Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 17.02.2006, RV/0040-I/03

Ausschüttungen einer Agrargemeinschaft unterliegen nicht der KESt

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0040-I/03-RS1
Anteilsrechte an Agrargemeinschaften nach dem Tir. Flurverfassungslandesgesetz sind keine Genussrechte. Ausschüttungen von Agrargemeinschaften an ihre Anteilsberechtigten (Mitglieder) unterliegen daher nicht dem Kapitalertragsteuerabzug nach § 93 Abs. 2 Z 1 lit. c EStG 1988.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 für die Jahre 1996 bis 1999 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin, eine Agrargemeinschaft, ist ua Eigentümerin einer Liegenschaft auf der die Gemeinde-B eine Mülldeponie betreibt. Die aus der Verpachtung dieser Liegenschaft erzielten Einnahmenüberschüsse - der Pachtzins richtet sich nach der Fläche der verpachteten Liegenschaft (Grundbenützungszins) und der Menge des deponierten Mülls (Deponiezins) - wurde auf Vorschlag des Ausschusses und nach Beschluss der Vollversammlung zum Teil an die Mitglieder der Berufungswerberin ausgeschüttet.

Anlässlich einer im Jahr 2001 für die Jahre 1996 bis 1999 durchgeführten Betriebsprüfung stellte die Prüferin ua fest, dass die Berufungswerberin in den Jahren 1996-1999 insgesamt 13.145.025 S an ihre Mitglieder ausgeschüttet hat. Unter Pkt. 4 der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom stellte sie ohne näher Begründung dazu fest, diese Ausschüttungen an die Agrargemeinschaftsmitglieder für die Jahre 1996-1999 (1996: 3.874.125 S, 1997: 3.947.900 S, 1998: 3.098.000 S, 1999: 2.225.000 S) unterlägen nach § 93 EStG dem Kapitalertragsteuerabzug iHv 25%.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Prüferin und zog die Berufungswerberin mit Bescheiden vom zur Haftung für die von der Prüferin ermittelte Kapitalertragsteuer von insgesamt 3.286.256 S (1996: 968.531 S, 1997: 986.975 S, 1998: 774.500 S, 1999: 556.250 S) heran.

Gegen diese Bescheide erhob die Berufungswerberin mit Schreiben vom fristgerecht Berufung und beantragte die oben angeführten Haftungs- und Zahlungsbescheide ersatzlos aufzuheben.

In der Begründung führte sie dazu im Wesentlichen aus, in der Begründung der angefochtenen Bescheide werde auf dem Betriebsprüfungsbericht vom und auf die Bestimmungen der §§ 93 und 95 EStG 1988 verwiesen. Im entsprechenden Prüfungsbericht (genauer Niederschrift vom ) finde sich allerdings auch nur der Hinweis auf § 93 EStG 1988. Nachdem jede nur erdenkliche Festsetzung der Kapitalertragsteuer ausschließlich ihre Rechtsgrundlage in § 93 EStG 1988 finde, scheine der bloße Verweis auf diese Norm dem § 93 Abs. 3 lit. a BAO nur mit Mühe gerecht zu werden. Da die Einkommensteuerrichtlinien 2000 das Verhältnis der Agrargemeinschaften zu ihren Mitgliedern ausführlich behandeln würden (Rz. 5030-5037, 6146 und 7723), verbleibe nur die Mutmaßung, dass die Behörde die Festsetzung der Abgaben auf § 93 Abs. 2 Z. 1 lit. c EStG 1988 stütze.

Bezüge von Genussrechten seien subsidiäre Einkünfte aus Kapitalvermögen, sofern sie gleichartig zu Gewinnanteilen, Zinsen und sonstigen Bezügen aus Aktien oder Anteilen an GmbHs seien (§ 27 Abs. 1 Z 1 lit. a und c EStG). Nach Auffassung der Finanzverwaltung sei das Anteilsrecht an einer Agrargemeinschaft wirtschaftlich vergleichbar mit einem Genussrecht, mit dem das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationsvermögen der Agrargemeinschaft verbunden sei (EStR 2000, Rz 5031 mit Hinweis auf § 8 Abs. 3 Z 1 KStG). Die Ausschüttungen unterlägen daher als Genussrechte im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 1 lit. c EStG dem Kapitalertragsteuerabzug. Nach überwiegender Auffassung der Literatur (Doralt, EStG4, § 27 Tz 44 und 45 mit weiteren Verweisen) und nach Meinung der Finanzverwaltung (EStR 2000, Rz 6141) seien unter Genussrechten im Sinne der §§ 27 und 93 EStG nur sogenannte Substanzgenussrechte zu verstehen. Das Gesetz knüpfte mittelbar, aber doch offenkundig, an § 8 Abs. 3 Z 1 KStG an. Danach sei eine Einkommensteuerverwendung der Körperschaft auch anzunehmen bei Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationsgewinn des Steuerpflichtigen verbunden sei. Jedenfalls fänden sich über die körperschaftsteuerlichen Vorschriften hinaus keine Definition oder irgendwelche Abgrenzungsmerkmale des Begriffes "Genussrecht".

Bei Genussrechten handle es sich jedenfalls um schuldrechtliche Ansprüche des Genussrechtinhabers gegenüber der (emittierenden) Gesellschaft. Genussrechte gewährten Gläubigerrechte, die ihrem Inhalt nach typische Vermögensrechte eines Gesellschafters seien. Allgemein sei den Genussrechten immanent, dass ihnen nicht ein sozietäres Element innewohne, sondern dass sie in Abgrenzung zu gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen schuldrechtlicher Art seien. Der Genussrechtinhaber stehe der Gesellschaft nur forderungsberechtigt gegenüber. Genussrechte gewährten keine gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaftsrechte (Verwaltungsrechte), von Kontroll- und Informationsrechen auf schuldrechtlicher Art abgesehen. Besondere Begünstigungen, wie eben Sondervorteile seien von der Mitgliedschaft losgelöst, von ihr unabhängig. Solche Sondervorteile mit vermögensrechtlichen Charakter seien eben die Genussrechte. Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG 1988, § 8 Anm. 31 würden eine gewisse Verwandtschaft mit stimmrechtlosen Vorzugsaktien sehen; ob der Vergleich mit Anteilsrechten richtig sei, sei nach den bisherigen Ausführungen zweifelhaft. Die Bezugnahme auf die "Sprachlosigkeit" solcher Rechte sei aber wesentlich und richtig.

Ein völlig anderes Bild zeigten jedoch die Anteilsrechte an Agrargemeinschaften nach dem Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1978 (TFLG) in der geltenden Fassung. Unter einer Agrargemeinschaft verstehe man danach die Gesamtheit der jeweiligen Eigentümer der Liegenschaften, an deren Eigentum ein Anteilsrecht an agrargemeinschaftlichen Grundstücken gebunden sei (Stammsitzliegenschaft), einschließlich jener Personen, denen persönlich (walzende) Anteilsrechte zustehen. Agrargemeinschaften hätten - wenn überhaupt - genossenschaftlichen Charakter. Vorweg sei festzustellen, dass es sich bei diesen Anteilsrechten um Mitgliedschaften handle, ohne schuldrechtliche Grundlage. Dabei mache es keinen Unterschied, ob das Anteilsrecht an einer Stammsitzliegenschaft gebunden sei - der bajuwarischen Rechtstradition folgend - (Normalfall) - oder nicht (alemannischer Rechtsgebrauch, walzende Anteile). Das Wesen der gebunden Anteile sei, dass dem Recht eine "Scharnierfunktion" zukomme. Es verbinde die berechtigte Liegenschaft mit den Nutzungsflächen. Mit dem Ausmaß des Anteilsrechtes sei die jeweilige Stammsitzliegenschaft Mitglied der Agrargemeinschaft, das heiße, der jeweilige Eigentümer der Liegenschaft trete für die Liegenschaft auf (Lang, Tiroler Agrarrecht II).Er nehme als Mitglied an der gemeinschaftlichen Verwaltung teil, ebenso an der gemeinschaftlichen oder wechselseitigen Nutzung. Das Anteilsrecht sei also Maßstab für die Mitwirkung bei der Verwaltung der Agrargemeinschaft im Innenverhältnis. Dazu gehöre insbesondere das Stimmrecht und das Wahlrecht für die Organe. Das oberste Forum der Agrargemeinschaft sei die Vollversammlung, die aus der Gesamtheit der Mitglieder der Agrargemeinschaft bestehe (§ 35 TFLG). Die Anteilsrechte zählten zu den öffentlichen Rechten. Der Bestand der Anteilsrechte sei nicht vom Willen des Berechtigten des Berechtigten oder des Verpflichteten abhängig. Die mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbunden Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft dürfe von der Stammsitzliegenschaft nur mit Bewilligung der Agrarbehörde abgesondert werden (§ 38 Abs. 3 TFLG).

Diese Gegenüberstellung der Genussrechte im zivilrechtlichen Sinn mit den Anteilsrechten an einer Agrargemeinschaft nach dem TFLG zeige, dass eben kein Vergleich möglich sei. Es handle sich um verschiedene Rechte. Genussrechte seien zivilrechtlich schuldrechtliche und nicht sozietäre Ansprüche eines Genussrechtsinhabers. Anteile an Agrargemeinschaften im Sinne des TFLG seien öffentliche Rechte, die für eine Stammsitzliegenschaft (Regelfall) eine Mitgliedschaft an einer Gemeinschaft vermitteln würden.

Unter welchen Titel Ausschüttungen von Agrargemeinschaften der Besteuerung unterzogen werden könnten, sei hier nicht näher zu prüfen. Rauscher, , vermeine, dass sie als Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27 Abs. 1 Z 4 EStG - andere Erträgnisse aus sonstigen Kapitalvermögen - bzw. nach Maßgabe der Subsidiarität als Einkünfte aus einer anderen Einkunftsart der Einkommensteuer unterliegen würden. Dass allerdings mit dem bewertungsrechtlichen Ausscheiden der Anteile aus dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen (§ 30 Abs. 2 Z 6 BewG 1955) nicht zwangsläufig die ertragsteuerliche Zurechnung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen verbunden sei, werde im übrigen auch in der Literatur vertreten (Jilch, Die Besteuerung pauschalierter Land- und Forstwirte, Österr. Agrarverlag, 171 FN 992).

Es bleibe nur festzustellen, dass die Bestimmungen der §§ 27 und 93 EStG, soweit sie sich auf Genussrechte beziehen, nicht die gesetzliche Grundlage für die Besteuerung vom Einkommen aus Anteilen an Agrargemeinschaften darstellen könnten. Solche Anteilsrechte seien auch wirtschaftlich nicht mit Genussrechten zu vergleichen. Wenn die Finanzverwaltung eine solche wirtschaftliche Vergleichbarkeit (EStR 2000, Rz 5031) annehme, oder gar die Anteile als "stets Substanzgenussrechte" (EStR 2000, Rz 6146) bezeichne, so könne das jedenfalls für Anteilsrechte nach dem TFLG nicht stimmen. Es zeige sich auch keine Rechtsentwicklung, die eine solche wirtschaftliche Betrachtung und im Ergebnis Vergleichbarkeit der Anteilsrechte mit Genussrechten zu rechtfertigen vermöge. In den maßgeblichen Erkenntnissen zu Anteilsrechten an tirolerischen Agrargemeinschaften (, 87/14/0005, 0006; , 86/14/0171) habe sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Zurechnung von Ausschüttung zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft auseinandergesetzt (vor Geltung des § 30 Abs. 2 Z 6 BewG 1955 idF BGBl 1996/201). Dass Ausschüttungen aus solchen Anteilsrechten, bei einem nicht zu einem Betriebsvermögen gehörenden Anteil, Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellten, habe der Gerichtshof hinsichtlich der Anteilsrechte nach dem TFLG nicht zum Ausdruck gebracht (insoweit irreführend EStR 2000, Rz 6146 am Ende); er habe nur ausgeführt, dass unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebotes die vorgetragenen Bedenken der belangten Behörde "allenfalls stichhaltig wären", wenn Ausschüttungen von Tiroler Agrargemeinschaften bei der Durchschnittsbesteuerung nicht zu erfassen wären. Dass eine - überstrapazierten - wirtschaftliche Vergleichbarkeit mit Genussrechten im Sinne der §§ 27 und 93 EStG 1972 die rechtliche Grundlage der Besteuerung bilden soll, könne den o.a. Erkenntnissen nicht entnommen werden.

Problematisch oder besser widersprüchlich sei der Abzug der Kapitalertragsteuer in den nämlichen Jahren vor dem Hintergrund der Verordnung des BMF über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft (BGBl 1997/430). Nach § 13 der Verordnung BGBl II 1997/430 sei die sich nach den Bestimmungen der §§ 1 bis 7 BGBl II 1997/430 oder der §§ 8 bis 12 BGBl II 1997/430 ergebende Gewinnsumme unter anderem um Gewinne aus gemäß § 30 Abs. 2 Z 6 BewG 1955 nicht zum Einheitswert gehörenden Wirtschaftsgütern (bzw. um die Hälfte solcher Gewinne, soweit sie aus mit Körperschaftsteuer vorbelasteten Ausschüttungen stammen) zu erhöhen. Es handle sich dabei um eine zwingende Anordnung, die kein Wahlrecht zulasse; weder im Ansatz, noch in der Höhe.

Für Veranlagungen für das Kalenderjahr 2001 (bis einschließlich 2005) gelte die Verordnung des BMF über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft, BGBl II 2001/54. In § 13 dieser Verordnung werde angeordnet, dass die sich nach den Bestimmungen der §§ 1 bis 7 oder der §§ 8 bis 12 dieser Verordnung ergebende Zwischensumme aus den gemäß § 30 Abs. 2 Z 6 BewG 1955, nicht zum Einheitswert gehörenden Wirtschaftsgütern zu erhöhen sei, sofern diese Gewinne nicht gemäß § 97 Abs. 1 EStG 1988 als abgegolten gelten und keine Veranlagung gemäß § 97 Abs. 4 EStG 1988 beantragt werde (bei Vorbelastung mit Körperschaftssteuer, seien sie nur zur Hälfte anzusetzen).

Inwieweit eine Abgeltungswirkung im Rahmen der Endbesteuerung überhaupt möglich sei, zumal ein Kapitalertragsteuerabzug in Frage zu stellen sei, sei für die nachstehenden Ausführungen dahingestellt. Jedenfalls habe der Verordnungsgeber für die Kalenderjahre 2001 bis 2005 die Richtigkeit der Abzugsbesteuerung nach dem Regime der Kapitalertragsteuer als gegeben angenommen und sich danach orientiert. In § 13 der Verordnung BGBl II 2001/54 werde dem insofern konsequent Rechnung getragen, als bei Annahme eines Steuerabzuges an der Quelle - also im Zuge einer Ausschüttung bei Anteilsrechten an Agrargemeinschaften - ausdrücklich eine Gewinnerhöhung im Rahmen der Verordnung BGBl II 2001/54 zu unterbleiben habe. Der Verordnungsgeber sehe eine zwingende Hinzurechnung solcher Gewinne nur vor, wenn eine Steuerabgeltung nach Maßgabe des § 97 EStG unterbleibe. Eine solche Endbesteuerung ist aber vorweg immer gegeben, wenn an natürliche Personen ausgeschüttet werde, da der Steuerabzug von solchen Kapitalerträgen ja als zwingend angenommen werde. Wäre der Verordnung BGBl II 2001/54 diese Rücksichtnahme auf den Kapitalertragsteuerabzug, verbunden mit der grundsätzlichen Endbesteuerungswirkung, nicht immanent, käme es zu einem nicht zu lösenden Konflikt. Eine zwingende Gewinnerhöhung um Gewinne aus Anteilsrechten an Agrargemeinschaften stünde im offenen Widerspruch zur gleichfalls zwingenden Endbesteuerung solcher Kapitalerträge. Der Verordnungsgeber habe also sehenden Auges den Konflikt vermieden und dem Regelungswerk des Kapitalertragsteuerabzuges verbunden mit der Steuerabgeltung bei bestimmten Kapitalerträgen (Annahme: Anteilsrechte seien wirtschaftlich betrachtet Genussrechte im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 1 lit. c EStG) Rechnung getragen. Es unterbleibe eine Hinzurechnung, sofern diese Gewinne gemäß § 97 EStG als abgegolten gelten. Sie würden nicht als abgegolten gelten, wenn von dem Gestaltungsrecht des § 97 Abs. 4 EStG Gebrauch gemacht werde; werde eine Veranlagung beantragt, komme es zur entsprechenden Hinzurechnung.

Allerdings gelte die Verordnung BGBl II 2001/54 nicht für die Kalenderjahre, in denen im vorliegenden Fall die Kapitalertragsteuer festgesetzt worden sei. In den Jahren 1997 bis 1999 sei die Verordnung BGBl II 1997/430 in Geltung gewesen. Nach dem maßgeblichen § 13 sei die sich nach den Bestimmungen der §§ 1 bis 7 oder der §§ 8 bis 12 dieser Verordnung ergebende Gewinnsumme unter anderem um Gewinne aus gemäß § 30 Abs. 2 Z 6 BewG 1955 nicht zum Einheitswert gehörender Wirtschaftsgüter (bzw. um die Hälfte solcher Gewinne, soweit sie aus mit Körperschaftsteuer vorbelasteten Ausschüttungen stammen) zu erhöhen. Hier zeige sich - ohne obige Ausführungen wiederholen zu müssen - jene Widersprüchlichkeit, die der Verordnungsgeber richtigerweise für die Kalenderjahre 2001 bis 2005 vermieden habe. Tatsache sei zudem, dass jedenfalls zwei Mitglieder der Agrargemeinschaft der zwingenden Anordnung des § 13 BGBl II 1997/430 Folge geleistet hätten und die Ausschüttungen an ihre Person in die jeweilige Einkommensteuererklärung aufgenommen hätten. Diese Abgabepflichtigen hätten dem damals geltenden zwingenden Recht entsprechend gehandelt. Eine Alternative dazu habe es nicht gegeben. Hätte die Agrargemeinschaft die Ausschüttungen mit Kapitalertragsteuer belastet und folglich die Steuer mit Endbesteuerungswirkung (§ 93 in Verbindung mit § 97 EStG) einbehalten, wäre die Steuerabgeltung als solche zur Makulatur und § 97 Abs. 4 EStG zu totem Recht verkommen. Die natürlichen Personen, an die die quellenbesteuerte Ausschüttungen geflossen seien, hätten der zwingenden Anordnung des § 13 BGBl II 1997/430 Rechnung tragen und die Gewinnerhöhung in Kauf nehmen müssen. Für steuerliche Überlegungen wäre kein Raum geblieben; aber genau solche seien die ausdrückliche Grundlage des § 97 Abs. 4 EStG.

Genauso wenig wie man den Nationalrat unterstellen dürfe, sinnlose oder systemwidrige Gesetze zu schaffen, dürfe man solches auch dem Verordnungsgeber nicht leichtfertig unterschieben. Mit der Verordnung BGBl II 2001/54 sei auf Systembrüche klar und offen Rücksicht genommen worden; Widersprüche seien vermieden worden. Ein Kapitalertragsteuerabzug im Geltungsbereich der Verordnung BGBl 1997/430 provoziere aber genau jene Widersinnigkeit und Konflikte. Es sei also davon auszugehen, dass die strittigen Ausschüttungen nicht einem Kapitalertragsteuerabzug mit Steuerabgeltung (das eine bedinge nach der Rechtslage das andere) unterliegen sollten, sondern dass solche Ausschüttungen ausschließlich im Veranlagungswege zu erfassen seien. § 13 der Verordnung BGBl II 1997/430 sei - nicht nur gemessen an der Rechtsfortentwicklung und damit an § 13 der Verordnung BGBl II 2001/54 - eindeutig und klaren Inhalts.

Die besondere Erhebungsform der Kapitalertragsteuer hänge eng zusammen mit den Einkünften aus Kapitalvermögen; nur Einkünfte nach § 27 EStG würden von der KESt erfasst. Bis zur Novellierung des § 30 Abs. 2 Z. 6 BewG 1955 hätten sich Ausschüttungen von Tiroler Agrargemeinschaften auf Grund von mit Stammsitzliegenschaften verbundenen Anteilsrechten im Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes niedergeschlagen und seien daher mit dem auf den Einheitswert anzuwendenden Durchschnittssatz erfasst. Mit Wirkung ab würden Beteiligungen, Anteile an Agrargemeinschaften sowie Ansprüche auf Entgelte aus nichtlandwirtschaftlichen Nutzungsüberlassungen von Grund und Boden nicht als Teile des landwirtschaftlichen Betriebes gelten (§ 30 Abs. 2 Z 6 BewG). Als maßgeblicher Strichtag für die Erfassung oder Nichterfassung solcher Anteilsrechte bzw. Ausschüttungen daraus, könne in keinem Fall ein unterjähriger Zeitpunkt herangezogen werden. Dies widerspreche dem Wesen der Wertfortschreibung gemäß § 21 BewG 1955. Gemäß § 21 Abs. 4 BewG 1955 seien allen Fortschreibungen die Verhältnisse bei Beginn des Kalenderjahres zugrunde zu legen, das auf die Änderung folge. Im gegenständlichen Fall somit der . Bis zu diesem Zeitpunkt sei davon auszugehen, dass laufende land- und forstwirtschaftliche Erträge, die bei der Feststellung des für den Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes maßgeblichen Einheitswertes grundsätzlich berücksichtigt seien. Mangels Fortschreibung zum wären die entsprechenden Anteilsrechte bzw. Ausschüttungen daraus noch im Kalenderjahr 1996 vom Einheitswert erfasst und würden im Rahmen der Durchschnittssatzbesteuerung zu einer entsprechenden Abgabenleistung führen; zudem müssten die Ausschüttungen als Einkünfte außerhalb der einheitswertabhängigen Einkommensbesteuerung nochmals erfasst werden, das einer Verdoppelung der Bemessungsgrundlagen gleichkäme. Systemgerecht und den Regeln der bewertungsrechtlichen stichtagsbezogenen Fortschreibung entsprechend, könnten damit nur Ausschüttungen ab dem als nicht vom Einheitswert für land- und forstwirtschaftliche Betriebe erfassten Einkunftsteilen einer davon isolierten Betrachtung unterworfen werden.

Der zuständige Sachbearbeiter in der Betriebsprüfungsabteilung stellt in seiner Stellungnahme zur Berufung vom klar, dass das Finanzamt die Festsetzung der Kapitalertragsteuer auf § 93 Abs. 2 Z 1 lit. c EStG 1988 gestützt habe. Hinsichtlich des Berufungsvorbringens wird im Wesentlichen entgegnet, die Berufungswerberin räume selbst ein, dass der Verordnungsgeber in der Verordnung BGBl II 2001/54 offensichtlich davon ausgehe, wonach Ausschüttungen von Agrargemeinschaften dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen würden. Da sich die gesetzlichen Grundlagen hinsichtlich der Kapitalertragsteuerpflicht seit den Prüfungsjahren nicht geändert hätten, sehe das Finanzamt auch keine Veranlassung davon auszugehen, die Ausschüttungen im Prüfungszeitraum würden nicht dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen.

Aus dem Umstand, dass in der Verordnung BGBl II 1997/430 nicht ausdrücklich festgehalten sei, wonach der pauschalierte Gewinn aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit nur dann um Gewinnanteile aus Agrargemeinschaften zu erhöhen sei, wenn diese dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen und somit endbesteuert seien, könne nach Ansicht des Finanzamtes nicht abgeleitet werden, diese Ausschüttungen würden nicht dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen. Vielmehr ergebe sich aus § 97 EStG, dass für derartige Einkünfte die Einkommensteuer durch den Kapitalertragsteuerabzug als abgegolten gelte, sodass diese Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommens nicht mehr gesondert zu erfassen seien. Auch in den Bestimmungen über die Versteuerung von Zinseinkünften sei nicht ausdrücklich festgehalten, dass diese nur anzusetzen seien, wenn sie nicht der Endbesteuerung unterliegen, vielmehr ergebe sich dies aus der Spezialnorm des § 97 EStG.

Die für die Ausschüttung von Agrargemeinschaften vorgesehene steuerliche Begünstigungen (Endbesteuerungen, Hälftesteuersatz, bzw. Ansatz der Hälfte jener Gewinne, die aus mit Körperschaftsteuer vorbelasteten Ausschüttungen stammten) sei nach Ansicht des Finanzamtes mit der Qualifikation der Anteilsrechte als Genussrechte untrennbar verbunden. Bei jeder anderen Beurteilung dieser Einkünfte müsste diese auf Ebene der Anteilseigner zur Gänze mit dem vollen Steuersatz versteuert werden (als "normale" Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft).

Das Finanzamt legte die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung unmittelbar dem UFS zur Entscheidung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

1) Bei Agrargemeinschaften handelt es sich um Gemeinschaften in Angelegenheiten der Bodenreform (Art. 12 Abs. 1 Z 3 B-VG). Maßgebend für die Rechtsqualität der Berufungswerberin ist das Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1952, LGBl 32/1952, zuletzt Wiederverlautbart in LGBl 74/1996 (TFLG) als Ausführungsgesetz des Landes zum Flurverfassungsgrundsatzgesetz des Bundes (BGBl 103/1951).

Nach § 1 der für die Berufungsjahre gültigen Satzung (mit Bescheid vom vom Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz erlassenen und mit Bescheid vom novelliert), ist die Berufungswerberin eine Körperschaft des öffentlichen Rechts im Sinne des § 34, Abs. 3 TFLG. Nach § 2 der Satzung hat die Berufungswerberin den Zweck, durch pflegliche Bewirtschaftung und Verwaltung des Gemeinschaftsvermögens die bestmögliche und andauernde Erfüllung der berechtigten Ansprüche ihrer Mitglieder sicherzustellen, das Gemeinschaftsvermögen zu erhalten und zu verbessern und zu diesem Zweck auch die erforderlichen gewerblichen Unternehmen zu betreiben. Den Sitz hat die Berufungswerberin am Wohnort des Obmannes. Anteilsberechtigt sind die jeweiligen Eigentümer der im Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom in einem Verzeichnis angeführten 19 Liegenschaften (Stammsitzliegenschaften). In den Berufungsjahren hatte die Berufungswerberin 18 Mitglieder (ein Mitglied ist Eigentümer von zwei Stammsitzliegenschaften.

Strittig ist, ob die streitgegenständlichen Ausschüttungen der Berufungswerberin an ihre Mitglieder nach § 93 EStG der Kapitalertragsteuer unterliegen.

2) Die Kapitalertragsteuer (KESt) ist eine besondere Erhebungsform der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer von bestimmten in § 93 EStG 1988 taxativ aufgezählten Kapitalerträgen.

Neben den hier nicht relevanten Zinserträgen aus Geldeinlagen, Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren und Investmentfonds sowie Zuwendungen aus Privatstiftungen und Einkünften aus stillen Beteiligungen, unterliegen gemäß § 93 Abs. 2 Z 1 lit. a bis c EStG 1988 folgende inländische (Beteiligungs)erträge der KESt:

a) Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haft.

b) Gleichartige Bezüge und Rückvergütungen aus Anteilen an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, ausgenommen jene nach § 13 des Körperschaftssteuergesetzes 1988.

c) Gleichartige Bezüge aus Genussrechten und aus Partizipationskapital im Sinne des Bankwesengesetztes oder des Versicherungsaufsichtsgesetze.

Eine Kapitalgesellschaft (AG, GmbH) oder eine Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft liegt im streitgegenständlichen Fall nicht vor, eine Subsumtion der Ausschüttungen unter § 93 Abs. 2 Z 1 lit. a und b EStG 1988 ist damit ausgeschlossen.

3) Strittig ist, ob es sich bei den Ausschüttungen der Berufungswerber um "gleichartige Bezüge aus Genussrechten" im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 1 lit. c EStG 1988 handelt. Erfasst sind somit nur Bezüge solcher Genussrechte, sofern sie Gewinnanteilen im Sinne der lit. a leg.cit. ähnlich sind. Das Gesetz knüpft damit offenkundig an § 8 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 an, der anordnet, dass Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationsgewinn des Steuerpflichtigen verbunden ist, als Einkommensteuerverwendung anzusehen sind. Für diese Verknüpfung spricht auch § 37 Abs. 4 Z 1 lit. c EStG 1988, der den ermäßigten Steuersatz für Ausschüttungen auf Genussrechte nach § 8 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 vorsieht (vgl. ua. Doralt, Kommentar zum EStG4, § 27, Tz. 44; Jann, Kapitalertragsteuer und Endbesteuerung bei Genussrechten, Linde Verlag, Seite 74 f; EStR 2000, Rz 6142). § 8 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 umschreibt damit eine besondere Form von Genussrechten, die Substanzgenussrechte, die zu einer Beteiligung an der Unternehmenssubstanz führen, im Gegensatz zu den Nominalgenussrechten, die nur eine Gewinnbeteiligung vermitteln und ertragsteuerrechtlich nicht zum Eigenkapital sondern zum Fremdkapital zählen.

4) Der Begriff des Genussrechtes findet sich zwar in einer Reihe von abgabenrechtlichen Bestimmungen (ua § 8 Abs. 3 Z 1 KStG, § 10 Abs. 1 Z 3 KStG, § 27 Abs. 1 Z 1 lit. c EStG 1988, § 5 Abs. 1 Z 2 KVG), außer der körperschaftsteuerlichen Vorschrift in § 8 Abs. 3 Z 1 KStG 1988, nach der bei einer bestimmten Ausgestaltung des Genussrechtes (Substanzgenussrecht) dem Genussrechtskapital Eigenkapitalqualität zukommt, findet sich im Abgabenrecht keine Definition oder Abgrenzungskriterien, die für ertragsteuerliche Zwecke eine Bestimmung des Begriffes "Genussrecht" in den hier maßgeblichen Normen ermöglicht.

5) Wie die historische Entwicklung zum EStG zeigt, ist der im Ertragsteuerrecht verwendete Begriff des Genussrechtes aus den zivil- bzw. handelsrechtlichen Bestimmungen übernommen worden. Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnigg verweisen in ihrem Handbuch zum EStG 1972 unter § 27 Rz 19 darauf, dass der in § 27 Abs. 1 Z 1 EStG 1972 verwendete Ausdruck "Genußrechte" sich in § 174 AktG 1965 finde. Auch Doralt, Kommentar zum EStG4 führt in Rz. 44 zu § 27 Abs. 1 Z 1 lit. c EStG 1988, der dem § 93 Abs. 2 Z 1 lit. c EStG 1988 entspricht, aus, unter "Genussrechten" seien solche nach § 174 Abs. 3 AktG zu verstehen. Aber auch das AktG setzt Genussrechte voraus und regelt nicht ihre rechtliche Ausgestaltung. Das AktG 1937 hat durch die erstmals vorgenommene Erwähnung, die bereits viele Jahrzehnte in der Wirtschaftspraxis üblichen Genussrechte nur anerkannt, ohne sie näher zu definieren. (Krejci, Über Genussrechte, Gesellschaftsähnlichkeit, stille Gesellschaften und partiarische Darlehen, GesRZ 2000, 54)

6) Die aktienrechtliche Bestimmung des § 174 AktG dient dem Schutz der Aktionäre. Demzufolge dürfen Genussrechte nur auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung ausgegeben werden, wobei der Beschluss einer qualifizierten Mehrheit bedarf. Da auch die zivilrechtlichen Vorschriften eine gesetzliche Definition von Genussrechten nicht vornehmen, fehlt eine gesetzliche Regelung zur Bestimmung der inhaltlichen oder rechtlichen Ausgestaltung von Genussrechten. Hintergrund dieser gesetzgeberischen Zurückhaltung - in Österreich gleichermaßen wie in Deutschland - war das Bestreben, die Entwicklung dieses Instruments, unter Achtung des Prinzips der Privatautonomie, möglichst nicht zu behindern (ua. Krejci, aaO; Schummer, Genussrechtsemission durch Personengesellschaften?, GesRZ 1991, 199; Nagele in Jabornegg-Strasser, AktG, 4 Auflage, Rz 27 zu § 174). Aufgrund des Fehlens einer Legaldefinition ist die inhaltliche Ausgestaltung von Genussrechten das Ergebnis eines im Privatrecht verankerten Freiraumes. Unabdingbar sind jedoch die Bestimmungen des zwingenden Rechts (Jann, aaO, Seite 23 f;). Entsprechend der weitgehenden Gestaltungsfreiheit können Kapital- wie auch Personalgesellschaften, Genossenschaften, ja unter Umständen sogar Einzelkaufleute Genussrechte ausgeben (ua. OGH 7 Ob 267/02v, GesRZ 2003, 285).

7) Nach heute unbestrittener Ansicht versteht man unter Genussrechten vertraglich begründete Rechte, die ihrem Inhalt nach typische Vermögensrechte eines Gesellschafters sein können. Die gewährten Rechte entspringen jedoch nicht einem Gesellschaftsverhältnis, sondern sind nur schuldrechtliche Ansprüche des Genussrechtsinhabers gegenüber der die Genussrechte emittierenden Gesellschaft (Stellvertretend für die hL, Wünsch in Festschrift Rudolf Strasser, Möglichkeiten und Grenzen der Rechtsordnung (1983), Seite 879 ff; , ). Greift man den Zusammenhang, in dem die Regelung des § 174 AktG steht auf, besteht das Wesensmerkmal von Genussrechten in der Gewährung von solchen Rechten, die nach ihrem Inhalt aktionärstypische Vermögensrechte sein können, die aber sowohl Aktionären als auch Nichtaktionären gewährt werden können. Das bedeutet freilich nicht, dass derartige Genussrechtsverhältnisse gesellschaftsrechtlicher Natur sind; es handelt sich vielmehr - wie bei allen Genussrechtsverhältnissen - um außergesellschaftliche, rein schuldrechtliche Verträge. Lediglich funktionell wird den Genussrechtberechtigten eine Position gewährt, die als gesellschafterähnlich angesehen werden kann. Diese von Lehre und Rechtsprechung vorgenommene Einordnung der Genussrechte, ist letztendlich auch vom Gesetzgeber in Art. XVII Abs. 8 und 11 EU-GesRÄG, BGBl 304/1996, insoweit nachvollzogen und bestätigt worden, indem er in den (gleichlautenden) Bestimmungen des § 226 Abs. 3 AktG und § 15 Abs. 5 SpaltG bei Verschmelzungen und Spaltungen die Inhaber von Genussrechten an der übertragenden Gesellschaft unter der Überschrift "Gläubigerschutz" (§ 226 AktG) bzw. "Schutz der Gläubiger" (§ 15 SpaltG) besonders schützt. Dies indiziert, dass auch der Gesetzgeber den Inhaber von Genussrechten als Gläubiger und nicht als Anteilseigner ansieht. Die Genussrechte sind demnach schuldrechtliche Rechtsverhältnisse zwischen dritten Vertragspartnern und der ausgebenden Gesellschaft (vgl. Lindinger, Über Zulässigkeit und Beendigung bestimmter Genussrechte, JBl 2003, 724).

8) Da Genussrechte keine Anteile am Grund- bzw. Stammkapital darstellen, gewähren sie auch keinerlei Mitgliedschafts- und Herrschaftsrechte, insbesondere in Form der Mitbestimmung an allen gesellschaftsrechtlichen Entscheidungen. Aus dem Grundsatz der Verbandssouveränität folgt, dass die gesellschaftsrechtlichen Mitbestimmungsrechte nicht Inhalt einer Genussrechtsvereinbarung sein können. Genussrechte haben daher keinen korporationsrechtlichen Charakter (Jann, aaO, Seite 24 ff; Eberhartinger, Bilanzierung und Besteuerung von Genussrechten, stillen Gesellschaften und Gesellschafterdarlehen, Orac Verlag, S 9 ff; Krejci, aaO, GesRZ 2000, 54 ff; Gassner, Die Beteiligung an Kapitalgesellschaften im Steuerrecht, ÖStZ 1986, 119; Thurnshirn, Das Surrogatkapital (Genussrechts- und Partizipationskapital) bei Umgründungen, ÖStZ 1996, 346; ; 92/16/0025). Das Genussrechtsverhältnis vermag somit kein Gesellschaftsverhältnis zu begründen, sondern setzt als ein rein schuldrechtliches Verhältnis eine Gesellschaft bzw. eine Rechtsperson voraus, die einen Außenstehenden aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages die schuldrechtliche Rechtsposition eines Genussberechtigten einräumt.

9) Auch wenn Genussrechte aufgrund des weitgehenden rechtlichen Spielraumes aus verschiedenen Gründen gewährt werden können (wie z.B. der Mitarbeiterbeteiligung, der Ablöse von Schulden, als Gegenleistung für die Aufgabe von Rechten, als Vergütung für die Überlassung von Wirtschaftsgütern u.a.m.) so ist ihnen doch gemein, dass es sich um ein Finanzierungsinstrument handelt, sei es zum Zweck der Kapitalbeschaffung oder des Kapitalersatzes. Wie die Praxis zeigt, werden Genussrechte primär zur Kapitalbeschaffung bei Kapitalgesellschaften eingesetzt. Auch der Gesetzgeber lässt erkennen, indem er das in § 174 Abs. 3 AktG erwähnte Genussrecht unter dem Abschnitt "Maßnahmen der Kapitalbeschaffung" (§§ 149-174) stellte, dass er die Genussrechte als Kapitalbeschaffungsinstrument ansieht. In diesem Fall werden die Genussrechte als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung von Kapital gewährt. Die Art der Finanzierung, die auf der Grundlage von Genussrechten zur Verfügung gestellt wird, kann je nach Ausgestaltung höchst unterschiedlich sein. Die Bandbreite reicht vom so genannten obligationsrechtlichen Genussrecht (Nominalgenussrecht), dessen Inhaber jedenfalls einen Anspruch auf gewinnabhängige Verzinsung und Rückzahlung des Genussrechtskapitals hat, bis zum so genannten aktien- bzw. gesellschafterähnlichen Genussrecht (Substanzgenussrecht), das sich dadurch auszeichnet, dass der Genussrechtinhaber vermögensrechtlich einem Gesellschafter (Aktionär) durch eine Beteiligung am laufenden Gewinn und am Liquidationserlös mehr oder weniger gleichgestellt ist, ohne freilich Gesellschafter zu sein (Lindinger, aaO, JBl 2003, 724). Aber auch wenn Substanzgenussrechte in vermögensrechtlicher Hinsicht gesellschaftsrechtliche Züge aufweisen, so beruhen nach hM auch sie auf einem Schuldverhältnis ohne gesellschaftsrechtliches Band (Schiemer in Schiemer-Jabornegg-Strasser, AktG, 3. Auflage, § 174 Rz 8).

10) Demgegenüber sind die Anteilsrechte der Mitglieder der Berufungswerberin von einer völlig unterschiedlichen Rechtsnatur.

Nach § 34 Abs. 1 TFLG bildet die Gesamtheit der jeweiligen Eigentümer der Liegenschaften, an deren Eigentum ein Anteilsrecht an agrargemeinschaftlichen Grundstücken gebunden ist (Stammsitzliegenschaften), einschließlich jener Personen, denen persönliche (walzende) Anteilsrechte zustehen, eine Agrargemeinschaft. Die Einrichtung und die Tätigkeit von Agrargemeinschaften ist bei Agrargemeinschaften, die aus mehr als 10 Mitgliedern bestehen, vom Amts wegen, bei Agrargemeinschaften, die aus weniger als 10 Mitgliedern bestehen auf Antrag mit Bescheid (Satzungen) zu regeln (Abs. 2 leg.cit.).

Agrargemeinschaften sind - wie bereits eingangs erwähnt - nach § 34 Abs. 3 TFLG Körperschaften Öffentlichen Rechtes, auch wenn ihnen typische hoheitliche Befugnisse fehlen. Als juristische Personen sind sie Träger von Rechten und Pflichten und nehmen am rechtsgeschäftlichen Verkehr teil.

11) Schon diese Legaldefinition der Agrargemeinschaften lässt erkennen, dass es sich bei den Anteilsrechten nicht um Genussrechte im oben dargestellten Sinn handelt. Die Anteilsrechte zählen zu den Öffentlichen Rechten, zudem kommt den Anteilsrechten bezüglich der Verbindung mit einer Stammsitzliegenschaft auch dinglicher Charakter zu. Hingegen ist es ein Wesensmerkmal von Genussrechten, dass sie auf einem privatrechtlichen, schuldrechtlichen Rechtsverhältnis zwischen der die Genussrechte ausgebenden Gesellschaft und einem Dritten beruhen.

Als Folge des Vorliegens agrargemeinschaftlicher Grundstücke besteht eine Agrargemeinschaft und damit die damit verbundene Anteilsrechte von Gesetzes wegen und nicht wie Genussrechte aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages zwischen der emittierenden Gesellschaft und den Erwerbern.

Das sogenannte Anteilsrecht an einer Agrargemeinschaft umfasst die Gesamtheit der Berechtigungen und Verpflichtungen aus den rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen eines Mitgliedes einer Agrargemeinschaft zur Agrargemeinschaft als solcher, zu den anderen Mitgliedern derselben Agrargemeinschaft und zu den agrargemeinschaftlichen Grundstücken. Das Anteilsrecht gibt darüber Aufschluss, in welcher Art und im welchen Umfang ein Mitglied einer Agrargemeinschaft an der gemeinschaftlichen Verwaltung und an der gemeinschaftlichen Nutzung teilnehmen kann (Lang, Tiroler Agrarrecht II, Braumüller Universitäts-Verlagsbuchhandlung GmbH, Wien 1991, Seite 159)

12) Bei diesen Anteilsrechten an Agrargemeinschaften handelt es sich um seit alters her bestehende Nutzungsrechte an agrargemeinschaftlichen Grundstücken, deren Bestand im streitgegenständlichen Fall von der Agrarbehörde im Rahmen der Bodenreform in einem Regulierungsverfahren festgestellt worden ist. Dieses nach dem TFLG durchgeführte Regulierungsverfahren diente nicht der Begründung der Nutzungsrechte, sondern der Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken, indem die alter Nutzungsrechte verbindlich festgestellt und somit außer Streit gestellt, das Ausmaß der Nutzungsrechte (Anteilsrechte) fixiert, die berechtigten (Stammsitz)liegenschaften festgestellt und entsprechende Satzungen erlassen worden sind.

Die Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft werden somit durch einen Verwaltungsakt (Bescheid) festgestellt und nicht durch einen schuldrechtlichen Vertrag, wie es für das Genussrechtsverhältnis typisch ist, begründet. Eine Ausgabe von Anteilsrechten durch die Berufungswerberin widersprächt dem Wesen einer Agrargemeinschaft und ist daher gesetzlich auch nicht vorgesehen. Hingegen erscheint die Begründung von Genussrechten ohne emittierende Gesellschaft (Unternehmen) undenkbar.

13) Ein Anteilsberechtigter einer Agrargemeinschaft kann im Gegensatz zu einem Genussberechtigten über seinen Anteil auch nicht frei verfügen; als Eigentümer einer Stammsitzliegenschaft mit der das Anteilsrecht verbunden ist, ist er Zwangsmitglied der Agrargemeinschaft. Mit dem Ausmaß des Anteilsrechtes ist die jeweilige Stammsitzliegenschaft Mitglied der Agrargemeinschaft, das heißt, der jeweilige Eigentümer der Liegenschaft tritt für die Liegenschaft auf. Der jeweilige Eigentümer der Stammsitzliegenschaft ist somit nicht kraft eigenen Rechtes Mitglied der Agrargemeinschaft, sondern als Vertreter der Stammsitzliegenschaft. Die auf Grund des Anteilsrechtes bezogenen Nutzungen dienen auch nicht zur Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse des Eigentümers der Stammsitzliegenschaft, sondern - so zumindest die Zielsetzung - zur wirtschaftlichen Befriedigung der Stammsitzliegenschaft selbst. Der Bestand und der Inhalt der Anteilsrechte ist im Gegensatz zu den Genussrechten nicht vom Willen des Berechtigten und des Verpflichteten abhängig. Sogar ein Verzicht muss agrarbehördlich genehmigt werden. Hingegen enden Genussrechtsverhältnisse als ein Dauerschuldverhältnis meist durch Zeitablauf oder durch Kündigung.

14) Die Agrargemeinschaften unterliegen nach § 37 TFLG der Aufsicht der Agrarbehörde. Die Aufsicht erstreckt sich ua. auf die Einhaltung der Bestimmungen des TFLG, die Zweckmäßigkeit der Bewirtschaftung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke und des sonstigen Vermögens der Agrargemeinschaften, sowie der Genehmigung einer Reihe von Beschlüssen. Über Streitigkeiten, die zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern oder zwischen den Mitgliedern untereinander aus den Mitgliedschaftsverhältnissen entstehen, hat die Agrarbehörde unter Ausschluss des Rechtsweges zu entscheiden. Im Gegensatz dazu gibt es entsprechend dem Grundsatz der privatrechtlichen Gestaltungsfreiheit bei der Ausgabe und Ausgestaltung von Genussrechten keine behördliche Aufsicht und über Streitigkeiten zwischen den Vertragspartnern haben die zuständigen Gerichte in einem zivilgerichtlichen Verfahren zu entscheiden.

15) Aus der öffentlich rechtlichen Natur der Anteilsrechte ergeben sich gegenüber dem privatrechtlichen Genussrecht eine Reihe von Besonderheiten (Lang, aaO, Seite 160 f):

  • Die mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundene Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft darf von der Stammsitzliegenschaft nur mit Bewilligung der Agrarbehörde abgesondert werden (§ 38 Abs. 3 TFLG 1996).

  • Der Bestand dieser Rechte ist vom Grundbuchstand unabhängig. Der grundbuchrechtliche Publizitäts- und Eintragungsgrundsatz gilt hier nicht.

  • Nur die Agrarbehörde ist zu Entscheidungen über Anteilsrechte befugt.

  • Anteilsrechte als Öffentliche Rechte stehen nicht unter dem Schutz der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie.

  • Anteilsrechte bilden einen öffentlich rechtlichen Anspruch, sie bilden jedoch auch einen Titel für den privatrechtlich (intern) richtigen Eigentumserwerb, etwa am zu beziehenden Holz.

  • Auf Anteilsrechte als Öffentliche Rechte finden die Institute des Privatrechtes keine Anwendung, das heißt, die Anteilsrechte können als solche nicht gepfändet und nicht verpfändet werden, nicht belastet und nicht ersessen werden.

  • Eine privatrechtliche Disposition über das Anteilsrecht ist grundsätzlich nur im Zusammenhang mit der Stammsitzliegenschaft möglich.

  • Für Veränderungen von Anteilsrechten kennt das TFLG keine Neuregulierung. Die einmal rechtskräftig festgestellten oder seit alters her überkommenen Anteilsrechte bleiben somit bestehen.

Diese nur demonstrative Aufzählung der aus der öffentlich rechtlichen Natur der Anteilsrechte erwachsenen Besonderheiten zeigt, dass bei Anteilsrechten im Gegensatz zu den auf dem Privatrecht beruhenden Genussrechten für privatautonome Gestaltungsmöglichkeiten kein Raum besteht.

16) Gegen die Einbeziehung der Anteilsrechte an Agrargemeinschaften nach dem TFLG zu den (Substanz)genussrechten im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 1 lit. c EStG 1988 spricht aber nicht nur die aufgezeigte unterschiedliche Rechtsnatur, der unterschiedliche Rechtserwerb und die mangelnde Gestaltungsfreiheit bei Anteilsrechten, sondern insbesondere auch der Umstand, dass mit dem Anteilsrecht an einer Agrargemeinschaft die Mitgliedschaft an ihr und die damit verbundenen Herrschafts- und Verwaltungsrechte untrennbar verknüpft sind.

Wie aber bereits oben ausgeführt, können die aufgrund der Verbandssouveränität den Anteilseignern (Aktionären, Gesellschaftern) vorbehaltenen typischen gesellschaftsrechtlichen Mitbestimmungsrechte nicht Inhalt einer Genussrechtsvereinbarung sein. Die schuldrechtlich begründeten Genussrechte dürfen die Verbandsrechte und Entscheidungsbefugnisse der Gesellschafter nicht einengen (Wünsch in Festschrift Rudolf Strasser, Seite 879 ff). Der Genussrechtsberechtigte mag zwar bei einer entsprechenden vertraglichen Ausgestaltung vermögensrechtlich einen Gesellschafter weitgehend gleichgestellt sein, da das Genussrecht aber keinen Anteil am Grund und Stammkapital vermittelt, gewährt es auch keine gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaftsrechte (Eberhartinger, aaO, Seite 17; Jann, aaO, Seite 30 f; ).

17) Ganz anders ist hingegen die Rechtsposition der Anteilsberechtigten der Berufungswerberin, die gleichzeitig ihre Mitglieder sind.

Die Berufungswerberin ist ein Selbstverwaltungskörper, der unter der Aufsicht der Agrarbehörde im Rahmen der Satzungen durch ihre Organe ihre wirtschaftlichen und rechtlichen Angelegenheiten selbständig regelt. Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 35 TFLG und der in den Berufungsjahren gültigen Satzungen (die weitgehend den von der Agrarbehörde empfohlenen Mustersatzungen entsprechen) sind als Organe die Vollversammlung, der Ausschuss und der Obmann vorgesehen (§ 4 der Satzung). Die Vollversammlung, die jährlich einmal im Jahr stattzufinden hat, besteht aus der Gesamtheit der Mitglieder der Berufungswerberin und ist das oberste willensbildende Organ. Ihr obliegt die Wahl der Ausschussmitglieder, der Ersatzmänner und Rechnungsprüfer, sowie die Beschlussfassung über wesentliche vermögensrechtliche Entscheidungen, wie z.B die Veräußerung, Verpachtung und dauernde Belastung von agrargemeinschaftlichen Vermögen, die Verteilung von Ertragsüberschüssen, die Aufnahme und Gewährung von Darlehen, sowie die Errichtung von erwerbswirtschaftlichen Unternehmen (§ 9 der Satzung). Für Beschlüsse ist (mit Ausnahme bei der Wahl der Organe) die Mehrheit der für die einzelnen Stammsitzliegenschaften festgelegten Anteilsrechte maßgebend. Dem Ausschuss, der aus dem Obmann, dessen Stellvertreter und zwei weiteren Mitgliedern besteht, kommt nach § 12 der Satzung eine Art Generalzuständigkeit zu. Ihm obliegen alle Angelegenheiten die nicht ausdrücklich einem anderen Organ vorbehalten sind. Dem Obmann, der von den Ausschussmitgliedern aus ihrer Mitte gewählt wird (§ 5 Abs. 4 der Satzung), kommt nach außen hin eine Vertretungsfunktion und nach innen eine Leitungs- sowie eine Verwaltungsfunktion zu (§ 35 Abs. 7 TFLG und § 13 der Satzung).

18) Auch wenn der Gesetzgeber die Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Agrargemeinschaften im Sinne des TFLG als ursprünglich genossenschaftsdeutschrechtliches Institut der gemeinschaftlichen Nutzung agrarwirtschaftlicher Grundstücke (Allmende) dem öffentlichen Recht überstellt hat und daher die Berufungswerberin nur im beschränkten Maße mit privatrechtlichen Kategorien beurteilt und verglichen werden kann, so ist doch unzweifelhaft, dass die den Mitgliedern der Berufungswerberin eingeräumten Herrschafts- und Verwaltungsrechte, denen eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft weitgehend entsprechen. Die den Mitgliedern der Berufungswerberin eingeräumten Herrschafts- und Verwaltungsrechte, wie z.B. Sitz und Stimme in der Vollversammlung, Wahl der Organe, Beschlussfassung über wesentliche wirtschaftliche Belange, Ausschüttungen an die Mitglieder, sowie Anfechtungs- und Kontrollrechte (§ 5 Abs. 6 u. § 8 Abs. 4 der Satzung), die typisch gesellschaftsrechtlicher Natur sind und daher bei allen Gesellschaftsformen den Gesellschaftern vorbehalten sind, können nicht Gegenstand eines Genussrechtes sein, die einen rein vermögensrechtlichen Anspruch vermitteln. Bei den Genussrechten fehlt es an den Grundvoraussetzungen für eine Anwendung sozietärer, gesellschaftsrechtlicher Grundsätze, nämlich den personalistischen Zusammenschluss mehrerer Personen zu einer Zweckgemeinschaft. Es gehört gerade zum Wesen der Genussrechte, dass diese nicht gesellschaftsrechtlich geprägt sind und es ihnen an einer personalistischen Bindung irgendwelcher Art mangelt (vgl. Krejci, aaO, GesRZ 2000, Seite 61, Pkt. E. 4 mit Hinweis auf BGH v. , WM 1959, 434)

Die Anteilsrechte an der Berufungswerberin, die den Anteilsberechtigten inhaltlich durchaus vergleichbare sozietäre Rechte wie den Gesellschaftern einer Handelsgesellschaft einräumt, können daher auch unter diesem Aspekt nicht als Genussrechte angesehen werden.

19) Entsprechend der starken mitgliedschaftsrechtlichen Bindung bei Agrargemeinschaften sind die Mitglieder der Berufungswerberin verpflichtet, die mit der Mitgliedschaft verbunden Lasten zu tragen und die beschlossenen Arbeitsleistungen zu erbringen (§ 3 Abs. 2 lit. d der Satzung). Ebenso ist jedes taugliche volljährige Mitglied verpflichtet, die Wahl oder die Bestellung zu einem Amtsträger der Berufungswerberin anzunehmen und die daraus erwachsenden Pflichten zu erfüllen. Demgegenüber sind die Genussrechte als reine Gläubigerrechte regelmäßig nur mit passiven Rechten ausgestattet. Der Genussrechtsberechtigte als Kapitalgeber kann auf die Geschicke des Unternehmens, dem er Kapital zur Verfügung gestellt hat, in keiner Weise einwirken. Völlig ausgeschlossen wäre es, dass ein Genussrechtsberechtigter aus seiner Stellung als Genussrechtsinhaber zur Erbringung von Arbeitsleistungen gegenüber der emittierenden Gesellschaft verpflichtet wäre. Auch die Erbringung sonstiger Leistungen, die über die vereinbarte Kapitalhingabe hinausgehen, ist einem Genussrechtsverhältnis fremd.

20) Nicht weniger deutlich zeigt sich die Abgrenzung zu den Genussrechten, wenn man sich den wirtschaftlichen Hintergrund und den Zweck dieser beiden Rechtsinstitute vor Augen hält.

Wie bereits oben ausgeführt, handelt es sich bei Genussrechten um ein Finanzierungsinstrument, das in Bereich des Handelsrechtes (Aktienrecht) entwickelt und ursprünglich bei der Finanzierung von Aktiengesellschaften Bedeutung erlangt hat. Auch wenn die Zulässigkeit der Emission von Genussrechten nicht mehr allein an die Rechtsform der Aktiengesellschaft gebunden ist, so bleibt nach herrschender Meinung die Ausgabe von Genussrechten doch im Wesentlichen auf die Handelsgesellschaften (Kapital- und Personengesellschaften) und wenn man Einzelunternehmen (Einzelkaufleute) mit einbeziehen will, zumindest auf den unternehmerischen Bereich beschränkt (vgl. Jann, aaO, Seite 29; Eberhartinger, aaO, Seite 20; Schummer, aaO; OGH 7 Ob 267/02v, GesRZ 2003, 285). Diese Beschränkung ergibt sich nicht zuletzt bereits aus den Zweck der Genussrechte, nämlich der Gewinnbeteiligung gegen Kapitalgewährung. Auch wenn die Gegenleistung für die Ausgabe von Genussrecht nicht unbedingt in Geld, sondern mitunter auch in Immatrialgüterrechten oder sonstigen Vorteilen bestehen kann, so ist es für Genussrechte doch grundsätzlich typisch, dass der Genussrechtberechtigte dem Genussrechtverpflichteten Kapital zur Verfügung stellt und im Gegenzug der Genussrechtberechtigte am Gewinn des Genussrechtverpflichteten beteiligt wird. Im Zentrum der Genussrechte steht daher die Hingabe von Kapital gegen eine Gewinnbeteiligung (vgl. Hedwig Bavenek-Weber, Darlehen versus darlehensähnliche Gestaltung im KVG, FJ 2001, 181).

21) Eine ganz andere Zielsetzung verfolgen hingegen die Berufungswerberin bzw. deren Mitglieder. Bei den Anteilsrechten handelt es sich um Nutzungsrechte die kraft alten Herkommens an agrargemeinschaftlichen Grundstücken bestehen. Im Vordergrund steht die unmittelbare gemeinsame Nutzung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke und nicht die Erzielung eines Gewinnes. Die Agrargemeinschaften dienen kraft ihres historischen Werdens der land- und forstwirtschaftlichen Unterstützung eigentlich bäuerlicher Stammsitzliegenschaften. Wie bereits oben ausgeführt hat die Berufungswerberin den Zweck (§ 2 der Satzung), durch pflegliche Bewirtschaftung und Verwaltung des Gemeinschaftsvermögens die bestmögliche und andauernde Erfüllung der berechtigten Ansprüche ihrer Mitglieder sicherzustellen, das Gemeinschaftsvermögen zu erhalten und zu verbessern und zu diesem Zweck auch die erforderlichen gewerblichen Unternehmen zu betreiben. Die Berufungswerberin kann zwar nach diesen Statuten zur Unterstützung der Wirtschaftlichkeit entsprechende (passende) Gewerbe ausüben (z.B. auf einer Alm eine Hütte mit Ausschank führen, ein Sägewerk betreiben) diese gewerblichen Unternehmen müssen aber dem (primären) Zweck der Agrargemeinschaft dienen. Die Berufungswerberin ist daher nicht wie ein handelsrechtliches Unternehmen auf Gewinn ausgerichtet, sondern sie dient grundsätzlich der Erhaltung und der Pflege der agrargemeinschaftlichen Grundstücke als Unterstützung für die land- und forstwirtschaftlichen Zwecke ihrer Mitglieder. Diese Unterstützung ist - zumindest dem Modelle nach - eine unmittelbare, das heißt der Berechtigte kann selbst diese Rechte ausüben bzw. wahrnehmen, indem er das ihm zustehende Holz schlägert oder das Vieh auf die Heimweide oder auf die Alm bringt (vgl. Lang, aaO, Seite 226 f).

Es mag zwar sein, dass aufgrund geänderter wirtschaftlicher Verhältnisse die unmittelbare Nutzung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke (Holz- und Weidebedarf für den landwirtschaftlichen Betrieb) zunehmend an Bedeutung verliert und andere Interessen immer mehr in den Vordergrund treten, dies vermag aber an der rechtlichen Struktur und der grundsätzlichen wirtschaftlichen Zielsetzung der Berufungswerberin nichts entscheidendes zu ändern.

22) Entsprechend dieser Zweckbestimmung hat die Erzielung eines Gewinnes bei Agrargemeinschaften üblicherweise nicht die Bedeutung wie bei Gesellschaften des Handelsrechtes. Dies zeigt sich nicht zuletzt auch in § 18 Abs. 1 der Satzung der Berufungswerberin, wonach Ertragsüberschüsse in erster Linie zur Erhaltung und Verbesserung des Gemeinschaftsbesitzes und zur Schaffung einer Rücklage für Investitionen oder mögliche Katastrophenfälle zu verwenden sind und nicht zur Ausschüttung an die Mitglieder, obschon eine Verteilung eines Überschusses an die Mitglieder nicht untersagt ist.

Demgegenüber erfolgt die Anschaffung eines Genussrechtes zum alleinigen Zweck der Sicherung zukünftiger anteiliger Gewinnansprüche. Auch finden sich in vielen Genussrechtsverträgen Vereinbarungen über Mindestausschüttung (Mindestverzinsung), was in Bereich der Agrargemeinschaften gänzlich unbekannt ist (vgl. Mayr, KESt-Pflicht für Ausschüttungen von Agrargemeinschaften? Eine kritische Würdigung der EStR 2000, ).

Noch deutlicher wird die Abgrenzung zu den Genussrechten, wenn man bedenkt, dass die Anteilsberechtigten der Berufungswerberin zu keiner Zeit Kapital oder andere Vorteile zugewendet haben, sondern diese Nutzungsrechte seit alters her bestehen.

23) Zu Recht besteht nach Ansicht des UFS auch der Einwand der Berufungswerberin, wonach vor dem Hintergrund der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft für die Jahre 1997-1999 die Kapitalertragsteuerpflicht der Ausschüttungen der Berufungswerberin problematisch bzw. widersprüchlich sei.

Bis zur Novellierung des § 30 Abs. 2 Z 6 BewG 1955 im StruktAnpG 1996, BGBl 1996/201, gehörten Anteilsrechte an Agrargemeinschaften nach dem TFLG zum Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Ausschüttungen von Agrargemeinschaften an ihre Mitglieder waren daher mit dem auf den Einheitswert anzuwendenden Durchschnittssteuersatz erfasst (,0006). Mit Wirkung des StruktAnpG 1996 ab gelten nach § 30 Abs. 2 Z 6 BewG 1955 idF BGBl 1996/201 Beteiligungen, Anteile an Agrargemeinschaften, sowie Ansprüche auf Entgelte aus nichtlandwirtschaftlichen Nutzungsüberlassungen von Grund und Boden nicht mehr als Teil des landwirtschaftlichen Betriebes, daher sind die Erträgnisse daraus nicht mehr von der Pauschalierung erfasst.

Mit der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft für die Jahre 1997-1999, BGBl II 1997/430, (LuF Pausch VO 1997), wurde dieser Änderung im BewG insoweit Rechnung getragen, als die Besteuerung der Bezüge (Ausschüttungen und Naturalbezüge) aus Agrargemeinschaften neu geregelt wurde. Nach § 13 LuF Pausch VO 2001 ist die sich nach den Bestimmungen der §§ 1 bis 7 oder der §§ 8 bis 12 dieser Verordnung ergebende Gewinnsumme unter anderem um Gewinne aus gemäß § 30 Abs. 2 Z 6 BewG 1955 nicht zum Einheitswert gehörenden Wirtschaftsgüter (bzw. um die Hälfte solcher Gewinne, soweit sie aus mit Körperschaftsteuer vorbelasteten Ausschüttungen stammten) zu erhöhen.

24) Würde man die gegenständlichen Anteilsrechte als Genussrechte und damit die Ausschüttungen der Berufungswerberin als kapitalertragsteuerpflichtig nach § 93 Abs. 2 Z 1 lit. c EStG 1988 ansehen mit der die Endbesteuerungswirkung nach § 97 Abs. 1 EStG 1988 verbunden ist, wäre es systemwidrig, die Ausschüttungen der Berufungswerberin bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zwingend zu erfassen.

Bei jenen Mitgliedern bei denen der Anteil an der Berufungswerberin wegen des inneren Zusammenhanges des Anteilsrechtes mit der Stammsitzliegenschaft ertragsteuerlich zu dessen land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört und entsprechend der Bestimmung in § 13 der Pauschalierungsverordnung 1997 die Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zwingend um die Ausschüttungen der Berufungswerberin zu erhöhen sind, käme es zu keiner Endbesteuerungswirkung, die nach § 97 Abs. 1 EStG 1988 zwingend vorgesehen ist (vgl. Doralt, EStG-Kommentar, Tz. 35 zu § 97). Die gesetzliche Steuerabgeltung für kapitalertragsteuerpflichtige Einkünfte und die zwingende Hinzurechnungsvorschrift des § 13 LuF Pausch VO 1997 stünden zueinander nicht im Einklang.

Die in den Berufungsjahren bei Land- und Forstwirten nach der Pauschalierungsverordnung 1997 zwingende Hinzurechnung von Ausschüttungen von Agrargemeinschaften zu den pauschalierten Einkünften aus Land und Forstwirtschaft lässt darauf schließen, dass auch der Verordnungsgeber Anteilsrechte nicht als Genussrechte und daher Ausschüttungen von Agrargemeinschaften an ihre Anteilsberechtigten nicht als kapitalertragsteuerpflichtig im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 1 lit. c EStG 1988 angesehen hat.

25) Allein der Umstand, dass in § 13 der LuF Pausch VO 2001, BGBl II 2001/54 idF BGBl II 2001/416, die Zurechnungen zu der sich nach den Bestimmungen der §§ 1 bis 7 oder der §§ 8 bis 12 dieser Verordnung ergebenden Gewinnsumme insoweit eingeschränkt wurde, als Gewinne aus gemäß § 30 Abs. 2 Z 6 BewG 1955 nicht zum Einheitswert gehörenden Wirtschaftsgütern nicht hinzuzurechnen sind, sofern diese Gewinne gemäß § 97 Abs. 1 EStG 1988 als abgegolten gelten und keine Veranlagung gemäß § 97 Abs. 4 EStG 1988 beantragt wurde, lässt nicht den zwingenden Schluss zu, der Verordnungsgeber sei davon ausgegangen, Ausschüttungen von Agrargemeinschaften würden den Kapitalertragsteuerabzug unterliegen, zumal unter den Gewinnen aus den in § 30 Abs. 2 Z 6 BewG 1955 angeführten Wirtschaftsgütern nicht nur Ausschüttungen aus Anteilen an Agrargemeinschaften, sondern ua auch Beteiligungserträge erfasst sind, die in der Regel den Kapitalertragsteuerabzug unterliegen.

26) Auf den Einwand der Berufungswerberin, wonach es im Jahr 1996 insoweit zu einer Doppelerfassung von Einkünften gekommen sein könnte, als aufgrund der Novellierung des § 30 Abs. 2 Z 6 BewG im StruktAnpG 1996 Anteilsrechte an Agrargemeinschaften ab nicht mehr zum Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gehören und daher Ausschüttungen von Agrargemeinschaften nicht mehr von der Pauschalierung erfasst seien, aber mangels unterjähriger Wertfortschreibung der Einheitswerte des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes zum , für die Pauschalierung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft des Jahres 1996 die Einheitswerte vor der Novellierung des § 30 Abs. 2 Z 6 BewG herangezogen werden mussten, in denen die Anteilsrechte an Agrargemeinschaften noch enthalten gewesen seien und zusätzlich zu den aus diesen Einheitswerten ermittelten Einkünften, die Ausschüttungen der Berufungswerberin hinzugerechnet werden mussten, war nicht näher einzugehen, weil die Ermittlung der Einkünfte bei den einzelnen Anteilsberechtigten der Berufungswerberin nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist.

27) Insgesamt betrachtet ergeben sich außer dem Umstand, dass auch ein Anteilsrecht an einer Agrargemeinschaft in wirtschaftlicher Betrachtungsweise ähnlich wie ein (Substanz)Genussrecht an einer Handelsgesellschaft eine Beteiligung am erwirtschafteten Einnahmenüberschuss (Gewinn) und am Vermögen vermittelt, wobei - wie oben aufgezeigt - auch hier erhebliche rechtliche und wirtschaftliche Unterschiede bestehen - zwischen diesen beiden Rechtsinstituten keine Gemeinsamkeiten. Auch wenn der Inhalt des Genussrechtes gesetzlich nicht definiert ist und daher im Rahmen der Vertragsfreiheit einer vielfältigen Ausgestaltung zugänglich ist, so kann dieser Begriff nicht ins uferlose ausgedehnt werden. Jedenfalls kann das Genussrecht nicht als Oberbegriff für alle Beteiligungsformen angesehen werden, die eine Gewinn- und Substanzbeteiligung vermitteln. Ein derartiges Verständnis widerspräche nicht nur der herrschenden Lehre und Rechtsprechung sondern auch der Gesetzessystematik des § 93 Abs. 1 EStG 1988.

Die Anteilsrechte an der Berufungswerberin sind nach Ansicht des UFS daher nicht als Genussrechte anzusehen. Somit unterliegen auch die Ausschüttungen der Berufungswerberin nicht dem Kapitalertragsteuerabzug nach § 93 Abs. 2 Z 1 lit. c EStG 1988.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Agrargemeinschaft
Anteilsrechte
Genussrechte
Substanzgenussrechte
Kapitalertragsteuer
Ausschüttung
Anmerkung
Abweichend BMF in den EStR 2000, Rz 5031 und 7723
Zitiert/besprochen in
UFSaktuell 2009, 85

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