Rückwirkende Gründung einer unechten stillen Gesellschaft, Nachweis des positiven Verkehrswertes
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/0188-I/02-RS1 | Hatte das Vermögen der Geschäftsherrin (einer GmbH) zum Zusammenschlussstichtag auf Grund von Verlusten einen negativen Buchwert von fast 3 Millionen S und wurden auch in den Folgeperioden bis zur Liquidation der Gesellschaft weiterhin nur (wenngleich deutlich verringerte) Verluste erwirtschaftet, kann auf ein Sachverständigengutachten zum Nachweis eines zum Zusammenschlussstichtag angeblich dennoch vorhandenen positiven Verkehrswertes nicht verzichtet werden. Wird ein solcher Nachweis nicht erbracht, ist § 23 UmgrStG nicht anwendbar und war daher die rückwirkende Gründung einer unechten stillen Gesellschaft mit steuerlicher Wirkung nicht möglich. |
Entscheidungstext
BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch die Barenth Freisinger Geisler Buchprüfungsgesellschaft mbH, gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 1996 entschieden: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften findet für das Jahr 1996 nicht statt.
Hinweis
Diese Berufungsentscheidung wirkt gegenüber allen Beteiligten (§ 191 Abs. 3 lit. b BAO). Mit der Zustellung dieser Bescheidausfertigung an eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle am Gegenstand der Feststellung Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 BAO).
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
An der mit Gesellschaftsvertrag vom mit einem Stammkapital von 500.000 S gegründeten A.GmbH waren die U.GmbH, A.P. und J.A. beteiligt. Gesellschafter der U.GmbH wiederum waren die Ehegatten M.P. und D.P. sowie deren Kinder A.P. und C.P..Der Geschäftsanteil des J.A. an der A.GmbH wurde im März 1995 von dessen Sohn M.A. und im April 1996 von der U.GmbH übernommen, sodass sich sämtliche Anteile an der A.GmbH seither unmittelbar oder mittelbar in den Händen der Familie P. befinden.
Geschäftsgegenstand der A.GmbH ist der Betrieb eines Laborfachhandels, ihr Sitz liegt in I. Im Firmenbuch eingetragener Geschäftsführer der Gesellschaft war M.P. Tatsächlich wurden die Geschäfte der Gesellschaft jedoch zunächst durch J.A. von einer Zweigniederlassung in W. aus geleitet. Das Dienstverhältnis der A.GmbH mit J.A. wurde im April 1996 beendet. Die Zweigniederlassung in W. wurde im Jahr 1998 geschlossen.
Das Geschäftsjahr 1995 der A.GmbH endete (bei Umsatzerlösen von 17,573.086,21 S) mit einem Jahresfehlbetrag (laut Handelsbilanz) von -2,409.443,87 S, das Geschäftsjahr 1996 (bei Umsatzerlösen von 16,012.923,16 S) mit einem Jahresfehlbetrag von -1,491.390,48 S.
M.P. betrieb - unter derselben Anschrift wie die A.GmbH - gleichfalls einen Laborfachhandel in I. Er erzielte aus seinem Einzelgewerbebetrieb 1996 einen Jahresüberschuss von 1,126.082,86 S (257.866,22 S laut Handelsbilanz nach Abzug eines Beteiligungsverlustes von 868.216,64 S), die Umsatzerlöse hatten 20,580.607,18 S betragen. Zwischen dem Einzelgewerbebetrieb und der A.GmbH bestanden Geschäftsbeziehungen.
Am schloss die A.GmbH mit M.P. einen Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft, wonach sich M.P. mit einer Einlage von 900.000 S als atypisch stiller Gesellschafter am Betrieb der A.GmbH beteiligte. Gemäß Punkt II. dieses Vertrages sollte der stille Gesellschafter "rückwirkend ab am Gewinn und Verlust des Unternehmens des Geschäftsherrn und schuldrechtlich auch am Vermögen einschließlich der stillen Reserven und des Firmenwertes des Geschäftsherrn zu je 90 % beteiligt" sein. Die Einlage des stillen Gesellschafters wurde durch Verrechnung mit offenen Lieferverbindlichkeiten der A.GmbH aufgebracht.
Das Finanzamt wurde am vom Zusammenschluss der A.GmbH und des M.P. zu einer atypisch stillen Gesellschaft gemäß Art. IV des Umgründungssteuergesetzes in Kenntnis gesetzt.
Für den Zeitraum vom 1. Jänner bis zum hatte die A.GmbH einen Fehlbetrag von -523.496,33 S zu verzeichnen, die Umsatzerlöse hatten sich im genannten Zeitraum auf 10,884.427,19 S belaufen. Die Zwischenbilanz der A.GmbH zum weist - bei einem zur Hälfte eingezahlten Stammkapital von 250.000 S - einen Bilanzverlust von -2,985.994,20 S bzw. einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von -2,735.994,20 S aus. In die Übertragungsbilanz zum wurde ein "steuerneutraler Übertragungsausgleichsposten" von 2,835.994,20 S eingestellt, woraus sich ein "Übertragungswert" des Betriebes von 100.000 S ergeben sollte.
Im Jahresabschluss 1997 der A.GmbH war (bei Umsatzerlösen von nur mehr 8,853.299,37 S) ein Jahresfehlbetrag von -588.439,21 S ausgewiesen. Für 1998 ergab sich ein Jahresfehlbetrag von -328.630,78 S (bei Umsatzerlösen von 6,853.028,36 S). Mit Februar 1999 wurde die Geschäfttätigkeit der A. GmbH beendet. Für 1999 wies die A.GmbH (bei Umsatzerlösen von 2,283.647,79 S) erstmals einen geringen Jahresüberschuss von 5.397,13 S aus, der im Wesentlichen aus Anlagenverkäufen resultierte. Am beschloss die Generalversammlung die Liquidation der Gesellschaft; M.P. wurde zum Liquidator bestellt. Für das Geschäftsjahr vom 1. Jänner bis hatte sich noch ein Fehlbetrag von -113.304,80 S ergeben.
Gleichzeitig mit der Fassung des Liquidationsbeschlusses wurde die stille Gesellschaft zwischen der A.GmbH und M.P. beendet.
Im Jahr 1999 hatte M.P. auch sein Einzelunternehmen eingestellt. Für 1997 hatte sich noch ein Jahresüberschuss von 650.582,73 S ergeben (618.800,37 S laut Handelsbilanz nach Abzug eines Beteiligungsverlustes von 31.782,36 S), die Umsatzerlöse hatten 16,446.704,95 S betragen. Das Geschäftsjahr 1998 schloss mit einem Jahresfehlbetrag von -465.966,10 S (bei Umsatzerlösen von 13,364.361,02 S), das Geschäftsjahr 1999 mit einem Jahresfehlbetrag von -894.377,39 S (bei Umsatzerlösen von 5,744.072 S).
A.P. und C.P., die Kinder des M.P., gründeten mit Gesellschaftsvertrag vom die U.P.GmbH, welche in I. (unter der bisherigen Geschäftsanschrift der A.GmbH bzw. des M.P.) wiederum einen Laborfachhandel eröffnete.
Am wurde für die "A.GmbH & Still" beim Finanzamt eine Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften für das Jahr 1996 eingereicht, in der - entsprechend dem im Vertrag vom vereinbarten Verteilungsschlüssel - für den Zeitraum vom 1. August bis zum der A.GmbH ein steuerlicher Verlustanteil von -96.469 S und dem stillen Gesellschafter M.P. ein steuerlicher Verlustanteil von -868.216 S zugewiesen wurden.
Bei einer abgabenbehördlichen Prüfung gelangte der Prüfer zur Auffassung, dass zum Zusammenschlussstichtag () bzw. zum Zeitpunkt des Gründungsvertrages der stillen Gesellschaft das Vermögen der A. GmbH keinen positiven Verkehrswert hatte. Da Artikel IV des Umgründungssteuergesetzes demnach nicht anwendbar sei, stehe einer Anerkennung der stillen Gesellschaft für das Veranlagungsjahr 1996 das steuerliche Rückwirkungsverbot entgegen.
Im Zuge der Betriebsprüfung hatte der steuerliche Vertreter der A. GmbH mit Schreiben vom zur Frage des Verkehrswertes des Betriebes folgende Stellungnahme abgegeben:
J.A., der praktisch Geschäftsführerstellung innehatte, habe unter Außerachtlassung der notwendigen kaufmännischen Sorgfalt das Unternehmen in den Misserfolg geführt. Trotz guter Auftragslage und einem hohen Kundenstock sei die A. GmbH in Zahlungsschwierigkeiten gekommen. Die Gesellschafter seien vor der Entscheidung gestanden, dem Betrieb durch Zufuhr von Eigenkapital einen Neubeginn zu ermöglichen oder ihr eingesetztes Kapital durch eine in weiterer Folge nicht abwendbare Insolvenz zu verlieren. Da die übrigen Gesellschafter eine Unternehmenssanierung im Wege einer Kapitalerhöhung nicht unterstützten, sei M.P. lediglich eine Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter geblieben, um der notleidenden Gesellschaft auf eigenes unternehmerisches Risiko das notwendige Kapital zuzuführen. Die Einlage des M.P. habe 900.000 S betragen, das Unternehmen der A.GmbH habe zum Zusammenschlussstichtag einen angenommenen Übertragungswert von 100.000 S aufgewiesen; dem entspreche die Beteiligung des M.P. mit 90 % an Erfolg und Vermögen der Geschäftsherrin. Trotz der durch die Misswirtschaft des J.A. erlittenen Verluste sei das Unternehmen dank guter Kundenkontakte in der Lage, nachhaltig Zukunftserfolge zu erzielen. Dabei sei auch auf zur Zeit stattfindende Vorgespräche mit zwei Mitbewerbern, der Firma. M.GmbH und der Firma F. (USA), über einen möglichen Ankauf des Unternehmens zu verweisen. Zur Unternehmensbewertung - aus Sicht des Zusammenschlussstichtages im Jahr 1996 - seien die nachhaltig erzielbaren Zukunftserfolge anhand von Vergleichzahlen des Einzelunternehmens des M.P. abzuleiten. Die Betriebsfaktoren des Einzelunternehmens und der A.GmbH seien nahezu ident. Auch die Umsätze seien ähnlich. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) habe im Einzelunternehmen des M.P. 1,099.000 S im Jahr 1996 betragen; bei der A.GmbH wäre bei sorgfältiger kaufmännischer Führung ein EGT von 908.000 S im Jahr 1995 und ein EGT von 818.000 S im Jahr 1996 erzielbar gewesen. Berücksichtige man, dass für die Entlohnung eines sorgfältig agierenden Handlungsbevollmächtigten ein zusätzlicher Aufwand von ca. 900.000 S pro Jahr entstehe, käme man zu entsprechend berichtigten Ergebnissen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Die Bewertung sei äußerst vorsichtig erfolgt. Die angesetzten Mehrkosten von 900.000 S sollten mögliche Unsicherheiten abdecken.
Diesem Schreiben beigeschlossen war eine "vereinfachte Unternehmensbewertung", wonach sich ein positiver Verkehrswert des Vermögens der A.GmbH von rund 890.000 S nach folgender Berechnung ergebe:
Danach wurde der Unternehmenswert (Ertragswert) der A.GmbH zum Zusammenschlussstichtag als Summe der Barwerte der bei sorgfältiger kaufmännischer Führung unterstellten Zukunftserfolge ermittelt. Dabei wurden ab 1997 gleichbleibende Periodenerfolge angesetzt, die ab dem Jahr 2000 als ewige Rente kapitalisiert wurden. Das für 1997 vor Abzug der Geschäftsführungskosten errechnete EGT von 941.725 S entspricht einem Durchschnittswert, der aus dem EGT des Vergleichsbetriebes für 1996 (1,099.421 S), dem für die A.GmbH angesetzten EGT 1995 (907.737 S) und jenem für 1996 (818.015 S) gebildet wurde. Der "übrige Aufwand" der A.GmbH (1995: 3,377.861 S, 1996: 3,083.904 S) wurde - entsprechend dem beim Vergleichsbetrieb ermittelten Verhältnis - jeweils mit 18,89 % der Warenerlöse angesetzt.
Im Prüfungsbericht vom hielt der Prüfer dieser Stellungnahme entgegen, die Betriebsfaktoren der A.GmbH einerseits und des Einzelbetriebes des M.P. andererseits seien insofern nicht vergleichbar, als in die Ermittlung des Wareneinsatzes beim Einzelbetrieb Kursgewinne aus Fremdwährungsverrechnungen eingeflossen seien. Lasse man die Kursschwankungen außer Acht, so errechne sich beim Einzelbetrieb ein kleinerer als der vom Steuerberater angesetzte Betriebsfaktor. Zudem hätten sich beim Einzelbetrieb des M.P. bereits seit Beginn des Jahres 1997 Umsatzeinbußen bemerkbar gemacht. Kosten von 900.000 S für die Geschäftsführung seien nach Ansicht des Prüfers nicht aus Gründen der Vorsicht, sondern jedenfalls anzusetzen. Was die angeführten Verkaufsgespräche betreffe, so sei es weder mit der Firma. M.GmbH noch mit der Firma F. zu einem Vertragsabschluss gekommen. Der Firmenwert der A.GmbH wiege nach Ansicht des Prüfers das buchmäßige Negativkapital nicht auf, sonstige stille Reserven seien nicht vorhanden.
Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an und erließ mit Ausfertigungsdatum an die "A.GmbH und Stille" einen Bescheid, in dem die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Kalenderjahr 1996 gemäß § 188 BAO mit null S festgestellt wurden.
Gegen diesen Bescheid erhoben die A.GmbH und M.P. durch ihren steuerlichen Vertreter Berufung, in der sie die erklärungsgemäße Feststellung von Einkünften beantragten und zur Begründung auf das Schreiben vom verwiesen. Die Feststellungen im Prüfungsbericht seien unrichtig. Bei der Planungsrechnung sei der vom Prüfer selbst ermittelte Betriebsfaktor der A.GmbH verwendet worden. Der Faktor des Vergleichsbetriebes sei nur angeführt worden, um die Ähnlichkeit der Betriebe mit einem weiteren Merkmal zu untermauern. Der Einkauf der beiden Betriebe erfolge fast ausschließlich bei den gleichen Lieferanten. Die Ursache für die in der Buchhaltung aufscheinenden Fremdwährungsdifferenzen sei in einem mit dem Prüfer bereits erörterten Buchungsfehler gelegen: Unterjährig sei mit einem festen Umrechnungskurs gebucht worden, die Unterschiede zum tatsächlichen Devisenkurs seien erst zum Jahresende über ein Konto "Fremdwährungsgewinne" bzw. "Fremdwährungsverluste" ausgeglichen worden. Infolge der nicht sorgfältigen Geschäftsführung des J.A. habe die A.GmbH in den Vorjahren Verluste durch unverhältnismäßig hohe Aufwendungen erlitten, was in der Planungsrechnung durch die Darstellung der Vergleichszahlen des sorgfältig geführten Einzelbetriebes dokumentiert worden sei. Ausschließlich durch die bei sorgfältiger Führung erzielbare Kosteneinsparung sei es möglich, Gewinne zu erwirtschaften; hieraus leite sich der positive Verkehrswert ab. Der Umsatzrückgang sei in der Planungsrechnung berücksichtigt worden, hiezu werde auf die Darstellung der Umsätze 1995 und 1996 verwiesen. Der Ansatz zusätzlicher Kosten für die Geschäftsführung sei unter dem Blickwinkel einer nach kaufmännischer Vorsicht anzustellenden Berechnung erfolgt, um zu dokumentieren, dass der Wert des Betriebes auch bei zusätzlicher Entlohnung eines gut bezahlten Geschäftsführers positiv bleibe. Die Kosten des tatsächlichen Geschäftsführers J.A. seien im Personalaufwand bereits erfasst. Somit ergebe sich, dass bei sorgfältiger kaufmännischer Führung "nachhaltig positive Zukunftserfolge" erzielbar seien. Der daraus abzuleitende positive Unternehmenswert habe bereits zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses bestanden, da bei Gründung der stillen Gesellschaft bereits bekannt gewesen sei, dass "die bisherige Führungsmannschaft abgelöst" werde. An Hand des zu Vergleichszwecken herangezogenen Einzelbetriebes des M.P., der über nahezu idente Lieferanten, das nahezu gleiche Umsatzvolumen und eine idente Produktpalette wie die A.GmbH verfüge, lasse sich die positive Zukunftsprognose verifizieren.
Nach einer abweislichen Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes stellten die Berufungswerber den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führten aus, das Finanzamt habe sich in der Berufungsvorentscheidung auf die Feststellung beschränkt, dass der Firmenwert der A. GmbH das Negativkapital nicht aufwiege und der "Unternehmensfremdvergleich" nicht zutreffe. Dazu werde nochmals auf den Vergleichsbetrieb des M.P verwiesen und der Beweisantrag gestellt, die "Betriebsprüfungsakten" sowohl der A.GmbH als auch des M.P. einzuholen, aus denen festzustellen sei, dass es sich tatsächlich um vergleichbare Betriebe handle.
Mit Schreiben vom teilte der steuerliche Vertreter mit, dass sich M.P. aus Kostengründen nicht in der Lage sehe, ein Bewertungsgutachten zum Stichtag der Beteiligung an der A.GmbH in Auftrag zu geben. Der Umsatzrückgang in den Betrieben der A.GmbH und des M.P. sei zu einem wesentlichen Teil auf die Gründung des Konkurrenzunternehmens durch die Kinder des Ehepaares P. zurückzuführen, die bereits in den letzten eineinhalb Jahren vor der Gründung des Konkurrenzunternehmens (der U.P.GmbH) als Dienstnehmer der A.GmbH "auf die eigene Selbständigkeit vorgearbeitet" und ihre Dienstnehmerpflichten dementsprechend nachlässig erfüllt hätten. Die Gründung dieses Konkurrenzunternehmens der Kinder sei letztlich auch die Ursache dafür gewesen, dass sowohl M.P. als auch die A.GmbH. ihre Betriebe hätten schließen müssen. Bei der A.GmbH sei zudem ein guter Außendienstmitarbeiter, der einen großen Kundenstock zu betreuen hatte, im Jahr 1998 infolge eines Schlaganfalls ausgefallen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 23 Abs. 1 UmgrStG liegt ein Zusammenschluss vor, wenn Vermögen (im Sinne des Abs. 2, dazu zählen Betriebe, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile) ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf Grundlage eines Zusammenschlussvertrages (Gesellschaftsvertrages) einer Personengesellschaft tatsächlich übertragen wird. Voraussetzung ist, dass das übertragene Vermögen am Zusammenschlussstichtag, jedenfalls aber am Tag des Abschlusses des Zusammenschlussvertrages, einen positiven Verkehrswert besitzt. Der Übertragende hat den positiven Verkehrswert im Zweifel durch das Gutachten eines Sachverständigen nachzuweisen.
Der Zusammenschlussstichtag kann auch auf einen Zeitpunkt vor Unterfertigung des Zusammenschlussvertrages rückbezogen werden, wenn innerhalb der im § 202 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches genannten (neunmonatigen) Frist die Meldung des Zusammenschlusses beim zuständigen Finanzamt erfolgt (§ 24 Abs. 1 in Verbindung mit § 13 UmgrStG).
Bei Fehlen eines positiven Verkehrswertes des übertragenen Vermögens ist § 23 UmgrStG nicht anwendbar. Die Gründung einer unechten stillen Gesellschaft kann dann nicht mit steuerlicher Wirkung rückwirkend erfolgen. Erlangt eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt die Stellung eines Mitunternehmers, so können ihr - außerhalb des Umgründungssteuerrechtes - vielmehr erst ab diesem Zeitpunkt Gewinne und Verluste anteilig zugerechnet werden (; ).
Das Vermögen der A.GmbH wies zum Zusammenschlussstichtag - nach rund eineinhalbjährigem Bestand der Gesellschaft - einen negativen Buchwert von rund 2,7 Millionen S auf. Der Nachweis, dass der Verkehrswert dennoch positiv war, konnte mit der dem Finanzamt vorgelegten "vereinfachten" Bewertung (Stellungnahme vom ) aber nicht erbracht werden:
Die Planrechnung vom zieht Umsatz und EGT des Einzelbetriebes des M.P. aus dem Jahr 1996 und die Umsätze der A.GmbH aus den Jahren 1995 und 1996 heran. Der Vergleichsbetrieb des M.P. hatte im Jahr 1996 mit Umsatzerlösen von rd. 20,5 Millionen S und einem EGT von rd. 1,100.000 S (bzw. einem steuerlichen Gewinn von rd. 1,135.000 S) ein Jahresergebnis erzielt, das schon 1997 bei weitem nicht mehr erreicht werden konnte (EGT 1997 ohne Beteiligungsverlust rd. 650.000 S, steuerlicher Gewinn rd. 670.000 S, erklärte Umsatzerlöse rd. 16,4 Millionen S), aber auch nicht aus der Entwicklung der Vorjahre abgeleitet werden kann (steuerlicher Gewinn laut Betriebsprüfung 1995: rd. 290.000 S, erklärte Umsatzerlöse rd. 18,4 Millionen S; steuerlicher Gewinn laut Betriebsprüfung 1994: rd. 210.000 S, erklärte Umsatzerlöse rd. 19,4 Millionen S; steuerlicher Gewinn laut Betriebsprüfung 1993: rd. 230.000 S, erklärte Umsatzerlöse rd. 16,8 Millionen S; steuerlicher Gewinn laut Betriebsprüfung 1992: rd. 590.000 S, erklärte Umsatzerlöse rd. 17,8 Millionen S). Bei der A.GmbH lagen zum Zusammenschlussstichtag gegenüber dem Jahr 1995 und dem ersten Halbjahr 1996 insoweit völlig veränderte Verhältnisse vor, als der "faktische Geschäftsführer" J.A. seit April 1996 nicht mehr für die GmbH tätig war. Zwar trifft es zu, dass die A.GmbH nach dem Ausscheiden des J.A. erhebliche Einsparungen an Personalaufwand und sonstigen Ausgaben erzielen konnte. So haben die Personalkosten im Jahr 1995 noch rd. 3,6 Millionen S, im Jahr 1996 rd. 3,7 Millionen S (davon entfielen rd. 2,5 Millionen S auf die Zeit vom 1.1. bis ), hingegen im Jahr 1997 nur mehr 2,375.000 S und im Jahr 1988 nur mehr 1,058.000 S betragen; der "übrige Aufwand" (Aufwand ohne Wareneinsatz) insgesamt konnte von rd. 5,5 Millionen S im Jahr 1995 und rd. 5,8 Millionen S im Jahr 1996 (davon rd. 3,6 Millionen S im Zeitraum 1.1. bis ) auf rd. 3,6 Millionen S im Jahr 1997 und rd. 2,150.000 S im Jahr 1998 gesenkt werden. Nach dem Ausscheiden des J.A. ist es andererseits aber zu einem erheblichen Umsatzeinbruch gekommen: Die Umsatzerlöse betrugen im Jahr 1995 rd. 17,6 Millionen S und im Jahr 1996 rd. 16 Millionen S (davon entfielen 10, 9 Millionen S auf den Zeitraum 1.1. bis ), im Jahr 1997 hingegen nur mehr rd. 8,9 Millionen S und im Jahr 1998 rd. 6,9 Millionen S. Angesichts dieser unterschiedlichen Verhältnisse vor und nach dem Bewertungsstichtag kann es zum Nachweis eines positiven Verkehrswertes nicht ausreichen, die Prognose der Zukunftserfolge der A. GmbH aus den Umsätzen der Jahre 1995 und 1996 sowie einem einzigen hervorragenden Jahresergebnis des Vergleichsbetriebes abzuleiten.
Die Planrechnung ist auch in sich nicht schlüssig: Wie oben dargestellt, ist bei der Ermittlung der (bei sorgfältiger Wirtschaftsführung erzielbaren) Periodenerfolge 1995 und 1996 der "übrige Aufwand" mit einem aus dem Vergleichsbetrieb gewonnenen Prozentanteil der Warenerlöse angesetzt worden. Laut Planrechnung hätte der "übrige Aufwand" des Vergleichsbetriebes im Jahr 1996 3,962.103 S, das sind 18,89 % der Warenerlöse (von 20,972.701 S) betragen. Laut Jahresabschluss zum belief sich der "übrige Aufwand" des Vergleichsbetriebes jedoch auf 4,047.783 S, das sind 19,3 % der Warenerlöse. Die Differenz erklärt sich daraus, dass in die Planrechnung ein Ertrag (von 85.680 S) aus der Auflösung einer in Vorperioden (1992 und 1993) gebildeten Gewährleistungsrückstellung einbezogen worden war, indem die Aufwendungen des Jahres 1996 mit diesem außerordentlichen Ertrag saldiert wurden. Seit 1994 wurden weder in den Jahresabschlüssen des Vergleichsbetriebes noch in jenen der A.GmbH Rückstellungen für Gewährleistung gebildet. Geht man jedoch von den (ungekürzten) Aufwendungen der Rechnungsperiode des Vergleichsbetriebes aus, so ergibt sich - bei sonst unverändertem Rechengang - eine negative Erfolgsprognose, wie folgende Kontrollrechnung zeigt:
Die "Betriebsleistung" 1996 der A.GmbH wurde rechnerisch auf den im Jahresabschluss ausgewiesenen Betrag (geringfügig) berichtigt.
Die jährliche Belastung mit (Mindest-)Körperschaftsteuer ist dabei noch nicht berücksichtigt. Die Personalkosten (im Vergleichsbetrieb 1996: 1,975.973 S, das sind 9,42 % der Warenerlöse) sind in dieser Planrechnung im "übrigen Aufwand" enthalten; Kosten der Entlohnung eines Geschäftsführers sind im Vergleichsbetrieb nicht angefallen und daher in der Position "übriger Aufwand" nicht berücksichtigt, weshalb solche Kosten gesondert anzusetzen waren.
Was den Umsatzrückgang bei der A.GmbH angeht, ist festzuhalten, dass sich die im Schreiben des steuerlichen Vertreters vom genannten Umstände, nämlich die Vernachlässigung von Dienstpflichten durch die Kinder des M.P. im Hinblick auf die Gründung eines eigenen Betriebes und der Ausfall eines Außendienstmitarbeiters im Jahr 1998 erst in Zeiträumen lange nach dem Zusammenschlussstichtag ausgewirkt haben können. Zu einem Umsatzeinbruch ist es aber bereits Mitte 1996 - nach dem Ausscheiden des J.A. als "faktischer Geschäftsführer" der A.GmbH - gekommen, haben doch die Umsatzerlöse vom 1.1 bis noch 10,884.427 S, in den fünf Monaten vom 1.8. bis hingegen nur mehr 5,128.497 S betragen. Diese Umsatzentwicklung hat sich 1997 (mit Umsatzerlösen von 8,853.299 S) nur fortgesetzt.
Hinsichtlich der im Prüfungsbericht geäußerten Bedenken gegen die in der Planrechnung angewendeten Betriebsfaktoren ist das Finanzamt zwar nicht im Recht. Zutreffend weisen die Bw. darauf hin, dass der in der Planrechnung zur Ermittlung eines kalkulatorischen Wareneinsatzes angesetzte Betriebsfaktor der A.GmbH nicht aus dem Vergleichsbetrieb, sondern aus einer im Zuge der Betriebsprüfung erfolgten Einzelkalkulation übernommen wurde. Dennoch ist dem Finanzamt im Ergebnis darin zuzustimmen, dass ein Vergleich mit dem (zum Zusammenschlussstichtag durchaus erfolgreich geführten) Einzelbetrieb des M.P. eine positive Ertragsprognose der A.GmbH an Hand der vorgelegten Berechnungen nicht zuließ.
An Hand der dargestellten Betriebsergebnisse der A.GmbH in den Zeiträumen nach dem Ausscheiden des J.A. lassen sich die Bemühungen der Familie P. nachvollziehen, die Ertragslage des Betriebes durch Kosteneinsparungen zu verbessern. Obwohl, wie dargelegt, ein Umsatzeinbruch im zweiten Halbjahr 1996 hingenommen werden musste, konnten die Jahresverluste in den Jahren 1997 und 1998 ganz erheblich verringert werden, bevor die A.GmbH im Jahr 1999 - nach dem Vorbringen der Bw. aus familiären Gründen, da die Kinder des Ehepaares P. den Betrieb nicht fortsetzen wollten - ihre Tätigkeit einstellte. Ob mit dem nach dem Ausscheiden des J.A. verbliebenen Kundenstock und dem verringerten Personalstand der A.GmbH (in W.) unter der Leitung des Ehepaares P. (die von I. aus erfolgen musste) bei Weiterführung des Betriebes positive Periodenergebnisse erzielbar gewesen wären, muss auf Grund der tatsächlichen Entwicklung aber als in einem Maße zweifelhaft angesehen werden, dass auf einen Nachweis des Verkehrswertes der A.GmbH durch ein Sachverständigengutachten nicht verzichtet werden konnte.
Konnten aber die Bw. den für die Anwendung des Umgründungssteuergesetzes erforderlichen Nachweis eines positiven Verkehrswertes der A.GmbH nicht erbringen, war eine (rückwirkende) Beteiligung des M.P. am Ergebnis der A.GmbH für das Kalenderjahr 1996 nicht zulässig.
Eine einheitliche und gesonderte Feststellung von (gemeinschaftlichen) Einkünften hatte daher zu unterbleiben.
Innsbruck,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 23 Abs. 1 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 24 Abs. 1 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 |
Schlagworte | unechte stille Gesellschaft Rückwirkung positiver Verkehrswert Nachweis durch Sachverständigengutachten |
Anmerkung | siehe auch UmgrStRL 2002 Rz 1347 in Verbindung mit Rz 672 ff. |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at