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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 19.07.2013, RV/0314-F/13

Kleine oder große Pendlerpauschale?

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Gde X, I-Straße xx, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2012 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (in der Folge kurz: Bw.) bezog im Berufungsjahr ganzjährig nichtselbständige Einkünfte aus ihrer Tätigkeit bei der P KG mit Standort im M in Gd y, M-Straße yy. Ihr Wohnsitz befand sich im Berufungsjahr unstrittig in Gde X, I-Straße xx.

Mit ihrer Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung für das Jahr 2012 (L 1-2012) vom begehrte die Bw. ua. unter dem Titel "Pendlerpauschale" einen jährlichen Pauschbetrag in Höhe von 2.568,00 € [= jährlicher Pauschbetrag (sog. großes Pendlerpauschale) gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 für eine einfache Fahrtstrecke ab 40 km] als Werbungskosten.

Im Rahmen eines Vorhalteverfahrens [vgl. Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom bzw. vom , wonach die Bw. ersucht wurde, bekanntzugeben, wie das beantragte Pendlerpauschale ermittelt worden sei (Zeitraum, einfache Wegstrecke, überwiegende Arbeitszeiten: Dienstbeginn morgens - Dienstende abends) und warum aus ihrer Sicht die Nutzung des öffentlichen Verkehrsmittels nicht möglich und zumutbar sei] verwies die Bw. mit Schreiben vom im Wesentlichen auf das Vorjahr und gab ua. an, dass die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich oder sinnvoll sei, da keine angemessenen Verbindungen vom Wohnort im T von X zum M y angeboten würden. Im Zuge des Telefonates vom gab der Ehegatte der Bw. noch an, dass die Bw. überwiegend zwischen 9.00 Uhr und 19.30 Uhr in y arbeite (vgl. diesbezüglichen Aktenvermerk des Finanzamtes).

Das Finanzamt erließ in der Folge den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2012 vom ; dabei ließ es ua. das geltend gemachte sog. große Pendlerpauschale unberücksichtigt, zumal der Bw. bei bestmöglicher Kombination von Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel ("Park and Ride") an den überwiegenden Arbeitstagen die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels für die Strecke Wohnung-Arbeitsstätte-Wohnung durchaus möglich und zumutbar sei (die zumutbare Wegzeit für die einfache Wegstrecke betrage 90 Minuten), und gewährte stattdessen das sog. kleine Pendlerpauschale für eine (einfache) Wegstrecke von 20 bis 40 km in Höhe von 696,00 € als Werbungskosten.

Mit Schriftsatz vom erhob die Bw. gegen diesen Einkommensteuerbescheid 2012 vom , konkret gegen die Nichtanerkennung der geltend gemachten großen Pendlerpauschale, Berufung. Begründend gab sie an, dass bisher seit 2009 aus Gründen der Unmöglichkeit und der objektiven Unzumutbarkeit, die Entfernung zwischen der Wohnung in X und der Arbeitsstätte im M y mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen, die Benützung des privaten Pkws und somit das große Pendlerpauschale anerkannt worden sei. Die regelmäßige Arbeitszeit beginne im Verkaufsraum um 9.00 Uhr morgens (dh. Anwesenheit 8.45 Uhr) und ende zwischen 19.30 Uhr und 21.00 Uhr abends, wobei auch diese Zeiten den Schluss des Verkaufsraumes, aber nicht das Verlassen der Arbeitsstätte darstellen würden. Bei objektiver Prüfung hätte festgestellt werden müssen, dass die letztmögliche Rückfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln vom M um 18.43 Uhr bestünde und diese dann 3,02 Stunden dauere. Die Rückfahrt nach Dienstschluss nach 19.30 Uhr oder gar nach 21.00 Uhr sei somit unmöglich. Die Empfehlung "Park und Ride" gehe ebenso fehl, weil jede zumutbare Rückfahrt unmöglich sei.

Mit Einkommensteuerbescheid 2012 (Berufungsvorentscheidung gemäß § 276 BAO) vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab; begründend führte es dazu aus, dass die Überprüfung der Fahrpläne (www.oebb.at, www.vmobil.at) ergeben habe, dass in Verbindung mit einem Individualverkehrsmittel (zB Pkw) vom Hbf X nach y M und wieder retour zu mehr als der Hälfte der Wegstrecke in regelmäßigen Abständen zu den angegebenen Arbeitszeiten innerhalb der Zumutbarkeitsgrenze von 90 Minuten (inkl. Warte- und Umsteigezeiten sowie Fahrt zum und vom Hbf X) öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung gestanden seien. Daher könne nur das kleine Pendlerpauschale für eine einfache Wegstrecke von 20 bis 40 km anerkannt werden.

Mit Schreiben vom begehrte die Bw., die gegenständliche Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen; dadurch galt die Berufung wiederum als unerledigt. Im Vorlageantrag führte die Bw. in Erwiderung auf die obgenannte Berufungsvorentscheidung Nachstehendes aus: "Die Begründung im Berufungsvorentscheid wird den tatsächlichen Gegebenheiten hinsichtlich der umfänglichen Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zwischen der Wohnung in X - BS und der Arbeitstelle in y - M nicht gerecht. Daher wird form- und fristgerecht der Antrag auf eine Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde in zweiter Instanz gestellt. Die Benutzung des privaten Pkws ist zwingend erforderlich und somit ist die große Pendlerpauschale anzuerkennen. Die regelmäßige Arbeitszeit als Verkäuferin bei der Firma P beginnt in der Regel im Verkaufsraum um 9:00 Uhr morgens (dh. Anwesenheit 8:45) und endet zwischen 19:30 und 21:00 Uhr abends, wobei auch diese Zeiten den Schluss des Verkaufsraumes, aber nicht das Verlassen der Arbeitsstätte (jeweils zuzüglich 25 Minuten) darstellen. Allerdings ist der Dienstplan flexibel und kann zB von 8:30 bis 18:00 oder von 9:00 bis 21:00 oder von 12:00 bis 21:00 stattfinden. Auch (je nach Kundenauslastung) sind Verkürzungen oder Verlängerungen der Arbeitszeit ad hoc im Dienstplan vorgesehen. Eben jene Flexibilität verlangt auch nach Flexibilität hinsichtlich der An- und Abfahrten. Der beigelegte Ausdruck für die Hinfahrt von der nächstgelegenen Bushaltestelle in X - BS über X Hbf, y Hbf zum Ziel yM belegt, dass die Regelfahrzeit mit drei Umsteigevorgängen 1 Stunde 16 Minuten beträgt. Für eine Rückfahrt nach 21:00 Uhr mit Verlassen der Arbeitstelle um 21:20 nennt der offizielle Fahrplan eine Rückkehr zur Wohnung ab 6:00 Uhr morgens des Folgetages bzw. eine Fahrtdauer von über 13 Stunden. Das Argument des Vorentscheids, wonach die Verwendung des Pkws (Individualverkehrsmittel) von der Wohnung zum Bahnhof X (ca. 4 km) die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel möglich machen könnte, geht ebenso komplett fehl. Im Bereich des Bahnhofs X gibt es keine Parkmöglichkeit, die das Abstellen des Fahrzeugs für die tägliche Gesamtdauer von über 12 Stunden zulässt. Die Höchstparkdauer beträgt meistens nur ein bis zwei Stunden, was dem sehr hohen Fremdenverkehr der Stadt X geschuldet ist. Die Empfehlung "Park und Ride" des Vorentscheids hat diesen Faktor nicht berücksichtigt und geht hier fehl, zumal auch jede zumutbare Rückfahrt unmöglich ist. Ich bestehe daher auf der Anerkennung der großen Pendlerpauschale und Korrektur des Einkommensteuerbescheides 2012. Gleichzeitig wird beantragt, diese Begründung auch für die Nachprüfung der Steuerjahre 2009 und 2010 gelten zu lassen."

Mit Vorlagebericht (Verf46) vom legte das Finanzamt der Abgabenbehörde zweiter Instanz (Unabhängiger Finanzsenat) die gegenständliche Berufung zur Entscheidung vor.

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung erwogen:

Uneinigkeit besteht im konkreten Fall darüber, ob - wie das Finanzamt glaubt - das sog. kleine Pendlerpauschale nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 für eine einfache Fahrtstrecke von 20 bis 40 km oder - wie die Bw. meint - das sog. große Pendlerpauschale nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 für eine einfache Fahrtstrecke von 40 bis 60 km als Werbungskosten zu berücksichtigen ist.

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach Z 6 dieser Gesetzesstelle zählen zu den Werbungskosten die Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Intention des Gesetzgebers des EStG 1988 war es, durch Neuregelung der Absetzbarkeit von Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte den bis dahin steuerlich begünstigten, aus umweltpolitischer Sicht aber unerwünschten Individualverkehr einzudämmen und die Bevölkerung zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen (, 0003). Vor diesem Hintergrund wurde § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 geschaffen und ist diese Bestimmung daher so zu verstehen und auszulegen.

Die Kosten der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Arbeitsweg) sind grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 EStG 1988) abgegolten, der allen aktiven Arbeitnehmern unabhängig von den tatsächlichen Kosten zusteht.

Werbungskosten in Form des Pendlerpauschales gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 stehen grundsätzlich nur dann zu, wenn

- entweder der Arbeitsweg eine Entfernung von mindestens 20 Kilometer umfasst (sog. kleines Pendlerpauschale) oder

- die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich des halben Arbeitsweges nicht möglich oder nicht zumutbar ist und der Arbeitsweg mindestens zwei Kilometer beträgt (sog. großes Pendlerpauschale).

In zeitlicher Hinsicht müssen die entsprechenden Verhältnisse im Lohnzahlungszeitraum überwiegend (dh. an mehr als der Hälfte der Arbeitstage im Lohnzahlungszeitraum) gegeben sein.

Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 Kilometer und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann sind die in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b iVm § 124b Z 182 EStG 1988 genannten Pauschbeträge zu berücksichtigen. Danach beträgt das sog. kleine Pendlerpauschale:


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Entfernung
PAUSCHBETRÄGE ab
jährlich
monatlich
täglich
ab 20 km
696,00 €
58,00 €
1,93 €
ab 40 km
1.356,00 €
113,00 €
3,77 €
ab 60 km
2.016,00 €
168,00 €
5,60 €

Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c iVm § 124b Z 182 EStG 1988 an Stelle der Pauschbeträge nach lit. b leg. cit. folgende Pauschbeträge (sog. großes Pendlerpauschale) berücksichtigt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Entfernung
PAUSCHBETRÄGE ab
jährlich
monatlich
täglich
ab 2 km
372,00 €
31,00 €
1,03 €
ab 20 km
1.476,00 €
123,00 €
4,10 €
ab 40 km
2.568,00 €
214,00 €
7,13 €
ab 60 km
3.672,00 €
306,00 €
10,20 €

Was unter dem Begriff der "Zumutbarkeit" iSd lit. c des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 zu verstehen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. "Unzumutbarkeit" ist jedenfalls (auch und vor allem) anzunehmen, wenn Massenbeförderungsmittel für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte entweder gar nicht oder nicht zu den erforderlichen Zeiten zur Verfügung stehen (Unzumutbarkeit wegen tatsächlicher Unmöglichkeit, vgl. ). Die Unzumutbarkeit kann sich außerdem auch aus einer Behinderung ergeben. Ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte solcherart möglich, ist nach den amtlichen Erläuterungen zu § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 (621 BlgNR XVII. GP, 75) die Frage der Zumutbarkeit auf Grund der Fahrtzeiten zu prüfen. Unzumutbar sind nach den Gesetzesmaterialien jedenfalls im Vergleich zu einem Kfz mehr als drei Mal so lange Fahrtzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit dem Massenbeförderungsmittel als mit dem eigenen Kfz; im Nahbereich von 25 km ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels entsprechend den Erfahrungswerten über die durchschnittliche Fahrtdauer aber auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrtzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt. Kann auf mehr als der halben Strecke ein Massenbeförderungsmittel benützt werden, dann ist die für die Zumutbarkeit maßgebliche Fahrtdauer aus der Gesamtfahrtzeit (Kfz und Massenbeförderungsmittel) zu errechnen. Die Benützung von Massenverkehrsmitteln ist demnach auch dann unzumutbar, wenn die Fahrt mit diesen einerseits im Nahbereich 90 Minuten überschreitet und andererseits die Fahrt mit den Massenverkehrsmitteln mehr als drei Mal so lang dauert wie mit dem Pkw (vgl. ; ; -F/11, mit zahlreichen Verweisen). Darüber hinaus hat der Unabhängige Finanzsenat in mehreren Entscheidungen die Auffassung vertreten, dass eine Wegzeit von 90 Minuten in eine Richtung, unabhängig von der Wegstrecke, allgemein als Zumutbarkeitsgrenze anzunehmen sei (vgl. ua mit ausführlicher Begründung -F/07; -G/08; F/09; -G/08; ; -F/10; siehe dazu auch ; sowie Doralt, EStG13, § 16 Tz 107; Wanke, "Großes" Pendlerpauschale, wenn die Fahrt mit Massenverkehrsmitteln mehr als drei Mal so lang wie die Fahrt mit dem Pkw dauert, in: UFS aktuell 2006, Seiten 306 ff; Ryda/Langheinrich, Behandlung der Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie zwischen einem an der Arbeitsstätte begründeten Wohn- und dem Familienwohnsitz, FJ 2006, Seiten 271 ff). In diesem Sinne wurde nunmehr auch die von der Verwaltungspraxis bisher angewandte entfernungsabhängige Zeitstaffel (danach wurde bei einer Fahrtstrecke von unter 20 km eine Zeitdauer von 1,5 Stunden, für eine Fahrtstrecke von 20 bis 40 km eine Zeitdauer von 2 Stunden und bei einer Fahrtstrecke von mehr als 40 km eine Zeitdauer von 2,5 Stunden als Grenze erachtet) wie folgt abgeändert (vgl. LStR 2002, Rz 255, Unzumutbarkeit wegen langer Anfahrtszeit): - Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel nicht mehr als 90 Minuten beträgt. - Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls unzumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 2,5 Stunden beträgt. - Beträgt die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 90 Minuten aber nicht mehr als 2,5 Stunden, ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel höchstens dreimal so lange dauert als die Fahrtzeit mit dem Kfz (vgl. dazu auch Bernold/Mertens, Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 2012, Seiten 184 und 242 f).

Die Wegstrecke bemisst sich im Falle der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels nach den Tarifkilometern zuzüglich Anfahrts- oder Gehwege zu den jeweiligen Ein- und Ausstiegsstellen. Im Falle der Unzumutbarkeit ist grundsätzlich die kürzeste Straßenverbindung heranzuziehen.

Ist die Wegzeit bei der Hin- oder Rückfahrt unterschiedlich lang, dann gilt die längere Wegzeit. Die Wegzeit umfasst die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Geh- oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels, Fahrtzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Wartezeiten (bei Anschlüssen) usw. Stehen verschiedene öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung, ist bei Ermittlung der Wegzeit immer von der Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels (zB Schnellzug statt Regionalzug, Eilzug statt Autobus) auszugehen. Darüber hinaus ist eine optimale Kombination von Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (zB Park and Ride) zu unterstellen (siehe dazu auch weiter unten). Im Falle des Bestehens einer gleitenden Arbeitszeit berechnet sich die Wegstrecke nach der optimal möglichen Anpassung von Arbeitsbeginn und Arbeitsende an die Ankunfts- bzw. Abfahrtszeit des Verkehrsmittels; dementsprechend bleiben damit zB Wartezeiten zwischen der Ankunft bei der Arbeitsstätte und dem Arbeitsbeginn unberücksichtigt. Liegen Wohnort und Arbeitsstätte innerhalb eines Verkehrsverbundes, wird Unzumutbarkeit infolge langer Reisedauer im Allgemeinen nicht gegeben sein [vgl. Bernold/Mertens, a.a.O., Seiten 184 und 240 ff; Schuch, Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Pendler-Pauschale), in: ÖStZ 1988, Seiten 316 ff].

Die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels ist im Übrigen auch dann zumutbar, wenn man einen Teil der Wegstrecke zB mit einem eigenen Fahrzeug zurücklegen muss. Nur wenn dieser Anfahrtsweg (zB mit dem Pkw oder dem Fahrrad) mehr als die Hälfte der Gesamtfahrtstrecke beträgt, ist die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels unzumutbar. Einer derartigen Aufteilung der einfachen Fahrtstrecke in Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel und privater Verkehrsmittel ist daher vor dem Hintergrund des Gesetzeswortlautes "der halben Fahrtstrecke" nicht entgegen zu treten; die Unterstellung einer optimalen Kombination von Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel entspricht damit durchaus der Anordnung des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 [vgl. Doralt, EStG13, § 16 Tz 108 ff; Bernold/Mertens, a.a.O., Frage 16/12 zu § 16 EStG 1988; Lohnsteuerrichtlinien (LStR) 2002, Rz 257; zur Kombination eines privaten Verkehrsmittels mit Massenbeförderungsmitteln siehe auch ; ].

Unter Zugrundelegung dieser Überlegungen ist im gegenständlichen Fall für die Zurücklegung der Wegstrecke zwischen der Wohnung der Bw. (X, I-Straße xx) und dem Hauptbahnhof X (Bahnhofplatz) eine Fahrt mit dem Privat-Fahrzeug (nach Routenplaner "ViaMichelin": per Pkw: Entfernung: 4 km, 12 min; per Fahrrad: 3,5 km, 16 min), weiters eine ÖBB-Zugfahrt vom Hauptbahnhof X nach Bahnhof y (23 Tarif km; 28 min mit dem Regionalzug) samt Fußweg zur Bushaltestelle (Wegstreckeca. 100 m, 2 min) und die Nutzung des S-Busses y (Liniexx) bzw. des L-Busses (Linienyxbzw.xy) von y Bahnhof (Vorplatz) nach y M bzw. y Mk (ca. 3 km nach Routenplaner "ViaMichelin"; ca. 10 min) sowie ein Fußweg von der Bushaltestelle y M bzw. y Mk zur Arbeitsstätte (M y, M-Straße yy; ca. 50 m, ca. 1 min; siehe dazu auch Stadtplan y unter http://www.y.at/ext/stplan/index.html) zu unterstellen.

Bezogen auf die Arbeitszeiten der Bw. im Berufungsjahr [lt. Homepage der Arbeitgeberin der Bw. (vgl. unter http://www.p.at/at/service-kontakt/...) stellen sich deren Öffnungszeiten wie folgt dar: Mo - Do: 9.00 - 19.30 Uhr, Fr: 9.00 - 21.00 Uhr, Sa: 8.30 - 18.00 Uhr; auf Grund dieser Angaben wie auch der Ausführungen der Bw. und ihres Ehegatten war von einer überwiegenden Arbeitszeit der Bw. (samt Vor- und Nachbereitungszeit) von 8.45 Uhr bis 19.55 Uhr auszugehen) war im konkreten Fall daher von folgendem Arbeitsweg der Bw. (Wohnung-Arbeitsstätte-Wohnung) bzw. von folgenden Abfahrts- und Ankunftszeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt und bei der Arbeitsstätte) auszugehen [vgl. die Kursbücher des Verkehrsverbundes Vorarlberg, Fahrplan 12 (gültig vom bis ) sowie Fahrplan 13 (gültig vom bis ); siehe auch unter http://www.vmobil.at/ sowie unter http://fahrplan.oebb.at/bin/query.exe/dn]:

Hinfahrt:

Privat-Fahrzeug Wohnung in X ab ca. 7.40 Uhr/Hauptbahnhof X (Bahnhofplatz) an ca. 7.52 Uhr, Park- bzw. Umsteigezeit ca. 5 Minuten, ÖBB-Rex X Hauptbahnhof ab 7.57 Uhr/Bahnhof y an 8.19 Uhr, Übergang (Wegstrecke ca. 100 m, 2 min) bzw. Wartezeit, Weiterfahrt mit dem L-Bus ( Linieyx) oder dem S-Busy ( Liniexx) y Bahnhof (Vorplatz) ab 8.25 Uhr bzw. 8.32 Uhr/ yMk an 8.34 Uhr bzw. yM an 8.43 Uhr, Fußweg (ca. 1 min) ab yMk bzw. ab yM zur Arbeitsstätte, Arbeitsstätte an 8.35 Uhr bzw. 8.44 Uhr, Wartezeit an der Arbeitsstätte bis 8.45 Uhr.

Rückfahrt:

Fußweg (ca. 1 min) Arbeitsstätte zur Bushaltestelle yMk ab 19.55 Uhr, Wartezeit bis 20.02 Uhr, L-Bus ( Liniexy) yMk ab 20.02 Uhr/ y Bahnhof (Vorplatz) an 20.18 Uhr, Übergang (Wegstrecke ca. 100 m, 2 min) bzw. Wartezeit, Weiterfahrt mit ÖBB-S1 Bahnhof y ab 20.29 Uhr/ X Hauptbahnhof an 20.57 Uhr, Umsteigezeit auf Privatfahrzeug ca. 5 Minuten, Privat-Fahrzeug Hauptbahnhof X (Bahnhofplatz) ab 21.02 Uhr/Wohnung an 21.14 Uhr.

Angesichts dieser Verkehrsverbindungen gelangte der Unabhängige Finanzsenat zur Überzeugung, dass der Bw. im streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend (an mehr als der Hälfte seiner Arbeitstage) auf weit mehr als dem halben Arbeitsweg zur erforderlichen Zeit ein öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung stand und damit im konkreten Fall Unzumutbarkeit der Benützung von Massenverkehrsmitteln wegen tatsächlicher Unmöglichkeit nicht vorliegt.

Zum Vorbringen, wonach sich der Dienstplan der Bw. flexibel gestalte und beispielsweise von 8.30 Uhr bis 18.00 Uhr oder von 9.00 Uhr bis 21.00 Uhr oder von 12.00 Uhr bis 21.00 Uhr stattfinden könne, auch (je nach Kundenauslastung) Verkürzungen oder Verlängerungen der Arbeitszeit ad hoc im Dienstplan vorgesehen werden könnten und damit eine diesbezügliche Flexibilität auch eine Flexibilität hinsichtlich der An- und Abfahrten verlange, ist zu sagen, dass damit allein schon auf Grund des Überwiegensgrundsatzes nichts gewonnen ist. Vollständigkeitshalber wird in diesem Zusammenhang auch auf folgende Verkehrsverbindungen hingewiesen: Arbeitsbeginn (samt Vorbereitungszeit): 8.15 Uhr (Mo - Sa):Privat-Fahrzeug Wohnung in X ab ca. 7.08 Uhr/Hauptbahnhof X (Bahnhofplatz) an ca. 7.20 Uhr, Park- bzw. Umsteigezeit ca. 5 Minuten, ÖBB-Rex/Railjet X Hauptbahnhof ab 7.25 Uhr/Bahnhof y an 7.49 Uhr, Übergang (Wegstrecke ca. 100 m, 2 min) bzw. Wartezeit, Weiterfahrt mit dem S-Busy ( Liniexx) y Bahnhof (Vorplatz) ab 8.02 Uhr/ yM an 8.13 Uhr, Fußweg (ca. 1 min) ab yM zur Arbeitsstätte, Arbeitsstätte an 8.14 Uhr, Wartezeit an der Arbeitsstätte bis 8.15 Uhr; 11.45 Uhr (Mo - Sa):Privat-Fahrzeug Wohnung in X ab ca. 10.44 Uhr/Hauptbahnhof X (Bahnhofplatz) an ca. 10.56 Uhr, Park- bzw. Umsteigezeit ca. 5 Minuten, ÖBB-S1 X Hauptbahnhof ab 11.01 Uhr/ yS an 11.32 Uhr, Übergang (Wegstrecke ca. 200 m, 4 min) bzw. Wartezeit, Weiterfahrt mit dem S-Busy ( Liniexx) yM-Gasse ab 11.37 Uhr/ yM an 11.43 Uhr, Fußweg (ca. 1 min) ab yM zur Arbeitsstätte, Arbeitsstätte an 11.44 Uhr, Wartezeit an der Arbeitsstätte bis 11.45 Uhr. Arbeitsende (samt Nachbereitungszeit): 18.25 Uhr (Mo - Fr): Fußweg (ca. 1 min) Arbeitsstätte zur Bushaltestelle yMk ab 18.25 Uhr, Wartezeit bis 18.32 Uhr, L-Bus ( Liniexy) yMk ab 18.32 Uhr/ y Bahnhof (Vorplatz) an 18.48 Uhr, Übergang (Wegstrecke ca. 100 m, 2 min) bzw. Wartezeit, Weiterfahrt mit ÖBB-S1 Bahnhof y ab 18.59 Uhr/ X Hauptbahnhof an 19.27 Uhr, Umsteigezeit auf Privatfahrzeug ca. 5 Minuten, Privat-Fahrzeug Hauptbahnhof X (Bahnhofplatz) ab 19.32 Uhr/Wohnung an 19.44 Uhr; (Mo - Sa):Fußweg (ca. 1 min) Arbeitsstätte zur Bushaltestelle yM ab 18.25 Uhr, Wartezeit bis 18.45 Uhr, S-Bus ( Liniexx) yM ab 18.45 Uhr/ yM-Gasse an 18.52 Uhr, Übergang (Wegstrecke ca. 200 m, 4 min) bzw. Wartezeit, Weiterfahrt mit ÖBB-S1 yS ab 18.56 Uhr/ X Hauptbahnhof an 19.27 Uhr, Umsteigezeit auf Privatfahrzeug ca. 5 Minuten, Privat-Fahrzeug Hauptbahnhof X (Bahnhofplatz) ab 19.32 Uhr/Wohnung an 19.44 Uhr; 21.25 Uhr (Mo - Sa):Fußweg (ca. 1 min) Arbeitsstätte zur Bushaltestelle yM ab 21.25 Uhr, Wartezeit bis 21.45 Uhr, S-Bus ( Liniexx) yM ab 21.45 Uhr/ yM-Gasse an 21.52 Uhr, Übergang (Wegstrecke ca. 200 m, 4 min) bzw. Wartezeit, Weiterfahrt mit ÖBB-S1 yS ab 21.56 Uhr/ X Hauptbahnhof an 22.32 Uhr, Umsteigezeit auf Privatfahrzeug ca. 5 Minuten, Privat-Fahrzeug Hauptbahnhof X (Bahnhofplatz) ab 22.37 Uhr/Wohnung an 22.49 Uhr.

Die Gewährung des sog. großen Pendlerpauschales ist ausschließlich nach objektiven Kriterien der Benützungsmöglichkeit des öffentlichen Verkehrsmittels zu beurteilen. Dem Umstand, dass auf der einfachen Fahrtstrecke mehrmals umgestiegen werden muss, oder auch etwaigen wirtschaftlichen Gesichtspunkten, wie etwa das Anfallen von Parkplatzkosten, oder dem Umstand, ob ein entsprechendes "Park & Ride" - System zur Verfügung steht oder nicht, kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu; eine auf derartige Umstände - wie auch das Fehlen von Dauerparkplätzen - gestützte Auslegung des Begriffes der Unzumutbarkeit kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Die Unterstellung einer Aufteilung der einfachen Fahrtstrecke in Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel und privater Verkehrsmittel ist - wie oben bereits dargelegt - durchaus gesetzeskonform. Mit dem Einwand der Bw. im obgenannten Vorlageantrag, dass beim Hauptbahnhof X keine Möglichkeit zum dauerhaften Parken ihres Pkw bestehe, ist damit nichts zu gewinnen. Im Übrigen stehen auf dem Parkplatz YZ"S-Parkplatz" (Fußweg zum Bahnhof ca. 8 min, 400 m) sehr wohl auch Dauerparkplätze (Tageskarte, Vierteljahresticket) zur Verfügung. Abschließend sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber des EStG 1988 grundsätzlich für Fahrten des Dienstnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht den Individualverkehr und die Benützung eines Kfz, sondern die Benützung eines Massenbeförderungsmittels steuerlich berücksichtigt wissen will.

Zur Frage, ob gegenständlich von Unmöglichkeit wegen langer Anfahrtszeit auszugehen ist oder nicht, ist Folgendes zu sagen: Bezogen auf die oben dargestellten amtlichen Erläuterungen wie auch auf die der einheitlichen Verwaltungsübung dienende Verwaltungspraxis kann im konkreten Fall - entsprechend der obigen Darstellung des Arbeitsweges der Bw. bzw. der oben angegebenen Abfahrts- und Ankunftszeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt und bei der Arbeitsstätte) - nicht von einer auf Grund langer Wegzeit verwirklichten "Unzumutbarkeit" der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausgegangen werden, zumal die (einfache) Wegzeit bei kombinierter Benützung privater und öffentlicher Verkehrsmittel weder (überwiegend) 90 Minuten überschreitet noch mehr als drei Mal so lang ist wie jene mit dem Pkw [mittels Routenplaner "ViaMichelin" (empfohlene Strecke; bei Nutzung der A14) ermittelt sich als maßgebliche Vergleichsgröße eine (einfache) Fahrtdauer mit dem Pkw von 32 Minuten].

Angesichts dieser Ausführungen kann im Berufungsfall von der Erfüllung des Tatbestandes "Unzumutbarkeit", den der Gesetzgeber für die Zuerkennung des "großen" Pendlerpauschales voraussetzt, keine Rede sein. Der Vorgehensweise des Finanzamtes im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2012 vom , nämlich der Berücksichtigung des sog. kleinen Pendlerpauschales nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 für eine einfache Fahrtstrecke von 20 bis 40 km [nachdem von der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels auszugehen war, wurden die Wegstrecken anhand der oben angegebenen Tarifkilometer zuzüglich Anfahrts- oder Gehwege zu den jeweiligen Ein- und Ausstiegsstellen nach Aufrundung (vgl. Bernold/Mertens, a.a.O., Frage 16/22 zu § 16 EStG 1988) bemessen; dabei ergab sich eine einfache Fahrtstrecke von 32 km] in Höhe von 696,00 € als Werbungskosten, war daher zuzustimmen und war sohin - gerade auch im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung aller Steuerpflichtigen - dem hier in Rede stehenden Berufungsbegehren ein Erfolg zu versagen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at