Reisekosten eines Buchhalters
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RV/1616-L/02-RS1 | Ein weiterer Mittelpunkt einer Tätigkeit entsteht, wenn ein Arbeitnehmer an einem Ort wiederkehrend aber nicht regelmäßig über einen längeren Zeitraum tätig wird. Reisekosten aus dem Titel des Verpflegungsmehraufwandes stehen daher zumindest für die Anfangsphase von 15 Tagen für eine Beschäftigung an einem solchen Ort zu. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes Schärding betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2001 vom (Arbeitnehmerveranlagung) entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass die Gutschrift von bisher 2.682,00 S (194,91 €) auf 6.392,14 S (464,52 €) erhöht wird.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber bezieht aus seiner Tätigkeit als Buchhalter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Berufungswerber beantragte im Zuge seiner Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2001 neben Sonderausgaben folgende Aufwendungen als Werbungskosten: Computeranlage Anteil ( 6.220,00 S ), Fahrten und Diäten ( 7.244,36 S ), ebenso Fahrtkosten und Diäten ( 13.566,80 S ) und Werbungskosten lt.Aufstellung ( 21.720,00 S ), zusammen einen Betrag von 48.751,16 S. Die entsprechenden Belege und eine Aufstellung der beruflichen Reisen wurden vorgelegt.
Vom Finanzamt wurden in der Arbeitnehmerveranlagung folgende Kürzungen bzw. Änderungen der beantragten Aufwendungen vorgenommen:
1. Computeranlage und Büroeinrichtungsgegenstände ( diverse Wirtschaftsgüter (WG) ):
Vom Finanzamt wurde ein Betrag von 2.994,00 S als Werbungskosten anerkannt.
2. Tagesgelder:
Die Tagesgelder wurden vom Finanzamt für solche Fahrten gekürzt, bei denen der Berufungswerber einen neuen Mittelpunkt der Tätigkeit begründet hatte. Das Finanzamt beurteilte die beruflichen Reisen des Berufungswerbers zum größten Teil als Reisen im Einsatzgebiet des Bezirkes Sch. und versagte die Geltendmachung des Verpflegungsmehraufwandes in diesem Gebiet.
Insgesamt wurden Werbungskosten in Höhe von 30.555,00 S ( 2.220,52 € ) anerkannt, die wie folgt berechnet wurden:
In einer gegen den Bescheid eingebrachten Berufung wurde Folgendes eingewendet:
Zu den Tagesgeldern: Die Diäten entstehen dadurch, dass der Bw. von seinem Dienstort Ri. öfters zu verschiedenen Betrieben fahre, um dort die Buchhaltung zu machen. Er habe kein fixes Zielgebiet zugeteilt. Er sei kein Außendienstmitarbeiter. Die von ihm betreuten Betriebe werden auch an andere Kollegen abgegeben. Er bekomme immer wieder andere Betriebe an neuen Orten zugeteilt. Die übrige Zeit arbeite er ganz normal in Ri. in der Kanzlei.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen.
Mit Schriftsatz vom stellte der Bw. den Antrag auf Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Über die Berufung wurde erwogen:
1. Computeranlage und Büroeinrichtungsgegenstände ( diverse Wirtschaftsgüter (WG) ):
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 können Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen als Werbungskosten von der Einkunftsart abgezogen werden, bei der sie erwachsen sind. § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 bestimmt jedoch ausdrücklich, dass folgende Aufwendungen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen: Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung.
Als Einrichtungsgegenstände gelten Gegenstände, die nach der Verkehrsauffassung entsprechend ihrer Zweckwidmung in erster Linie der Bewohnbarkeit von Räumen dienen z.B. Stühle, Tische, Schränke, Bücherregale etc.. Hier im gegenständlichen Fall wurde ein Büroregal als Werbungskosten geltend gemacht, das richtigerweise vom Finanzamt als nicht abzugsfähiger Aufwand ausgeschieden wurde. Ein Schreibtisch als Computertisch wurde vom Finanzamt mit einer Absetzung für Abnutzung mit einer Nutzungsdauer von 10 Jahren (angeschafft im Jahr 2000) in Höhe von 330,00 S jährlich anerkannt.
Nicht als Einrichtungsgegenstände, sondern als typische Arbeitsmittel (entsprechend § 16 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 i.V.m. § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988) gelten z.B. Computer einschließlich Computertisch, Kopier- und Faxgeräte, Drucker etc.. Die Kosten für diese typischen Arbeitsmittel wie den Computer und den Drucker sind entsprechend einer Nutzungsdauer von vier Jahren abzüglich eines Privatanteiles von 40% beim hier vorliegenden Sachverhalt abzugsfähig.
2. Tagesgelder:
Gemäß § 16 Abs.1 Z 9 EStG 1988 sind Reisekosten bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 ergebenden Beträge nicht übersteigen. Höhere Aufwendungen für Verpflegung sind nicht zu berücksichtigen.
Gemäß § 26 Z 4 b EStG 1988 darf das Tagesgeld für Inlandsdienstreisen bis zu 360,00 S pro Tag betragen. Dauert eine Dienstreise länger als drei Stunden, so kann für jede angefangene Stunde ein Zwölftel gerechnet werden.
Gemäß § 20 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Reisekosten, soweit sie nach § 4 Abs. 5 und § 16 Abs. 1 Z 9 nicht abzugsfähig sind, nicht abgezogen werden (Z 2 lit.c). Zu den nach § 20 EStG nicht abzugsfähigen Aufwendungen gehört auch jener Verpflegungsmehraufwand, der einer Vielzahl von Steuerpflichtigen regelmäßig dadurch erwächst, dass sie aus beruflichen Gründen genötigt sind, Mahlzeiten außer Haus einzunehmen ( Zl. 92/15/0225).
Eine Reise i.S.d. § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 liegt vor, wenn sich der Steuerpflichtige zwecks Verrichtung beruflicher Obliegenheiten vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit ( über eine bestimmte Distanz hinaus vom örtlichen Nahebereich ) entfernt, ohne dass dadurch der bisherige Mittelpunkt aufgegeben wird, solange der aufgesuchte Ort nicht ein weiterer Tätigkeitsmittelpunkt geworden ist. Für eine Reise muss die Entfernung vom Ort der ständigen Tätigkeit zumindest etwa 25 km betragen ( ; vgl Hofstätter - Reichel, § 16 Abs 1 Z 9 EStG 1988, Tz 2 ) und über drei Stunden dauern.
Die Begründung eines weiteren Mittelpunktes der Tätigkeit ist dann anzunehmen, wenn sich die Dienstverrichtung auf einen anderen Einsatzort oder auf ein mehrere Orte umfassendes Einsatzgebiet (Zielgebiet) durchgehend oder wiederkehrend über einen längeren Zeitraum erstreckt. Von einem längeren Zeitraum ist auszugehen, wenn sich aus dem Sachverhalt eine tägliche Dienstverrichtung an einem Einsatzort an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen oder eine regelmäßig wiederkehrende Tätigkeit an einem Einsatzort oder eine unregelmäßig wiederkehrende Tätigkeit an einem Einsatzort ergibt. Wird an einem Einsatzort oder in einem Zielgebiet ein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet, stehen Tagesgelder nur für eine jeweilige Anfangsphase für fünf bzw. fünfzehn Tage zu (; ).
Das Entstehen von Werbungskosten bei innerösterreichischen Reisebewegungen liegt in dem dabei in typisierender Betrachtungsweise angenommenen Verpflegungsmehraufwand gegenüber den ansonsten am jeweiligen Aufenthaltsort anfallenden und gemäß § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähigen ( üblichen ) Verpflegungsaufwendungen ( ). Diese die Einkünfte mindernde Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen nach § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 findet ihre Begründung darin, dass einem Steuerpflichtigen die besonders preisgünstigen Verpflegungsmöglichkeiten am jeweiligen Aufenthaltsort i.d.R. nicht bekannt sind, weshalb die Verpflegung durch die örtliche Gastronomie typischerweise zu Mehraufwendungen führt ( ). Daher ist bei längeren Aufenthalten an einem Einsatzort oder in einem Zielgebiet in der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise von der Kenntnis über die Möglichkeit der Inanspruchnahme der üblichen (günstigeren) Verpflegungsmöglichkeiten auszugehen, deren Aufwendungen als Teil der Kosten der Lebensführung nicht abzugsfähig sind ( ; ; ; , 0254 ). Dahinter steht die Überlegung, dass es der längere Aufenthalt dem Steuerpflichtigen ermöglicht, sich dort über die Verpflegungsmöglichkeiten zu informieren und so einen Verpflegungsmehraufwand zu vermeiden ( ).
Auf Grund der vom Bw. vorgelegten Anträge zur Geltendmachung von Reisekosten ist auszuführen:
Für den Vorbereitungskurs zur Bilanzbuchhalterprüfung in Ri. wurde bereits vom Finanzamt das Kilometergeld anerkannt, obwohl Ri. auch der Dienstort des Bw. ist, da für die Fahrten zwischen Wohnort und Dienstort nur das kleine Pendlerpauschale zum Abzug kommt. Als Tagesgelder wurden die ersten fünf Tage (á 120,00 S) in Höhe von 600,00 S anerkannt.
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 kommen Tagesgelder als Fortbildungskosten nur bei Vorliegen einer Reise im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 in Betracht. Auf Grund des regelmäßigen Kursbesuches über einen längeren Zeitraum an einem Schulungsort kommt es zur Begründung eines weiteren Mittelpunktes der Tätigkeit. Tagesgelder stehen daher nur für die Anfangsphase von fünf Schultagen zu.
Zu der Liste der beantragten Werbungskosten, die vom Dienstgeber noch nicht berücksichtigt wurden, ist auszuführen:
Der Mittelpunkt der Tätigkeit des Bw. liegt bei der Firma U. in Ri.. Es wird dem Bw. geglaubt, dass seine beruflich veranlassten Reisen nach der betrieblichen Notwendigkeit stattgefunden haben. Von seinem Dienstgeber ist ihm im Jahr 2001 weder ein konkretes räumliches Gebiet zugeteilt worden, noch ist er dauernd im Außendienst beschäftigt. Es ist aus der Werbungskostenaufstellung des Bw. ersichtlich, dass der Bw. nicht nur das Gebiet um Sch. bereiste, sondern auch sehr oft zu weiter entfernten Orten wie L. oder A. reisen musste. Seine Tätigkeit als Buchhalter bringt es mit sich, dass er sich wiederkehrend aber nicht regelmäßig an gleichen Einsatzorten aufhalten muss.
Die wenn auch nur an einzelnen Tagen in einem Jahr an einem Ort ausgeübte Beschäftigung macht diesen Ort zu einem weiteren Mittelpunkt seiner Tätigkeit, wenn sich die Dienstverrichtung in diesem Einsatzort durchgehend oder wiederkehrend über einen längeren Zeitraum erstreckt. Dies aber nur dann, wenn die Dauer einer solchen wiederkehrenden Beschäftigung am selben Ort ein Ausmaß erreicht, das zum Wegfall des in typisierender Betrachtungsweise unterstellten Verpflegungsmehraufwandes führt. Der Bw. reiste in den Ort Ra. an 22 Tagen des Jahres 2001. Von einem längeren Zeitraum wie hier im gegenständlichen Sachverhalt ist auszugehen, wenn ein Dienstnehmer an einem Einsatzort wiederkehrend aber nicht regelmäßig tätig wird und eine Anfangsphase von 15 Tagen im Jahr überschritten wird. Nach Ablauf dieses ersten Zeitraumes befindet sich der Bw. nämlich in der gleichen Lage wie ein Dienstnehmer, der nicht auf Reise ist, sich aber außerhalb seines Haushaltes verpflegt () und dessen Aufwendungen als Teil der Kosten der Lebensführung nicht abzugsfähig sind.
Beim hier vorliegenden Sachverhalt werden daher folgende Tagesgelder nicht als Verpflegungsmehraufwand anerkannt:
Reisen nach Ra. ab dem 16. Tag (d.h. hier ab dem )
Reisen, deren Reisedauer nicht länger als 3 Stunden war ( Reisen vom 11.06., 24.08., )
Reisen, die vom ursprünglichen Mittelpunkt der Tätigkeit in Ri. nicht mindestens 25 km entfernt waren. Das waren die Reisen zur Fa.M. in O.. Laut Routenplaner aus dem Internet ( www.tiscover.at, Anreise, Routenplaner ) beträgt die Entfernung zwischen Ri. und O. nur rund 15 km.
Alle anderen Tagesgelder wurden in Höhe von 17.970,00 S anerkannt.
Die Aufwendungen für Werbungskosten des Bw. im Jahr 2001 sind daher in folgender Höhe bei der Berechnung seines Einkommens zu berücksichtigen:
Die Gesamtsumme der anzuerkennenden Werbungskosten beträgt 41.207,00 S (2.994,63 €), die Erhöhung der Werbungskosten gegenüber dem Erstbescheid 10.652,00 S (774,11 €).
Die Neuberechnung der Arbeitnehmerveranlagung ist der Beilage zu entnehmen.
Beilage : 1 Berechnungsblatt
Linz,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 Z 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Reisekosten Tagesgelder Computer |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
JAAAD-20164