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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 17.07.2013, RV/1251-L/12

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen Ende einer Schulausbildung und Beginn des Studiums, wenn Studienbeginn nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der N. A., 1111M, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom betreffend Familienbeihilfe für Juli 2011 und für den Zeitraum Jänner 2012 bis  entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Abweisungsbescheid Am wies das Finanzamt den Antrag der Berufungswerberin (Bw.) auf Familienbeihilfe für Juli 2011 und für den Zeitraum Jänner bis September 2012 betreffend das Kind D. A. ab. Begründend wird in diesem Bescheid ausgeführt, dass nach § 2 Abs. 1 lit. e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab geltenden Fassung für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- , Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung bestehe, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- , Ausbildungs- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird. Da der Sohn der Antragstellerin (D.) nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt, das wäre das Sommersemester 2012 (SS 2012) gewesen, mit dem Studium an der TU Graz begonnen habe, bestehe kein Anspruch auf Familienbeihilfe für den Zeitraum zwischen Matura und Beginn des Präsenzdienstes und zwischen dem Ende des Präsenzdienstes und dem Studienbeginn.

Berufung Gegen den besagten Abweisungsbescheid vom erhob die Antragstellerin rechtzeitig Berufung, die sie wie folgt begründete: Sie verweise auf ein als Beilage an die Berufung angeschlossenes Schriftstück der TU Graz vom . In diesem Schreiben der TU Graz (Abteilung Studienservice und Prüfungsangelegenheiten) wird Folgendes ausgeführt: Es werde bestätigt, dass D. A., geb. am xxyyzzzz, ab diesem Wintersemester (WS 2012/13) an der TU Graz für das Bachelorstudium Wirtschaftsingenieurswesen-Maschinenbau als ordentlicher Studierender gemeldet sei. Es werde darauf hingewiesen, dass von studienrechtlicher Seite ein formaler Einstieg in das Studium zu Beginn eines Sommersemesters grundsätzlich möglich wäre. Der Studiendekan der Studienrichtung Wirtschaftsingenieurswesen-Maschinenbau betone jedoch nachdrücklich, dass dieses Studium sinnvollerweise nur mit dem Wintersemester begonnen werden solle. Nahezu alle Einführungslehrveranstaltungen, die zu einem Überblick über das Studium führen würden und eine geregelte Studiumsplanung gewährleisten sollen, würden ausschließlich im Wintersemester stattfinden. Fachliche Lehrveranstaltungen wie beispielsweise Mathematik und Mechanik würden jeweils im Wintersemester beginnen und in den folgenden Semestern darauf aufbauen. Es werde daher von einem Quereinstieg in das Studium mit Beginn des Sommersemesters abgeraten.

Sonstiger Akteninhalt, sonstige entscheidungswesentliche Unterlagen Im Beihilfenakt befindet sich die Kopie der Entlassungsbescheinigung des Bundesheeres vom . Daraus geht hervor, dass der Sohn der Bw. im Zeitraum bis den ordentlichen Präsenzdienst geleistet hat und am aus dem Präsenzdienst entlassen wurde.

Im Curriculum 2011 für das Bachelorstudium Wirtschaftsingenieurswesen-Maschinenbau der TU Graz wird u.a. Folgendes geregelt: (§ 1 Allgemeines)Das ingenieurswissenschaftliche Bachelorstudium Wirtschaftsingenieurswesen-Maschinenbau umfasst sechs Semester.......(§ 4 Aufbau des Studiums) Die Studieneingangs- und Orientierungsphase (Orientierungsjahr) gemäß § 66 UG enthält Lehrveranstaltungen mit einführendem und orientierendem Charakter und besteht aus Lehrveranstaltungen des 1. und 2. Semesters. Die Lehrveranstaltungen, die zu dieser Phase gehören, sind zusätzlich in der Tabelle in § 5 durch einen * in der ersten Spalte gekennzeichnet. Die Studieneingangs- und Orientierungsphase gilt als abgeschlossen, wenn alle Prüfungen der Phase positiv absolviert wurden. In § 5 sind die einzelnen Lehrveranstaltungen dieses Bachelorstudiums und deren Zuordnung zu den Fächern aufgelistet. Die Semesterzuordnung ist eine Empfehlung und stellt sicher, dass die Abfolge der Lehrveranstaltungen optimal auf Vorwissen aufbaut und das Arbeitspensum des Studienjahres 60 ECTS-Anrechnungspunkte nicht überschreitet..........(§ 5 Studieninhalt und Semesterplan) Anmerkung der Berufungsbehörde: Ausschnittbetreffend die ersten zwei Semester - alle diese Lehrveranstaltungen sind mit * gekennzeichnet, gehören demnach zur Studieneingangs- und Orientierungsphase)


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Fachgebiet
Lehrveranstaltung
SSt
LV, Art
ECTS
Semester I(ECTS)
Semester II(ECTS)
Mathematik
Mathematik I, M
4
VO
6
6
Mathematik I, M
2
UE
2
2
Mathematik II, M
4
VO
6
6
Mathematik II, M
2
UE
2
2
Mechanik
Technische Mechanik I
3
VO
5
5
Technische Mechanik I
2
UE
2
2
Technische Mechanik II
4
VO
6
6
Technische Mechanik II
2
UE
2
2
Naturwissen-schaftliche Grundlagen
Physik, M
3
VO
4
4
Chemie, M
2
VO
3
3
Laborprojekt
2
LU
2
2
Informatik Grundlagen
IT-Basics I
3
VU
4
4
Entwurfs- u.Technologie-grundlagen
EF in den MB und Technologiefolgen-abschätzung
2
VU
2
2
Mechanischen Technologie
2
VO
2
2
Lehrwerkstätte
4
LU
2
2
Maschinenzeichnen
2
VO
2
2
Maschinenzeichnen
1
KU
1,5
1,5
Ingenieursgeometrie
2
VO
3
3
Ingenieursgeometrie
1
UE
1,5
1,5

Erläuterung: VO = Vorlesung; UE = Übung; LU = Laborübung; VU = Vorlesung und Übung; KU = Konstruktionsübung (§ 6 Zulassungsbedingungen zu Prüfungen) Prüfungen über Lehrveranstaltungen, die gemäß § 5 dem 5. und dem 6. Semester zugeordnet sind, können erst nach dem erfolgreichen Abschluss der Studieneingangs- und Orientierungsphase abgelegt werden. Hingegen ist das Absolvieren von Prüfungen, die gemäß § 5 dem 3. und 4. Semester zugeordnet sind, auch vor Abschluss aller Prüfungen der Studieneingangs-und Orientierungsphase zulässig.

Über die Berufung wurde erwogen:

Streitpunkt Strittig ist der Anspruch der Bw. auf Familienbeihilfe (FB) betreffen das Kind D. für Juli 2011 und für den Zeitraum Jänner bis September 2012. Das Finanzamt versagte den FB-Anspruch mit der Begründung, dass D. sein Studium an der TU Graz nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende seines Präsenzdienstes (Entlassung aus dem Präsenzdienst am ) - dies wäre nach Ansicht des Finanzamtes das SS 2012 gewesen - begonnen habe. Die Bw. argumentiert, dass die vom Sohn gewählte Studienrichtung Wirtschaftsingenieurswesen-Maschinenbau nach Angabe des Studiendekans sinnvollerweise nur im WS begonnen werden sollte, weil die Einführungslehrveranstaltungen ausschließlich in diesem Semester stattfinden würden und fachliche Lehrveranstaltungen jeweils im WS beginnen würden und in den Folgesemestern darauf aufgebaut werde.

Entscheidungswesentlicher Sachverhalt Nach Ablegung der Reifeprüfung im Juni 2011 hat der Sohn der Bw. D. im Zeitraum zwischen bis den Präsenzdienst absolviert. Im Herbst 2012 inskribierte D. an der TU Graz die Studienrichtung Bachelorstudium Wirtschaftsingenieurswesen-Maschinenbau.

Rechtliche Würdigung In§ 2 Abs. 1 des FLAG 1967 in der für den Berufungszeitraum geltenden Fassung wird u.a. Folgendes bestimmt: "Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,a) für minderjährige Kinder,b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. ........ Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. ....... c) für volljährige Kinder, .......d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird, e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird, (Hervorhebung durch die Berufungsbehörde) ........."

Das Gesetz fordert nach den zitierten Bestimmungen des FLAG 1967 demnach einerseits den frühestmöglichen Beginn einer weiteren Berufsausbildung nach Abschluss der Schulausbildung (hier: Ablegung der Reifeprüfung im Juni 2011) und andererseits den frühestmöglichen Beginn oder die frühestmögliche Fortsetzung der Berufsausbildung nach dem Ende des Präsenzdienstes. Der Sohn der Bw. hat nach Ablegung der Reifeprüfung im Juni 2011 ab Juli 2011 den Präsenzdienst absolviert. Daher wäre die Voraussetzung des frühestmöglichen Beginnes einer weiteren Berufsausbildung nach Abschluss der Schulausbildung der Zeitpunkt gewesen, zu dem er frühestmöglich das Studium an der TU Graz beginnen hätte können. Konkret wäre dies der März 2012 (Beginn des SS 2012) gewesen, da er im Jänner 2012 den Präsenzdienst beendet hat. Gleiches gilt für die Beurteilung des frühestmöglichen Zeitpunktes für den Beginn einer weiteren Berufsausbildung (hier: Studium an der TU Graz) nach Beendigung des Präsenzdienstes im Jänner 2011. Wesentlich ist daher, ob der Beginn des Studiums Wirtschaftsingenieurswesen-Maschinenbau schon im SS 2012 möglich gewesen wäre (Ansicht des Finanzamtes), oder ob dies - wie die Bw. argumentiert - erst im WS 2012/13 möglich war.

Als frühestmöglicher Zeitpunkt ist nach der Rechtsprechung des Unabhängigen Finanzsenates (UFS) jener Zeitpunkt anzunehmen, in dem nach Beendigung des Präsenzdienstes die Inskription der gewählten Studienrichtung vorgenommen werden kann. Wenn diese nicht vorgenommen wird, erlischt der Anspruch auf FB. Auch ein nach den studienrechtlichen Vorschriften möglicher "Quereinstieg" in ein gewähltes Studium mit der Möglichkeit, bereits in diesem Semester mit der Berufsausbildung zu beginnen und Prüfungen ablegen zu können, ist der frühestmögliche Zeitpunkt im Sinne der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 (siehe Hebenstreit in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 132 und die dort zitierte Judikatur des UFS). Ein Studienbeginn bereits im SS 2012 wäre auch nach dem vorgelegten Schreiben der TU Graz (vom ) "grundsätzlich möglich gewesen". Dass ein solcher "Quereinstieg" auf Grund des Studienplanes (Einführungslehrveranstaltungen hauptsächlich im WS, aufeinander aufbauende fachliche Lehrveranstaltungen) zu gewissen Erschwernissen und Hindernissen im Studienverlauf führen kann ist unbestritten (vgl. zB ). Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Sohn der Bw. die Möglichkeit gehabt hätte, bereits im SS 2012 mit dem beabsichtigten Studium zu beginnen, zumal die Semesterzuordnung der Lehrveranstaltungen nach § 4 des oben auszugsweise wiedergegebenen Curriculums für die strittige Studienrichtung nicht zwingend ist, sondern lediglich eine "Empfehlung" darstellt. Dass solche "Quereinstiege" in der betreffenden Studienrichtung auch in der Praxis möglich sind geht auch daraus hervor, dass erst die Ablegung von Prüfungen, die dem 5. und dem 6. Semester zugeordnet sind, den erfolgreichen Abschluss der Lehrveranstaltungen des so genannten Orientierungsjahres (alle oben in der Sachverhaltsdarstellung angeführten Lehrveranstaltungen des ersten und zweiten Semesters) zur Voraussetzung haben. Der Abschluss der Lehrveranstaltungen des Orientierungsjahres ist daher nach dem Curriculum für die vom Sohn der Bw. betriebene Studienrichtung bis zum Ende vierten Semesters möglich. Ein Studienbeginn bereits im SS 2012 wäre daher auch praktisch möglich gewesen. Darüber hinaus wird ein "Quereinstieg" bei der Überprüfung des Studienerfolges für das erste Studienjahr berücksichtigt: Wenn das Studium in einem SS begonnen wird, ist der Studienerfolgsnachweis nicht für das "Rumpfstudienjahr" (= SS), sondern erstmals nach Ende des dem SS folgenden Studienjahres (demnach erst nach drei Semestern anstatt wie sonst nach zwei Semestern) zu erbringen. Es gelten nach der Verwaltungspraxis die ersten drei Semester als "erstes Studienjahr" (siehe Wimmer in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 74 unter Hinweis auf P 02.01 Rz 22.2 der Durchführungsrichtlinien zum FLAG). Hintergrund dieser Erlassregelung ist ausdrücklich, dass "erfahrungsgemäß nicht alle Lehrveranstaltungen in jedem Semester abgehalten werden; in vielen Studienrichtungen werden zB die in der Studieneingangsphase vorgesehenen Vorlesungen nur im WS angeboten".

Der Sohn der Bw. hat daher nach Abschluss der Schulausbildung (HTL-Reifeprüfung) die weitere Berufsausbildung (Studium an der TU Graz) nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung bzw. nach dem Ende des Präsenzdienstes begonnen (dies wäre auf Grund des unmittelbar an die Schulausbildung anschließenden Präsenzdienstes der Beginn des SS 2012 gewesen). Nach den oben zitierten Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. d und lit. e FLAG 1967 besteht somit für den strittigen Zeitraum kein Anspruch auf FB, der Berufung konnte aus diesen Gründen kein Erfolg beschieden sein.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 lit. d FAG 2001, Finanzausgleichsgesetz 2001, BGBl. I Nr. 3/2001
Schlagworte
Präsenzdienst
Berufsausbildung
Studium
frühestmöglicher Zeitpunkt
Quereinstieg
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at