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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 22.07.2013, RV/0892-L/11

Familienbeihilfe - Zurückweisung eines Antrages; mündliche Anbringen und mündlicher Bescheid; Umdeutung eines Ansuchens

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Zurückweisung eines Antrages betreffend die Nachzahlung von Familienbeihilfe vom nach der am in 4010 Linz, Bahnhofplatz 7, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt hat mit Bescheid vom den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe vom , beim Finanzamt eingelangt am , zurückgewiesen. Begründung: "Antrag auf Familienbeihilfe für die Kinder x, y und z

Die Zurückweisung erfolgte, weil die Eingabe aus folgendem Grund nicht zulässig ist:

Kind1

Rechtskräftige Abweisung der Berufung durch Finanzlandesdirektion mit Bescheid vom -RV/085/L-8/Nw-1997 für Zeitraum -

Kind2

Rechtskräftige Abweisung der Berufung durch Finanzlandesdirektion mit Bescheid vom - RV/85/L-8/Nw-1997 für Zeitraum ab

Kind3

Rechtskräftige Abweisung des Antrages durch Finanzamt Grieskirchen mit Bescheid vom für Zeitraum ab

Gemäß § 13 FLAG 1967 hat das nach dem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt der antragstellenden Person zuständige Finanzamt über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollständig stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

Bei Bescheiden der Abgabenbehörde erster Instanz, die einem Rechtszug unterliegen, tritt, wenn ein Rechtsmittel nicht eingebracht wird, mit ungenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist formelle Rechtskraft ein. Die formelle Rechtskraft ist ausschließlich prozessualer Natur und bedeutet die Unanfechtbarkeit eines Bescheides im ordentlichen Rechtsmittelverfahren. Aus ihr leitet sich die materielle Rechtskraft ab, diese besteht in der Bindung der Behörde an den einmal erlassenen formell rechtskräftigen Bescheid. Eine Folge der materiellen Rechtskraft ist der Grundsatz des "ne bis in idem". Dieser Grundsatz besagt, dass in ein und derselben Sache nicht zweimal entschieden werden darf (Unwiederholbarkeit, Einmaligkeitswirkung). Dieser Grundsatz ist in der Bundesabgabenordnung nicht ausdrücklich verankert, er gehört aber zu den grundlegenden Pfeilern der Verfahrensrechtsordnung und ist mit den Begriffen "res iudicata" und "Rechtskraftwirkung von Bescheiden" untrennbar verbunden (siehe Bichler, "Ne bis in idem" -Das Problem der Rechtskraft im Abgabenverfahren, ÖstZ 1995,233).

Ist ein Bescheid formell rechtskräftig geworden, so sind später eingebrachte neuerliche Anträge, die sich mit den früheren Anträgen decken, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (§ 273 BAO). Zu prüfen ist lediglich, ob tatsächlich über dieselbe Sache zu entscheiden ist, über die bereits rechtskräftig entschieden wurde. "Identität der Sache" liegt vor, wenn in den für die Beurteilung maßgeblichen tatsächlichen Umständen keine Änderung eingetreten ist, mögen auch verschiedene Elemente des ursprünglich bestandenen Sach-verhaltes nachträglich anders dargestellt oder erhoben worden sein. Eine neue Judikatur ist keine Änderung der Rechtslage!

Die dagegen eingebrachte Berufung wird wie folgt begründet. "Sachverhalt

Es ist richtig, dass die ursprünglich gestellten Ansuchen um Zuerkennung der Familienbeihilfe für meine im Bescheid genannten Söhne (teils zweitinstanzlich) abgewiesen wurden. Meine Frau, xx, die hinsichtlich des Bezuges der Familienbeihilfe in unserer Familie in Kontakt mit der belangten Behörde war, hat nach der Abweisung umgehend Kontakt mit der Behörde aufgenommen und es wurde ihr mitgeteilt, dass die Finanzämter vom Ministerium die vorläufige Anweisung bekommen hätten, Familienbeihilfen im Fall von Missionsdienst nicht zu gewähren. Es wurde zugleich von Seiten der Behörde mitgeteilt, dass dies die derzeitige durch die Weisung des Ministeriums bedingte Verwaltungspraxis und Rechtslage darstelle. Das Ministerium sei gerade dabei, die Frage, ob Missionsdienst als Ausbildung iS des FLAG anzuerkennen sei, zu prüfen und würde in nächster Zeit eine endgültige diesbezügliche Weisung an die Finanzämter erteilen. Auch ohne Ergreifung von Rechtsmitteln gegen die betreffenden abweisenden Bescheide würde die Sache selbst nochmals entschieden werden, sobald die Rechtslage endgültig geklärt bzw eine endgültige Anweisung des Ministeriums vorläge. Für den Fall der Änderung der Anweisung durch das Ministeriums bzw. Änderung der Rechtslage zu Gunsten einer Anerkennung des Missionsdienstes als Ausbildung würde jedenfalls die Familienbeihilfe für die betreffenden Zeiträume im Nachhinein gewährt werden. Ich sah daher keine Notwendigkeit, Rechtsmittel gegen die abweisenden Bescheide zu ergreifen. Die Mitteilung hinsichtlich neuerlicher Entscheidung bei Feststehen einer endgültigen Rechtslage wurde bei Nachfragen in den folgenden Monaten wiederholt und bekräftigt.

In der Folge zogen sich die Ermittlungen des Ministeriums in die Länge, u.a. auch aufgrund von Ermittlungs-Pannen wie beispielsweise, dass Auskünfte eines Hausmeisters einer Kirchengemeinde vom Ministerium als offizielle Stellungnahme der Kirche betrachtet wurde. In weiterer Folge wurden dann Familienbeihilfenangelegenheiten dieser Art an den Verwaltungsgerichtshof herangetragen und von Seiten des Ministeriums wollte man nunmehr dessen Entscheidung abwarten. Meine Frau blieb in der gesamten Zeit hinsichtlich der Nachzahlung der Familienbeihilfe regelmäßig mit der Behörde in Kontakt.

Tatsächlich erging im Jahr 2003 eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Gewährung von Familienbeihilfe im Fall der vollzeitigen Missionarstätigkeit (xxx, Entscheidung vom , ZL 99/15/0080), in welcher der Gerichtshof eine Anerkennung dieser Tätigkeit als Ausbildung im Sinne des FLAG nahelegte.

Ich habe, nachdem ich von dieser Entscheidung gehört habe, umgehend, mit Eingabe vom die nachträgliche Zuerkennung der Familienbeihilfe für meine drei im bekämpften Bescheid genannten Söhne beantragt. Dem Antrag war eine Kopie des betreffenden Judikats angeschlossen. In mehreren Telefonaten wurde von meiner Frau mit der belangten Behörde besprochen, dass dieser Antrag aufgrund des nunmehr ergangenen Judikats gestellt werde und dass wegen der nunmehr weitgehend geklärten Rechtslage anstatt der abweisenden nunmehr stattgebende Bescheide hinsichtlich Familienbeihilfe für meine Söhne erlassen werden sollten. Von Seiten der Behörde wurde wiederum bekräftigt, dass die Familienbeihilfe bei klarer Rechtslage nachträglich gewährt werden würde. Eine solche klare Rechtslage würde für die Behörde aber erst vorliegen, wenn das Ministerium seine frühere Anweisung widerrufen hätte. Dies ua mit der Begründung, dass die VwGH-Entscheidung nicht eindeutig genug sei um sich ausschließlich auf diese zu stützen.

Meine Frau rief in der Folge regelmäßig bei der Behörde an, um hinsichtlich einer Weisung des Ministeriums bzw der nachträglichen Gewährung der Familienbeihilfe nachzufragen und es wurde ihr stets mitgeteilt, dass eine entsprechende Weisung des Ministeriums noch nicht vorläge. Im Jahr 2005 begann dann ein jahrelang dauerndes Verfahren in den Familienbeihilfeangelegenheiten hinsichtlich meines Sohnes yy und hinsichtlich des Sohnes des yyy, yyyy. Von Seiten der belangten Behörde wurde meiner Frau, die regelmäßig hinsichtlich einer Entscheidung nachfragte, mitgeteilt, man werde nun diese beiden Verfahren vor Entscheidung der Angelegenheit abwarten, da dadurch sicherlich die Rechtslage eindeutig geklärt würde. In beiden Fällen (GZ: RV/1052-L/06 und RV/0297-L/05) entschied der UFS Linz trotz mehrmaliger Nachfragen erst im Jahr 2009 abweisend über die 2005 und 2006 eingebrachten Berufungen.

In der Folge hob der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidungen des UFS Linz mit den Judikaten vom Zl. 2009/16/0232 und vom Zl. 2009/15/0021 auf und führte in seinen Entscheidungen Rechtsansichten aus, die deutlich nahelegten, den Missionsdienst als Ausbildung iS des FLAG zu beurteilen. Der UFS Linz hob in der Folge die abweisenden Bescheide der betreffenden Finanzämter auf und sprach aus, dass die Familienbeihilfe für die Zeit des vollzeitigen Missionsdienstes zustehen würde.

Unmittelbar darauf setzte sich meine Frau mit der belangten Behörde in Verbindung und ersuchte um Entscheidung hinsichtlich des im Jahr 2003 gestellten Antrages. Von Seiten der Behörde wurde aber nunmehr mitgeteilt, dass das Ministerium den Auftrag gegeben habe, die nunmehrige Entscheidung des UFS Linz beim Verwaltungsgerichtshof anzufechten. Eine Entscheidung hinsichtlich der nachträglichen Gewährung der Familienbeihilfe werde erst ergehen, wenn der VwGH diesbezüglich entschieden habe. Der VwGH wies die Beschwerde der belangten Behörde mit Entscheidung vom Zl.2010/16/0128, zugestellt am ab. Meine Frau telefonierte daraufhin wieder mit der Behörde und es wurde ihr mitgeteilt, man gehe davon aus, dass nunmehr die betreffende Familienbeihilfe ausbezahlt werden müsse.

In der Folge erging der nunmehr bekämpfte Bescheid, welcher am hinterlegt wurde und damit am als zugestellt gilt.

Zuständige Sachbearbeiter und Ansprechpersonen bei der Behörde (Finanzamt Grieskirchen) waren Frau q und Herr qq.

Wie aus dem dargestellten Sachverhalt entnehmbar, war der belangten Behörde bekannt, dass es bei dem Antrag aus dem Jahr 2003 nicht lediglich die abgewiesene Familienbeihilfe neu beantragt werden sollte, sondern dass sich auf die amtswegige Aufhebung der abweisenden Bescheide berufen wurde bzw allenfalls jedes (außerordentliche) Rechtsmittel zur Abweisung dieser Abweisungen ergriffen werden sollte.

Beweis: Parteienvernehmung ZV xx pA des Antragstellers Notiz vom Verfahrensakt Anfrage beim Ministerium hinsichtlich Zeitraum der Prüfung Familienbeihilfe im Falle des Missionsdienstes Verfahrensakt Familienbeihilfe yy ab weitere Beweise vorbehalten

Berufungsgründe

Die Behörde hat bei Ihrer Entscheidung aktenkundige Parteienanträge und behördliche Zusagen außer Acht gelassen und aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung auch nicht den entscheidungserheblichen Sachverhalt festgestellt.

Es ist davon auszugehen, dass bereits vor dem bescheidgegenständlichen Antrag vom durch die Zusage der zuständigen Organe, es würde erneut über die Angelegenheit entschieden werden sobald die Rechtslage geklärt bzw das Ministerium seine Ermittlungen abgeschlossen habe und eine abschließende ministerielle Weisung geben würde. Dadurch wurde bereits ein mündlicher (allenfalls bedingter) Bescheid hinsichtlich (amtswegiger) Aufhebung nach den diesbezüglichen Vorschriften (insbesondere §§ 295, 295a 299, 300 BAO, aufgrund Wiedereinsetzung u. a. unrichtiger Rechtsauskunft wegen oder Wiederaufnahme u.a. wegen neuen Tatsachen u. Beweismitteln) erlassen. Sollte man davon ausgehen, dass solche einer schriftlichen Niederlegung bedürfen, ist darauf hinzuweisen, dass eine diesbezügliche gesetzliche Verpflichtung der zuständigen Organe besteht und daher davon auszugehen ist, dass ein diesbezüglicher Aktenvermerk besteht, abgesehen davon kann dies auch nachgeholt werden. Vom Vorliegen einer bloßen Rechtsauskunft kann jedenfalls nicht ausgegangen werden, da eine bestimmte Vorgehensweise, nämlich eine neuerliche Entscheidung nach Feststehen der Rechtslage bzw endgültiger Weisung durch das Ministerium zugesagt wurde. Das dies von der Behörde so gesehen wurde wird dadurch untermauert, dass die Behörde in der Folge auch trotz regelmäßiger Nachfrage insgesamt acht Jahre bis zum Feststehen einer eindeutigen Rechtslage (durch die Entscheidungen vom Zl. 2009/16/0232 und vom Zl. 2009/15/0021 bzw die daraufhin erfolgte Abweisung der Beschwerde der belangten Behörde vom Zl.2010/16/0128, zugestellt am ) zuwartete. Das Verständnis, dass über eine Sache nach Rechtskraft nicht -ohne dass die Rechtskraft aufgehoben wurde -nochmals entschieden werden kann stellt gewissermaßen das 1x1 für jede im Rechtsbereich tätige Person dar und es kann nicht angenommen werden, dass darüber ein Irrtum vorlag und erst nach beinahe acht Jahren erkannt wurde, dass der Antrag vom eine bereits rechtskräftige Angelegenheit betraf. Vielmehr muss dies daran gelegen sein, dass der Behörde klar war, dass nach materiellen Vorschriften -sobald die Rechtslage geklärt wäre -über den Antrag vom neu entschieden würde. Die Behörde hat daher den Antrag vom zu Unrecht zurückgewiesen und hätte in der Sache selbst entscheiden müssen.

Wenn die Behörde nicht von einer Aufhebung der abweisenden Bescheide hinsichtlich Kinder ausgegangen wäre, hätte Sie aufgrund der zahlreichen Gespräche mit der Ehefrau des Berufungswerbers erkennen müssen, dass die betreffende Eingabe von der Aufhebung der betreffenden abweisenden Entscheidungen ausging bzw jedenfalls eine von diesen abweisende Entscheidung bezweckte. Dieses Verständnis bzw dieser Zweck der Eingabe war schon daraus ersichtlich, dass mit dieser die gerade ergangene einschlägige Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes mitübermittelt wurde. Auch aufgrund des regelmäßigen Kontaktes der Ehefrau des Berufungswerbers mit der Behörde undenkbar, dass die Behörde davon ausging, dass die Eingabe vom eine platte Beantragung einer rechtskräftig abgewiesenen Sache darstellte. Hätte die Behörde Zweifel am Zweck der Eingabe gehabt, so wäre es Ihre Pflicht gewesen, vom nunmehrigen Berufungswerber die Verbesserung der Eingabe zu verlangen. Dies ist jedoch nicht geschehen, was bei Beibehaltung der im bekämpften Zurückweisungsbescheid ausgedrückten Rechtsmeinung einen wesentlichen Verfahrensmangel darstellt. Da kein Verbesserungsauftrag erfolgt ist, muss jedoch davon ausgegangen werden, dass, wenn die Behörde nicht zu diesem Zeitpunkt von der bereits erfolgten Aufhebung der abweisenden Bescheide hinsichtlich Familienbeihilfe ausging, sie in dem Antrag vom die Erhebung von außerordentlichen Rechtsmitteln samt den allenfalls notwendigen Eingaben (Berufung,etc) gegen die betreffenden Bescheide sah. Im Fall dieser Annahme, hätte die Eingabe vom nicht zurückgewiesen werden dürfen sondern hätte eine Entscheidung über die betreffenden außerordentlichen Rechtsmittel getroffen werden müssen, wobei allenfalls der genaue Antragsinhalt klarzustellen gewesen wäre.

Davon abgesehen ist, sollte man dies nicht schon für einen früheren Zeitpunkt annehmen, aufgrund der mehrfachen Zusagen der Behörde nach der Eingabe vom , bei Feststehen der endgültigen Rechtslage bzw Vorliegen einer endgültigen Weisung des Ministeriums neu zu entscheiden, davon auszugehen, dass eben zu diesen späteren Zeitpunkten die abweisenden Bescheide amtswegig bzw aufgrund außerordentlicher Rechtsmittel aufgehoben wurden.

Jedenfalls indiziert das beinahe achtjährige Zuwarten und die Zusagen hinsichtlich neuerlicher Entscheidung der Angelegenheit bei Feststehen der einschlägigen Rechtslage, dass beim bekämpften Zurückweisungsbescheid von einem unrichtigen Sachverhalt und einer unrichtigen Verfahrenslage ausgegangen wurde.

Gemäß der obigen Darstellung liegt jedenfalls unrichtige und unvollständige Sachverhaltsfeststellung, die Nichtberücksichtigung von Anträgen, und mangelndes Parteiengehör sowie allenfalls ein Verstoß hinsichtlich der behördlichen Anleitungspflicht und hinsichtlich der KlarsteIlung des Inhaltes des Anbringens vom vor.

Antrag

Der Berufungswerber stellt daher den Antrag, die Berufungsbehörde möge

eine mündliche Verhandlung anberaumen, den Zurückweisungsbescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom , AZ Zahl, aufheben und

dem Antrag vom stattgeben oder eventualiter die Angelegenheit zur Entscheidung in der Sache selbst an die Behörde erster Instanz zurückverweisen.

II. EVENTUALITER: ANTRAG AUF WIEDEREINSETZUNG IN DEN VORIGEN STAND UND BERUFUNG GEGEN DEN BESCHEID VOM

Das Finanzamt Grieskirchen Wels wird höflich ersucht, diesen Antrag im Eventualfall zeitgerecht an die zuständige Behörde weiterzuübermitteln.

Eventualiter wird hinsichtlich der Versäumung der Berufungsfrist hinsichtlich des Bescheides des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom wegen Zuerkennung der Familienbeihilfe für ww für den Zeitraum ab die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Dies wird mit dem oben unter 1.1. geschilderten Sachverhalt, insbesondere der Mitteilung der Behörde begründet, man würde im Falle der Änderung der Weisung des Ministeriums bzw Änderung der Rechtslage die Familienbeihilfe nachträglich zuerkennen, wodurch ein ordentliches Rechtsmittel als nicht zweckmäßig, im Gegenteil sogar kontraproduktiv erschien, da ja ohnehin aufgrund der derzeitigen vorläufigen ablehnenden Weisung des Ministeriums entschieden werden musste. Eine Unwirksamkeit der Mitteilung der Behörde hinsichtlich nachträglicher Entscheidung über die Zuerkennung von Familienbeihilfe würde sich erst mit Ablehnung der unter Punkt I. eingebrachten Berufung zeigen.

Zugleich wird hinsichtlich des Bescheides des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom wegen Zuerkennung der Familienbeihilfe für ww für den Zeitraum ab die Berufung gegen den abweisenden Teil dieses Bescheides eingebracht und dies mit unrichtiger rechtlicher Beurteilung begründet. Nach den Entscheidungen vom Zl. 2009/16/0232 und vom Zl. 2009/15/0021 stellt Missionsdienst eine Ausbildung iS des FLAG dar. Es wird daher beantragt, den abweisenden Teil des Bescheides aufzuheben und anstelle dessen meinem Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe stattzugeben bzw eventualiter die Angelegenheit zur Entscheidung in der Sache an die erstinstanzliche Behörde zurückzuverweisen.

Bescheinigungsmittel:

Parteienvernehmung ZV xx pA des Antragstellers Notiz vom Verfahrensakt Anfrage beim Ministerium hinsichtlich Zeitraum der Prüfung Familienbeihilfe im Falle des Missionsdienstes Verfahrensakt Familienbeihilfe p

In der am abgehaltenen Berufungsverhandlung wurde zusammengefasst vom Berufungswerber im Wesentlichen die Meinung vertreten, dass der Antrag vom auf Nachzahlung der Familienbeihilfe auch als Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens (ev. von Amts wegen) bzw. als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewertet werden könnte.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 wird die Familienbeihilfe wird nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind ist besonders zu beantragen.

Nach § 10 Abs.2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

§ 13 FLAG 1967 lautet:

Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das nach dem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt der antragstellenden Person zuständige Finanzamt zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

Zu den Bescheidwirkungen zählt auch die materielle Rechtskraft. Unter materieller Rechtskraft wird die Unwiderrufbarkeit und die Unwiederholbarkeit des Bescheides verstanden (vgl. Ritz, BAO4, § 92 Tz 4). Ergeht in derselben Sache, die unanfechtbar und unwiderrufbar entschieden ist, eine neue Entscheidung, so ist diese inhaltlich rechtswidrig. Eine neuerliche Entscheidung ist allerdings dann zulässig, wenn eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes oder eine Änderung der Rechtsvorschriften, die für die frühere Entscheidung tragend waren, eingetreten ist (vgl. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Tz 453 ff).

Im gegenständlichen Fall ist die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion vom betreffend die Familienbeihilfe für das Kind x für den Zeitraum bis und für das Kind y für die Zeit ab sowie der Bescheid des Finanzamtes vom betreffend die Familienbeihilfe für das Kind z für die Zeit ab rechtskräftig geworden.

In weiterer Folge brachte der Berufungswerber beim Finanzamt am ein "Ansuchen um Nachzahlung der Familienbeihilfe", datiert mit , für die Kinder - x für den Zeitraum bis - y für den Zeitraum bis und - z für den Zeitraum bis ein.

Dieser Antrag wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom als unzulässig zurückgewiesen.

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies nun, dass bereits mit der Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion vom bzw. des Bescheides des Finanzamtes vom über diese Zeiträume rechtskräftig abgesprochen wurde und somit - entsprechend obiger Ausführungen in Bezug auf die materielle Rechtskraft eines Bescheides - der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes folgend, nicht neuerlich entschieden werden kann. Dies vor allem deshalb, da auch weder eine Änderung des Sachverhaltes noch der Rechtslage eingetreten ist.

Der vom Berufungswerber am beim Finanzamt eingebrachte Antrag auf Nachzahlung der Familienbeihilfe war daher zu Recht zurückzuweisen.

Die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid vom war deshalb abzuweisen.

Zum Vorbringen des Berufungswerbers, die Behörde könnte den Antrag auch als Wiedereinsetzungsantrag bzw. als Wiederaufnahmeantrag interpretieren, wird bemerkt, dass der Antrag vom , beim Finanzamt eingelangt am , ausdrücklich als "Ansuchen auf Nachzahlung der Familienbeihilfe" bezeichnet wurde. Eine Antragsumdeutung kommt in einem solchen Fall von vornherein nicht in Betracht (vgl. ). Für die Wirksamkeit einer Prozesserklärung ist das Erklärte maßgebend. Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist eine davon abweichende, nach außen auch andeutungsweise nicht zum Ausdruck kommende Absicht des Einschreiters nicht maßgeblich (Ritz, BAO4, § 85 Tz 1 mwN).

Der in der Berufung gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Berufung gegen den Bescheid vom stellen Erstanträge dar, über die das Finanzamt abzusprechen hat.

Zu den Ausführungen des Berufungswerbers bezüglich mündlicher Anbringen und eines mündlichen Bescheides sind auch noch die gesetzlichen Vorschriften des § 85 BAO und § 92 BAO zu erwähnen.

Nach § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben). ....

(3) Die Abgabenbehörde hat mündliche Anbringen der im Abs. 1 bezeichneten Art entgegenzunehmen, a) wenn dies die Abgabenvorschriften vorsehen, oder b) wenn dies für die Abwicklung des Abgabenverfahrens zweckmäßig ist, oder c) wenn die Schriftform dem Einschreiter nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann. Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Abgabenbehörde nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden verpflichtet, die bei der Abgabenbehörde durch Anschlag kundzumachen sind.

Gemäß § 92 Abs. 1 BAO sind Erledigungen einer Abgabenbehörde als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen a) Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben, oder b) abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen, oder c) über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen.

(2) Bescheide bedürfen der Schriftform, wenn nicht die Abgabenvorschriften die mündliche Form vorschreiben oder gestatten.

Es ist folglich darauf hinzuweisen, dass das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 nicht vorsieht, mündliche Anbringen entgegenzunehmen und weiters auch keine mündliche Form von Bescheiden vorschreibt bzw. gestattet. Somit kann weder von einer mündlichen Einreichung eines Anbringens des Berufungswerbers, das auch nicht aktenkundig ist, noch von einer mündlichen Bescheiderteilung ausgegangen werden.

Aus den angeführten Gründen war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 92 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at