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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 22.02.2007, RV/1011-W/05

Dienstgeberbeitragspflicht eines wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw., S,S-Straße, vertreten durch Reinhard Stulik, Steuerberater, 3150 Wilhelmsburg, Färbergasse 3, gegen die Bescheide des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten betreffend Festsetzung von Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum bis  entschieden:

Die Bescheide betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum bis werden abgeändert.

Die Berufung gegen die Bescheide betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum bis wird als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Die Bescheide betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum bis werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe betragen:


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Zeitraum
Bemessungsgrundlage
DB
DZ
1.1. -
455.132,56 S
20.480,97 S
2.412,20 S
1.1. -
468.000,00 S
21.060,00 S
2.433,60 S
1.1. -
494.000,00 S
22.230,00 S
2.519,40 S
1.1. -
31.657,04 €
1.424,57 €
145,62 €
1.1. -
37.339,79 €
1.680,29 €
164,30 €

Die Fälligkeit des mit dieser Entscheidung festgesetzten Mehrbetrages der Abgaben ist aus der Buchungsmitteilung zu ersehen.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Der Geschäftsführer, Herr W.M., ist zu 80% an der Bw. beteiligt und nimmt die Aufgaben der Geschäftsführung seit wahr.

In zwei den Streitzeitraum umfassenden Lohnsteuerprüfungen wurde festgestellt, dass für die Geschäftsführerbezüge Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag nicht entsprechend der ab 1994 geänderten Rechtslage abgeführt worden war. Es wurden daher für folgende Beträge die im Spruch des Bescheides genannten Abgaben nachgefordert:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum
Bemessungsgrundlage
DB
DZ
1.1. -
455.132,56 S
20.480,97 S
2.412,20 S
1.1. -
468.000,00 S
21.060,00 S
2.433,60 S
1.1. -
173.000,00 S
7.785,00 S
882,30 S
1.1. -
31.657,04 €
1.424,57 €
145,62 €
1.1. -
37.076,22 €
1.668,43 €
163,14 €

In den dagegen erhobenen Berufungen führte der steuerliche Vertreter der Bw. aus, in § 22 Z 2 EStG werde nicht auf eine Weisungsbindung Bezug genommen, sondern es sei lediglich von einem wesentlich Beteiligten die Rede, der sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses erfülle. Es werde aber nicht vom Fehlen der Verpflichtung gesprochen, Weisungen anderer zu befolgen.

Es sei aber unbestritten, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer bei einer Beteiligung von 26% bis 49 % sehr wohl den Weisungen anderer zu folgen verpflichtet sei, wenn keine Sperrminorität gegeben sei.

Der Wortlaut "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" bringe eindeutig zum Ausdruck, dass sowohl bei Einkünften gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit b EStG und bei Einkünften gemäß § 22 Z 2 EStG eine kritischere Prüfung zu erfolgen habe als bei einem "normalen Dienstverhältnis", da auf Grund des Fehlens der Weisungsbindung bzw des Vorliegens der wesentlichen Beteiligung sonst alle Merkmale gefordert seien.

Die Interpretation, dass bei wesentlicher Beteiligung die Prüfung der Weisungsbindung außer Ansatz bleibe und automatisch ein Fehlen der Weisungsbindung angenommen werde, sei nicht zulässig.

Bei einer Beteiligung zwischen 50% und 100% ergebe sich nach dem Gesetzestext bei Beurteilung sonst aller Merkmale eines Dienstverhältnisses nur, dass die wesentliche Beteiligung wegzudenken sei, nicht jedoch die Weisungsbindung. Es könne keinesfalls der Gesetzestext so interpretiert werden, dass bei jeder wesentlichen Beteiligung - unabhängig vom Ausmaß - keine Weisungsbindung gegeben wäre.

Aber auch bei der nicht verständlichen Interpretation, dass bei Vergütungen an Beteiligte im Ausmaß von 50% oder mehr die Weisungsbindung außer Ansatz bleibe, seien nicht sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses erfüllt, da das Unternehmerrisiko durch die überwiegend erfolgsabhängige Vergütung und durch das Tragen der Kosten nicht gegeben sei.

Es liege auch eine organisatorische Eingliederung nicht vor, denn eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus sei im Sinne der Abhängigkeit vom Auftraggeber zu verstehen. Sie zeige sich ua. in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in die betrieblichen Abläufe des Arbeitgebers.

Die Berufungen wurden ohne Erlassung von Berufungsvorentscheidungen der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Im Zuge des Verfahrens vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde die Bw. darauf hingewiesen, dass die Behörde beabsichtige, statt der für die Jahre 2001 und 2003 vom Lohnsteuerprüfer in Ansatz gebrachten Beträge folgende Beträge als Bemessungsgrundlage heranzuziehen:


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2001
2003
494.000,00 ATS
37.339,79 €

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Behörde nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Herr W.M. ist an der Bw. zu 80 % beteiligt und nahm die Aufgaben der Geschäftsführung seit wahr.

Die zwischen der Bw. und dem Geschäftsführer jährlich gleichlautend abgeschlossenen Werkverträge enthalten ua folgende Bestimmungen:

  • - Der Auftragnehmer ist verpflichtet, das Unternehmen im vollen Interesse des Auftraggebers zu führen und verpflichtet sich, die Geschäfte, wie diese ein ordentlicher Kaufmann im eigenen Interesse erledigt, durchzuführen.

  • - Dem Auftragnehmer obliegt es, den Auftragsort zu wählen.

  • - Den Auftragnehmer trifft keine Erfüllung einer bestimmten Arbeitszeit.

  • - Der Auftragnehmer ist berechtigt, sich jederzeit vertreten zu lassen.

  • - Der Auftragnehmer erhält für die Erfüllung des oben näher erläuterten Auftrages folgendes erfolgsabhängiges Entgelt. Als Entgelt wird 15% (ab 2000 20%) des Bruttogewinnes vor Abzug des Entgeltes für den Geschäftsführer vereinbart - gerundet auf volle tausend Schilling.

  • - Der Auftragnehmer hat alle Auslagen selbst zu tragen.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer erhielt folgende Bezüge:


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1999
2000
2001
2002
2003
350.000 S
468.000,00 S
494.000,00 S
31.657,04 €
37.339,79 €

Die Bw. leistete im Jahr 1999 für den geschäftsführenden Gesellschafter Beiträge zur gewerblichen Sozialversicherung in Höhe von ATS 105.132,56.

Dieser Sachverhalt gründet sich auf die im Akt befindlichen Unterlagen, ist insoweit unstrittig und war rechtlich wie folgt zu beurteilen:

Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Entsprechend der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 geltenden Fassung BGBl. Nr. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis i.S.d. § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen i.S.d. § 22 Z 2 EStG 1988.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl Nr. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art i.S.d. § 22 Z 2 EStG 1988.

Nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.

Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt (§ 22 Z 2 EStG 1988).

Die Regelung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, der von der in § 41 FLAG festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, findet sich für die Streitjahre in § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 (WKG).

Im Erkenntnis des verstärkten Senates vom , 2003/13/0018, stellte der Verwaltungsgerichtshof klar, dass bei der Frage, ob Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielt werden, entscheidende Bedeutung dem Umstand zukommt, ob der Gesellschafter bei seiner Tätigkeit in den betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert ist. Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen des Unternehmerwagnisses oder einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, kann nur in solchen Fällen Bedeutung zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes nicht klar zu erkennen wäre.

Eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. des wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. und 2001/14/0052). Unerheblich ist, ob der Geschäftsführer im operativen Bereich der Gesellschaft oder im Bereich der Geschäftsführung tätig ist.

Entsprechend dem der Behörde vorliegenden Firmenbuchauszug übte Herr W.M. die Geschäftsführung seit aus.

Vor dem Hintergrund des vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen funktionalen Verständnisses vom Begriff der Eingliederung in den Organismus des Betriebes ist durch die unbestritten kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung für den Geschäftsführer das Merkmal der Eingliederung ohne Zweifel gegeben ().

Das von der Bw. in der Berufung zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 90/14/0103, betrifft Arbeitsleistungen eines Buchhalters, die verschiedenen Auftraggebern gegenüber erbracht wurden. Im gegenständlichen Fall wurde aber die Leistung des Geschäftsführers nur gegenüber einem einzigen Auftraggeber erbracht.

Die Berufungsausführungen zum Unternehmerrisiko und zur Entlohnung sind aber - da das Vorliegen der Eingliederung des Gesellschafter-Geschäftsführers in den geschäftlichen Organismus zu bejahen ist - nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr entscheidungswesentlich, da diesen Elementen nur dann Bedeutung zukommt, wenn eine Eingliederung nicht klar zu erkennen wäre.

Zu den übrigen Ausführungen wird Folgendes angemerkt:

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung (vgl ua , ), dass die Höhe der Beteiligung eines Geschäftsführers an seiner Gesellschaft ausschließlich für die Frage Bedeutung hat, ob der Gesellschafter in seinem Handeln einem fremden Willen unterworfen ist, und damit allein maßgebend ist für die Frage der Weisungsgebundenheit, die aber in der Beurteilung der Einkünfteerzielung nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 keine Rolle spielt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 41 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 122 Abs. 7 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998
§ 122 Abs. 8 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998
Schlagworte
Dienstgeberbeitrag
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
wesentliche Beteiligung
Aufgaben der Geschäftsführung
Eingliederung in den geschäftlichen Organismus
Fehlen des Unternehmerwagnisses
funktionales Verständnis
Entlohnung
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at