Familienheimfahrten und Kosten einer Wohnung am Beschäftigungsort eines Gastarbeiters.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw, Straße, vertreten durch Mag. Peter Zivic, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Weihburggasse 20, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Kalenderjahre 1998, 1999 und 2000 und über die Berufung vom gegen den Bescheid vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Kalenderjahr 2001 und über die Berufung vom gegen den Bescheid vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Kalenderjahr 2002, entschieden:
Den Berufungen wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben (Gutschriften) sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Kalenderjahre 1998, 1999 und 2000
Vom Berufungswerber (in Folge: Bw.) wurde mit Schreiben vom der Antrag auf Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 BAO für die Kalenderjahre 1998 bis 2001 beim Finanzamt mit der Begründung, dass die Unterhaltsaufwendungen für seine in BH lebenden Kinder bisher noch nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht worden seien, gestellt. Er ersuche daher die Unterhaltsaufwendungen zu berücksichtigen. Als Beilage war dem Schreiben eine Familienstandsbescheinigung der Gemeinde A und eine Bestätigung über den Nichterhalt von Familienleistungen in BH für die Kinder X (geboren ) und Y (geboren ) angeschlossen.
Das Finanzamt nahm mit Bescheiden vom die Verfahren betreffend Einkommensteuer der Kalenderjahre 1998, 1999 und 2000 mit der Begründung, dass die Wiederaufnahme von Amts wegen auf Grund der Anregung des Bw. erfolgt sei, gemäß der Bestimmung des § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und erließ mit gleichem Datum die diesbezüglichen Sachbescheide. Die Unterhaltsaufwendungen für die im Ausland haushaltszugehörigen Kinder wurden mit monatlich S 688,00 (€ 50,00) je Kind geschätzt und als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt mit jährlich S 16.512,00 berücksichtigt.
Gegen die Einkommensteuerbescheide der Kalenderjahre 1998, 1999 und 2000 wurde vom steuerlichen Vertreter des Bw. mit jeweils gesonderten Schreiben vom Berufung erhoben. In den gleichlautenden Begründungen wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass Aufwendungen für regelmäßige Familienheimfahrten zur Ehefrau, zu den Kindern und zu den im Haushalt befindlichen Eltern, nicht berücksichtigt worden seien. Außerdem seien die Unterhaltsleistungen lediglich mit einem Betrag von € 50,00 pro Kind anerkannt worden, obwohl der Bw. für jedes Kind monatlich € 200,00 leiste. Weiters wurde ausgeführt, dass die Verlegung des Familienwohnsitzes nach Österreich nicht möglich sei, da die Ehefrau, die Kinder und die Eltern sowie der Bw. Staatsbürger der Republik BH seien - sohin Fremde bzw. Drittstaatsangehörige im Sinne des Fremdengesetzes - und daher für den rechtmäßigen dauerhaften Aufenthalt in Österreich eine Niederlassungsbewilligung (vormals Aufenthaltsbewilligung) benötigten. Die Erteilung der Niederlassungsbewilligungen sei auf Grund der Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 nicht möglich und würde an der Quotenpflicht scheitern. Zudem könne der Ehefrau des Bw. gemäß § 21 Abs. 4 Fremdengesetz 1997 lediglich eine Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck, ausgenommenen Erwerbstätigkeit, erteilt werden, sodass die Ehefrau des Bw. in Österreich, anders als in BH, wo sie neben der Kindererziehung den landwirtschaftlichen Besitz der Schwiegereltern mitbewirtschafte, nicht erwerbstätig sein dürfe.
Außerdem wurde vom steuerlichen Vertreter auf die beim Finanzamt anhängigen Berufungsverfahren der Kalenderjahre 2001 und 2002 und die dort vorgelegten Urkunden und Unterlagen verwiesen.
Kalenderjahr 2001
Die Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung wurde vom steuerlichen Vertreter des Bw. am beim Finanzamt eingereicht. Es wurden Aufwendungen für Familienheimfahrten nach BH in Höhe von S 28.800,00 als Werbungskosten geltend gemacht.
Das Finanzamt hat am an den steuerlichen Vertreter ein Ergänzungsansuchen mit nachfolgendem Inhalt gerichtet:
Bekanntgabe von Beruf und Art der Tätigkeit der Ehegattin und um Vorlage eines Einkommensnachweises der Gattin
Erzielt Ihre Ehegattin keine nachhaltigen Einkünfte, bitte um Bekanntgabe, warum der Familienwohnsitz bis dato nicht in die Nähe Ihres Beschäftigungsortes verlegt wurde
Wurde ein Ansuchen um Aufenthaltsbewilligung für die Familie gestellt? Wenn ja, bitte um Vorlage der Kopie des abschließenden Bescheides, wenn nein, Bekanntgabe warum nicht?
Belegmäßigen Nachweis der Kosten für die Familienheimfahrten. Bei Benützung eines eigenen Kfz bitte um Vorlage eines ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuches bzw. andere geeignete Aufzeichnungen unter Anschluss von Tank - und Servicebelegen und einer Kopie des Zulassungsscheines. Die Vorlage des Reisepasses in Kopie (aus dem die Ein - und Ausreisen ersichtlich sind) ist als Nachweis für die Kosten nicht ausreichend. Sämtliche Unterlagen sind in deutscher Übersetzung vorzulegen.
Vom steuerlichen Vertreter wurde dem Finanzamt nachfolgend angeführte Unterlagen (in beglaubigter Übersetzung) übermittelt: 4 Abschriften der Gutsbestandsblätter (Zahl 1044, 300, 235 und 33), eine Bescheinigung, aus der hervorgeht, dass die Familienhauswirtschaft im Ort C von der Ehefrau des Bw. während seiner Abwesenheit bewirtschaftet wird, eine Familienstandsbescheinigung, eine Erklärung unter Eid, aus welcher zu entnehmen ist, dass der Bw. jede Woche nach Hause - manchmal mit dem Autobus (Fahrpreis € 45,00/S 600,00), öfter mit Kollegen in deren Auto (Kosten € 51,00/S 700,00) - reise und eine Erklärung des Bw., dass er mit seinen Eltern in einer Gemeinschaft lebe und dass die Eltern alt seien und deshalb seine Ehefrau den Grundbesitz bewirtschafte, welcher aber noch nicht auf den Namen des Bw. überschrieben worden sei. Außerdem sind die Namen der 3 Kollegen auf der Erklärung angeführt worden.
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt die Veranlagung durchgeführt. Die Aufwendungen für die Familienheimfahrten wurden nicht berücksichtigt. Als Begründung wurde vom Finanzamt wörtlich angeführt:
"Aufwendungen für Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers vom Wohnsitz am Arbeits- (Tätigkeits - )ort zum Familienwohnsitz sind nur dann im Rahmen der durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 gesetzten Grenzen Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Ehegatte eines Steuerpflichtigen am Ort des Familienwohnsitzes steuerlich relevante Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit in Höhe von mehr als S 30.000,00 jährlich erzielt. Auf Grund der von Ihnen vorgelegten Gutbestandsblätter ist zu entnehmen, dass Ihre Eltern Immobilien besitzen und daraus ein Einkommen von 103,63 Konvertible Mark jährlich erzielen. Da es sich jedoch dabei um keine steuerlich relevanten Einkünfte handelt bzw. diese Einkünfte Ihren Eltern zuzurechnen sind, bezog Ihre Gattin somit kein Einkommen. Die beantragten Aufwendungen waren daher abzuweisen."
Gegen den Einkommensteuerbescheid wurde vom steuerlichen Vertreter des Bw. Berufung erhoben. In der Begründung wurde im Wesentlichen auf die fremdenrechtlichen Bestimmungen und auf die Quotenregelungen verwiesen. Als Beilage war der Berufung ein Situationsbericht der Tageszeitung "Die Presse" vom in Kopie angeschlossen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom hat das Finanzamt die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ua angeführt, dass die Tätigkeit der Ehegattin in der Landwirtschaft der Eltern auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , Zl. 98/13/0122) keinen Grund darstelle, der die Anerkennung von Aufwendungen für Familienheimfahrten auf Dauer begründen könne, weil mit dieser Tätigkeit keine steuerlich relevanten Einkünfte verbunden seien. Die gesetzlichen Regelungen des Fremdengesetzes 1997 als Grundlage der sogenannten Quote seien auch nicht geeignet die berufliche Veranlassung der doppelten Haushaltsführung darzutun, da aus der Aktenlage keine Gründe ersichtlich seien, warum die Wohnsitzverlegung an den Beschäftigungsort nicht möglich gewesen sei, mit Ausnahme der Bewirtschaftung der Landwirtschaft durch die Frau auf Grund des Alters und des Gesundheitszustandes der Eltern. Dieser angeführte Grund sei jedoch der privaten Lebensführung zuzuordnen. Die Familienheimfahrten stellten daher keine abzugsfähigen Werbungskosten dar.
Daraufhin wurde vom steuerlichen Vertreter ein Vorlageantrag eingebracht. Mit Schreiben vom wurde vom steuerlichen Vertreter der Vorlageantrag dahingehend ergänzt, dass der Bw. auch Aufwendungen für Unterhaltsleistungen an seine zwei Kinder geleistet habe. Die Berücksichtigung dieser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung werde daher beantragt.
Kalenderjahr 2002
Am wurde vom Bw. die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung persönlich beim Finanzamt eingereicht. Geltend gemacht wurden Aufwendungen für Versicherungsprämien als Sonderausgaben. Mit Bescheid vom hat das Finanzamt die Veranlagung erklärungsgemäß durchgeführt und eine Gutschrift an Einkommensteuer in Höhe von € 24,11 festgesetzt.
Gegen diesen Bescheid wurde vom steuerlichen Vertreter Berufung erhoben. In der Begründung wurde vorgebracht, dass Aufwendungen für Familienheimfahrten und die Unterhaltsleistungen für die im Ausland lebenden zwei Kinder nicht berücksichtigt worden seien, da diese Steuererleichterungen im vom Bw. selbst ausgefüllten Antragsvordruck L1 versehentlich nicht eingetragen worden seien. Es werde daher beantragt, diese Aufwendungen zu berücksichtigen. Desweiteren verwies der steuerliche Vertreter auf das anhängige Berufungsverfahren des Kalenderjahres 2001 und die dort vorgelegten Urkunden und Unterlagen sowie auf das umfangreiche Vorbringen in der Berufung. Als Beilage waren der Berufung eine Vollmacht in Kopie sowie ein ausgefüllter Vordruck L1 angeschlossen. Als Familienheimfahrten wurden Aufwendungen in Höhe von € 2.100,00 geltend gemacht. Die Unterhaltsleistungen sollten gemäß dem Erlass des BM für Finanzen berücksichtigt werden.
Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt den steuerlichen Vertreter eine Bestätigung über den Erhalt ausländischer Familienbeihilfe bzw. einer Bestätigung, dass solche Familienleistungen nicht bezahlt wurden, nachzureichen. Mit Schreiben vom , eingelangt beim Finanzamt am legte der steuerliche Vertreter 2 Geburtsurkunden der Kinder des Bw., eine amtliche Unterhalts - und Wohnsitzbescheinigung und eine amtlich beglaubigte Empfangsbestätigung bzw. Erklärung der Ehefrau des Bw. über den tatsächlichen Erhalt der Unterhaltsbeträge zugunsten der Kinder vor. In der Eingabe vom , eingelangt beim Finanzamt am , verwies der steuerliche Vertreter bezüglich des Auskunftsersuchens des Finanzamtes vom auf sein Schreiben vom .
Am ersuchte das Finanzamt den steuerlichen Vertreter betreffend der Berufungen bzw. der Vorlagen für die Kalenderjahre 1998 bis 2002 um folgende Ergänzung: "Auf Grund der im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2001/14/0121 dargelegten Rechtsansicht, wird gebeten, hinsichtlich des Gesundheitszustandes der Eltern und der Notwendigkeit der Hilfe Ihrer Gattin bei der Bewirtschaftung der Landwirtschaft für die Jahre 1998 bis 2002 nähere Angaben zu machen und diese mittels ärztlicher Atteste (samt Übersetzung) glaubhaft zu machen." Mit Schreiben vom , eingelangt beim Finanzamt am hat der steuerliche Vertreter Befunde und Gutachten eines Facharztes in beglaubigter Übersetzung nachgereicht.
Das Finanzamt hat die Berufungen der Kalenderjahre 1998, 1999, 2000, 2001 und 2002 der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.
Im vom Unabhängigen Finanzsenat durchgeführten Ermittlungsverfahren wurde der steuerliche Vertreter des Bw. betreffend der monatlichen Unterhaltsleistungen an die im Ausland lebenden Kinder ersucht, die Zahlungen belegmäßig nachzuweisen. Außerdem wurde vom Unabhängigen Finanzsenat dargelegt, dass der geltend gemachte Betrag für das Kind Y (geboren ) selbst den sogenannten Regelbedarfssatz für ein in Österreich lebendes Kind überschreite. Nach der deutschen Judikatur sei davon auszugehen, dass der Regelbedarf eines in BH lebenden Kindes bei rund einem Drittel der in Deutschland anfallenden Kosten liege und dies könne auch für Österreich übernommen werden. Deshalb könnten die Unterhaltszahlungen bei entsprechendem Nachweis nur in Höhe eines Drittels der für Österreich geltenden Regelbedarfssätze als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Betreffend der Familienheimfahrten wurde gebeten die Häufigkeit der Fahrten und die daraus entstandenen Kosten durch geeignete Unterlagen zu belegen. Außerdem wurde noch ersucht die benutzten Grenzübergänge, die Fahrtroute und die Kilometeranzahl bekannt zu geben und eine Heiratsurkunde vorzulegen.
Im Antwortschreiben vom wurde vom steuerlichen Vertreter bekannt gegeben, dass auf die Geltendmachung höherer außergewöhnlicher Belastungen für die Unterhaltsleistungen der Kinder verzichtet werde und dass der Bw. mit der bereits erfolgten Berücksichtigung von € 50,00 pro Kind und Monat im Sinne des Erlasses des BM für Finanzen vom einverstanden sei. Zu den Familienheimfahrten wurde vom steuerlichen Vertreter folgendes ausgeführt: Die Fahrstrecke von der Unterkunft in Österreich zum Heimatort in BH betrage ca 670 Kilometer. Die Fahrtroute führe über die Grenzübergänge Spielfeld (Österreich/Slowenien), M oder G (Slowenien/Kroatien) und entweder Z oder GU (beide Kroatien/Bosnien). Der Bw. unternehme die Familienheimfahrten mit wenigen Ausnahmen pro Jahr, jede Woche. Zumeist fahre der Bw. als Mitfahrer mit bosnischen Landsleuten in deren Auto, welche entweder im gleichen Dorf oder in einem Nachbardorf leben, mit. Für die Hin - und Rückfahrt habe der Bw. an den jeweiligen Fahrer bzw. Autobesitzer bis zum Kalenderjahr 2001 S 700,00 bezahlt und seit dem Kalenderjahr 2002 € 50,00 oder € 60,00. Die Namen der Fahrer seien in der Eingabe vom angeführt worden. Wenn keine Mitfahrgelegenheit bestanden habe, sei der Bw. mit dem Autobus gefahren. Die Kosten für die Busfahrt habe bis zum Kalenderjahr 2001 S 600,00 betragen und nunmehr koste eine Fahrt € 45,00. Die angeforderte Heiratsurkunde wurde nachgereicht.
Außerdem hat der steuerliche Vertreter das Berufungsbegehren dahingehend erweitert, dass die Aufwendungen (Mietkosten) für die Wohnung am Beschäftigungsort in Österreich im Rahmen der doppelten Haushaltsführung beantragt wurden. Mietverträge und Überweisungsbelege für die Mietzahlungen waren dem Antwortschreiben in Ablichtung angeschlossen.
Mit Schreiben vom wurde vom steuerlichen Vertreter eine Bescheinigung nachgereicht, aus der hervorgeht, dass die Ehefrau des Bw. am Familienwohnsitz den landwirtschaftlichen Grundbesitz bewirtschafte, welcher der Eigenversorgung der Familie diene.
Der steuerliche Vertreter hat mit Schreiben vom eine Schulbesuchsbestätigung (in beglaubigter Übersetzung) für das Kind X (geboren ) sowie eine Bestätigung eines Autobusunternehmens vorgelegt. In dieser Bestätigung ist angeführt, dass der Bw. durchschnittlich einmal im Monat mit dem Bus zu seinem Familienwohnsitz gereist sei und dass der Fahrkartenpreis bis zum Kalenderjahr 2001 S 600,00 und ab dem Kalenderjahr 2002 € 45,00 betragen habe.
Die vom steuerlichen Vertreter dem Unabhängigen Finanzsenat übermittelten Unterlagen wurden dem Finanzamt mit Schreiben vom zwecks Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht.
Mit Schreiben vom hat das Finanzamt dargelegt, dass es der Berücksichtigung der Unterhaltsaufwendungen in Höhe von € 50,00 monatlich pro Kind und den nachgewiesenen Mietaufwendungen zustimme. Betreffend die Aufwendungen für Familienheimfahrten vertritt das Finanzamt im Wesentlichen den Rechtstandpunkt, dass die Ausführungen sowohl in Bezug auf die Häufigkeit der durchgeführten Fahrten als auch die Höhe der Aufwendungen unglaubwürdig seien.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Nach § 20 Abs. 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, was nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 auch für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung gilt, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 sind nicht abzugsfähige Kosten Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits - (Tätigkeits - )Ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs - )Tätigkeit bezogen höchstens in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen (§ 124 a Z 3 EStG 1988 für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem enden und § 124 b Z 52 EStG 1988).
Der Unabhängige Finanzsenat nimmt folgenden Sachverhalt als erwiesen an und legt diesen der Entscheidung zu Grunde:
Der Bw. war in den streitgegenständlichen Jahren bei einem österreichischen Arbeitgeber als Bauarbeiter durchgehend beschäftigt. Im Kalenderjahr 2000 hat er für den Zeitraum bis und am Krankengeld bezogen. Nach den Ausführungen des steuerlichen Vertreters übt der Bw. seien Berufstätigkeit seit dem Kalenderjahr 1991 in Österreich aus. Laut Wohnungsuntermietvertrag hat der Bw. im Kalenderjahr 1998 bis Mai 1999 eine Wohnung an der Adresse Straße Top 14 bewohnt. Laut vorgelegten Unterlagen (Überweisungsbelege in Ablichtung) sind die Mietkosten im Kalenderjahr 1998 bis einschließlich Mai 1999 vom Konto des Bw. an den Vermieter überwiesen worden. Ab Juni 1999 wurde vom Bw. laut Mietvertrag die Wohnung Top 10 an der gleichen Adresse im Ausmaß von 30m² angemietet. Ab Mai 2001 wurde die Wohnung Top 11 dazugenommen, sodass die Wohnungsgröße nunmehr 42,46m² beträgt. Für die Mietzahlungen ab Juni 1999 bis Dezember 2002 sind Überweisungsbelege in Ablichtung vorgelegt worden. Am Familienwohnsitz in BH leben die Ehefrau und Kinder (geboren am und am ) sowie die Eltern des Bw. Die Ehegattin bewirtschaftet am Familienwohnsitz den landwirtschaftlichen Grundbesitz, welcher der Eigenversorgung der Familie dient und betreut die Kinder und die Eltern des Bw. Die Kinder besuchen die Schule in BH.
Nach dem Vorbringen des steuerlichen Vertreters ist der Bw. jede Woche zu seinem Familienwohnsitz nach BH gereist. Die Fahrten wurden entweder mit dem Autobus unternommen oder es bestand für den Bw. die Möglichkeit mit Landsleuten im Auto mitzufahren. Als Aufwendungen für die Familienheimfahrten wurden für eine Fahrt mit dem Autobus S 600,00 und ab dem Kalenderjahr 2002 € 45,00 angegeben. Für die Mitfahrgelegenheit im Auto hat der Bw. laut Angaben des steuerlichen Vertreters S 700,00 und ab dem Kalenderjahr 2002 € 50,00 oder € 60,00 an den jeweiligen Fahrer bezahlt. Nachweise für die Kosten der Familienheimfahrten wie zB Fahrkarten, Empfangsbestätigungen oder Tankbelege sind während des gesamten Verfahrens nicht vorgelegt worden.
Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die (Mehr)Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung, wie zB für eine Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist. Wenn dem Arbeitnehmer Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss und die Verlegung des (Familien) Wohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zumutbar ist, sind die Mehraufwendungen Werbungskosten im Sinne des §16 Abs. 1 EStG 1988 (vgl. die Erkenntnisse des Zl. 2006/14/0013 und vom , Zl. 2002/15/0119).
Zu den als Werbungskosten anzuerkennenden Aufwendungen gehören sohin auch solche für eine zweckentsprechende Unterkunft am Arbeitsort (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG, Tz 3 zu § 16 Abs.1 Z 6).
Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Die berufliche Veranlassung der mit Familienheimfahrten verbundenen Aufwendungen wird aber angenommen, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann (vgl. Zl. 2005/14/0039).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner jüngeren Rechtsprechung (vgl. Zl. 2005/14/0127 und Zl. 2007/15/0044) zum Ausdruck gebracht, dass die (in Bezug auf den Familiennachzug restriktiven) fremdenrechtlichen Bestimmungen jedenfalls bis zum Fremdenrechtspaket 2005 (in Kraft getreten mit ) eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung nach Österreich begründen.
In den Berufungen wurden vom steuerlichen Vertreter als Begründung für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ua die restriktiven fremdenrechtlichen Bestimmungen angeführt. Dem Bw. war daher die Verlegung des Familienwohnsitzes von BH an seinen Beschäftigungsort in Österreich in den streitgegenständlichen Kalenderjahren jedenfalls nicht zumutbar. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellen daher die beantragten Aufwendungen für Familienheimfahrten und die Mietkosten am Arbeitsort grundsätzlich abzugsfähige Werbungskosten dar.
Werbungskosten müssen wie Betriebsausgaben nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht werden (vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar § 16, Tz 47). Der steuerliche Vertreter des Bw. wurde sowohl vom Finanzamt als auch vom Unabhängigen Finanzsenat aufgefordert, einen belegmäßigen Nachweis der Aufwendungen für die Familienheimfahrten zu erbringen. Diesbezügliche Nachweise wurden während der gesamten Verfahrensdauer nicht vorgelegt. Vom steuerlichen Vertreter wurde dem Finanzamt lediglich eine Erklärung unter Eid übermittelt, derzufolge der Bw. jede Woche zum Familienwohnsitz gefahren sei. Manchmal sei der Bw. mit dem Autobus und öfter mit Kollegen gereist. Der Busfahrpreis habe S 600,00 (€ 45,00) betragen, den Kollegen habe er S 700,00 (€ 51,00) bezahlt. Dem Antwortschreiben an den Unabhängigen Finanzsenat ist zu entnehmen, dass der Bw. mit wenigen Ausnahmen pro Jahr, jedes Wochenende an den Familienwohnsitz gefahren sei. Zumeist seien die Familienheimfahrten als Mitfahrer mit Arbeitskollegen bzw. Landsleuten absolviert worden, nur wenn keine Mitfahrgelegenheit vorhanden war, sei der Bw. mit dem Bus gereist. Die Busfahrkarte habe bis zum Kalenderjahr 2001 S 600,00 und ab dem Kalenderjahr 2002 € 45,00 gekostet. Für die Mitfahrgelegenheit habe der Bw. bis zum Kalenderjahr 2001 S 700,00 und danach € 50,00 oder € 60,00 an den jeweiligen Fahrer bezahlt.
Diese vorgelegten Unterlagen reichen nach Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates nicht aus, um Aufwendungen für wöchentliche Familienheimfahrten anzuerkennen. Geht doch die Anzahl der tatsächlich durchgeführten Heimfahrten aus den Eingaben konkret nicht hervor. In den an das Finanzamt übermittelten Unterlagen werden wöchentliche Familienheimfahrten angeführt. In der an den Unabhängigen Finanzsenat gerichteten Vorhaltsbeantwortung wird von mit wenigen Ausnahmen pro Jahr durchgeführten wöchentlichen Fahrten ausgegangen. Wie häufig diese Ausnahmen waren, wurde konkret nicht dargelegt. Ein Reisepaß, aus welchem zumindest Ein - und Ausreisestempel ersichtlich gewesen wären, ist nicht übermittelt worden. Eine genaue Auflistung an welchen Wochenenden und mit welchen Landsleuten der Bw. mitgefahren ist wurde nicht vorgelegt. Auch sind Empfangsbestätigungen über den Erhalt der Bezahlung der Fahrpreise an die jeweiligen Autofahrer nicht übermittelt worden. Busfahrkarten sind nicht vorgelegt worden. Dem steuerlichen Vertreter müsste zumindest seit Erhalt des Vorhaltes vom Finanzamt im Februar 2002 bekannt gewesen sein, dass Nachweise für die Familienheimfahrten zu erbringen sind. Seit diesem Zeitpunkt wäre zumindest für das Kalenderjahr 2002 der Nachweis der Fahrtkosten mit dem Autobus durch Aufbewahrung der Fahrkarten zu erbringen gewesen. Ebenso hätte zumindest für das Kalenderjahr 2002 eine Aufstellung der unternommenen Heimfahrten angefertigt werden können. Auch wäre im Kalenderjahr 2002 der Erhalt von Bestätigungen über die Bezahlung der Kosten für die Mitfahrgelegenheit leicht zu beschaffen gewesen.
Vom Unabhängigen Finanzsenat wird nicht in Abrede gestellt, dass der Bw. in den streitgegenständlichen Jahren zu seiner Ehefrau und den Kindern in seinen Heimatort gereist ist. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung erscheint es glaubhaft, dass ein Vater das Heranwachsen seiner Kinder miterleben möchte und dass die Besuche am Heimatort der Aufrechterhaltung des Familienlebens dienlich sind. Im Hinblick darauf, dass keine konkreten Nachweise über die Anzahl der erfolgten Familienheimfahrten erbracht worden sind und somit ein Nachweis der dem Bw. tatsächlich entstandenen Aufwendungen fehlt, werden die Familienheimfahrten vom Unabhängigen Finanzsenat mit zwei Heimfahrten pro Monat geschätzt. Dem Unabhängigen Finanzsenat erscheint es eher glaubhaft und nachvollziehbar, dass bei einer Entfernung von 1.340 Kilometer für eine Heimfahrt (Hin- und Rückfahrt), die Fahrten nicht wöchentlich durchgeführt worden sind. Da auch keine konkreten Nachweise der dem Bw. durch die Heimfahrten entstandenen Aufwendungen vorgelegt werden konnten, und es nicht nachvollziehbar ist, dass für die Mitfahrgelegenheit im Auto der Landsleute höhere Kosten vom Bw. bezahlt worden sind als der Fahrpreis einer Busfahrkarte, werden die Heimfahrten im Ausmaß des Busfahrpreises geschätzt. Werbungskosten für Familienheimfahrten sind daher mit S 14.400,00 (600,00x2x12) bzw. mit € 1.080,00 (45,00x2x12) jährlich zu berücksichtigen.
Die Aufwendungen für die Wohnungskosten am Beschäftigungsort in Österreich sind belegmäßig nachgewiesen worden. Die Bezahlung erfolgte nach den vorliegenden Unterlagen durch Überweisungen von einem Bankkonto des Bw. an den jeweiligen Vermieter. Der Unabhängige Finanzsenat hegt keine Bedenken gegen die vom Bw. gewählte Art der vorgenommenen Zahlungen. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung hat die Bezahlung von Rechnungen durch Kontoüberweisungen in den letzten Jahren zugenommen und stellt daher einen üblichen Vorgang im Zahlungsverkehr dar. Die Aufwendungen für die Mietkosten der Wohnung am Beschäftigungsort sind in der beantragten Höhe als Werbungskosten anzuerkennen.
Nach § 34 Abs. 7 EStG 1988 sind Unterhaltsleistungen für Kinder grundsätzlich, je nach den Voraussetzungen, durch die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag sowie den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten. Diese Transferleistungen bzw. Absetzbeträge kommen jedoch dann nicht zum Tragen, wenn sich haushaltszugehörige Kinder eines Steuerpflichtigen ständig im Ausland aufhalten. Da in diesen Fällen die eingeschränkte Leistungsfähigkeit, die die Unterhaltsverpflichtung mit sich bringt, durch keine der genannten Maßnahmen abgefedert wird, hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , B 2366/00, festgestellt, dass diese gesetzliche Bestimmung keinesfalls ausschließt, dass Unterhaltsleistungen für solche Kinder nach den allgemeinen Regeln des § 34 EStG 1988 berücksichtigt werden.
In Österreich wird für die beiden minderjährigen Kinder des Bw. keine Familienbeihilfe gewährt und es besteht auch kein Anspruch des Bw. auf Gewährung des Kinderabsetz - bzw. Unterhaltsabsetzbetrages. Der Bw. hat jedoch im Zuge des Verfahrens glaubhaft dargelegt, dass er für seine beiden im Ausland lebenden Kinder Unterhaltsleistungen erbracht hat. Nach der bestehenden Verwaltungspraxis wird in solchen Fällen der Aufwand für die Unterhaltsleistung in Höhe von € 50,00 (S 688,00) pro Monat und Kind geschätzt und als außergewöhnliche Belastung - ohne Abzug eines Selbstbehaltes - anerkannt. Die Unterhaltsleistungen sind daher im gegenständlichen Fall bei Durchführung der Veranlagung mit € 1.200,00 bzw. S 16.512,00 zu berücksichtigen.
Auf Grund der vorstehenden Ausführungen sind als Werbungskosten bzw. als außergewöhnliche Belastung folgende Aufwendungen zu berücksichtigen:
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Jahr | Heimfahrten | Wohnung | Summe | Außergewöhnliche Belastung |
1998 | S 14.400,00 | S 36.000,00 | S 50.400,00 | S 16.512,00 |
1999 | S 14.400,00 | S 26.157,02 | S 40.557,00 | S 16.512,00 |
2000 | S 14.400,00 | S 18.923,49 | S 33.323,00 | S 16.512,00 |
2001 | S 14.400,00 | S 30.694,44 | S 45.094,00 | S 16.512,00 |
2002 |
€ 1.080,00 |
€ 2.701,80 |
€ 3.781,80 |
€ 1.200,00 |
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Zu den Berechnungsblättern wird angemerkt, dass die Verbuchung des Unterhaltsabsetzbetrages aus programmtechnischen Gründen unter den außergewöhnlichen Belastungen (Katastrophenschaden) erfasst wurde. An der steuerlich richtigen und vollständigen Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen ändert sich dadurch nichts.
Beilagen : 8 Berechnungsblätter (in ATS und Euro), 1 Berechnungsblatt (Euro)
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at