Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 09.01.2009, RV/0834-W/08

Aufenthaltstitel nach den §§ 8 und 9 NAG betreffend rumänische Staatsbürger im Jahr 2006

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 3. und 11. Bezirk, Schwechat und Gerasdorf vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum Mai bis Dezember 2006 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.), ein rumänischer Staatsbürger, stellte mit dem am beim Finanzamt eingelangten - ersten - Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für seine beiden minderjährigen Kinder: A., geboren im März 2003 und E., geboren im Februar 2006 für den Zeitraum "ab Mai 2006 - Nov. 2006". Als Datum seiner Einreise wurde betreffend den Bw. selbst der , betreffend seine Ehegattin (ebenfalls rumänische Staatsbürgerin) der und betreffend das Kind A. der mit dem Zusatz "erstmalig" angegeben, betreffend das Kind E. wurde vermerkt: "Geburt in Wien".

Bezüglich des Berufes des Bw. bzw. seiner Ehegattin wurde angegeben: "Landw. Hilfsarbeiter (Saisonarbeiter)" bzw. "Landw. Hilfsarbeiterin (Saisonarbeiterin)".

Vorgelegt wurde folgende Unterlagen: Bestätigungen der Meldung aus dem Zentralen Melderegister, AMS-Bescheidausfertigung gemäß § 20 Abs. 6 AuslBG, Geburtsurkunde betreffend das Kind E.

Mit Bescheid vom wurde der (erste) Antrag des Bw. auf Gewährung der Familienbeihilfe für die beiden obgenannten Kinder vom bis abgewiesen. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, der Bw. habe "trotz mehrmaliger Aufforderung die abverlangten Unterlagen nicht erbracht, daher ist der Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe abzuweisen." Der Abweisungsbescheid wurde mit RSb-Brief zugestellt und erfolgte die Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist . Die (hinterlegte) Briefsendung gelangte jedoch (nach Ansicht des Finanzamtes wegen Ortsabwesenheit des Empfängers) zum Finanzamt zurück.

Mit dem weiteren zweiten (rund 1/2 Jahr danach) am beim Finanzamt eingelangten Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für seine beiden obgenannten Kinder beantragte der Bw. mit den übrigen Angaben, die mit den oben wiedergegebenen ident sind, die Zuerkennung wie folgt: Für das Kind A: "ab Mai 2006 bis Okt. 2006 und ab März 2007 - Sept. 2007" Für das Kind E.: "ab Mai 2006 - Nov. 2006 und ab März 2007".

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt den Bw. um den "Nachweis über den rechtmäßigen Aufenthalt (z.B. NAG-Karte mit Aufenthaltstitel) der Familie (für den Zeitraum Mai bis Dezember 2006)".

In Beantwortung dieses Schreibens gab der Bw. Folgendes bekannt: "Diesen Nachweis kann ich Ihnen leider nicht vorlegen. Wie es aus dem Akt zu ersehen ist, seit über 5 Jahren arbeite ich als auch meine Ehefrau als sog. 'Saisonarbeiter' in Österreich. ' Bei der Erlangung der Aufenthaltstitel vor über 1 Jahr (Infostelle der Fremdenpolizei in Wien) wurde ich informiert, dass bei Saison-Beschäftigungsbewilligungen seitens des AMS (sog. Branchenkontingent) unter 6 Monate Geltungsdauer die österr. Botschaft außerhalb Österreich zuständig ist (nach neuestem NAG 2005), man bekommt dort sog. CD-Visum, bei Geltungsdauer von mehr als 6 Monaten, die MA 35 (damals MA 20) zuständig wäre. Zusätzlich wurde ich informiert, dass solche Anträge nicht mehr entgegengenommen werden, da Rumänien ab bereits ein EU-Land ist.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag des Bw. auf Gewährung der Familienbeihilfe für die beiden obgenannten Kinder vom Mai bis Dezember 2006 (vom ) abgewiesen. Die Begründung lautet: "Gemäß § 3 Abs. 1 FLAG 1967 haben Personen, die nicht österreichische StaatsbürgerInnen sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe haben, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten. Für Kinder, die nicht österreichische StaatsbürgerInnen sind, besteht gemäß § 3 Abs. 2 FLAG 1967 nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten."

Gegen den Abweisungsbescheid erhob der Bw. das Rechtsmittel der Berufung und führte begründend aus:

"Begründet wird der Bescheid damit, dass gemäß § 3 Abs. 1 und 2 FLAG 1967 Personen bzw. Kinder, die nicht österreichische StaatsbürgerInnen sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe haben, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des NAG rechtmäßig in Österreich aufhalten. Hiermit führe ich folgendes an:

Wie jedes Jahr bevor, auch im Jahre 2006 habe ich, als auch meine Ehefrau ... eine sogenannte 'Branchenkontingent'- Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als landwirtschaftliche Hilfsarbeiter erhalten (siehe Beilage);

An unseren Arbeitgeber 'Gärtnerei ...' hat damals am die Fremdenpolizei geschrieben, dass gemäß § 31 Abs. 2 und 3 FPG 2005 gegen uns keine fremdenpolizeiliche Einwände gegen den Aufenthalt im Bundesgebiet der Republik Österreich bestehen (siehe Beilage). Dieselbe Polizei informierte uns im Herbst vor 1 Jahr und 2 Monate vor dem EU-Beitritt Rumäniens, dass wir in unserem Fall keine bestimmten Aufenthaltstitel erlangen können und brauchen, weil unser Land eh bald in der EU ist! Siehe Erläuterungen in meinem Ersuchen um Ergänzung vom .

Die abweisende Berufungsvorentscheidung wurde mit nachstehender Begründung erlassen:

"Für Kinder, die nicht österreichische StaatsbürgerInnen sind, besteht gemäß § 3 Abs. 2 FLAG 1967 nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten. Da kein Nachweis über einen rechtmäßigen Aufenthalt der Kinder für den Zeitraum Mai bis Dezember 2006 nachgewiesen wurde, war die Berufung abzuweisen, da keine Anspruchsvoraussetzung für den Bezug auf Familienbeihilfe vorlag."

Im Vorlageantrag wurde noch Folgendes angeführt:

"In dem gefragten Zeitraum Mai bis Dezember 2006 wurden mir und meiner Ehegattin die sog. 'Branchenkontingent'- arbeitsrechtliche-Bewilligungen seitens des AMS für die Dauer von weniger als 6 Monate erteilt. Laut damaliger Auskunft der fremdenpolizeilichen Info-Stelle in Wien, für die Antragstellung und die Erteilung der Aufenthaltstitel damals die österreichische Vertretungsbehörde, in unserem Fall die ÖK in Bukarest, war. Wegen Geburt unseres Kindes am ... 02.2006 in Wien, und nach Erhalt von Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 31 Abs. 2 und 3 FPG 2005 am , konnten wir auf die Erlangung der Aufenthaltstitel monatelang im Ausland nicht abwarten, weil wir im Bundesgebiet gleichzeitig arbeiten müssten. Ansonsten halte ich meine Erläuterungen in der Begründung meiner Berufung nach wie vor aufrecht."

Über die Berufung wurde erwogen:

Auf Basis des Akteninhaltes werden nachstehende Feststellungen getroffen:

Der Bw. - wie auch seine Gattin und seine Kinder - sind Staatsangehörige aus Rumänien (AS 1ff, 12ff bzw. 40ff).

Am nahm der Bw. an einer näher bezeichneten Wiener Anschrift einen Wohnsitz (ZMR-Bestätigung, AS 3). An derselben Anschrift hatte die Ehegattin des Bw. am einen Wohnsitz genommen (ZMR-Bestätigung, AS 22), das im März 2003 geborene Kind A. am und das im Februar 2006 in Wien geborene Kind E. am (ZMR-Bestätigungen, AS 29f; Geburtsurkunde, AS 28).

Am wurde der Gärtnerei C. gemäß § 31 Abs. 2 und 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) bescheinigt, dass gegen die Ehegattin des Bw. keine fremdenpolizeilichen Einwände gegen den Aufenthalt im Bundesgebiet bestehen. Diese Bescheinigung war gültig vom bis (Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 31 Abs. 2 und 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) vom , AS 37).

Am wurde dem Arbeitgeber C. gemäß § 5 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), die Beschäftigungsbewilligung (Branchenkontingent) für die Ehegattin des Bw. für die berufliche Tätigkeit als Landw. Hilfsarbeiterin für die Zeit vom bis für den örtlichen Geltungsbereich Wien erteilt (Bescheidausfertigung gemäß § 20 Abs. 6 AuslBG vom , AS 4).

Am wurde dem Arbeitgeber C. gemäß § 5 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), die Beschäftigungsbewilligung (Branchenkontingent) für den Bw. für die berufliche Tätigkeit als Landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter für die Zeit vom bis für den örtlichen Geltungsbereich Wien erteilt (Bescheidausfertigung gemäß § 20 Abs. 6 AuslBG vom , AS 17).

Am wurden Anmeldebescheinigungen für EWR-Bürger/innen gemäß §§ 51 bis 53 und 57 NAG an den Bw. (Arbeitnehmer, § 51 Z 1), dessen Ehegattin und die beiden Kinder (Angehöriger, § 52 Z 1) erteilt (AS 50ff).

Die Versicherungsdaten des Bw. bis sind Folgende (Versicherungsdatenauszug, AS 18f):


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Arbeiter
Arbeiter
Angestellter
Arbeiter
laufend
Arbeiter

Die Versicherungsdaten der Ehegattin des Bw. bis sind Folgende (Versicherungsdatenauszug, AS 25f):


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Arbeiterin
Beitragsgrundlage für Wochengeldbezug
Arbeiterin
Wochengeldbezug
Beitragsgrundlage für Wochengeldbezug
Arbeiterin
laufend
Arbeiterin

Gemäß § 3 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 in der ab geltenden Fassung haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Diese Neuregelung der Ansprüche von Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, erfolgte im Rahmen umfangreicher Änderungen im Bereich des Fremdenrechtes.

Rumänien war im - sich bis Dezember 2006 erstreckenden - Berufungszeitraum noch nicht Mitglied der EU; der Beitritt Rumäniens erfolgte erst mit .

Bei ausländischen Staatsangehörigen und Staatenlosen genügt ein inländischer Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt für den Anspruch auf die Familienbeihilfe nicht. Vielmehr besteht nur dann ein Anspruch, wenn die im § 3 FLAG angeführten qualifizierten Voraussetzungen - jeweils von Antragsteller (Bw.) und Kind/ern - vorliegen.

Danach besteht der Anspruch auf Familienbeihilfe nur mehr für die Personen, die auch zur Niederlassung in Österreich berechtigt sind, wobei diese Berechtigung nach den Bestimmungen des ebenfalls im Rahmen des Fremdenrechtspaketes 2005 erlassenen Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes erteilt wird. In deren §§ 8 und 9, auf die sich das Gesetz bezieht, sind die Arten und Formen der Aufenthaltstitel im Sinn des Gesetzes aufgezählt.

Arten und Form der Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG):

§ 8 Abs. 1 NAG-Aufenthaltstitel werden erteilt als:

1. "Niederlassungsbewilligung" für eine nicht bloß vorübergehende befristete Niederlassung im Bundesgebiet zu einem bestimmten Zweck (Abs. 2) mit der Möglichkeit, anschließend einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" (Z 3) zu erlangen;

2. Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" für die befristete Niederlassung mit der Möglichkeit, anschließend einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - Familienangehöriger" (Z 4) zu erhalten;

3. Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" für die Dokumentation des unbefristeten Niederlassungsrechts, unbeschadet der Gültigkeitsdauer des Dokuments;

4. Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - Familienangehöriger" für die Dokumentation des unbefristeten Niederlassungsrechts, unbeschadet der Gültigkeitsdauer des Dokuments;

5. "Aufenthaltsbewilligung" für einen vorübergehenden befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet zu einem bestimmten Zweck (§§ 58 bis 69 und § 72) mit der Möglichkeit, anschließend eine Niederlassungsbewilligung zu erlangen, sofern dies in diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(2) Niederlassungsbewilligungen gemäß Abs. 1 Z 1 werden erteilt als:

1. "Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft", die zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, für die eine schriftliche Mitteilung oder ein Gutachten nach §§ 12 Abs. 4 oder 24 AuslBG erstellt wurde, berechtigt;

2. "Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit", die zur befristeten Niederlassung ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt;

3. "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt", die zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 AuslBG berechtigt;

4. "Niederlassungsbewilligung - beschränkt", die zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gilt, berechtigt;

5. "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger", die zur befristeten Niederlassung ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt; die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist nur auf Grund einer nachträglichen quotenpflichtigen Zweckänderung erlaubt.

Die in § 3 Abs. 1 FLAG angesprochenen Bestimmungen des § 9 NAG sind nicht berufungsrelevant, war Rumänien im Berufungszeitraum ja noch nicht EU-Mitglied.

Im konkreten Fall steht außer Streit, dass der Bw. für den Zeitraum Mai bis Dezember 2006 keinen Aufenthaltstitel nach der neuen gesetzlichen Regelung nachweisen konnte. Die vorgelegten Anmeldebescheinigungen betrafen einen erst nach dem Berufungszeitraum liegenden Zeitraum.

Seit kam es somit für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, auf das Vorliegen eines Aufenthaltstitels nach den §§ 8 und 9 NAG an, sodass im vorliegenden Fall von einem rechtmäßigen Aufenthalt der Kinder in Österreich im Zeitraum Mai bis November 2006 nicht auszugehen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Aufenthaltstitel
Rumänien

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at