Zurechnung eines im Bauland gelegenen, landwirtschaftlich genutzten Grundstückes zum Grundvermögen.
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/1740-W/05-RS1 | Die Anwendung des § 52 Abs. 2 BewG setzt die landwirtschaftliche Nutzung des betreffenden Grundstückes voraus. Entscheidend ist nicht die Absicht des jeweiligen Eigentümers, von der Möglichkeit der Verwendung für Bauzwecke keinen Gebrauch zu machen und die Grundfläche weiterhin landwirtschaftlich zu nutzen, sondern die zum Stichtag objektiv vorliegenden Verhältnisse. Die Widmung des Grundstückes nach dem Flächenwidmungsplan als Bauland, die örtliche Lage und Aufschließung sowie die Nachfrage nach Baugrundstücken in der Umgebung haben zur Folge, dass das Grundstück dem Grundvermögen zuzurechnen ist. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Frau E.R., xy, gegen den Einheitswertbescheid zum - Nachfeststellung gemäß § 22 Abs. 1 BewG - des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 289 Abs. 2 BAO abgeändert wie folgt: Der Einheitswert zum (Nachfeststellung gemäß § 22 Abs. 1 BewG 1955) wird für das unbebaute Grundstück festgestellt mit € 37.400,--. Der nach dem AbgÄG 1982 um 35 % erhöhte Einheitswert beträgt € 50.400,--. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
E.R., die Berufungswerberin, ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. 101 in der EZ 1 im Ausmaß von 5149 m² und der Anschrift xx. Für diesen Grundbesitz (unbebautes Grundstück) wurde vom Finanzamt der Einheitswert mit Bescheid vom mit € 44.900,-- (der um 35 % erhöhte mit € 60.600,--) festgestellt. Diese Nachfeststellung sei erforderlich gewesen, weil eine wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) gegründet wurde.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde vorgebracht, dass das gegenständliche Grundstück von der Berufungswerberin schon immer landwirtschaftlich genutzt wurde und sich auf diesem seit über 50 Jahren ein Obstgarten mit Klee und Gras als Bodeneinsaat befindet. Im April 2004 hat die Berufungswerberin 117 m² an die F.R. verkauft. In dem darüber errichteten Kaufvertrag scheint dieses Grundstück als Baufläche (begrünt) auf. Die Berufungswerberin habe nicht angesucht, dass dieser Obstgarten zur Baufläche umgewidmet werde. Dieser Berufung wurde eine Bestätigung des Magistrates der F.R. vom beigelegt, nach der sich auf dem gegenständlichen Grundstück eine Obstplantage befindet und es schon immer landwirtschaftlich genutzt wurde.
Am 3. Juni wurde vom Finanzamt ein Vorhalt an die F.R. gerichtet. In diesem wurde um Mitteilung gebeten, ob das Grundstück ganz oder teilweise im Bauland oder im Grünland liegt und ob mit Stichtag für die im Bauland gelegenen Grundstücke eine verbauungsmäßige Beschränkung (Bauverbot, Bausperre) bestand. Vom Magistrat der F.R. wurde bekannt gegeben, dass die 5149 m² im Bauland ohne Bauverbot liegen und die Lage mit x=xx angegeben. Bei den Bemerkungen über den Aufschließungszustand wurde bei befestigte Straße das Quadrat für ja angekreuzt und bei Ver- und Entsorgungsleitungen ebenfalls das Quadrat für ja mit dem Zusatz "auf öffentlichem Gut". Ein Auszug aus dem Flächenwidmungsplan wurde beigelegt.
Der Berufung wurde vom Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom teilweise stattgegeben und der Einheitswert mit € 37.400,-- (der um 35 % erhöhte Einheitswert mit € 50.400,--) festgestellt. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass laut Flächenwidmungsplan dieses Grundstück als "Bauland-Mischgebiet" gewidmet ist, sodass
eine Bewertung als land- und forstwirtschaftliches Vermögen nicht in Frage komme. Auf Grund der Größe des Grundstückes wird der Bodenwert mit € 7,2673/m² (bisher € 8,7207/m²) angesetzt.
Vom Finanzamt wurde erhoben, dass das gegenständliche Grundstück in einem Gebiet liegt, das bereits vor vielen Jahren aufgeschlossen wurde und sich einige Gehminuten vom Ortskern befindet. Straßen, Gehsteige, Ver- und Entsorgungsleitungen sind vorhanden. Die Nachbargrundstücke sowie die gegenüberliegenden Grundstücke sind bereits verbaut und stellt daher die gegenständliche Parzelle eine Baulücke im sonst verbauten Gebiet dar. Beide an die gegenständliche Parzelle angrenzenden Straßen wurden verbaut und besteht in und um F=F.R. eine rege Nachfrage nach Baugrundstücken.
An die Berufungswerberin wurde vom Unabhängigen Finanzsenat am ein Vorhalt der beabsichtigten Entscheidung übersendet. In der Stellungnahme vom zu diesem Vorhalt der beabsichtigten Entscheidung wird vorgebracht, dass das Vermessungsamt Eisenstadt nach eingehender Durchsicht der vorliegenden Aufzeichnungen über das Grundstück erklärt hat, die Bezeichnung "Baufläche begrünt" wieder auf die ursprüngliche Bewertung "landwirtschaftlich genutzte Fläche" zu korrigieren. Mit Vorhalt vom wurde die Berufungswerberin aufgefordert, jene Unterlagen vorzulegen, welche nachweisen, dass das gegenständliche Grundstück laut Flächenwidmungsplan nicht mehr als "Bauland-Mischgebiet" gewidmet ist. Dieser Vorhalt wurde wie folgt beantwortet:
"Das Grundstück Nr. 101 in der EZ 1 war immer, vor und nach Erstellung des Stadtplanungs- und Flächenwidmungsplanes 1971, im Grundbuch und bei der Stadtgemeinde F=F.R. als landwirtschaftlich benutzt anerkannt.
Sogar im Amtsblatt der Stadtgemeinde aus dem Jahr 1968 wurde den Landwirten für die Zustimmung zum Flächenwidmungsplan zugesichert, auch weiterhin frei über die Bewirtschaftung ihrer Grundstücke entscheiden zu können. Beiliegend Teile des Amtsblattes 1968 (siehe Seite 2).
Eine Anzahl von Landwirten, darunter auch meine Eltern L.C., wh. in x=xy, mit dem Grundstück Nr. 101 in der EZ 1, entschieden sich weiterhin für die landwirtschaftliche Nutzung.
Ende 1977 übergibt mir meine Mutter durch Schenkungsvertrag (Notar Dr. N.J.) das obig angeführte Grundstück mit gleich bleibender Nutzung.
Nach 34 Jahren bekam ich überraschend den Bescheid vom Finanzamt Eisenstadt, dass ab mein Grundstück ab sofort umgewidmet würde als Baufläche, versehen mit neuem Einheitswert. Die landwirtschaftliche Nutzung wird mit aberkannt. Meine Einsprüche wurden nicht anerkannt. Die Meinung des Finanzamtes, dass die Grundstücke, die im Flächenwidmungsplan enthalten sind, auf einmal Bauflächen werden müssen, wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht bestätigt.
Bei der Vorsprache im Vermessungsamt Eisenstadt wundert man sich, liegt doch das Grundstück nach Flugaufnahmen in der "Grünen Zone" nahe der Altstadt von Rust, beweisbar durch die Begrünung und den großen Baumbestand. Das kann doch nur Landwirtschaftsfläche sein.
Was die Frage von Bauplätzen in Rust betrifft, die Neubauten haben sich in den letzten Jahren rasant ausgeweitet. Auch in Zukunft wird das möglich sein. Viele Kleinbauern warten auf die Gelegenheit, dass die Stadtgemeinde weitere Grundstücke auf Bauland umwidmet. Der Grund ist Betriebsaufgabe. Daher ist es nicht notwendig, Landwirten die Bereitschaft zur Nutzung ihrer Landwirtschaftsfläche abzuerkennen.
Der Bescheid des Finanzamtes Eisenstadt ab über mein Grundstück ist ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsrecht des Bürgers. Das Finanzamt sollte auch bei allen Landwirten, deren Grundstücke im Flächenwidmungsplan enthalten sind und heute noch landwirtschaftlich genutzt werden, genau so entscheiden wie in meinem Fall. Das wurde nicht getan. Der Bescheid ist daher nach meiner Ansicht verfassungswidrig.
Ich ersuche daher den UNABHÄNGIGEN FINANZSENAT um eine gerechte Entscheidung in dieser Angelegenheit."
Beigelegt wurden Kopien einiger Seiten des Amtsblattes der F.R. vom Dezember 1968 mit dem Artikel "Stadtplanung F=F.R. - eine notwendige Voraussetzung für raumbezogene Entwicklungsmaßnahmen". Hier findet sich auf Seite 2 folgender Satz: "Der Landwirt wird die besten hiefür geeigneten Böden weiterhin bewirtschaften können, die Fremdenverkehrswirtschaft kann langfristig investieren usw." Der Landwirt wird die besten hiefür geeigneten Böden weiterhin bewirtschaften können wurde unterstrichen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 51 Abs. 1 BewG gehört zum Grundvermögen der Grund und Boden einschließlich der Bestandteile (insbesondere Gebäude) und das Zubehör. Gemäß § 52 Abs. 1 BewG gehört zum Grundvermögen nicht Grundbesitz, der zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehört. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücksflächen dem Grundvermögen zuzurechnen, wenn nach ihrer Lage und den sonstigen Verhältnissen, insbesondere mit Rücksicht auf die bestehenden Verwertungsmöglichkeiten, anzunehmen ist, dass sie in absehbarer Zeit anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werden, zum Beispiel, wenn sie hiernach als Bauland, Industrieland oder als Land für Verkehrszwecke anzusehen sind.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt es die Widmung eines Gebietes als Bauland im Rahmen der örtlichen Raumplanung für sich allein noch nicht, ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück ohne weiteres dem Grundvermögen
zuzurechnen. Ist jedoch auf Grund von zur Baulandwidmung hinzutretenden objektiven Umständen - insbesondere betreffend die örtliche Lage und Aufschließung der Liegenschaft, die bauliche Entwicklung in der Umgebung sowie die zum Bewertungsstichtag gegebene und für die Zukunft zu erwartende Marktlage - anzunehmen, dass eine landwirtschaftlich genutzte Fläche in absehbarer Zeit vom genannten Stichtag anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen wird, so rechtfertigt dies, ohne dass es hierbei auf die Absicht des jeweiligen Grundeigentümers ankommt, durchaus die Zuordnung der Liegenschaft zum Grundvermögen (vgl. ).
Ein typischer Anwendungsfall dieser Vorschrift liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, wenn das zu bewertende Grundstück eine Baulücke in einem sonst besiedelten Gebiet darstellt (vgl. ). Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Grundstück (noch) dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen oder (schon) dem Grundvermögen zuzurechnen ist, hat es in erster Linie auf objektive Merkmale anzukommen. Denen gegenüber haben subjektive, nur in der jeweiligen Person des jeweiligen Grundeigentümers gelegene Umstände zurückzutreten. Dies muss auch im vorliegenden Fall gelten, in dem die streitgegenständliche Grundstücksfläche vollständig von bebauten Grundstücken umgeben ist.
Laut dem Flächenwidmungsplan ist das Grundstück als "Bauland-Mischgebiet" gewidmet. Da von den angrenzenden Straßen die Möglichkeit des Anschlusses an Wasser, Kanal und Strom besteht, ist die verfahrensgegenständliche Grundparzelle als voll erschlossen anzusehen.
Für die Entscheidung der Frage, ob ein Grundstück als Bauland anzusehen ist, ist neben seiner Lage und den besonderen Verhältnissen besonderes Gewicht auf die bestehenden Verwertungsmöglichkeiten zu legen (). Dass das gegenständliche Grundstück jederzeit als Bauland verwertet werden könnte, zeigt die rege Nachfrage nach Baugrundstücken in und um F=F.R.. Gerade mit dem Schreiben vom wird von der Berufungswerberin bestätigt, dass eine große Nachfrage nach Bauflächen vorhanden ist.
Wenn die Berufungswerberin anführt, dass das Grundstück landwirtschaftlich genutzt wird, zeigt sie damit nur subjektive, in der Person gelegene Umstände auf, die außer Betracht zu bleiben haben. Im Übrigen besteht das Wesen des § 52 Abs. 2 BewG darin, die potentielle wirtschaftliche Kraft des Grundstückseigentümers zu erfassen, weshalb eine objektive Werterhöhung des Grundstückes nicht deshalb unberücksichtigt werden darf, weil der Grundstückseigentümer gerade nicht beabsichtigt, sie auch auszunützen.
Die landwirtschaftliche Nutzung des gegenständlichen Grundstückes ist unbestritten. Diese landwirtschaftliche Nutzung zieht jedoch nicht ausnahmslos die Bewertung als landwirtschaftlichen Betrieb mit sich. Die Anwendung des § 52 Abs. 2 BewG setzt die landwirtschaftliche Nutzung des betreffenden Grundstückes sogar zwingend voraus.
Entscheidend ist nicht die Absicht des jeweiligen Eigentümers, von der Möglichkeit der Verwendung für Bauzwecke keinen Gebrauch zu machen und die Grundfläche weiterhin landwirtschaftlich zu nutzen, sondern die zum Stichtag objektiv vorliegenden Verhältnisse. Die Widmung des Grundstückes nach dem Flächenwidmungsplan als "Bauland-Mischgebiet", die örtliche Lage und Aufschließung sowie die Nachfrage nach Baugrundstücken in der Umgebung haben zur Folge, dass das gegenständliche Grundstück dem Grundvermögen zuzurechnen ist. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Grundstück dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen oder dem Grundvermögen zuzurechnen ist, hat es in erster Linie auf objektive Merkmale anzukommen.
Auf die subjektive Absicht des Grundeigentümers kommt es nicht an. Dass der Eigentümer den Grund nicht als Bauland nutzen will, ist unmaßgeblich (). Ist die Baulandeigenschaft eines noch landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzten Grundstückes nach objektiven Merkmalen feststellbar, dann kann die bloße Absicht, das Grundstück nicht durch Verkauf verwerten zu wollen, an der Zurechnung zum Grundvermögen nichts ändern (). Die angeführten Umstände, nämlich die Verbauung in der Umgebung, die Widmung als Bauland, die Nachfrage nach Bauplätzen im Ortsgebiet, die vollständige Erschlossenheit und die Zufahrtsmöglichkeit sprechen nach objektiven Gesichtspunkten für die Nutzung dieses Grundstückes als Bauland in absehbarer Zeit. Wenn angeführt wird, dass das Grundstück weiterhin landwirtschaftlich genutzt wird, werden damit nur subjektive, in der Person gelegene Umstände aufgezeigt, die außer Betracht zu bleiben haben.
Zum Einwand der Verfassungswidrigkeit wird festgehalten, dass gemäß Art. 18 B-VG die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden darf. Nach § 52 Abs. 2 BewG sind eben land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke dem Grundvermögen zuzurechen, wenn nach ihrer Lage und den sonstigen Verhältnissen, insbesondere mit Rücksicht auf die bestehenden Verwertungsmöglichkeiten, anzunehmen ist, dass sie in absehbarer Zeit anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werden, zum Beispiel, wenn sie als Bauland anzusehen sind.
Auf Grund der Größe des Grundstückes wird vom Unabhängigen Finanzsenat, wie auch vom Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung, der Bodenwert mit € 7,2673/m² angesetzt. Bei
einer Fläche von 5.149 m² ergibt dieses einen Wert von € 37.419,3277, so dass der nach § 25 BewG gerundete Einheitswert € 37.400,-- beträgt.
Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 52 Abs. 2 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 |
Schlagworte | landwirtschaftliche Nutzung Aufschließung Nachfrage |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at