafe als Betriebsausgabe abzusetzen.

Aus dem Akteninhalt ist ersichtlich, dass die Disziplinarstrafen und damit zusammenhängend der Ersatz von Pauschalkosten und Barauslagen verhängt wurde vom Disziplinarrat der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer wegen Berufspflichtenverletzung und Verletzung von Ehre und Ansehen des Standes (entstanden durch mangelhafte Auftragserfüllung - ua. durch Verzögerung bei Auftragsbearbeitungen; Nichteinhaltung der Verpflichtung, übernommene Vertretungen mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu besorgen).

Die Abgabenbehörde erster Instanz wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. Es wurde rechtzeitig ein Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Es ist nun grundsätzlich festzustellen, ob die berufungsgegenständlichen Disziplinarstrafen als Betriebsausgaben zu qualifizieren sind. Dazu ist zu untersuchen, ob sie durch die Ausübung der Rechtsanwaltstätigkeit veranlasst sind. Es ist offenkundig, dass die Rechtsanwaltstätigkeit besteht in der Ausübung der rechtsanwaltlichen Aufgaben im Rahmen der Gesetze und der standesrechtlich auferlegten Pflichten. In Konsequenz dazu müsste, um die Disziplinarstrafe als Betriebsausgabe qualifizieren zu können, die der Disziplinarstrafe unterzogene Verhaltensweise in Ausübung der rechtsanwaltlichen Aufgaben im Rahmen der Gesetze und standesrechtlich auferlegten Pflichten gesetzt worden sein. Dass es nahezu unvorstellbar ist, dass ein Rechtsanwalt seine Aufgaben im Rahmen der Gesetze und standesrechtlich auferlegten Pflichten durchführt und in der Folge dafür eine Disziplinarstrafe verhängt wird, ist offenkundig und kann dies in der Praxis nur in Marginalfällen vorliegen. Um nun festzustellen, ob im berufungsgegenständlichen Fall eine Abzugsfähigkeit der Disziplinarstrafen als Betriebsausgaben möglich ist, ist die einschlägige Judikatur des VwGH zu beachten. Im Erkenntnis vom , 99/13/0221 sprach er aus, dass es mit dem Strafzweck unvereinbar ist, im Weg der steuerlichen Entlastung den Pönalcharakter der Strafe zumindest teilweise unwirksam zu machen. Daraus ist zu ersehen, dass Linie des VwGH bei Nichtqualifizierung einer Geldstrafe als Betriebsausgabe der Umstand ist, dass den Steuerpflichtigen vermittelt werden soll, dass der Pönalcharakter einer verhängten Strafe aufrecht bleibt und nicht mittels "Steuerabschreibung" umgangen wird. Wenn die Bw. nun vorbringt, das sei auf "staatliche Strafen" (gemeint wohl Gerichtsstrafen und Verwaltungsstrafen) zu beziehen, nicht jedoch auch von Disziplinarkommission verhängte Strafen, so ist bei analoger Anwendung des oa. VwGH-Judikats Folgendes auszuführen: Wenn das Vertrauen der Steuerpflichtigen in den Pönalcharakter von Strafen, der nicht über den "Umweg der Steuerabschreibung" umgangen werden soll, aufrecht erhalten werden soll, so ist kein Hinweis zu sehen, weshalb dies nur den Pönalcharakter von Gerichts- und Verwaltungsstrafen, nicht aber den von Disziplinarstrafen betreffen soll. Es ist in der Gesellschaft allgemein bekannt, dass die Disziplinargerichtsbarkeit einzelner Berufsgruppen zur Aufrechterhaltung der von den jeweiligen Gruppen akzeptierten berufsständischen Verhaltensmuster dient. Als Ausfluss dessen haben Disziplinarstrafen den selben Pönalcharakter wie von Justiz oder Verwaltung verhängten Strafen, die ja auch nur dann verhängt werden können, wenn gegen normiertes Verhalten verstoßen wurde und der so gesetzte Sachverhalt unter ein gesetzliches Tatbild zu subsumieren ist. Gerade weil selbständige Berufe wie Ärzte, Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater uä. mit höchstpersönlichen Themen und Problemen ihrer Patienten und Mandanten betraut sind, ist es zu derem Schutze erforderlich, dass das in die Beauftragten gesetzte Vertrauen durch eine stabile berufsständische Disziplinargerichtsbarkeit geschützt ist. Es wäre bei Beachtung des oa. VwGH-Judikats logisch nicht nachvollziehbar, weshalb das Signal, dass der Pönalcharakter der Strafe nicht durch Steuerabschreibung (zumindest teilweise) unwirksam gemacht werden solle, sich nur beschränken solle auf Justiz- und Verwaltungsstrafen, nicht jedoch auf Disziplinarstrafen. In diesem Zusammenhang ist auch das Erkenntnis des zu sehen, wonach Geldstrafen ausnahmsweise dann abzugsfähig sind, wenn die Zuwiderhandlungen in den Rahmen einer "normalen Betriebsführung" fallen: Da es offenkundig nicht zur normalen Betriebsführung eines Rechtsanwaltes gehört, Aufträge mangelhaft zu erfüllen - ua. durch Verzögerung von Auftragsbearbeitungen und mangelnde Auftragserfüllung bzw. Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit bei Besorgung der Vertretungen vermissen zu lassen (wie im berufungsgegenständlichen Fall vorliegend) ist im oa. Gesamtkontext der Notwendigkeit der Aufrechterhaltung des Pönalcharakters von Geldstrafen unter Beachtung des Beibehaltens des Vertrauens von Mandanten und Patienten in das Verhalten von Vertretern selbständiger Berufe (w.o.a.) die Bezahlung der berufungsgegenständlichen Geldstrafen nicht als Betriebsausgabe zu qualifizieren. Es war aus den angeführten Gründen spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
UFSaktuell 2009, 91

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at