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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 15.07.2013, RV/0490-I/12

Wegfall des Familienbeihilfenanspruches bei Auflösung eines Lehrvertrages

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, Adr, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes F. vom betreffend die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Zeiträume Oktober 2009 bis April 2010 und Juli bis August 2010 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Im Rahmen einer Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe forderte das Finanzamt mit Bescheid vom betreffend das Kind C., geboren am nn.xxxxx.1990, Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für die Zeiträume Oktober 2009 bis April 2010 und Juli bis August 2010 in Höhe von insgesamt € 2.015,10 zurück. In seiner Begründung führte das Finanzamt unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 lit. f Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) aus, dass in den angeführten Zeiträumen die Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs. 2 Z 1 ASVG überschritten worden sei. Der Überbezug an Familienbeihilfe sei deshalb zur Rückzahlung vorzuschreiben.

Mit Eingabe vom wurde Berufung erhoben und unter Vorlage der Berufsschulzeugnisse begründend ausgeführt, dass C. in den Jahren 2009 bis 2011 regelmäßig die Berufsschule zur Ausbildung als Lagerlogistiker besucht habe und deshalb die Familienbeihilfe zu gewähren sei.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom mit der Begründung ab, dass der Besuch einer Berufsschule für sich allein nicht ausreiche eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG anzunehmen, weil der einmal wöchentlich erfolgte Berufsschulbesuch nicht die überwiegende Zeit des Kindes in Anspruch nehme.

Mit dem am beim Finanzamt eingelangten Schreiben beantragte der Berufungswerber die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und verwies dabei auf ihr Berufungsvorbringen und auf eine Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , GZ. RV/0980-W/10.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Der Lehrvertrag für den Lehrberuf Lagerlogistiker zwischen C., geb. am nn.xxxxx.1990, und der L-GmbH wurde mit Wirkung einvernehmlich aufgelöst. C. bezog vom bis Arbeitslosengeld in Höhe von täglich € 16,93 und vom bis sowie vom bis Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe in Höhe von täglich € 14,74. Die Fachberufsschule für Büro besuchte er einmal wöchentlich weiter. Am unterzog sich C. der Lehrabschlussprüfung und bestand diese mit gutem Erfolg.

An Arbeitslosengeld und an Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe wurden in den angeführten Zeiträumen folgende Beträge ausbezahlt:

Beweiswürdigung:

Der relevante Sachverhalt ergibt sich schlüssig und zweifelsfrei aus dem Familienbeihilfenakt, insbesondere aus der Vereinbarung über die Lehrvertragslösung vom und aus den vorgelegten Prüfungszeugnissen (Jahreszeugnisse bzw. Jahres- und Abschlusszeugnis der Fachberufsschule für Büro und dem Prüfungszeugnis betreffend die Lehrabschlussprüfung vom )

Rechtliche Erwägungen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 in der im Berufungsfall maßgeblichen Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 90/2007, haben solche Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Weiters besteht gemäß § 2 Abs. 1 lit f leg. cit. für volljährige Kinder, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie weder den Präsenz- oder Ausbildungsdienst noch den Zivildienst leisten und bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice als Arbeitssuchende vorgemerkt sind und weder einen Anspruch auf eine Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609, haben noch eine Beihilfe durch Deckung des Lebensunterhaltes durch das Arbeitsmarktservice erhalten; das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist durch eine Bestätigung des Arbeitsmarktservice nachzuweisen; dabei bleiben ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs.1 EStG 1988) sowie Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und Beihilfen durch das Arbeitsmarktservice im Sinne dieses Absatzes in einem Kalendermonat bis zur Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs. 2 Z 1 ASVG außer Betracht.

Die monatliche Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs. 2 Z 1 ASVG betrug im Kalenderjahr 2009 € 357,74 und im Kalenderjahr 2010 € 366,33.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 ist auf die Kinderabsetzbeträge § 26 FLAG anzuwenden.

Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung fallen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (jedenfalls) alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Zur Qualifikation als Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 kommt es (überdies) nicht nur auf das "ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang" an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (vgl. ; ; ; Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 35 ff).

Die Ausbildung zu einem Lehrberuf erfüllt grundsätzlich die Kriterien einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967. Die Lehre besteht aus einer praxisorientierten Ausbildung im Betrieb und aus dem fachtheorethischen Unterricht in der Berufsschule ("Duales System").

Im Hinblick darauf, dass die praktische Ausbildung im Betrieb weggefallen und nur mehr die Berufsschule an einem Tag in der Woche besucht worden ist, kann selbst unter Berücksichtigung der Vor- und Nachbereitungszeiten nicht mehr davon gesprochen werden, dass die Ausbildung die volle Zeit des Kindes in Anspruch genommen hat. So müssen etwa Schüler einer berufsbildenden Schule im Vergleich dazu rund 30 Wochenstunden (ohne Vor- und Nachbereitungszeiten) absolvieren.

Soll eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 vorliegen, muss somit die Ausbildung so beschaffen sein, dass die "volle Zeit" des Kindes in Anspruch genommen wird.

Mit dem Hinweis auf die Entscheidung des , ist für den vorliegenden Fall nichts gewonnen. Abgesehen davon, dass es sich im angeführten Fall offensichtlich um die Auflösung des Lehrverhältnisses gegen Ende eines Ausbildungs- bzw. Berufsschuljahres handelte, besteht keine Bindungswirkung.

Ein Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 in der hier maßgeblichen Fassung des BGBl. I Nr. 90/2007 besteht deshalb nicht.

Das Kind C. hat im Rückforderungszeitraum Oktober 2009 bis April 2010 und Juli bis August 2010 unbestritten Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und Notstandshilfe - Überbrückungshilfe bezogen. Die Beträge überstiegen laut vorliegendem Sachverhalt die jeweils geltende monatliche Geringfügigkeitsgrenze.

Es besteht aus diesem Grund auch nach § 2 Abs. 1 lit. f FLAG 1967 in der hier noch anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 90/2007 kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Die Rückforderung der ausbezahlten Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge erfolgte zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at