Dienstgeberbeitragspflicht eines an einer Kapitalgesellschaft wesentlich Beteiligten
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige
Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Stb., vom
gegen den Bescheid des Finanzamtes X vom
betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum Jänner 1997 bis
Dezember 2000 entschieden:
Die Berufung
wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt
unverändert.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt hat mit Haftungs- und Abgabenbescheid vom
den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen
in Höhe von € 5.526,77 sowie den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag in
Höhe von € 580,44 für den Zeitraum Jänner 1997 bis Dezember
2000 nachgefordert, weil die an den wesentlich beteiligten
Gesellschafter-Geschäftsführer zugeflossenen Vergütungen nach
§ 41 Abs. 2 Familienlastenausgleichs
gesetz 1967 sowie § 22 Z 2
Einkommensteuergesetz 1988 dem Dienstgeberbeitrag und dem Zuschlag zum
Dienstgeberbeitrag zu unterwerfen seien.
Dagegen wurde eine Berufung eingebracht. Der
Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom , 2001/14/0054, im
Hinblick auf das Vorliegen eines Dienstverhältnisses vor allem auf folgende
Kriterien abgestellt: Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der
Kapitalgesellschaft sowie das Fehlen des Unternehmerwagnisses.
Eine GmbH
werde durch den oder die Geschäftsführer vertreten, wobei dieser die
Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes anzuwenden habe. Dies bedinge
nowendigerweise das Kennen seiner Entscheidungsgrundlagen, welche ihm nur im
Rahmen seiner Geschäftsführung zur Kenntnis gelangen würden. Er
müsse sich also den Überblick verschaffen und sei dadurch in den
geschäftlichen Organismus eingebunden. Unbestritten sei, dass
Geschäftsführungsagenden z.B. auch durch bloßen Auftrag oder
Werkvertrag von Geschäftsführern wahrgenommen werden könnten,
ebenso wie nicht automatisch Entgeltlichkeit vorliegen müsse. Es würde
nun dem Gleichheitsprinzip widersprechen, wenn für ein und dieselbe Agenda
der mit einzelnem Auftrag betraute Geschäftsführer kein und der
ständig betraute Geschäftsführer ein Dienstnehmer wäre.
Insofern werde dieses Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen
Organismus der GmbH für sich alleine nicht zur Entscheidung über das
Vorliegen einer Dienstnehmerstellung ausreichen. Hinsichtlich des Vorliegens
eines Unternehmerwagnisses wären die genauen Umstände des konkreten
Falles zur Beurteilung heranzuziehen. Die
Geschäftsführer-Entscheidungen würden im Ergebnis der GmbH
münden. Andauernde schlechte wirtschaftliche Ergebnisse würden eine
Erhöhung der Verbindlichkeiten bedingen, eventuell sogar eine Insolvenz.
Regelmäßig würde diesfalls von den finanzierenden Banken eine
Besicherung seitens des Gesellschafter-Geschäftsführers hereingenommen
werden. Ein "normaler" Dienstnehmer, der kein Unternehmerwagnis trage, werde
wohl nie für Bankschulden seines Dienstgebers Sicherheiten hingeben
müssen. Ganz im Gegenteil, im Insolvenzfall seines Dienstgebers erhalte er
seinen Lohnausfall durch IESG-Fonds und sodann vom AMS in Form von
Arbeitslosenbezug ersetzt. Dem Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer
sei dieser Anspruch verwehrt, mangels Beiträgen zur
Arbeitslosenversicherung und zum IESG-Fonds, weil nach dem GSVG erhalte er im
Insolvenzfall keinerlei Leistungen. Vielmehr würden ihn
höchstpersönliche Haftungen aus seiner GF-Tätigkeit (nicht nur
deliktische) treffen, wie jene gegenüber der Finanzbehörde
(§§ 9, 80 BAO), der Gebietskrankenkasse, nach dem URG, aus
culpa in contrahendo, gem.
§ 72 a KO, sowie gegenüber der
Gesellschaft selbst, wobei letztere Haftung nicht den begünstigenden
Bestimmungen des DHG unterliegen würde. Im Ergebnis könne somit den GF
- wirtschaftlich betrachtet - eine ebensolche Haftung wie einen
Einzelunternehmer treffen, welche für ihn zur wirtschaftlichen
Existenzvernichtung führen könne. Keinen (abhängigen)
Dienstnehmer würde solch eine Haftung treffen. In unserer wirtschaftlich
kurzlebigen Zeit könne sich der Erfolg eines Unternehmens in wenigen Jahren
umdrehen. Das Risiko und somit das Wagnis würde zur Gänze den
Unternehmer treffen. Im konkreten Fall treffe ein Totalverlust einmal desn
wesentlich Beteiligten als Gesellschafter, einmal als Geschäftsführer
aus den vorbeschriebenen Haftungen und einmal aus gegebenen Sicherheiten z.B.
gegenüber den Banken. Somit verbliebe für ihn, selbst wenn die GmbH
bereits liquidiert wäre, die persönliche Haftung für Schulden der
GmbH. Er würde keine Arbeitslose und keine IESG-Leistungen erhalten und
wäre in der Kette jener, der das wirtschaftliche Wagnis = Verlust zu tragen
hätte. Im Ergebnis wäre er völlig gleichgestellt mit einem
Einzelunternehmer. Somit trage er zu einem großen Teil das
Unternehmerwagnis. Die vom VwGH geforderten "alle Merkmale eines
Dienstverhältnisses" würden nicht vorliegen, er sei kein Dienstnehmer
und habe keine DB und DZ-Pflicht zu tragen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die
Berufung als unbegründet abgewiesen.
Auf Grund der
rechtsgültigen Bestimmungen des § 41 FLAG bzw. § 222 Abs. 7
Wirtschaftskammergesetz und der bisherigen Rechtsprechung des VfGH und des VwGH
zur DB und DZ-Pflicht sei der Antrag auf Herabsetzung des DB und DZ
bezügich der Bezüge der Geschäftsführer
abzuweisen.
Im Vorlageantrag weist die Berufungswerberin nochmals auf die
Tragung des Unternehmerwagnisses durch den
Gesellschafter-Geschäftsführer hin. Auf Grund der vorhandenen Kredite
habe dieser persönliche Bürgschaften nach § 1357 ABGB in
Millionenhöhe gegenüber der die GmbH finanzierende Bank
übernommen. Kein abhängiger Dienstnehmer würde solch ein Wagnis
eingehen und im Falle des Scheiterns des Unternehmens habe der
Gesellschafter-Geschäftsführer mit seiner ganzen Person und seinem
ganzen Vermögen zu haften. Das Unternehmerwagnis treffe ihn diesfalls genau
so wie einen Einzelunternehmer (der aber keine DB- und DZ-Pflicht hätte).
Über
die Berufung wurde erwogen:
Gemäß
§ 41 Abs. 1
Familienlastenausgleichsgesetz 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle
Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer
beschäftigen.
Nach § 41 Abs. 2 FLAG 1967 in der seit
geltenden Fassung sind Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis
im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, sowie an
Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des
Einkommensteuergesetzes 1988.
Gemäß
§ 41 Abs. 3 FLAG 1967 in der seit
geltenden Fassung ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der
Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im
Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob
die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder
nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß
§ 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie
Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2
des Einkommensteuergesetzes 1988.
Die Bestimmung des § 41 FLAG 1967 definiert also die
beitragspflichtigen Bezüge und soll gleichzeitig eine klare Abgrenzung von
den beitragsfreien Bezügen gewährleisten. Auf Grund des eindeutigen
Gesetzeswortlautes ist bei den beitragspflichtigen Bezügen von zwei Gruppen
von Bezügen auszugehen:
1. Arbeitslöhne, die an Dienstnehmer iSd. § 47
Abs. 2 EStG 1988 gewährt werden.
2.
Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd. § 22 Z 2 EStG
1988, die an Personen gewährt werden, die an Kapitalgesellschaften
wesentlich beteiligt sind.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung von
Beschwerden, die sich gegen die Einbeziehung der Gehälter und sonstigen
Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 in die
Bemessungsgrundlage des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für
Familienbeihilfen richteten, abgelehnt (vgl. und
vom , B 998/98 und B 999/98) und weiters auch die
Anfechtungsanträge des Verwaltungsgerichtshofes mit den Erkenntnissen vom
, G 109/00, und vom , G 110/00,
abgewiesen.
Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes v. , G 109/00, wurde unter Zitierung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes
darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses,
die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien
für ein Dienstverhältnis sind, im Fall der - auf die
gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden -
Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für
die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die
sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht
brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der
Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl
von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen
Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem
Folgende:
fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und
sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit
typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Arbeits- Urlaubsregelung,
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz sowie die
Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten
Arbeiten.
In dem dieser Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes
unmittelbar nachfolgenden Erkenntnis vom , Zl. 2001/14/0054, sowie in
zahlreichen späteren Judikaten hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt,
dass das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte
Gesellschafter normierte Vorliegen "sonst alle Merkmale eines
Dienstverhältnisses" vor allem auf folgende Kriterien abstellt:
-
die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der
Kapitalgesellschaft,
- das Fehlen eines Unternehmerrisikos sowie
-
eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung.
Schließlich ist der Verwaltungsgerichtshof in seinem
Erkenntnis vom , Zl. 2003/13/0018, in einem nach § 13 Abs. 1 Z 1
VwGG gebildeten Senat von dieser Rechtsprechung insoweit abgegangen, dass er die
Feststellung, ob "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" vorliegen,
nur mehr auf die gesetzliche Definition eines steuerrechtlichen
Dienstverhältnisses in § 47 Abs. 2 EStG 1988 stützt. Da in dieser
Legaldefinition das steuerrechtliche Dienstverhältnis lediglich durch zwei
Merkmale, nämlich die Weisungsgebundenheit einerseits und die Eingliederung
in den geschäftlichen Organismus des Betriebes andererseits umschrieben
ist, kommt es nach Ausklammerung der Weisungsgebundenheit nur mehr darauf an, ob
diese Eingliederung in den geschäftlichen Organismus gegeben ist. Im Falle
der klar erkennbaren Eingliederung des Gesellschafters in den Organismus des
Betriebes der Gesellschaft sind dann alle weiteren Merkmale, die vor dem
Hintergrund einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein
Dienstverhältnis wären, für das Vorliegen des Tatbestandes nach
§ 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 ebenso ohne Bedeutung wie die
zivilrechtliche Gestaltung der Leistungsbeziehung zwischen Gesellschaft und
tätigem Gesellschafter.
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des
Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des
rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im
Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über
einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der
Geschäftsführung spricht für diese Eingliederung (vgl. die
Erkenntnisse des , vom , 98/15/0200,
und vom , 99/14/0339).
Im gegebenen Fall übt der
Geschäftsführer der Berufungswerberin seine
Geschäftsführungstätigkeit unstrittig seit vielen Jahren aus. Das
Merkmal seiner Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Gesellschaft
ist daher gegeben. Das von der Berufungswerberin als Argument angeführte
Unternehmerrisiko geht mangels rechtlicher Relevanz der vorgetragenen
Sachverhalte ins Leere.
Auf Grund dieser Feststellungen weist die Tätigkeit
des wesentlich beteiligten Geschäftsführers somit - unter
Außerachtlassung der Weisungsgebundenheit - die Merkmale eines
Dienstverhältnisses auf, sodass die von der Gesellschaft bezogenen
Vergütungen als Einkünfte im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG
1988 in die Beitragsgrundlage zum Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum
Dienstgeberbeitrag einzubeziehen sind.
Aus den angeführten Gründen war daher wie im
Spruch zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 22 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Dienstgeberbeitrag wesentlich Beteiligter an Kapitalgesellschaft |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
YAAAD-19366