Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 12.11.2009, RV/1141-L/09

Kein Verstoß der KU II gegen Europarecht (Niederlassungsfreiheit, Beihilfenverbot) und gegen Verfassungsrecht (Gleichheitsgrundsatz).


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Miterledigte GZ:
RV/1154-L/09
RV/1155-L/09

Beachte

VwGH-Beschwerde zur UFS-Entscheidung vom , RV/0407-L/09 unter 2009/15/0159 sowie VfGH-Beschwerde zur UFS-Entscheidung vom , RV/0517-L/09 unter B 1140/09 anhängig

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der M., vertreten durch Dkfm. Horst Raberger, 4522 Sierning, Wallernstraße 9, vom und vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Linz vom betreffend Kammerumlage gemäß § 122 Abs. 7 und Abs. 8 Wirtschaftskammergesetz 1998 für die Zeiträume November 2008 und Dezember 2008 sowie gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom betreffend Kammerumlage gemäß § 122 Abs. 7 und Abs. 8 Wirtschaftskammergesetz 1998 für den Zeitraum Jänner bis Juni 2009 entschieden:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Mit jeweils gleich lautenden Eingaben an das Finanzamt vom gab die berufungserbende Gesellschaft (im Folgenden kurz: Bw.) bekannt, dass sie die Kammerumlage gem. § 122 Abs. 7 und Abs. 8 Wirtschaftskammergesetz 1998 (auch als Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag oder Kammerumlage II = KU II bezeichnet) mit jeweis 0,00 € berechnet und somit keine Zahlungen geleistet habe. Rechnerisch hätte sich für den Monat November 2008 ein Betrag an KU II iHv. 2.480,41 € (Bemessungsgrundlage: 689.001,12 €) und für den Monat Dezember 2008 ein solcher von 2.031,73 € (Bemessungsgrundlage: 564.371,02 €) ergeben. Diese Beträge würden jedoch auf Grund folgener Rechtsansicht nicht geschuldet und daher auch nicht eingezahlt: 1) Die Einhebung der KU II widerspreche dem Artikel 43 Abs. 1 EGV ("Niederlassungsfreiheit"). Nach der neueren Rechtsprechung des EuGH sei dieser Artikel des EGV nicht allein als Diskriminierungsverbot ausländischer Wirtschaftstreibender zu sehen. Diese Bestimmung stelle vielmehr ein generelles Verbot von ungerechtfertigten Behinderungen der Niederlassungsfreiheit dar. Die Pflichtmitgliedschaft in einer Kammer stelle zusammen mit der verpflichtenden Entrichtung eine Kammerbeitrages eine unzulässige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn der Kammerbeitrag im Vergleich zu den von der Kammer angebotenen Leistungen in einem groben Missverhältnis stünden. 2) Die KU II widerspreche überdies dem Sachlichkeitsgebot des Artikel 7 BVG. Deren Bemessung nehme weder Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit des Abgabepflichtigen - und wiederspreche daher dem mittelbar im Verfassungsrang stehende "Leistungsfähigkeitsprinzip - noch auf das Ausmaß der Leistungen, die der Abgabepflichtige allenfalls in Anspruch nehmen könne. Es werde daher beantragt, die KU II bescheidmäßig mit einem Betrag von jeweils 0,00 € festzusetzen, jedenfalls aber eine bescheidmäßige Festsetzung vorzunehmen.

Mit Bescheiden jeweils vom setzte das Finanzamt die KU II für die Monate November und Dezember 2008 in der von der Bw. bekannt gegebenen Höhe fest (2.480,41 € für Nobvember 2008 und 2.031,73 € für Dezember 2008).

Mit inhaltlich jeweils gleich lautenden - insgesamt sechs - schriftlichen Eingaben (vom bzw. vom ) gab die Bw. die Beträge an KU II für die Monate Jänner bis Juni 2009 (jeweils getrennt für jeden einzelnen Monat) bekannt und begehrte unter Wiederholung der in den eben dargestellten Eingaben vom bereits vorgebrachten Argumente die Nichtfestsetzung bzw. die bescheidmäßige Festsetzung der KU II für die genannten Monate des Jahres 2009.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die KU II für die Monate Jänner bis Juni 2009 auf Grund der von der Bw. für diese Monate bekannt gegebenen Beträge wie folgt fest: KU II 13.680,58 € auf Basis einer Bemessungsgrundlage von 3.800.162,94 €.

Mit jeweils gleich lautenden Berufungsschriften (vom bzw. vom ) erhob die umlagenpflichtige Gesellschaft gegen die angeführten Bescheide betreffend KU II für November 2008 (Bescheid vom ), für Dezember 2008 (Bescheid vom ), sowie für den Zeitraum Jänner bis Juni 2009 (Bescheid vom ), das Rechtsmittel der Berufung. Die Berufung(en) richten sich gegen die Vorschreibungen des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (KU II) für die angeführten Zeiträume, welche gegenüber den von der Bw. duchgeführten Selbstberechnungen in Höhe von jeweils 0,00 € abweiche. Es werde beantragt, die KU II für die genannten Zeiträume jeweils mit 0,00 € festzusetzen und zwar mir folgender Begründung:

I) Gemeinschaftsrechtswidrigkeit

Die Bescheide gründen sich auf eine gemeinschaftsrechtswidrige Bestimmung, nämlich auf § 122 Abs 7 und 8 WKG. Diese sei im Umfang ihrer Gemeinschaftsrechtswidrigkeit durch primäres Gemeinschaftsrecht verdrängt und daher nicht anzuwenden, weshalb die Bescheide an Rechtswidrigkeit des Inhaltes leiden.

1) Verstoß gegen Art. 43 EGV: Nach Art. 43 EGV seien ungerechtfertigte Behinderungen der Niederlassungsfreiheit verboten. Nach der Rechtsprechung des EuGH seien darunter nicht nur diskriminierende Maßnahmen, also Maßnahmen die einen Unterschied zwischen Ausländern und Inländern machten, sondern auch nicht-diskriminierende Maßnahmen zu verstehen. Auch § 122 Abs 7 und 8 WKG sei eine nicht-diskriminierende Maßnahme, die die Niederlassungsfreiheit ungerechtfertigt beeinträchtige. § 122 Abs 7 und 8 WKG bestimmten, dass alle Mitglieder der Wirtschaftskammer eine "weitere Umlage" (zusätzlich zur Umlage nach § 122 Abs 1 oder 2 WKG) an die Landeskammern und die Bundeskammer zu entrichten hätten. Wer Mitglied sei, bestimme sich nach § 2 WKG. In Verbindung mit dieser Bestimmung müssten daher alle Unternehmen deren Tätigkeit der GewO unterliege, unterschiedslos eine Umlage nach § 122 Abs 7 und 8 WKG entrichten. Dieser Umlage werde die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG 1967 zugrundegelegt. Das sei die Summe der Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Bundesgebiet beschäftigten Dienstnehmer gezahlt werde, wobei ein ins Ausland entsendeter Dienstnehmer ebenfalls als im Bundesgebiet beschäftigt angesehen werde. Eine solche undifferenzierte nationale Bestimmung sei mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar: Insbesondere Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig seien, würden in mehreren Mitgliedstaaten mit Mitgliedsbeiträgen zu gesetzlichen Interessenvertretungen belastet. § 122 Abs 6 und 7 WKG stelle in keiner Weise darauf ab, ob das Mitglied auch in einem anderen Mitgliedstaat Mitglied einer gesetzlichen Interessenvertretung sei und in welcher Höhe eine Beitragsbelastung anfalle. Freilich liege es am europäischen Gesetzgeber, ein System gesetzlicher Interessenvertretungen in Europa derart zu harmonisieren, dass ungerechtfertigte Doppelbelastungen von grenzüberschreitenden Unternehmen und somit eine Beeinträchtigung des Binnenmarktes vermieden würde. Eine fehlende Harmonisierung hindere den Normunterworfenen aber nicht, den Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit im Sinne der unmittelbaren Wirkung des Primärrechtes sofort aufzugreifen. Dies sei vor dem Hintergrund der enormen Belastungen, denen die Unternehmen durch derartige Mitgliedsbeiträge in verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgesetzt seien, notwendig.

2) Verstoß gegen Art. 87 EGV: Nach Art. 87 EGV seien staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschten oder zu verfälschen drohten, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigten (Hinweis auf "GEMO", Slg. 2003, I-0000, Rn 22 und die dort zitierte Judikatur). Das Tätigwerden der nationalen Gerichte und Behörden im System der Kontrolle von staatlichen Beihilfen beruhe auf der unmittelbaren Wirkung, die dem in Art. 88 Abs 3 Satz 3 EGV ausgesprochenen Verbot, beabsichtigte Beihilfemaßnahmen durchzuführen, zukomme. Dieses Verbot werde als Durchführungsverbot bezeichnet. Die Bekämpfung einer staatlichen Beihilfe müsse also nicht notwendigerweise durch Anrufung der Kommission oder des Europäischen Gerichtshofes geschehen, sondern könne direkt vor der nationalen Behörde erfolgen, welche Normadressat des Durchführungsverbotes sei. § 122 Abs 7 und 8 WKG verstoße gleich in zweifacher Hinsicht gegen das Beihilfenverbot, einerseits durch die Finanzierung von wirtschaftlichen Tätigkeiten der Wirtschaftskammern und andererseits durch Begünstigung bestimmter Wirtschaftszweige. Wirtschaftliche Tätigkeiten:

Im Sinne der Rechtsprechung des EuGH seien Institutionen nach der Art der österreichischen Wirtschaftskammern als staatliche Institutionen dem Staat zuzurechnen (Verweis auf "Epifanio Viscido", C-52/97, "Mauro Scandella", C-53/97 und "Massimiliano Teragnolo", C-54/97 gegen Ente Poste Italiane). Das bedeute, dass durch die Wirtschaftskammer an Unternehmen gewährte Beihilfen im Sinne dieser Rechtsprechung auch als staatliche Beihilfen anzusehen seien. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, dass aus den Mitgliedsbeiträgen nach § 122 Abs 7 und 8 WKG (sowie aus anderen Mitgliedsbeiträgen) auch wirtschaftliche Tätigkeiten der Wirtschaftskammer finanziert würden. So betreibe die Wirtschaftskammer beispielsweise das "WIFI - Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Österreich". Die Wirtschaftskammer werbe selbst auf ihrer Internetseite "www.wifi.eu" dafür, dass dieses Institut nicht nur in Österreich, sondern auch in Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien tätig sei. Das Institut sei nach der eigenen Aussage eine "Plattform und Wissensvermittler auf den Gebieten Werbung, Public Relations, Internet, neue Bildungsprodukte, Technologien und Innovation". Es sei wohl amtsbekannt, dass diese Dienstleistungen auf entgeltlicher Basis angeboten würden. Damit stehe das WIFI aber in unmittelbarem Wettbewerb mit anderen Anbietern in Österreich und den genannten anderen Mitgliedstaaten. Die Mitglieder der Wirtschaftskammer finanzierten aus ihren gesetzlichen Beiträgen somit grenzüberschreitende wirtschaftliche Tätigkeiten der Wirtschaftskammern. Dies stelle eine staatliche Beihilfe dar, die mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar sei, weil sie den Markt zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtige. Aufgrund des erwähnten Durchführungsverbotes des Art. 88 Abs 3 Satz 3 EGV sei es nationalen Behörden verboten, Beiträge einzuheben, mit denen staatliche Beihilfen gewährt würden. Begünstigung bestimmter Wirtschaftszweige: Der Begriff der Beihilfe nach Art. 87 EGV umfasse nicht nur positive Leistungen wie Subventionen selbst, sondern auch Maßnahmen, die in unterschiedlicher Form Belastungen verminderten, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen habe und die somit zwar keine Subvention im strengen Sinn des Wortes darstellten, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstünden (Hinweis auf , "Banco Exterior de Espana", Slg. 1994, I-877, Rn 13; , "Piaggio", Slg. 1999, I-3735, Rn 34). Nach der Rechtsprechung des VwGH bedürfe es daher im Hinblick auf das Beihilfenverbot nach Art 87 EGV einer sachlichen Rechtfertigung für eine unterschiedliche steuerliche Behandlung von Unternehmen (Verweis auf ). § 122 Abs 7 und 8 WKG stellten in Verbindung mit § 41 FLAG auf die Summe von Arbeitslöhnen als Beitragsgrundlage für die in Streit stehende Umlage ab. Dies bewirke, dass vor allem Unternehmen mit einem hohen Personalaufwand - arbeitsintensive Produktionszweige - unverhältnismäßig stark mit der Gebühr belastet würden. Auch durch die Freigrenze nach § 41 Abs 4 letzter Satz FLAG werde eine Ausnahme zugunsten von Betrieben gemacht, die nur einen sehr geringen Personaleinsatz hätten. Dies verstärke den Effekt zu Lasten der arbeitsintensiven Produktionszweige noch zusätzlich. Eine staatliche Maßnahme stelle dann eine Beihilfe dar, wenn sie bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstige (Verweis auf Jestaedt, in Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilfenrechtes 2003, § 8 Rz 8). Prüfe man die steuerliche Regelung nach den Vorgaben der Europäischen Kommission (Verweis auf die Mitteilung der Kommission über Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung - Kommissionsmitteilung ABl 1998, C-384/3), so stelle man fest, dass sie Ausnahmecharakter habe, weil sie eine Ausnahme hinsichtlich jener Unternehmen mache, die sehr wenig oder gar keine Arbeitslöhne zahlten. Somit erfülle die Maßnahme das Kriterium, nicht auf alle Unternehmen und alle Produktionszweige anwendbar zu sein. Weiters sei festzuhalten, dass die Maßnahme auch nicht durch den inneren Aufbau des Steuer- und Abgabensystems gerechtfertigt sei, weil es kein Grund- und Leitprinzip des österreichischen Steuersystems darstelle, personalintensive Betriebe unverhältnismäßig stärker zu belasten, als kapitalintensive Betriebe. Es sei auch arbeitsmarktpolitisch nicht besonders erstrebenswert, den Faktor Arbeit durch zusätzliche Lohnnebenkosten enorm zu belasten und damit gegenüber dem Produktionsfaktor Kapital ungerechtfertigt zu benachteiligen. Im Ergebnis sei daher festzuhalten, dass die Bestimmung des § 122 Abs 7 und 8 WKG in Verbindung mit § 41 FLAG eine staatliche Beihilfe im Sinne des § 87 EGV darstelle, weil sie Ausnahmecharakter habe und somit bestimmte Wirtschaftsteilnehmer ungerechtfertigt begünstige. Diese stünden unstrittig auch im unmittelbaren Wettbewerb mit ausländischen Anbietern, womit eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten gegeben sei. Der Behörde sei es nach Art. 88 Abs 3 Satz 3 EGV untersagt, diese Abgabe einzuheben.

II) Verfassungswidrigkeit: Die Bescheide würden auch deshalb an Rechtswidrigkeit leiden, weil sie sich auf § 122 Abs 7 und 8 WKG stützten und diese Bestimmung durch ihren Verweis auf § 41 FLAG auch verfassungswidrig sei. § 122 Abs 7 und 8 WKG diene der Finanzierung der Wirtschaftskammern. Die Verteilung dieser Finanzierungslast auf die Mitglieder müsse nach einem sachlichen Kriterium erfolgen. Wie Beiser ausführe, sei eine unverhältnismäßige Belastung aufgrund einer insgesamt (im Verhältnis zu Aufgaben und Zweck nach § 1 WKG) überhöhten Umlagenlast, eine unverhältnismäßige Belastung (und somit Überforderung) einzelner Mitglieder oder eine unverhältnismäßige Verteilung der Umlagekosten unter den Kammermitgliedern mit dem Gebot einer gleichmäßigen Verteilung der Umlagelasten nach Art. 7 B-VG nicht zu vereinbaren (Verweis auf Beiser SWK 9/2008). Aus Art. 7 B-VG werde von der herrschenden Lehre abgeleitet, dass eine Differenzierung sachlich sein müsse. Das bedeute, dass Kriterien, anhand derer Gleiches als gleich erachtet und gleich behandelt sowie Ungleiches als ungleich erachtet und ungleich behandelt werde, sachlich sein müssten (Sachlichkeitsgebot). Der Bw. sei bekannt, dass der VfGH die Ansicht vertrete, dass ein Abstellen auf die Unternehmensgröße bei der Bemessung einer Abgabe kein unsachliches Kriterium darstelle (Verweis auf ). Auf die in Streit stehende Abgabe treffe diese Rechtsprechung jedoch nicht zu. Durch die Umlage iSd § 122 Abs 7 und 8 WKG werde eben nicht nach der Unternehmensgröße, sondern nach der Produktionsart differenziert: Unternehmen, deren Produktion vor allem den Produktionsfaktor Arbeit benötige, würden gegenüber Unternehmen benachteiligt, die keine Dienstnehmer beschäftigten oder nur sehr geringe Löhne zahlten. Dieses Kriterium sei unsachlich. Es gebe keinen Grund, Unternehmen mit vielen Beschäftigten, die zur Sicherung der Arbeitsplätze beitragen würden, wesentlich höher mit einer bestimmten Abgabe zu belasten, als Unternehmen, die keine Beschäftigten anstellten, wenn diese Abgaben lediglich zur Finanzierung der Wirtschaftskammern dienten. Hier sei kein vernünftiger Zusammenhang zwischen dem Zweck der Abgabe (Finanzierung der Wirtschaftskammer) und dem Kriterium der Verteilung dieser Abgabe auf die Mitglieder erkennbar. Hinter § 122 Abs 7 und 8 WKG stehe auch kein bestimmtes politisches Ziel, das diese Gestaltung rechtfertigen würde, weil es wie bereits oben erwähnt kein Grund oder Leitprinzip der österreichischen Steuerpolitik sei, den Produktionsfaktor Arbeit besonders hoch im Verhältnis zu anderen Produktionsfaktoren zu belasten. Es wäre geradezu widersinnig, dies dem Gesetzgeber zu unterstellen. Einer verfassungskonformen Interpretation sei § 122 Abs 7 und 8 WKG nicht zugänglich, weil diese Bestimmung eindeutig unsachlich im dargelegten Sinn sei. Im Ergebnis verstoße § 122 Abs 7 und 8 WKG durch den Verweis auf die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG gegen das dem Gleichheitsgrundsatz innewohnende Sachlichkeitsgebot des Art 7 B-VG und sei daher verfassungswidrig, womit auch die Bescheide an einer Rechtswidrigkeit litten. Daran ändere auch Art. 120c Abs 2 B-VG idF des B-VG BGBl Nr. 2/2008 nichts, weil diese Bestimmung nur die Mitgliedschaft an sich und nicht die Höhe und Lastenverteilung der Beiträge verfassungsgesetzlich regle.

Über die Berufung wurde erwogen:

In den Berufungen wird bezüglich der Bestimmung des § 122 Abs 7 und 8 WKG Europarechtswidrigkeit (Verstoß gegen Art. 43 EG = Niederlassungsfreiheit und gegen Art. 87 EG = Beihilfenverbot) und Verfassungswidrigkeit (Verstoß gegen das dem Gleichheitsgrundsatz innewohnende Sachlichkeitsgebot) behauptet.

Mit den in den Berufungen diesbezüglich vorgebrachten Argumenten hat sich der Unabhängige Finanzsenat bereits in der Entscheidung vom , RV/0407-L/09 ausführlich auseinander gesetzt (wobei die Berufungsausführungen in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall wörtlich mit den Ausführungen in der gegenständlichen Berufung übereinstimmen) und ist dabei - zusammengefasst - zu folgenden Ergebnissen gelangt (siehe dazu auch die Besprechung der angeführten UFS-Entscheidung und die dort zitierte Literatur und EuGH-Judikatur, SWK 23/24/2009, T 173):

I) Zur behaupteten Europarechtswidrigkeit

1) Art. 43 EGV (Niederlassungsfreiheit) Die Prüfung der Niederlassungsfreiheit erstreckt sich sowohl auf Diskriminierungen (Gleichheitsrechte), als auch auf Beschränkungsverbote (Freiheitsrechte) und auch die Rechtsprechung zu den anderen Grundfreiheiten muss in die Überlegungen einbezogen werden. Das Freiheitsrecht des Beschränkungsverbotes kommt etwa dann zum Tragen, wenn inkompatible Normen in nicht harmonisierten Bereichen erlassen werden oder Regelungen vorliegen, die zwingende Mindestanforderungen festlegen oder zum Ausschluss der Verwendung am inländischen Markt führen. Auf Grund von EuGH-Urteilen und deren literarischer Aufarbeitung durch die Lehre sind dem Beschränkungsverbot spezifische Zugangsbehinderungen zuzuordnen, die in ihrer tatsächlichen Wirkung den Marktzugang behindern oder weniger attraktiv machen. Allerdings liegt eine Beschränkung in diesem Sinne nicht schon dann vor, wenn eine Vorschrift auch nur geeignet ist, die grenzüberschreitende Tätigkeit weniger attraktiv zu machen. Dies würde nämlich die Souveränität der Mitgliedstaaten übermäßig betreffen (Cordewener, Grundfreiheiten, 288 ff.). Der Begriff der Behinderung ist so auszulegen, dass die Ausrichtung der Grundfreiheiten auf die Beseitigung spezifischer Verkehrshindernisse ausgerichtet ist, wobei die Abgrenzung nach ökonomischen Kriterien - wirtschaftliche Realität, Gesamtkontext der Regelung - erfolgt (sh. Cordewener, a.a.O., 294). Nach der Aussage des Generalanwaltes in , Torfaen, geht es dabei um die "Abschirmung nationaler Märkte, die zu einer Marktaufspaltung führt". Durch das Beschränkungsverbot werden keine Rechtsunterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten eingeebnet und es greift dann nicht, wenn die nationalen Regelungen beziehungslos nebeneinander stehen und auch sonst keine absoluten Markthindernisse aufgestellt werden (z.B. , Matteo Peralta). Auch der EuGH schreitet nur bei mehrfachen Belastungen desselben Sachverhaltes und nicht schon bei bloßen Disparitäten ein. Verletzungen der Niederlassungsfreiheit im Bereich des Steuerrechtes sind primär offene oder versteckte Diskriminierungen. Unterschiede im Steuersystem, die den Unternehmern bloße Schwierigkeiten bereiten führen bei Nichtvorliegen diskriminierender Regelungen meist nicht zu einer Verletzung von Grundfreiheiten (z.B. , Matteo Peralta). Die KU II erfährt diesbezüglich eine ähnliche Einstufung und Prüfung wie die Abgaben in den steuerlichen Systemen der Mitgliedstaaten. Betreffend die KU II kommt der UFS zum Schluss, dass zwar ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt, aber keine Verletzung des Art. 43 EGV: Die diesbezüglichen Regelungen des WKG haben keine "Abschirmung des Marktes" oder eine "Marktaufspaltung" zum Ziel, sondern im Gegenteil eine Stärkung der unternehmerischen Tätigkeit im nationalen und internationalen Umfeld. Dies ergibt sich schon auf Grund der im Gesetz festgelegen Aufgaben der Wirtschaftskammer. Die Erhebung der Kammerumlage soll die Erreichung der im Gesetz festgelegten Ziele ermöglichen und nicht den Zugang zum Markt behindern. Die Umlage hindert Unternehmen aus dem EU-Bereich nicht an einem Tätigwerden in Österreich; nationale Regelungen, die bloß zu "Schwierigkeiten" für derartige Unternehmen führen, müssen andererseits nicht in jedem Fall die Niederlassungsfreiheit beeinträchtigen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der strittigen Umlagenregelung sind bei einer Gesamtbetrachtung der Umstände zu ungewiss, um die Niederlassungsfreiheit zu behindern (vgl. z.B. , Semeraro Casa Uno betreffend Ladenschlussregelungen und zu nationales Regelungen, die Ausdruck bestimmter Entscheidungen des Mitgliedsstaates sind und auf regionale Besonderheiten Rücksicht nehmen). Allfällige in diesem Zusammenhang entstehende finanzielle Belastungen sind der fehlenden Harmonisierung zuzuschreiben. Die aus der Umlagepflicht resultierende finanzielle Belastung liegt unterhalb jener Schwelle, ab der von einer Behinderung oder Einschränkung der Niederlassungsfreiheit gesprochen werden kann. Die Grenze, ab der ein "Markthindernis" in Form einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit vorliegen kann, ist nämlich mit großer Vorsicht anzusetzen, da ansonsten die Souveränität der Mitgliedstaaten in nicht harmonisierten Bereichen zu sehr eingeschränkt würde. Werden nämlich nur rechtliche Rahmenbedingungen für eine Betätigung geschaffen, so ist die Prüfung der Niederlassungsfreiheit in ein größeres System zu stellen (sh. , Sodemare, zur Erstattung der Kosten von Sozialhilfeleistungen als Teil des Sozialhilfesystems). Auch die Kammerumlage muss als Teil eines umfassenden Systems der Interessenvertretung betrachtet werden, das die Niederlassungsfreiheit nicht beschränkt und dem sich die einzelnen Mitglieder nicht (durch Nichtentrichtung) entziehen können. Zu dem in der Berufung vorgebrachten Argument des (angeblichen) Missverhältnisses zwischen den von der Wirtschaftskammer gebotenen und von der Bw. beanspruchten Leistungen einerseits und der zu zahlenden Umlage andererseits ist folgendes anzumerken: Nach Ansicht von Hey (Verbandslast-Mitgliedsabgabe-Kammersteuer in StuW 2008, S. 299 und 301) stellt die im wirtschaftlichen Erfolg ausgedrückte Leistungsfähigkeit keinen Indikator für unmittelbar auf die Kammertätigkeit zurückzuführende Sondervorteile dar. Auch der Umstand, dass ein kammerzugehöriges Mitglied Verluste mache spricht nach Hey (S. 298) nicht gegen die Inanspruchnahme zur Umlagepflicht, weil die Kammertätigkeit auch Verlustbetrieben zugute komme. Dies ist vor dem Hintergrund der Überlegung nachvollziehbar, dass die Tätigkeit der Kammern auf eine günstige Beeinflussung der rechtlichen Rahmenbedingungen ausgerichtet ist und sich in einer Verbesserung der Erwerbschancen für alle Mitglieder niederschlägt. Dazu vertritt Hey (S. 301) die wohl nicht von der Hand zu weisende Ansicht, dass eine günstige Beeinflussung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im allgemeinen den größeren Unternehmen stärker zugute komme, als den kleinen. Die Bw. ist im Bereich der industriellen Erzeugung von Wellpappe und Kartonagen tätig und ist steuerlich Gruppenmitglied einer Unternehmensgruppe iSd § 9 KStG. Darüber hinaus gehört sie dem Vollkonsolidierungskreis eines in London, Großbritannien, ansässigen Konzernes an. Für den Unabhängigen Finanzsenat ist es in Anbetracht dieser Umstände evident, dass die Bw. von der Einflussnahme der Wirtschaftskammer auf die Steuergesetzgebung überproportional profitiert hat. Sie nimmt die Vorteile der Gruppenbesteuerung in Anspruch und profitiert auch vom deutlich gesunkenen Körperschaftsteuersatz und weiteren in den letzten Jahren eingeführten steuerlichen Erleichterungen, die nicht zuletzt auf die diesbezügliche, erfolgreiche Überzeugungsarbeit der Wirtschaftkammer auf den Gesetzgeber zurückzuführen sind. Als exportorientiertes und international tätiges Unternehmen profitiert die Bw. in erheblichem Ausmaß auch von der Tätigkeit der Außenhandelsstellen der Wirtschaftskammer und von der laufenden Basisarbeit der Kammer im Bereich der Interessensvertretung (z.B. betreffend Regelungen im Arbeitnehmer- Sozial- und Steuerbereich). Das behauptete Missverhältnis ist daher für die Berufungsbehörde nicht nachvollziehbar, weil - wie ausgeführt - auch die indirekt dem Unternehmen zugute kommenden Leistungen der Kammer in die Beurteilung mit einbezogen werden müssen.

2) Art. 87 EGV (Beihilfenverbot) Die Berufungen führen aus, dass § 122 Abs 7 und 8 WKG in zweifacher Weise gegen das Beihilfenverbot verstoße: einerseits würden die Kammermitglieder grenzüberschreitende Tätigkeiten der Kammer finanzieren (z.B. das WIFI), wobei eine Wettbewerb zu anderen Anbietern bestünde und daher der Markt beeinträchtigt sei. Andererseits würden durch die KU II Unternehmen mit hohem Personalausfwand in Relation zu solchen mit geringem Personaleinsatz unverhältnismäßig stark belastet, was ebenfalls den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtige. Neben den Grundfreiheiten unterstützen auch das Wettbewerbs- und das Beihilfenrecht das Ziel der Errichtung eines gemeinsamen Binnenmarktes. Staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen sind mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtige, wobei die Möglichkeit der Beeinträchtigung ausreicht. Dabei ist der Beihilfenbegriff weit auszulegen und umfasst alle dem Staat zurechenbaren Begünstigungen. Der Beihilfenbegriff beinhaltet daher auch steuerrechtliche Regelungen, Bürgschaften, Beteiligung an der Leistungserbringung oder die Vergabe öffentlicher Aufträge. Art. 87 EGV richtet sich gewöhnlich an die Mitgliedstaaten und ist nicht unmittelbar anwendbar. Auf Grund des Durchführungsverbotes, welches nach Art. 88 Abs. 3 EGV die Notifikationspflicht für Neubeihilfen absichert, ergibt sich nach der EuGH-Rechtsprechung eine unmittelbare Anwendbarkeit. Die nationales Behörden und Gerichte haben dabei - mit Vorlagemöglichkeit nach Art. 243 EG - eine unmittelbare Auslegungskompetenz zu Art. 87 Abs. 1 EG (sh. Sutter, EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, S. 31). Die unmittelbare Wirkung betrifft jede Beihilfenmaßnahme, die durchgeführt wurde, ohne dass sie angemeldet worden ist. Zum Begriff der Beihilfe im genannten Sinn zählt dabei auch die Erhebung einer Abgabe zu einer Beihilfenmaßnahme selbst (, "Enirisorse"). Bei bestehenden Beihilfen (so genannten Altbeihilfen) liegt das Kontrollverfahren ausschließlich in der Hand der Kommission in Form einer fortlaufenden Überprüfung. Die nationalen Gerichte müssen also nur für Neubeihilfen, nicht jedoch für Altbeihilfen, den Rechtsschutz garantieren. Somit ist zu klären, wann eine so genannte Altbeihilfe vorliegt. Mit in diese Beurteilung sind die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 (Beihilfenverfahrensordnung - BBVO - VO des Rates vom über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. 93 des EG-Vertrages) und die Beitrittsakte (Akte über die Bedingungen des Beitrittes des Königreiches Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreiches Schweden und die Anpassung der die Europäische Union begründenden Verträge vom , BGBl. Nr. 45/1995), insbesondere deren Art. 144 und 172 einzubeziehen. Aus Art. 172 der Beitrittsakte ergibt sich, dass für Österreich der Stichtag für die Trennlinie zwischen Alt- und Neubeihilfen der ist (und nicht der Tag des EU-Beitrittes, der ). Art. 144 sieht als vor dem Beitritt angewandte Beihilfe nur diejenigen an, die bis zum der Kommission notifiziert wurden. Diese Regelung gilt allerdings nur für landwirtschaftliche Erzeugnisse und hat daher nur begrenzte Auswirkung. Somit sind alle vor dem Stichtag bestehenden Regelungen als Altbeihilfen im genannten Sinn anzusehen (vgl. , G 44/97; sowie Sutter, AnwBl 2005/7990 zur Regelung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988: Altbeihilfen können nur von der Kommission nach Abwicklung eines Prüfverfahrens pro futuro untersagt werden). Ein Vergleich der inhaltlichen Regelungen zwischen dem § 57 Abs. 4 und 5 HKG (gültig im Beitrittszeitpunkt zum EWR) und § 122 Abs. 7 und 8 WKG (im Berufungsfall anzuwenden) ergibt praktisch eine unveränderte Übernahme der seinerzeitigen Regelung in den § 122 WKG. Es könnte daher - soweit überhaupt eine beihilfenrechtliche Problematik gegeben sein sollte - nur eine so genannte Altbeihilfe vorliegen. Die Bw. kann sich daher vor der Berufungsbehörde nicht auf Art. 87 und 88 EGV berufen.

II) Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit: Die Bw. bringt unter Verweis auf Beiser vor, die Verteilung der Finanzierungslast müsse nach sachlichen Kriterien erfolgen. Das dem Gleichheitsgebot innewohnende Sachlichkeitsprinzip sei aber durch den Verweis auf § 41 FLAG und das Abstellen auf den Produktionsfaktor Arbeit verletzt, weil Unternehmen mit wenigen Dienstnehmern oder nur geringen Löhnen keine oder nur eine geringfügige Kammerumlage zahlen würden. Zur Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des WKG ist festzuhalten, dass der UFS gemäß Art. 18 Abs 1 B-VG an bestehende und ordnungsgemäß kundgemachte Gesetze gebunden ist, solange diese nicht vom VfGH aufgehoben werden. Die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Regelung steht nur dem VfGH im Rahmen des "Gesetzesprüfungsverfahrens" zu. Der UFS ist auch vom Gesetzgeber nicht dazu legitimiert worden, ein Gesetzesprüfungsverfahren von Amts wegen zu beantragen. Es erübrigen sich daher weitergehende Auseinandersetzungen mit den geäußerten verfassungsrechtlichen Argumenten. Allerdings vermöchte der UFS - selbst wenn er die vorgebrachten verfassungsrechtlichen Argumente berücksichtigen dürfte - diesen aus folgenden Gründen nicht zu folgen: Beiser hat in dem von der Bw. zitierten Gutachten zwar auf Art. 7 B-VG verwiesen, die Regelung in § 122 WKG aber nicht dezidiert als verfassungswidrig bezeichnet, sondern nur Änderungen der bestehenden Regelungen vorgeschlagen. Die stärkere Belastung großer Betriebe wird dabei im Sinne der Solidarität sogar als gerechtfertigt bezeichnet: In der von der Bw. zitierten Literaturstelle (SWK 9/2008, T 51 - Kurzfassung) wird Art. 7 B-VG nämlich nur an einer Stelle erwähnt und zwar in Pkt. 6: "Die Wirtschaftskammern ... verbinden ihre Mitglieder aufgrund der gemeinsamen Verfolgung ... gemeinsamer Interessen .. im Wege eines Interessenausgleiches ... zu einer Solidargemeinschaft. Die Solidarität der Leistungsstarken mit den Leistungsschwachen kann eine stärkere Umlagenbelastung der Leistungsstarken und eine schwächere Umlagenbelastung der Leistungsschwachen sachlich (Art. 7 B-VG) rechtfertigen." Der VfGH hat in der Entscheidung B 1933/94 vom zwar grundsätzlich über die Kammerumlage I abgesprochen, er bezieht aber in seine rechtliche Würdigung auch die Kammerumlage II mit ein und betont, dass die Bf. deren Verfassungskonformität nicht bezweifelt habe und der Gesetzgeber seinen verfassungspolitischen Spielraum nicht überschreite, wenn er neben anderen Kriterien unter anderem auch den Umsatz als Bemessungsgrundlage heranziehe, um die Höhe der von den einzelnen Mitgliedern zu leistenden Beiträge zu bestimmen. Es liege grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, an welche Kriterien er bei der Bemessung der Umlage anknüpfe. Er habe hierbei verschiedene Möglichkeiten. Der Gesetzgeber habe sich .... für ein Mischsystem entschieden. Er habe teilweise - wohl im Hinblick auf die Aufgaben der Wirtschaftskammern im arbeitsrechtlichen und kollektivvertraglichen Bereich - an die Lohnsumme, teilweise an den Umsatz, teilweise an branchenspezifisch bestimmte Anknüpfungspunkte und teilweise in der Art von Gebühren an die konkrete Inanspruchnahme von Kammerleistungen durch die Kammermitglieder angeknüpft. Der Gerichtshof könne nicht finden, dass der Gesetzgeber durch ein derartiges System das dem Gleichheitsgrundsatz innewohnende Sachlichkeitsgebot verletzt habe. Da mit dem WKG das "Mischsystem" der Kammerfinanzierung (Mittelaufbringung durch die Grundumlagen, KU I und KU II, Eintragungsgebühren und Gebühren für Sonderleistungen) gegenüber dem HKG keine wesentliche Änderung erfahren hat (lediglich Austausch der Bemessungsgrundlage bei der KU I: Vorsteuervolumen statt Umsatz), kann die Berufungsbehörde im Hinblick auf die eben angeführten Aussagen des VfGH in seiner Entscheidung vom auch in Bezug auf die Regelung des § 122 Abs. 7 und 8 WKG keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes erblicken.

Die Berufungen waren aus den bezeichneten Gründen abzuweisen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 122 Abs. 7 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998
Art. 7 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Art. 43 EGV, EG-Vertrag, ABl. Nr. C 241 vom S. 1
Art. 87 EGV, EG-Vertrag, ABl. Nr. C 241 vom S. 1
Schlagworte
Kammerumlage II
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
Niederlassungsfreiheit
Beihilfenverbot
Gleichheitsgrundsatz
Grundfreiheit
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at