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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 21.02.2005, RV/0208-W/05

1) Kein gemeinsamer Haushalt der in Scheidung lebenden Ehegatten 2) Ständiger Auslandsaufenthalt des Sohnes.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Patzak, Krauss und Kollegen, Rechtsanwälte, 1010 Wien, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20 betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum bis  entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Bw. bezog für ihren Sohn bis Oktober 2003 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag.

Das Finanzamt erließ am einen Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge für den Zeitraum bis .

Begründet wurde die Rückforderung wie folgt:

"Gemäß § 3 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen. Dies gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten. Ist der Elternteil, der den Haushalt überwiegend führt, nicht österreichischer Staatsbürger, genügt für dessen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn der andere im gemeinsamen Haushalt wohnende Elternteil österreichischer Staatsbürger ist.

Da Ihr Ehegatte am aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen ist und Ihr Sohn ... seit dem nicht mehr in Österreich gemeldet ist, ist die Familienbeihilfe für den oben genannten Zeitraum rückzufordern."

Der steuerliche Vertreter erhob Berufung und führt dazu aus:

"1. Die Bw. wendet sich zunächst dagegen, dass der "Auszug" ihres Ehegatten zu ihrem Nachteil ausschlägt. Dieser Auszug war nicht Folge einer einvernehmlichen Trennung, sondern vielmehr der Gewalttätigkeit des Ehemannes. Nachdem der Ehemann der Bw. diese geschlagen hatte, rief die Bw. die Polizei zur Hilfe, welche den Ehemann aus der Wohnung wies (in die er seitdem nicht mehr zurückgekehrt ist). Es kann von der Bw. nicht verlangt werden, mit einem gewalttätigen Ehemann im gemeinsamen Haushalt zu leben, nur um weiterhin Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für ihren Sohn beziehen zu können. Das FLAG ist daher teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass die Aufhebung eines gemeinsamen Haushaltes dann keine Rolle spielt, wenn diese aufgrund von Gewalttätigkeit des anderen Ehepartners herrührt, um den gesetzgeberischen Intentionen zu entsprechen.

2. Sodann ist es nicht richtig, dass der Sohn der Bw. seit nicht mehr bei der Bw. wohnt. Vielmehr hat er erst im Mai 2004 Österreich verlassen und besucht nun die Technische Schule K.. Er ist also weiterhin nicht selbsterhaltungsfähig und auf die Zuwendungen seiner Mutter angewiesen.


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Beweis:
Bestätigung vom über die Meldung in K.
Beweis vom über den Besuch der Technischen Schule K."

Laut Versicherungsdatenauszug war die Bw. vom bis und vom bis in Österreich beschäftigt.

Aus einer Meldeabfrage ist ersichtlich, dass die Bw. seit mit Hauptwohnsitz in Wien gemeldet ist.

Das Finanzamt erließ am eine Berufungsvorentscheidung und wies die Berufung mit der Begründung ab, es seien die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 und 2 FLAG nicht erfüllt. Weiters wohne die Bw. seit laufend nicht mehr im gemeinsamen Haushalt. Ihr Sohn sei seit nicht mehr in Österreich gemeldet. Es bestehe somit kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhielten.

Der steuerliche Vertreter der Bw. stellte mit Schreiben vom den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Ausgeführt wird unter anderem: "Tatsächlich hat der Sohn der Einschreiterin Österreich im Mai 2003 verlassen und studiert seither. Er wird für sein Studium voraussichtlich noch 5 Jahre benötigen.... Da die Einschreiterin für den Lebensunterhalt ihres Sohnes aufkommt, lebt dieser weiterhin mit ihr in einem gemeinsamen Haushalt."

Über die Berufung wurde erwogen:

Rechtsgrundlagen

Gemäß § 3 Abs. 1 FLAG haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.

Gemäß § 3 Abs. 2 FLAG gilt Abs. 1 u.a. nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten.

Ist der Elternteil, der den Haushalt überwiegend führt (§ 2a Abs. 1), nicht österreichischer Staatsbürger, genügt für dessen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn der andere Elternteil österreichischer Staatsbürger ist oder die Voraussetzungen nach Abs. 1 oder 2 erfüllt (§ 3 Abs.3 FLAG).

§ 2a Abs. 1 FLAG - auf diese Bestimmung verweist § 3 Abs. 3 FLAG - regelt die Reihenfolge der Ansprüche bei Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes der Eltern.

Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Angenommener Sachverhalt

Der unabhängige Finanzsenat sieht folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

§ Die Bw. ist seit in Österreich gemeldet. Es gibt keinen Hinweis, dass dieses Meldedatum unzutreffend ist.

§ Der Ehegatte der Bw. ist am aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen.

§ Der Sohn der Bw. ist seit nicht mehr in Österreich gemeldet.

§ Die Bw. stand vom bis in einem lohnsteuerpflichtigen Dienstverhältnis zu einem inländischen Arbeitgeber.

Rechtliche Würdigung

Die Bw. bestreitet nicht, dass bei ihr die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 und 2 FLAG bis Ende September 2003 nicht vorliegen. Sie ist auch den diesbezüglichen Feststellungen der Berufungsvorentscheidung, der nach Einbringung des Vorlageantrages die Wirkung eines Vorhaltes zukommt (vgl. z.B ), nicht entgegen getreten.

Die Bw. vermeint allerdings, die Bestimmung des § 3 Abs. 3 FLAG sei in den Fällen teleologisch zu reduzieren, in denen eine Wegweisung des gewalttätigen Ehemannes erfolgte, da ein Aufrechterhalten des gemeinsamen Haushaltes nicht zumutbar wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH setzt der gemäß § 3 Abs 3 FLAG bestehende Anspruch des haushaltsführenden Elternteils, der nicht österreichischer Staatsbürger ist, voraus, dass die Eltern samt Kind in einem gemeinsamen Haushalt leben. Leben die Eltern getrennt, sind sie geschieden oder ist auch nur ein Elternteil gestorben, kann von einem gemeinsamen Haushalt nicht mehr gesprochen werden und steht dann dem Elternteil, der nicht österreichischer Staatsbürger ist eine Familienbeihilfe nicht zu (; , 95/14/0097; , 99/14/0312).

Den Erkenntnissen ist nicht zu entnehmen, dass es auf den Grund ankommt, aus dem kein gemeinsamer Haushalt geführt wird: Im erstgenannten Erkenntnis war der Ehemann der Beschwerdeführerin in einem anderen EU-Staat berufstätig, im zweitgenannten Erkenntnis erfolgte eine Scheidung im Einvernehmen, im letztgenannten Erkenntnis schließlich erfolgte die Auflösung der ehelichen Gemeinschaft durch den Tod des Ehegatten.

Argumentum a maiori ad minus folgt hieraus, dass, wenn nicht einmal der in keiner Weise beeinflussbare Tod des Ehegatten von der Voraussetzung einer gemeinsamen Haushaltsführung absehen lässt, dies umso mehr gelten muss, wenn (bloß) eine Trennung aus anderen Gründen vorliegt.

Somit kommt es für die Gewährung von Familienbeihilfe iSd § 3 Abs. 3 FLAG nur auf das Faktum an, ob tatsächlich ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder nicht.

Somit könnte Familienbeihilfe erst ab Oktober 2003 zustehen (vgl. § 10 Abs. 2 FLAG), da die Bw. in diesem Monat ein mehr als drei Monate dauerndes lohnsteuerpflichtiges Dienstverhältnis zu einem inländischen Arbeitgeber eingegangen ist.

Zu diesem Zeitpunkt hatte aber bereits ihr Sohn Österreich verlassen. Es kann auf sich beruhen, ob dies schon im April oder erst im Mai 2003 - wie die Bw. im Vorlageantrag Gegensatz zur offenbar irrtümlichen Angabe in der Berufung "Mai 2004" vorbringt - der Fall war, da jedenfalls ab diesem Zeitpunkt wegen ständigen Auslandsaufenthaltes des Kindes der Familienbeihilfenanspruch erlischt.

Darauf hingewiesen sei, dass das Vorbringen der Bw., da sie für den Unterhalt ihres Sohnes aufkomme, lebe er im gemeinsamen Haushalt mit ihr, schon mit § 2 Abs. 2 FLAG nicht in Einklang zu bringen und somit eindeutig unvertretbar ist.

Die Berufung war daher abzuweisen.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at