Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 25.07.2012, RV/1710-W/12

Kein Familienbeihilfenanspruch in den Schulferien bei Abbruch einer Berufsausbildung im Juni und Beginn einer neuen Berufsausbildung im September

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1710-W/12-RS1
In den Schulferien steht nur dann Familienbeihilfe zu, wenn vor und nach den Schul­ferien durchgehend Berufsausbildung vorliegt, wie etwa im Rahmen der Schulausbil­dung zwischen den einzelnen Schulstufen, nicht aber, wenn eine Berufsausbildung ab­gebro­chen und eine neue nach den Ferien begonnen wird. Für die Zeit zwischen dem Ab­schluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung enthält § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 eine Sonderregelung.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., N., gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen, soweit dieser über den Zeitraum 1. Juli bis abspricht, entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin bezog für ihre Tochter A., geb. 1993, Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Im Zuge der Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen stellte das Finanzamt folgenden Sachverhalt fest:

A. schloss die 3. Klasse der Hotelfachschule S. im Schuljahr 2009/2010 mit Abschlussprüfung positiv ab. Im September 2010 begann sie mit der Vorbereitung für die Berufsreifeprüfung. Nachdem A. die Prüfungen in Deutsch und Englisch nicht bestand, brach diese im Juni 2011 ab. Vom 5. September bis besuchte sie nachweislich die siebente Klasse der des Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium X. Am begann A. mit einer Ausbildung zur Bürokauffrau.

Das Finanzamt forderte nach Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen von der Bw. die für den Zeitraum Juli 2011 bis November 2011 bezogenen Beträge mit folgender Begründung zurück:

"Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.

Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:

- Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung

- Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

- Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

- das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.

Zu F.A.:

Da o.a. Kind die Berufsausbildung mit Juni 2011 abgebrochen hat, musste spruchgemäß entschieden werden.

Die Bw. erhob gegen den Rückforderungsbescheid fristgerecht Berufung und begehrte die "Berücksichtigung von Schulbesuchsbestätigung Gym. X & sämtl. vorher eingereichte Unterlagen."

Das Finanzamt gab der Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom mit folgender Begründung teilweise statt:

"Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 haben Personen für ihre volljährigen Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden, Anspruch auf Familienbeihilfe.

Ihre Tochter A. hat bis zum die Vorbereitung zur Berufsreifeprüfung in Englisch und Deutsch besucht. Prüfungen wurden keine abgelegt. Laut Bestätigung des Gymnasiums X vom wurde die Schule vom 5.9. - besucht.

Für die Zeit zwischen dem Abbruch der Berufsausbildung für die Berufsreifeprüfung und dem Beginn der neuen Berufsausbildung am Gymnasium X trifft die im § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 genannte Anspruchsvoraussetzung der Berufsausbildung nicht zu.

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 endete damit der Beihilfenanspruch gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 mit Ablauf des Monats Juni 2011.

Für den Zeitraum 7-8/2011 konnte daher der Berufung nicht stattgegeben werden."

Das von der Bw. mit der Bezeichnung "Einspruch gegen den Bescheid von " bezeichnete Schreiben wurde vom Finanzamt als Vorlageantrag gewertet und der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Die Bw. führte darin aus, dass in den Monaten Juli und August für alle Kinder immer Schulferien seien und sie keinesfalls einverstanden sei, eine "Rückzahlung zu machen".

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Während die obige Bestimmung sodann recht präzise Vorschriften betreffend den Besuch von Einrichtungen iSd § 3 StudFG (im Wesentlichen Universitäten) enthält, fehlen vergleichbare Regelungen zu anderen Bildungseinrichtungen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis , unter Verweis auf , ausgeführt, es sei Ziel einer Berufsausbildung, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehöre regelmäßig auch der Nachweis einer ernstlichen Bemühung um diese Qualifikation. Das Ablegen vorgesehener Prüfungen sei essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung reiche für sich allein noch nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen. Entscheidend sei das nach außen erkennbare ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang bzw. -abschluss. Dieses Bemühen manifestiere sich im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen. Daraus ist zu schließen, dass sich auch im Fall der Absolvierung der Berufsreifeprüfung das ernstliche und zielstrebige nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen manifestiert.

Sachverhaltsmäßig ist als erwiesen anzunehmen, dass die Tochter der Bw. im Juni 2011 die Berufsausbildung für die Ablegung der Berufsreifeprüfung abgebrochen hat; die Bw. ist den diesbezüglichen Feststellungen in der Berufungsvorentscheidung, der nach Einbringung des Vorlageantrages die Wirkung eines Vorhaltes zukommt, nicht entgegen getreten. Erst im September hat die Tochter der Bw. ein Gymnasium besucht und damit eine neue Berufsausbildung begonnen.

Damit steht aber fest, dass sie sich in den Monaten Juli und August 2011 nicht in Berufsausbildung befunden hat. Die Bw. ist im Unrecht, wenn sie vermeint, dass in den Schulferien quasi automatisch Familienbeihilfe zusteht. Dies ist nur dann der Fall, wenn vor und nach den Schulferien durchgehend Berufsausbildung vorliegt, wie etwa im Rahmen der Schulausbildung zwischen den einzelnen Schulstufen, nicht aber, wenn eine Berufsausbildung abgebrochen und eine neue nach den Ferien begonnen wurde.

Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass auch für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und einer weiteren Berufsausbildung, also typischerweise für die Sommerferien zwischen Matura und Beginn eines Studiums, Familienbeihilfe nur deshalb zusteht, weil dies § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 ausdrücklich vorsieht.

Somit kann dem Finanzamt nicht entgegen getreten werden, wenn es für die Monate Juli und August 2011 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge rückgefordert hat.

Wien, am

Zusatzinformationen


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