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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 26.07.2012, RV/1286-W/12

Anrechnung pflegebedingter Geldleistungen auf die Mehraufwendungen wegen Behinderung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird im Sinne der Berufungsvorentscheidung abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind der Berufungsvorentscheidung vom zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) ist Pensionistin. In der Beilage zu ihrer für das Jahr 2010 eingereichten Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung beantragte sie die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung für ihr Kind. Die Erklärung erhält dazu folgende Hinweise: Versicherungsnummer und Geburtsdatum des Kindes; Bezug erhöhter Familienbeihilfe von Jänner bis Dezember 2010 sowie für den gleichen Zeitraum Bezug Pflegegeld von monatlich € 442,90.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer 2010 in der Höhe von € -277,38 fest, wobei die "Pauschbeträge nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen der Behinderung eines Kindes" unberücksichtigt blieben.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wendete die Bw. ein, dass mit Wirkung vom Frau Sachwalterin zur Sachwalterin ihrer Tochter bestellt worden sei. Diese beziehe nun sämtliche Einkünfte (wie Pflegegeld, Wohnbeihilfe, Sozialhilfe und Waisenpension). Ab Juni 2010 habe die Sachwalterin auch versucht, auf die erhöhte Familienbeihilfe zuzugreifen, was auf Grund des Rechtsanwaltes der Bw. noch habe verhindert werden können.

Mit der Begründung, Geld auf dem Konto der Tochter ansparen zu müssen, sei der Bw. im Jahr 2010 nur ein geringer Teil des Pflegegeldes (bzw. in den Monaten Juli, August, und November 2010 gar kein Pflegegeld) ausbezahlt worden. Insgesamt habe die Bw. im Jahr 2010 € 1.057,90 an Pflegegeld erhalten. Zum Nachweis legte die Bw. Kopien ihrer Kontoauszüge bei.

Des Weiteren führte die Bw. aus, dass ihre Tochter seit dem Jahr 2007 pro Jahr mehrere Monate immer wieder im Krankenhaus verbringe und während des stationären Aufenthaltes nachweislich kein Pflegegeld beziehe.

Wie die Bw. mehrmals schriftlich bekannt gegeben habe, halte sich ihre Tochter überwiegend in der Wohnung der Bw. auf und sei nur sehr sporadisch in ihrer eigenen Wohnung anwesend. Sie besitze seit dem Jahr 1999 eine Eigentumswohnung, die zur Hälfte von der Bw. finanziert worden sei. Selbst wenn die Tochter einige Tage in ihrer eigenen Wohnung verbringe, dann müsse sie auch dort von der Bw. voll versorgt werden.

Die psychische Erkrankung der Tochter der Bw. habe sich insbesondere im letzten Jahr (seit Frau Sachwalterin zur Sachwalterin bestellt worden sei) sehr verschlechtert. Sie zittere extrem mit den Händen und verschütte sämtliche Getränke, die sie zu sich nehme, auf dem Boden, da sie prinzipiell nur im Gehen trinke. Die Fußböden müssten daher mehrmals am Tag gereinigt werden. Ebenso verhalte es sich mit der Kleidung und auch der Bettwäsche. Die Bettwäsche müsse mehrmals in der Woche gewechselt werden und sämtliche Kleidungsstücke würden ständig Flecken aufweisen, die trotz des Waschens nicht mehr zu entfernen seien. Deshalb seien auch immer wieder neue Kleidungsstücke anzuschaffen, da sie binnen kürzester Zeit auf Grund zahlreicher Flecken unansehnlich und damit nicht mehr tragbar seien.

Auch die eklatant hohen Heizkosten und Stromzahlungen würden daraus resultieren, dass die Tochter der Bw. ihren Lebensmittelpunkt bei ihrer Mutter habe.

Mit Berufungsvorentscheidung vom änderte das Finanzamt den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, als nunmehr der Kinderfreibetrag für ein haushaltszugehöriges Kind gemäß § 106a Abs. 1 EStG berücksichtigt wurde.

Mit Eingabe vom beantragte die Bw. die Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und wiederholte in ihrem Vorlageantrag, dass die derzeitige Sachwalterin ihrer Tochter über alle Einkünfte ihrer Tochter verfüge und die Bw. lediglich die erhöhte Familienbeihilfe für ihre Tochter beziehe.

Wenn nun in der Berufungsvorentscheidung ausgeführt werde, dass im Jahr 2010 ein Pflegegeld von insgesamt € 3.213,60 ausbezahlt worden sei, so sei dabei zu beachten, dass dieses Geld nur zu einem geringen Teil, nämlich im Ausmaß von € 1.057,90 an die Bw. ausbezahlt worden sei.

Die Bw. weigere sich, für den von Sachwalterin einbehaltenen Teil des Pflegegeldes in der Höhe von € 2.155,70 Steuer zu bezahlen, da dieses Geld weder der Bw. noch ihrer Tochter zur Verfügung gestanden sei.

Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass die Bw. als pflegende Mutter, die 24 Stunden ihrer Tochter umsorge, im Jahre 2010 keinen Pflegeantrag gestellt habe, sondern dies von der Sachwalterin veranlasst worden sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen.

Nach § 34 Abs. 6 dritter Teilstrich EStG 1988 in der ab geltenden Fassung können Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG) 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld und Blindenzulage) übersteigen. Nach dem letzten Satz dieser Gesetzesstelle kann der Bundesminister für Finanzen mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

Ergänzend zu diesen gesetzlichen Regelungen wurde mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996, idF BGBl. II 91/1998, festgesetzt, dass bestimmte aus der Behinderung resultierende Mehraufwendungen teils unter Anrechnung pflegebedingter Geldleistungen, teils ohne Anrechnung steuermindernd berücksichtigt werden können. Ausgeschlossen ist die Anrechnung pflegebedingter Geldleistungen ausdrücklich nur für die in den §§ 2 und 4 der Verordnung angeführten Beträge, nicht jedoch für den hier maßgeblichen Freibetrag nach § 5.

Gemäß § 5 Abs. 1 der oben zitierten Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen sind Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten mit monatlich € 262,00 vermindert um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) zu berücksichtigen.

Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung sind somit bei Ermittlung eines Abzugsbetrages für außergewöhnliche Belastungen von den Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte, erheblich behinderte Personen pflegebedingte Geldleistungen abzuziehen.

Der Tochter der Bw. wurde im Jahr 2010 Pflegegeld im Ausmaß von € 3.213,60 gewährt. Dieser Betrag, welcher dem Lohnzettel der Tochter für das Jahr 2010 zu entnehmen ist, hat den in § 5 Abs. 1 der genannten Verordnung angeführten Pauschbetrag in der Höhe von € 3.144 (€ 262 x 12 Monate) überstiegen.

Sofern die Bw. in diesem Zusammenhang einwendet, dass ihr im Streitjahr 2010 nur ein Teil des Pflegegeldes ausbezahlt und der Rest des Pflegegeldes am Konto der Tochter angespart worden sei, ist diesem Vorbringen entgegenzuhalten, dass es keinen Unterschied macht, ob das Pflegegeld der Tochter der Bw. sofort oder in Zukunft - nach Ansparen eines größeren Betrages - zu Gute kommt.

Die Bw. hat im Verfahren keine über diesen Betrag bzw. über den Betrag des erhaltenen Pflegegeldes hinausgehenden Aufwendungen nachgewiesen. Die Bw. deutet zwar in ihrer Berufung finanzielle Mehraufwendungen für ihre Tochter an, indem sie vorbringt, dass die Tochter ihren Lebensmittelpunkt in der Wohnung der Bw. habe, woraus hohe Heiz- und Stromkosten resultieren würden und sie des Weiteren ihre Tochter auch dann voll versorgen müsse, wenn sich diese in ihrer eigenen Wohnung aufhalte, doch lässt sich diesem zahlenmäßig nicht näher konkretisierten Vorbringen nicht einmal die Behauptung entnehmen, dass die Mehraufwendungen den Pauschbetrag bzw. das Pflegegeld überstiegen hätten.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass bei abgabenrechtlichen Begünstigungen, zu denen auch die Geltendmachung außergewöhnlicher Belastungen zu zählen ist, der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit insofern in den Hintergrund tritt, als der Partei eine besondere Behauptungslast obliegt. Es liegt also an der Partei, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels die Umstände darzulegen, die für die Begünstigung sprechen (vgl. z.B. ).

Wie in der Berufungsvorentscheidung zutreffender Weise ausgeführt wurde, ist der Kinderfreibetrag in der Höhe von € 220 zu gewähren.

Aus den dargelegten Gründen war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
außergewöhnliche Belastung
erhöhte Familienbeihilfe
Pflegegeld
Anrechnung pflegebedingter Geldleistungen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at