Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 18.08.2003, RV/4356-W/02

Auswärtige Berufsausbildung eines Kindes (“Verordnungsgemeinde”) im Jahr 2001

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/4356-W/02-RS1
Hier: Änderung der Rechtslage im Jahr 2001
RV/4356-W/02-RS2
Hier: Bestehen während des ganzen Tages Zugsverbindungen mit einer Gesamtfahrzeit von unter einer Stunde, wird der Nachweis der einer Stunde übersteigenden Fahrzeit nicht erbracht.
RV/4356-W/02-RS3
Hier: Bestehen während des ganzen Tages Zugsverbindungen mit einer Gesamtfahrzeit von unter einer Stunde, wird der Nachweis der einer Stunde übersteigenden Fahrzeit nicht erbracht.
Folgerechtssätze
RV/4356-W/02-RS1
wie RV/0356-I/02-RS1
Beträgt die Entfernung zwischen Ausbildungs(Studien)- und Wohnort weniger als 80 km und gilt die tägliche Hin- und Rückfahrt zwischen den beiden Orten gemäß der zu § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 ergangenen Verordnungen als zeitlich zumutbar, erfolgt die Berufsausbildung eines Kindes innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes. Die durch eine solche Berufsausbildung verursachten Aufwendungen können weder nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 noch - im Hinblick auf die Anordnungen in § 34 Abs. 7 EStG 1988 - nach den allgemeinen Bestimmungen des § 34 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.
RV/4356-W/02-RS2
wie RV/4223-W/02-RS3
Der Gegenbeweis der längeren Fahrdauer als einer Stunde ist bei “Verordnungsgemeinden” seit (Beginn des Studienjahres 2001/2002, § 6 Abs. 1 UniStG) auch im Abgabenverfahren zulässig.
RV/4356-W/02-RS3
wie RV/4223-W/02-RS4
Da die Verordnung BGBl. 624/1995 i.d.F. BGBl. II Nr. 449/2001 hinsichtlich der Nachweisführung einer eine Stunde übersteigenden Wegzeit auf die jeweilige Gemeinde (den Wohnort bzw. den Ausbildungsort) und nicht auf die Wohnung bzw. die Ausbildungsstätte (und die Entfernung von Ein- und Ausstieggstellen öffentlicher Verkehrsmittel von diesen) abstellt, ist somit nicht die tatsächliche Gesamtfahrzeit maßgebend, sondern die tatsächliche Fahrzeit zwischen diesen beiden Gemeinden. Hierbei ist die Fahrzeit zwischen jenen Punkten der jeweiligen Gemeinden heranzuziehen, an denen üblicherweise die Fahrt zwischen diesen Gemeinden mit dem jeweiligen öffentlichen Verkehrsmittel angetreten bzw. beendet wird.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Mag. Franz Michlits KEG, gegen den Bescheid des Finanzamtes Eisenstadt betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2001 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt, einem Wirtschaftsprüfer oder einem Steuerberater unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Der in Jois wohnhafte Berufungswerber (Bw.) beantragte in seiner Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2001 unter anderem die Gewährung des Pauschbetrages nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 infolge Berufsausbildung seines Sohnes A an der Fachhochschule Technikum Wien in 1200 Wien, Höchstädtplatz 3, für den Zeitraum September bis Dezember 2002.

Mit Einkommensteuerbescheid vom wurde der Bw. zur Einkommensteuer für das Jahr 2001 veranlagt. Der Pauschbetrag nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 wurde nicht gewährt. "Laut Verordnung des Bundesministers für Finanzen 624/95 betreffend Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes ist von Ihrer Gemeinde die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort zeitlich zumutbar. Da diese Verordnung ab anzuwenden ist, kann ab diesem Zeitpunkt der Pauschbetrag (außergewöhnliche Belastung) nicht berücksichtigt werden."

Mit Schreiben vom erhob der Bw. durch seine steuerliche Vertreterin gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 Berufung mit dem Antrag, den Pauschbetrag zu berücksichtigen und führte aus:

"Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung vom 80 km zum Wohnort gelten dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort bzw. vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde bei Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt.

Mein Sohn besucht die Fachhochschule Technikum Wien, 1200 Wien, Höchstädtplatz 3. Die Fahrzeit mit dem Zug beträgt 50 Minuten von Jois bis zum Südbahnhof. Anschließend fährt er zwei Stationen mit der Schnellbahn vom Südbahnhof bis zum Handelskai sowie 2 weitere Stationen mit der U 6. Die Fahrzeit beträgt somit vom Wohnort bis zur Schule ca. 1,5 Stunden ohne Wegzeit.

Weiters liegen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Zuerkennung des Pauschbetrages für auswärtige Berufsausbildung rechtfertigende (Verpflegungs)Mehraufwendungen vor, wenn eine Teilnahme an den Familienmahlzeiten zu den üblichen Essenszeiten nicht möglich ist. Da mein Sohn auf den Zug angewiesen ist, muss er bei späterem Unterrichtsbeginn trotzdem schon 1 Stunde früher fahren bzw. ist es ihm bei 3 Freistunden zwischen Vormittags- und Nachmittagsunterricht nicht möglich, inzwischen nach Hause zu fahren. Daher liegen meines Erachtens doch Mehraufwendungen vor."

Beigeschlossen war eine Inskriptionsbestätigung, wonach der Sohn des Bw. im Wintersemester 2001/02 als ordentlicher Hörer im Fachhochschul-Studiengang "Elektronik" inskribiert sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt Eisenstadt die Berufung als unbegründet mit folgender Begründung ab:

"Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Nahbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht (§ 34 Abs. 8 Einkommensteuergesetz 1988). Zu Abs. 8 ist, mit Geltung ab , die Verordnung betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes BGBl 1995/624 ergangen. Nach § 2 Abs. 1 der Verordnung (idF BGBl II 2001/449) gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Bei der Fahrzeit zwischen Wohnort und Ausbildungsort, sind im Geltungsbereich der Verordnung zwar Wartezeiten, die beim Umsteigen außerhalb des Heimat- oder Studienortes (regelmäßig) anfallen, zu berücksichtigen, nicht aber die Zeiten zwischen Ankunft im Ausbildungsort und Ausbildungsbeginn sowie Ausbildungsende und Abfahrt des Verkehrsmittels, ebenso nicht andere Wartezeiten (Fußwege, Fahrten im Heimat- oder Studienort)."

Mit Schreiben vom beantragte die steuerliche Vertreterin des Bw. die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung und wiederholte zunächst das Vorbringen in der Berufung betreffend die allgemeine Rechtslage und die erforderliche Fahrzeit. Unter Anschluss eines Ausdruckes der Internetfahrplanauskunft der ÖBB wurde als Gesamtfahrzeit cirka 1 Stunde 25 Minuten angegeben. Wegstrecken von der Ausstiegsstelle vom Ausbildungsort bis zur Ausbildungsstätte von mehr als 1.500 m dürften nicht außer Ansatz bleiben; die Strecke zwischen Wien Südbahnhof und Wien Höchstädtplatz betrage weit mehr als 1,5 km.

Mit Bericht vom legte das Finanzamt Eisenstadt die Berufung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Abgabenbehörde zweiter Instanz vor. Die Erledigung sei im Sinne der Anfragebeantwortung im Lohnsteuerprotokoll 2002, Punkt 1.18, erfolgt.

Gemäß § 323 Abs. 10 BAO ist für die Entscheidung über die noch offene Berufung der Bw. seit der Unabhängige Finanzsenat zuständig.

Festgestellt wird, dass die Strecke Jois - Wien Südbahnhof in beiden Richtungen in weniger als einer Stunde erreichbar ist.

In den Morgenstunden bestehen unter anderem die in der Anlage dargestellten Verbindungen von Jois nach Wien Südbahnhof; in den Abendstunden die in der Anlage dargestellten Verbindungen von Wien Südbahnhof nach Jois. Die Fahrtzeit - inklusive allfälliger Umsteigevorgänge - beträgt jeweils weniger als eine Stunde.

Gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 605/1993, in der Fassung BGBl. Nr. 616/1995, BGBl. Nr. 307/1997 und BGBl. II Nr. 295/2001 ist von der Gemeinde Jois die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort Wien zeitlich noch zumutbar.

Über die Berufung wurde erwogen:

Auf Grund der Akten des Finanzamtes sowie der vom Unabhängigen Finanzsenat durchgeführten Ermittlungen steht folgender Sachverhalt fest:

Familienwohnsitz der Familie des Bw. ist Jois.

Der Sohn des Bw., A, studiert in Wien seit September 2001 an der Fachhochschule Technikum Elektronik. Die Kosten für die auswärtige Berufsausbildung trägt der Bw.

Vom Wohnort Jois (Bahnhof) kann die Haltestelle Wien Südbahnhof in weniger als einer Stunde erreicht werden.

Jois ist von Wien weniger als 80 km entfernt.

Gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 605/1993, in der Fassung BGBl. Nr. 616/1995, BGBl. Nr. 307/1997 und BGBl. II Nr. 295/2001 ist von der Gemeinde Jois die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort Wien zeitlich noch zumutbar.

Der Unabhängige Finanzsenat folgt hierbei dem Vorbringen der Parteien des zweitinstanzlichen Verfahrenes. Die Verbindungen zwischen Jois und Wien wurden mittels der elektronischen Fahrplanauskunft http://www.vor.at ermittelt. Die Auskunft bezieht sich zwar auf einen Wochentag im Sommersemester 2003; dass im Jahr 2001 andere Verhältnisse geherrscht hätten, wurde von den Parteien des zweitinstanzlichen Verfahrens nicht behauptet. Der Bw. spricht selbst von einer Fahrzeit mit dem Zug zwischen Jois und Wien Südbahnhof von 50 Minuten.

Rechtlich folgt hieraus:

Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 1.500 S pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Der Pauschbetrag des § 34 Abs. 8 EStG 1988 steht nicht allein auf Grund der Berufsausbildung des Kindes außerhalb des Wohnortes zu. Es müssen durch die auswärtige Berufsausbildung auch Aufwendungen entstehen; diese sind allerdings nicht im einzelnen nachzuweisen. Der Pauschbetrag steht auch bei täglichem Pendeln ohne Aufwendungen für ein auswärtiges Quartier zu (Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 34 Anm. 55).

Nach der vom Bw. zitierten Rechtsprechung sind derartige Mehraufwendungen schon durch die Einnahme eines Mittagessens außer Haus für gegeben (vgl. , 0076; ; ; ).

Darüber hinaus ist zu beachten, dass den Bw. zumindest ein Selbstbehalt bei den Fahrtkosten trifft, also jedenfalls insoweit Mehraufwendungen vorliegen (Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 34 Anm. 56).

Vom Finanzamt Eisenstadt wurde nicht bestritten, dass dem Bw. Mehraufwendungen infolge der auswärtigen Berufsausbildung seines Sohnes erwachsen.

Strittig ist jedoch, ob Wien im Nahebereich von Jois liegt.

Zu § 34 Abs. 8 EStG 1988 ist die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995, ergangen (im Folgenden als Verordnung bezeichnet). Diese Verordnung wurde mit BGBl. II Nr. 449/2001 mit Wirksamkeit ab geändert.

1. Rechtslage September 2001:

Die zur Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts wesentlichen Bestimmungen dieser Verordnung lauten in der für den Streitzeitraum 2001 gültigen Stammfassung:

"§ 1. Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, liegen nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.

§ 2. (1) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort bzw. vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde bei Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Wegzeiten von der Wohnung zur Einstiegstelle des öffentlichen Verkehrsmittels oder von der Ausstiegstelle zur Ausbildungsstätte bleiben jeweils für Wegstrecken bis 1.500 m außer Ansatz.

(2) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten jedenfalls als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, zeitlich noch zumutbar ist.

(3) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km gelten als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (zB Unterbringung in einem Internat).

§ 3. Erfolgt die auswärtige Berufsausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses, steht der pauschale Freibetrag für die auswärtige Berufsausbildung nur dann zu, wenn die Voraussetzungen gemäß §§ 1 und 2 vorliegen und von den Eltern Unterhaltszahlungen von nicht untergeordneter Bedeutung für eine Zweitunterkunft am Schulort oder für Fahrtkosten zu leisten sind."

Unter "Einzugsbereich des Wohnortes" i.S.d. § 34 EStG 1988 ist jener Bereich zu verstehen, in dem die tägliche Hin- und Rückfahrt zum Ausbildungsort zeitlich als noch zumutbar anzusehen ist (vgl. ; ).

Beträgt die Entfernung zwischen Ausbildungs(Studien)- und Wohnort weniger als 80 km und gilt die tägliche Hin- und Rückfahrt zwischen den beiden Orten gemäß der zu § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 ergangenen Verordnungen als zeitlich zumutbar, erfolgt die Berufsausbildung eines Kindes innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes. Die durch eine solche Berufsausbildung verursachten Aufwendungen können weder nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 noch - im Hinblick auf die Anordnungen in § 34 Abs. 7 EStG 1988 - nach den allgemeinen Bestimmungen des § 34 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden (UFS [Innsbruck], Senat 3 [Referent], , RV/0356-/I/02; UFS [Linz], Senat 6 [Referent], , RV/1360-L/02; UFS [Linz], Senat 2, , RV/1297-L/02; UFS [Linz], Senat 7 [Referent], , RV/1281-L/02; UFS [Wien], Senat 17 [Referent], , RV/2672-W/02); UFS [Wien], Senat 17 [Referent], , RV/4232-W/02).

Nach der im September 2001 geltenden Rechtslage stellen die Verordnungen zum Studienförderungsgesetz eine unwiderlegliche Vermutung auf, dass hinsichtlich der in ihnen genannten Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zumutbar ist (vgl. ; ).

Wie festgestellt, nennt § 1 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 605/1993, in der Fassung BGBl. Nr. 616/1995, BGBl. Nr. 307/1997 und BGBl. II Nr. 295/2001 als Gemeinde, von der die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort Wien zeitlich noch zumutbar ist, unter anderem Jois.

Es kommt daher im September 2001 die unwiderlegliche Vermutung der Verordnung, dass eine tägliche Hin- und Rückfahrt zumutbar ist, zum Tragen.

Es ist dem Unabhängigen Finanzsenat bei dieser Sach- und Rechtslage verwehrt zu prüfen, ob im Einzelfall ungeachtet der Anführung in einer der Verordnungen eine tägliche Hin- und Rückfahrt nicht möglich ist.

2. Rechtslage Oktober bis Dezember 2001:

Mit Wirksamkeit ab (§ 4 der Verordnung i.d.F. BGBl. II Nr. 449/2001) wurde § 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995, wie folgt neu gefasst:

§ 2. (1) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden.

(2) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, in der jeweils geltenden Fassung als nicht mehr zumutbar.

(3) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km gelten als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (zB Unterbringung in einem Internat).

Hieraus ist für den Bw. freilich vorerst nichts gewonnen, weil die Verordnung in dieser Fassung während des gesamten Jahres 2001 nicht anwendbar ist, sondern erst ab 2002 gilt.

Allerdings ist zu beachten, dass auch die Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 605/1993 eine Änderung erfahren hat. Mit BGBl. II Nr. 295/2001 wurde in die Verordnung - mit erstmaliger Wirksamkeit für Anträge von Studierenden für das Studienjahr 2001/2002 (§ 23 Abs. 6 dieser Verordnung i.d.F. BGBl. II Nr. 295/2001) - anstelle des bisherigen § 22 ein neuer § 22 eingefügt, der wie folgt lautet:

"§ 22. Wenn in einem Verfahren über die Zuerkennung von Studienbeihilfe nachgewiesen wird, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt, so gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in der Verordnung als nicht zumutbar."

Es ist daher nach herrschender Meinung seit (Beginn des Studienjahres 2001/2002, § 6 Abs. 1 UniStG) auch im Abgabenverfahren der Gegenbeweis der längeren Fahrtdauer zulässig (die Neufassung der Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 durch Verordnung BGBl. II Nr. 449/2001 erfolgte zwar erst ab , durch den Verweis auch in der Stammfassung der Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 auf die Verordnungen zum StudienförderungsG 1992 ergibt sich jedoch die Zulässigkeit schon ab ; Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 34 Anm. 69; vgl. auch Lohnsteuerprotokoll 2002, 1.18.2).

Der Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 enthält einen dynamischen Verweis auf die Verordnungen zum StudienförderungsG 1992 ("...wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, zeitlich noch zumutbar ist..."); da nach der seit anzuwendenden Fassung der hier maßgeblichen Verordnung zum StudienförderungsG 1992 bei Nachweis einer eine Stunde überschreitenden Fahrzeit die tägliche Fahrt trotz Nennung in der Verordnung als nicht zumutbar gilt, entfaltet ein derartiger Nachweis auch Wirkungen im Abgabenverfahren (UFS [Wien], Senat 17 [Referent], , RV/4232-W/02).

Dieser Nachweis wird im Zeitraum Oktober bis Dezember 2001 (wie auch ab Jänner 2002) freilich an Hand der Grundsätze des StudienförderungsG 1992 - und nicht an Hand der Ermittlungsgrundsätze des § 2 Abs. 1 Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 in der Stammfassung für jene Ausbildungsorte, die in keiner Verordnung nach § 26 Abs. 3 StudienförderungsG 1992 genannt sind - zu führen sein.

Nach Ansicht des VfGH kann der in § 26 StudienförderungsG 1992 verwendete Begriff des "günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels" nicht anders als dahin verstanden werden, dass in jeder Richtung je ein Verkehrsmittel zwischen den in Betracht kommenden Gemeinden besteht, das die Strecke in einem geringeren Zeitraum als einer Stunde bewältigt (). Diese Rechtsprechung fand auch in Rz 883 LStR 2002 Eingang.

Daher sind nach § 2 Abs. 2 Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 i.V.m. § 22 Verordnung BGBl. Nr. 605/1993 i.d.F. BGBl. II Nr. 295/2001 (anders als nach § 2 Abs. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 in der Stammfassung) zwar Wartezeiten, die beim Umsteigen außerhalb des Heimat- oder Studienortes (regelmäßig) anfallen, zu berücksichtigen, nicht aber die Zeiten zwischen Ankunft im Ausbildungsort und Ausbildungsbeginn sowie zwischen Ausbildungsende und Abfahrt des Verkehrsmittels, ebenso nicht andere Wartezeiten, Fußwege sowie Fahrten im Heimatort oder im Studienort (vgl. Rz 883 LStR 2002).

Da die Verordnung hinsichtlich der Nachweisführung einer eine Stunde übersteigenden Wegzeit auf die jeweilige Gemeinde (den Wohnort bzw. den Ausbildungsort) und nicht auf die Wohnung bzw die Ausbildungsstätte abstellt, ist somit nicht die tatsächliche Gesamtfahrzeit maßgebend, sondern die Fahrzeit mit dem "günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel" zwischen diesen beiden Gemeinden. Hierbei ist die Fahrzeit zwischen jenen Punkten der jeweiligen Gemeinden heranzuziehen, an denen üblicherweise die Fahrt zwischen diesen Gemeinden mit dem jeweiligen öffentlichen Verkehrsmittel angetreten bzw. beendet wird (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 34 Anm. 71; Lohnsteuerprotokoll 2002, Punkt 1.18.3; UFS [Wien], Senat 17 [Referent], , RV/4232-W/02).

Auch die Studie des Österreichischen Instituts für Raumplanung, die den Verordnungen zum StudienförderungsG 1992 zugrunde liegt, rechnete mit dem jeweiligen Stadtzentrum bzw. zentralen Bahnhöfen und Haltestellen, wobei abgesehen von Linz und Wien der jeweilige (Haupt)Bahnhof, in diesen beiden Städten folgende Aus- bzw. Einstiegsstellen herangezogen wurden: Linz: Hauptbahnhof, Bahnhof Linz-Urfahr, (aus dem Mühlviertel) Linz Hessenplatz. Wien: Bahn: Wien Westbahnhof, Wien Franz Josefs-Bahnhof, Wien Nord, Wien Südbahnhof, (aus Richtung Wolfsthal) Wien Mitte; Regionalbusverkehr: Wien Brigittaplatz, Wien Nord, Gürtel (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 34 Anm. 71).

Maßgebend ist daher nicht die Wegzeit Jois - Technikum Wien, sondern die (kürzere) Wegzeit Jois - Südbahnhof Wien.

Die Fahr- und Umsteigezeiten für die Wegstrecke Wien Südbahnhof - Technikum Wien sind daher nicht entscheidend, sondern die Fahrzeiten zwischen den Gemeinden Jois und Wien. Zwischen den beiden Gemeinden besteht jedoch eine Fahrzeit unter einer Stunde.

Der Nachweis einer eine Stunde überschreitenden Fahrzeit konnte daher vom Bw. nicht geführt werden.

Die Berufung war folglich als unbegründet abzuweisen.

Wien,

Anlage :

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 34 Abs. 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 2 Abs. 2 Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995
§ 1 StudFG - Erreichbarkeit von Studienorten (BMWF), BGBl. Nr. 605/1993
Schlagworte
Auswärtige Berufsausbildung
Verordnungsgemeinde
Fahrzeit
Wartezeit
Wegzeit
Nachweis längerer Wegzeit
Anmerkung
In diesem Sinne auch Lohnsteuerprotokoll 1992, AÖFV 255/2002, sowie Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 34 Anm. 69 ff.

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at