Nachsicht der nach § 8 Abs. 5 ErbStG vorgeschriebenen Steuer.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der HS, geb. X, Adresse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, vertreten durch Gottfried Buchroithner, vom betreffend Nachsicht gemäß § 236 BAO nach in Linz durchgeführter mündlicher Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Einantwortungsurkunde vom wurde der Berufungswerberin (in der Folge kurz: Bw), die sich mit der Rechtswohltat des Inventars erbserklärt hatte (entspricht nach § 159 Abs. 1 Z. 4 Außerstreitgesetz einer "bedingten Erbantrittserklärung"), der Nachlass ihres am verstorbenen Ehegatten eingeantwortet. Den Aktiva von 124.536,20 € standen Passiva von 235.995,30 € gegenüber, sodass sich eine Nachlassüberschuldung von 111.459,10 € ergab.
Zur Liegenschaft EZ 108, Grundbuch S, deren Hälfteigentümer der verstorbene Ehegatte der Bw gewesen war, wurde im Hauptinventar unter der Position "Nachlassvermögen" ausgeführt, dass die Liegenschaft als gemischtgenutztes Grundstück einen Einheitswert von 51.743,06 € aufweise und daher mit dem dreifachen anteiligen Einheitswert von 77.614,59 € in den Nachlass falle. Laut Schätzungsgutachten wurde diese Liegenschaft mit 245.000,00 € bewertet und mit dem halben Schätzwert als Nachlassvermögen ins Hauptinventar aufgenommen.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber der Bw Erbschaftssteuer in Höhe von 1.552,28 € fest, wobei sich dieser Betrag - ausgehend von einem an sich steuerpflichtigen Erwerb von Null - aus der nach § 8 Abs. 5 ErbStG jedenfalls vorzuschreibenden so genannten "Mindeststeuer" von 2 % des Wertes der erworbenen Grundstücke ergab.
Mit Eingabe vom beantragte die Bw, die vorgeschriebene Erbschaftssteuer nachzusehen. Der ihr eingeantwortete Nachlass sei mit weit über dem Verkehrswert des Grundstückes liegenden Bankschulden belastet und damit stark überschuldet. Ihr Rentenbezug reiche kaum aus, die Zinsenbelastung der Bankschulden abzudecken. Sie habe weder andere Einkünfte noch sonstige Vermögenswerte.
Das Finanzamt wies dieses Ansuchen mit Bescheid vom als unbegründet ab. Die Bw habe im Verlassenschaftsverfahren nach ihrem Gatten eine unbedingte Erbserklärung abgegeben. Zu diesem Zeitpunkt habe ihr bereits bekannt sein müssen, dass der Nachlass überschuldet sei. Sie hätte schon damals erkennen müssen, dass nach Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens auf Grund der Übernahme eines Liegenschaftsanteils mit einer Nachforderung an Erbschaftssteuer zu rechnen sei. Durch Abgabe einer bedingten Erbserklärung solle die Inanspruchnahme des Erben mit dem Wert des übernommenen Nachlasses beschränkt werden. Derjenige aber, der eine unbedingte Erbserklärung abgebe, verzichte auf den vom Gesetzgeber eingeräumten Schutz. Eine Verpflichtung zur Entrichtung von Abgaben führe nicht zur Unbilligkeit. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedürfe es keiner Abgabennachsicht, wenn Härten aus der Abgabeneinhebung durch die Gewährung einer Zahlungserleichterung gemildert werden könnten. Die Abdeckung des Abgabenbetrages in Form monatlicher Ratenzahlungen zu je 100,00 € erscheine möglich und zumutbar.
In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Berufung brachte die Bw vor, dass dem Abhandlungsprotokoll eindeutig die Abgabe einer bedingten Erbserklärung zu entnehmen sei. Ihre Schuldenbelastung und die daraus resultierende Verarmung machten es ihr unmöglich, die vorgeschriebene Erbschaftssteuer zu entrichten.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung vom führte das Finanzamt im Wesentlichen begründend aus, dass die deutlichste Form der persönlichen Unbilligkeit in der Existenzgefährdung liege. Diese müsse gerade durch die Einhebung der Abgabe verursacht oder entscheidend mitverursacht sein. Gegenständlich sei eine bedingte Erbserklärung abgegeben worden. Zur Nachlassüberschuldung von rund 111.000,00 € habe die Bw zu Protokoll gegeben, dass die Verlassenschaft die laufenden Verbindlichkeiten und Ratenzahlungen leisten könne und keine Zahlungsunfähigkeit vorliege. Die Bw verfüge über keine vermögenswerten Wirtschaftsgüter mit Ausnahme der dort näher bezeichneten Liegenschaft, die aber hypothekarisch überbelastet sei. Sie beziehe weiters eine jährliche Bruttopension von rund 23.500,00 €. Bei dieser Sachlage könne von einer Unbilligkeit der Einhebung ausgegangen werden, sodass die tatbestandsmäßige Voraussetzung des § 236 Abs. 1 BAO erfüllt sei und die Bewilligung der Nachsicht im Ermessen der Behörde liege. Gegenständlich spräche aber eine Reihe von Umständen gegen die Gewährung der begehrten Nachsicht. Die Bw habe sich verpflichtet, die Kreditverbindlichkeiten durch monatliche Rückzahlungen zu tilgen. Eine Abgabennachsicht würde sich daher ausschließlich zu Lasten der Finanzverwaltung und zu Gunsten dieser Gläubiger auswirken. In Anbetracht der Höhe der Verbindlichkeiten sei auch davon auszugehen, dass die finanzielle Bedrängnis in erster Linie durch diese und nicht durch die im Verhältnis dazu wesentlich geringere Erbschaftssteuerschuld verursacht werde. Einer Abgabennachsicht bedürfe es auch dann nicht, wenn durch Zahlungserleichterungen Härten aus der Abgabeneinhebung abgeholfen werden könne. Die Abdeckung der offenen Abgaben in Raten von monatlich 100,00 € erscheine möglich und zumutbar.
Mit Schreiben vom brachte die Bw ein entsprechendes Ratengesuch ein, mit welchem sie um Begleichung des Abgabenrückstandes in elf Monatsraten zu je 75,00 € und einer abschließenden Rate für den Restbetrag ersuchte.
Ebenfalls am stellte die Bw einen Vorlageantrag. Die Übernahme des überschuldeten Erbes liege darin begründet, dass sie andernfalls auf der Straße gestanden wäre. Sie habe der Bank gegenüber eine gewisse Zahlungsfähigkeit artikulieren müssen, weil sonst ein Verlassenschaftskonkurs die Folge gewesen wäre. Selbst die Bank wisse, dass sie unter Einschränkung ihrer persönlichen Bedürfnisse nur einen gewissen Zinsendienst leisten könne. Von einer Rückzahlung des Kapitals könne keine Rede sein. Auf Grund ihres fortgeschrittenen Alters lasse die Bank sie auf der Liegenschaft wohnen, weil sie andernfalls ein Sozialfall werden würde. Eine Vorschreibung der Erbschaftssteuer sei zwar nach dem Buchstaben des Gesetzes rechtens, bewirke in ihrem Fall aber eine überschießende Besteuerung, indem Schulden als Vermögen angesehen würden. Hätte der Gesetzgeber ihre Situation gekannt, hätte er die konkrete Bestimmung anders abgefasst. Gerade in Fällen einer eklatanten Steuerfestsetzung, verglichen mit einem gewöhnlichen Durchschnittsfall, sähen die Höchstgerichte die Anwendung des § 236 BAO als berechtigt an. Sie ersuche daher, wenigstens eine Teilnachsicht größeren Ausmaßes auszusprechen. Bei einer Teilnachsicht in Höhe von 1.100,00 € wäre sie mit einer weiteren Berufungsvorentscheidung einverstanden, andernfalls ersuche sie um Vorlage an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Die Behauptung, eine Abgabennachsicht wirke sich ausschließlich zu Gunsten der Bank aus, gehe ins Leere, weil die Bank in ihrem Fall den sozialen Aspekt im Auge habe und bei Verwertung der überlasteten Liegenschaft eine gewaltige Forderungsabschreibung in Kauf nehmen müsste. Die Anführung der Bruttopension sei subjektiv gefärbt zu beurteilen, weil sie nur vom Nettobetrag leben könne. Das Finanzamt selbst gehe von einer Unbilligkeit der Einhebung aus, sodass sie ersuche, das vom Gesetzgeber eingeräumte Ermessen zu ihren Gunsten zu üben, da sie die dagegen stehenden Aspekte entkräftet habe.
Eine Abfrage des Abgabenkontos 000/0000 zeigt, dass die mit Bescheid vom vorgeschriebene Erbschaftssteuer am zur Gänze getilgt wurde und der Saldo auf diesem Konto daher Null beträgt. Die Entrichtung erfolgte durch Überrechnungen vom Abgabenkonto der Bw, St.Nr. 111/1111, am , , und zuletzt am sowie durch eine Überweisung der Bw in Höhe von 75,00 € am .
Zu der am anberaumten mündlichen Berufungsverhandlung erschien die Bw ohne Angabe von Gründen nicht.
Über die Berufung wurde erwogen:
Nach § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Diese Bestimmung findet gemäß § 236 Abs. 2 auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.
Grundsätzlich ist von der im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage auszugehen, sodass seit der Antragstellung eingetretene Veränderungen des Sachverhaltes zu berücksichtigen sind.
Die im Ermessen der Abgabenbehörde liegende Entscheidung, ob eine Nachsicht zu bewilligen ist, hat zur Voraussetzung, dass die Einhebung der Abgabenschuldigkeiten (oder bei bereits entrichteten Abgaben das Behalten der entrichteten Abgaben) nach Lage des Falles unbillig ist. Die Frage der Beurteilung der Unbilligkeit der Einhebung ist somit keine Ermessensentscheidung. Verneint die Abgabenbehörde die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum, sondern ist der Antrag zwingend abzuweisen.
Die Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe kann eine persönliche oder sachliche sein.
Eine persönlich bedingte Unbilligkeit ergibt sich aus der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers. Sie ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann gegeben, wenn die Abgabeneinhebung die Existenz des Nachsichtswerbers oder seiner Familie gefährden würde. Allerdings bedarf es zur Bewilligung einer Nachsicht aus persönlichen Gründen nicht unbedingt der Existenzgefährdung oder besonderer finanzieller Schwierigkeiten und Notlagen, sondern es genügt, dass die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind. Die Rechtsprechung verlangt, dass die wirtschaftliche Existenz des Abgabepflichtigen gerade durch die Einhebung der Abgaben, um deren Nachsicht es geht, gefährdet sein müsste oder diese Gefährdung durch die Abgabeneinhebung zumindest entscheidend mitverursacht sein müsste, sodass mit einer Nachsicht gerade dieser Abgaben die Existenzgefährdung abgewendet wäre.
Eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung liegt vor, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt. Jedenfalls muss es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommen.
Mit ihrem Berufungsvorbringen, ihre Schuldenbelastung und die damit einher gehende Verarmung machten es ihr unmöglich, die Erbschaftssteuer zu entrichten, stützt die Bw sich auf das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit. Durch ihren Einwand im Vorlageantrag, die Steuervorschreibung bewirke in ihrem Fall eine überschießende Besteuerung, macht sie aber auch das Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit geltend.
Die genannte Bestimmung des § 236 BAO enthält einen Begünstigungstatbestand; das Hauptgewicht der Behauptungs- und Beweislast liegt demzufolge beim Nachsichtswerber. Seine Sache ist es, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann.
Die Bw brachte zwar vor, dass die in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft mit weit über dem Verkehrswert liegenden Bankschulden belastet und sie lediglich in der Lage sei, einen gewissen Zinsendienst zu leisten, ohne aber an Hand von Zahlen zu konkretisieren, wie hoch der Verkehrswert der Liegenschaft und die Bankschulden seien und welchen Betrag sie monatlich an die Bank abzuführen bzw. welchen anderen Verpflichtungen sie nachzukommen habe und welcher Betrag ihrer monatlichen Pension ihr zur freien Verfügung verbleibe. Ein Grundbuchsauszug bzw. die im Lastenblatt intabulierten Höchstbetragshypotheken lassen jedenfalls keinen verlässlichen Rückschluss auf die tatsächlich noch aushaftenden Verbindlichkeiten zu.
Trotz der glaubwürdig vorgebrachten Existenzgefährdung der Bw ist entgegen dem Dafürhalten der Abgabenbehörde erster Instanz von einer persönlichen Unbilligkeit nicht auszugehen, weil eine Unbilligkeit nach der Judikatur dann nicht gegeben ist, wenn die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht ist, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht nicht den geringsten Sanierungseffekt hätte und an der Existenzgefährdung nichts änderte (Ritz, BAO³, § 236 Tz. 10). Wenngleich der genaue Schuldenstand der Bw nicht bekannt ist, kann dennoch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass laut dem im Hauptinventar erwähnten Schätzungsgutachten vom die Liegenschaft rund 245.000,00 € wert ist und diese Liegenschaft laut Angaben der Bw mit weit über dem Verkehrswert liegenden Bankschulden belastet ist, davon ausgegangen werden, dass die vom Nachsichtsbegehren umfassten Erbschaftssteuerschulden in Höhe von 1.552,28 € nur einen äußerst geringen Prozentsatz der Gesamtschulden der Bw ausmachen und deren Nachsicht praktisch ohne Auswirkung auf die bereits bestehende Notlage der Bw bliebe.
Schließlich bedarf es keiner Abgabennachsicht, wenn durch Zahlungserleichterungen Härten aus der Abgabeneinhebung abgeholfen werden kann (vgl. ).
Unter Bezugnahme auf die Berufungsvorentscheidung vom ersuchte die Bw mit Eingabe vom , ihr monatliche Ratenzahlungen von 75,00 € zu bewilligen, weil sie nicht in der Lage sei, einen größeren Betrag aufzubringen. In der Folge überwies die Bw am einen Betrag von 75,00 €. Damit dokumentierte sie aber, dass ihr die Entrichtung der Erbschaftssteuer in monatlichen - wenn auch nur geringfügigen - Raten möglich wäre.
Wie einleitend ausgeführt, wurde die Erbschaftssteuer bereits - großteils durch Überrechnungen - entrichtet. In diesem Fall ist kein strengerer Maßstab anzulegen als bei Nachsicht noch nicht entrichteter Abgaben; diesfalls ist zu prüfen, ob das Behalten des Betrages als unbillig anzusehen ist.
Nach § 215 Abs. 2 BAO ist das bei einer Abgabenbehörde verbleibende Guthaben zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde hat.
Eine so genannte Überrechnung hat zwingend zu erfolgen und ist nicht in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt.
Eine Nachsicht bereits entrichteter Abgabenschuldigkeiten aus wirtschaftlichen Gründen käme insbesondere in Betracht, wenn diese Schuldigkeiten zwar infolge der dargestellten Verrechnungsanordnung getilgt, die für eine Unbilligkeit der Einhebung sprechenden Gründe damit aber nicht beseitigt wären. Dies trifft etwa dann zu, wenn die nachzusehende Abgabennachforderung ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten des Steuerpflichtigen auslöste und sich an diesen trotz Tilgung durch Verrechnung nichts änderte ().
Wenngleich der Abgabenrückstand im Wesentlichen durch Umsatzsteuergutschriften getilgt wurde, kann dennoch nicht behauptet werden, die Bw habe nicht über die Mittel verfügt, die Abgabenschuldigkeiten zu entrichten, sodass eine auf das Fehlen der zur Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel gestützte persönliche Unbilligkeit nicht vorliegt (vgl. ).
Nicht außer Acht zu lassen ist ferner, dass nach Überrechnung des letzten Teilbetrages nicht unerhebliche Abgabenbeträge (insgesamt rund 4.200,00 €) an die Bw zurückgezahlt wurden.
Zur sachlichen Unbilligkeit ist Folgendes zu berücksichtigen:
§ 236 BAO soll der Abgabenbehörde die Möglichkeit eröffnen, durch besondere Umstände des Einzelfalles eingetretene, besonders harte Auswirkungen der Abgabenvorschriften, die der Gesetzgeber, hätte er diese vorhergesehen, vermieden hätte, zu mildern.
Nach § 8 Abs. 5 ErbStG stellt sich der in § 8 Abs. 4 ErbStG umschriebene Erhöhungsbetrag als Mindeststeuer dar, die unter allen Umständen einzuheben ist, und zwar auch dann, wenn der Nachlass infolge Überschuldung zu keiner Erbschaftssteuer führen würde, wenn zum Nachlass keine Liegenschaft gehörte. Dieses "Grunderwerbsteueräquivalent" soll als Ausgleich für die Steuerbefreiung nach dem Grunderwerbsteuergesetz dienen und den Entfall der Grunderwerbsteuer ausgleichen.
Am , B 706/00, erkannte der Verfassungsgerichtshof, dass es unbedenklich sei, das Grunderwerbsteueräquivalent auch bei überschuldetem Nachlass vorzuschreiben, solange der Erbe tatsächlich ein Grundstück erwerbe. Nicht sachgerecht sei die Vorschreibung lediglich im Fall eines Nachlasskonkurses, der die Einantwortung an einen erbserklärten Erben hindere.
Gegenständlich kam es daher für die Bw, verglichen mit ähnlichen Fällen, nicht zu einer atypischen Belastungswirkung. Bereits mehrfach wurden vergleichbare Fälle (Grundstückserwerb bei überschuldetem Nachlass) an die Höchstgerichte zur Beurteilung herangetragen und von diesen festgestellt, dass die in § 8 Abs. 4 und 5 ErbStG normierte Erhöhung der Erbschaftssteuer in jedem Fall zu erheben ist, auch wenn sonst nach den anderen Vorschriften des ErbStG keine Erbschaftssteuer zu erheben wäre, und dass eine höhere Besteuerung bei Grundstückserwerben von Todes wegen gerechtfertigt ist, um damit den durch die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z. 2 GrEStG verursachten Entfall der Grunderwerbsteuer zu kompensieren.
Die Bw trafen lediglich die vom Gesetzgeber gewollten Auswirkungen der allgemeinen Rechtslage, sodass auch mangels Vorliegens einer sachlichen Unbilligkeit eine Nachsicht nicht gerechtfertigt war.
Aus den dargestellten Gründen liegen weder eine persönlich noch eine sachlich bedingte Unbilligkeit der Einhebung der nachsichtsgegenständlichen Abgabenverbindlichkeiten vor und fehlt es damit schon an der Tatbestandsmäßigkeit im Sinne des § 236 BAO, sodass für eine Ermessensentscheidung nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände (§ 20 BAO) kein Raum bleibt.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 8 Abs. 5 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |
Schlagworte | Nachsicht Erbschaftssteuer Mindeststeuer persönliche Unbilligkeit sachliche Unbilligkeit |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
OAAAD-20038