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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 22.07.2013, RV/0053-F/13

Steuerliche Behandlung von überobligatorischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen zur beruflichen Vorsorge in der Schweiz

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Gmd., Str., vertreten durch die einsplus Steuerberatung Heinzle, Matt, Nosko & Trunk Steuerberatungspartnerschaft, 6840 Götzis, Hauptstraße 5, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2011 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben. Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe betragen:


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Die festgesetzte Einkommensteuer im Jahr 2011 beträgt:Das Einkommen im Jahr 2011 beträgt:
27.049,00 €166.079,64 €
Berechnung der Einkommensteuer:
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit: Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug Pendlerpauschale Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte Sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag
203.912,15 € - 1.476,00 € - 3.304,33 € - 31.874,18 €
167.257,64 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
167.257,64 €
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988): Pauschbetrag für Sonderausgaben Zuwendungen gem. § 18 (1) Z 7 EStG 1988 Steuerberatungskosten Kirchenbeitrag
- 60,00 € - 570,00 € - 348,00 € - 200,00 €
Einkommen
166.079,64 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt: (166.079,64 - 60.000,00) x 0,5 + 20.235,00
73.274,82 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
73.274,82 €
Verkehrsabsetzbetrag
- 291,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
72.983,82 €
Gem. § 67 (1) u. (2) EStG 1988 6,00 % von 17.405,60
1.044,33 €
Einkommensteuer
74.028,15 €
Ausländische Steuer
- 46.978,90 €
- 0,25 €
Festgesetzte Einkommensteuer
27.049,00 €

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber war im Streitjahr als D im Z (schweizerische juristische Person des öffentlichen Rechts) beschäftigt.

Mit Bescheid vom wurde der Berufungswerber zur Einkommensteuer für das Jahr 2011 veranlagt. In der Bescheidbegründung führte das Finanzamt Folgendes aus: "Die in die berufliche Pensionsvorsorge (BVG, 2. PK-Säule) gemäß Gesetz (BVG) und Pensionskassenreglement einbezahlten BVG-Beiträge waren hinsichtlich der beantragten Werbungskosten abzuändern. Gemäß Art. 8 BVG ist nur der koordinierte Arbeitslohn zwingend zu versichern. Die gemäß Art. 16 BVG zu leistenden Altersgutschriften betragen aufgrund des Alters (Jg. 1965) 15%, wobei gem. Art 66 BVG zumindest 50% vom Arbeitgeber einzuzahlen sind. Die im Rahmen des PK-Reglements höher einbezahlten Beiträge sind lt. Gesetz nicht obligatorisch - sondern überobligatorisch und damit keine Pflichtbeiträge im Sinne des § 16 (1) 4h EStG. Folglich können für das Jahr 2011 vom koordinierten Arbeitslohn (SFR 59.160) nur 7,5% als Pflichtbeiträge berücksichtigt werden (SFR 4.437 statt 21.832). Die vom Arbeitgeber bezahlten überobligatorischen Altersgutschriften sind als Vorteil aus dem Dienstverhältnis dem Bruttolohn (KZ 350) hinzuzurechnen (+SFR 17.395). Die überobligatorischen Arbeitnehmer-BVG-Beiträge (SFR 17.395) können nur als Topf-Sonderausgaben gemäß § 18 EStG (KZ 455) zum Ansatz gelangen."

Mit Berufungsschriftsatz vom wandte sich der Berufungswerber gegen diesen Einkommensteuerbescheid 2011 und beantragte die vollständige und uneingeschränkte Anerkennung der geleisteten Pensionskassenbeiträge (Arbeitnehmerbeiträge) als Werbungskosten und, die Arbeitgeberbeiträge zur Pensionskasse nicht einkommenserhöhend, sondern steuerfrei zu berücksichtigen.

Das Finanzamt erließ in der Folge keine Berufungsvorentscheidung, sondern legte die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat (direkt) zur Entscheidung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. h EStG 1988 zählen zu den voll abzugsfähigen Werbungskosten auch Beiträge von Arbeitnehmern zu ausländischen Pensionskassen, die aufgrund einer ausländischen gesetzlichen Verpflichtung zu leisten sind.

Gemäß § 26 Z 7 lit. a zweiter Teilstrich EStG 1988 zählen die auf Grund einer ausländischen gesetzlichen Verpflichtung geleisteten Beiträge des Arbeitgebers für seine Arbeitnehmer nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Strittig ist, ob die Vorgehensweise des Finanzamtes, wonach es überobligatorische Beiträge im Rahmen der beruflichen Pensionsvorsorge "nur" noch als Topf-Sonderausgaben berücksichtigte und die überobligatorischen Arbeitgeberbeiträge als Vorteil aus dem Dienstverhältnis dem Bruttolohn hinzurechnete, rechtmäßig war oder nicht.

Die Berufungsbehörde widmete sich gemeinsam mit Vertretern der steuerberatenden Berufe und des Finanzamtes, dem Obmann des Grenzgängerverbandes und einem Vertreter einer Schweizer Vorsorgeeinrichtung eingehend der Thematik (vgl. auch Riemer/Riemer-Kafka, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz2; Helbling, Personalvorsorge und BVG8; Finanzgericht Baden-Württemberg , 3 K 4156/08; Versicherungsgericht Kanton Basel-Stadt , 121 V 104, E-Mail der St. Galler Steuerverwaltung). Unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der diesbezüglichen Enquete wurden bereits eine Reihe von Berufungsentscheidungen erlassen, in denen die Berufungsbehörde übereinstimmend zu folgendem, nachfolgend zusammengefassten Resultat gelangt ist (vgl. dazu zB RV/0437-F/10; RV/0542-F/12; RV/0464-F/12; RV/0067-F/12; RV/0563-F/12; RV/0237-F/12): Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind in der Schweiz seit 1985 nicht nur arbeitsvertraglich bzw. obligationenrechtlich (ZGB, OR), sondern letztlich auch öffentlich-rechtlich verpflichtet, die im Reglement vorgesehenen Beiträge in die Vorsorgeeinrichtung einzubezahlen (Art. 66 BVG, BVV 2). "Überobligatorisch" darf somit keineswegs mit "freiwillig" gleichgesetzt werden. Die festgestellten Verpflichtungen treffen alle in der Schweiz beschäftigten Arbeitnehmer und deren Arbeitgebern, somit auch alle "Grenzgänger". Die faktische, obligationenrechtliche und durch öffentliches Recht rahmengesetzlich geregelte und kontrollierte Verpflichtung zur Beitragsleistung geht über eine rein dienstvertragliche, aber auch über eine kollektivvertragliche Verpflichtung in ihrer Intensität und Breitenwirkung erheblich hinaus. Insofern steht auch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Nichtanerkennung kollektivvertraglich verpflichtender Beiträge als Werbungskosten einer Auslegung im dargelegten Sinn nicht entgegen (vgl. ; ). Diese Überzeugung lässt sich auch mit verfassungs- und abkommensrechtlichen (Freizügigkeitsabkommen) Überlegungen untermauern (vgl. dazu RV/0554-F/12).

Die strittigen Pensionskassenbeiträge sind demzufolge zur Gänze, somit auch im Bereich des Überobligatoriums, als Beiträge von Arbeitnehmern zu ausländischen Pensionskassen, die auf Grund einer ausländischen gesetzlichen Verpflichtung zu leisten sind (Pflichtbeiträge iSd § 16 Abs. 1 Z 4 lit. h EStG 1988), zum Werbungskostenabzug zuzulassen und diesbezügliche Arbeitgeberbeiträge fallen als Beitragsleistungen des Arbeitgebers für seine Arbeitnehmer an ausländische Pensionskassen auf Grund einer ausländischen gesetzlichen Verpflichtung (Beiträge des Arbeitgebers iSd § 26 Z 7 lit. a EStG 1988) nicht unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bzw. sind nicht steuerbar. Dem Berufungsbegehren war folgedessen statt zu geben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at