Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 16.01.2008, RV/0395-W/06

Mittelpunkt der Tätigkeit eines Professors für Klavier an der Universität für Musik und darstellende Kunst

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des P.J.H., W., K.gasse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17, vom betreffend die Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2002 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) ist Universitätsprofessor und unterrichtete im Jahre 2002 an der Universität X in W Klavier. In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 brachte er im Rahmen seiner Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit Raumkosten im Ausmaß von 1.115,80 € als nicht vom Arbeitgeber berücksichtigte Werbungskosten in Ansatz und führte dazu in der Beilage ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/15/0052 an.

Das Finanzamt erkannte die Abzugsfähigkeit der beantragten Raumkosten als Werbungskosten im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 vom nicht an, zumal diese in keinem Zusammenhang mit der nicht selbständigen Tätigkeit stehen würden.

In der dagegen erhobenen Berufung führte der Bw. aus, dass die Raumkosten im Sinne der von ihm zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu berücksichtigen seien. Er benötige das Arbeitszimmer ausschließlich zum Üben und Proben, da er an der Universität Klavier unterrichte und dies auf einem hohen musikalischen Niveau erfolge. Dieses könne nur durch regelmäßige Arbeit am Instrument erreicht und gehalten werden. Seine Tätigkeit erschöpfe sich nicht im Üben und Proben, sondern erfordere ein regelmäßiges und dauerhaft ausgeübtes Spielen des Instrumentes, um die künstlerischen Fertigkeiten zu erhalten und zu steigern. An der genannten Universität würden zukünftige Künstler unterrichtet und ausgebildet werden.

Im Begründungsteil der abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt aus, dass gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 EStG in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996 Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer und dessen Einrichtungsgegenstände grundsätzlich keine Werbungskosten darstellen. Die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen sei nur dann gegeben, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen bilde. Der Mittelpunkt einer Lehrtätigkeit sei nach der Verkehrsauffassung zweifellos jener Ort, an dem die Vermittlung von Wissen und technischem Können selbst erfolgt. Eine solche Lehrtätigkeit könne naturgemäß nicht im häuslichen Wohnungsverband befindlichen Arbeitszimmer des an öffentlichen Einrichtungen unterrichtenden Lehrbeauftragten vorgenommen werden. Der Mittelpunkt der Lehrtätigkeit sei die unmittelbare Vermittlung von Wissen in den dafür vorgesehenen Räumlichkeiten der Universität. Der Mittelpunkt der Tätigkeit hinsichtlich der Einkunftsquelle aus dem Lehrvertrag an der Universität könne daher nicht im in Rede stehenden Arbeitszimmer gesehen werden. Die Benützung des häuslichen Arbeitszimmers mag zwar durchaus für die Tätigkeit des Steuerpflichtigen notwendig und förderlich sein, die anfallenden Kosten würden jedoch gemäß § 20 EStG 1988 zur Gänze zu den Kosten der privaten Lebensführung zählen.

Darüber hinaus legte das Finanzamt auf Basis einer Mitteilung gemäß § 109a EStG 1988 für das Kalenderjahr 2002 dar, dass es Bezüge aus einem mit der Universität X vereinbarten Werkvertrag in Höhe von 918,00 € als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Ansatz gebracht hatte.

Im Vorlageantrag brachte der Bw. vor, dass zur Ausübung des Berufes als Universitätslehrer für Klavier ein ständiges Üben und Proben notwendig sei, welches nicht im Einstudieren bestimmter Stücke bestehe, sondern eine konkrete Vorbereitung erfordere. Dies könne nur durch ein regelmäßiges und dauerhaft ausgeübtes Spielen des Instrumentes erreicht werden, um die künstlerischen Fertigkeiten zu erhalten und zu steigern. Darbietungen auf der Universität für Musik müssten durch ein extrem hohes Niveau gekennzeichnet sein, da die Erwartungshaltung der Studenten eine sehr hohe sei. Ohne ständiges Üben und Proben sei es nicht möglich, eine Klasse für Klavier zu führen und zu unterrichten. Der Bw. gab an, mehr als 50% seiner Gesamtzeit für die musikalische Fort- und Weiterbildung seiner Fertigkeit zu verwenden. Auch müssten im Unterricht immer wieder neue Entwicklungen und Trends aufgezeigt werden, was wiederum vorhergehendes umfangreiches Proben erfordere.

Die Möglichkeiten für diese aufwendigen und umfangreichen Proben stünden dem Bw. in Folge der räumlichen Begrenzung auf der Universität nicht zu und seien auch die Beweggründe für die Anschaffung eines eigenen Klaviers gewesen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Im vorliegenden Fall geht aus der Aktenlage unstrittig hervor, dass der Bw. im Streitjahr als Professor an der Universität X Klavier unterrichtete und Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit erzielt hat.

Die von ihm als Werbungskosten beantragten Aufwendungen betreffen ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände in der Wohnung nicht bei den einzelnen Einkünften abgezogen werden. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig.

Die Abgabenbehörde erster Instanz sieht in der Nutzung des in Rede stehenden Arbeitszimmers keine ausschließliche berufliche Nutzung durch den Bw. gegeben, zumal der Mittelpunkt einer Tätigkeit hinsichtlich der Einkunftsquelle aus dem Lehrvertrag an der Universität die unmittelbare Vermittlung von Wissen und Können in den dafür vorgesehenen Räumlichkeiten der Universität sei.

Vor dem Hintergrund, dass die Besonderheit des häuslichen Arbeitszimmers darin liegt, dass seine (Mit) Nutzung im Rahmen der Lebensführung vielfach nahe liegt, von der Behörde aber der Nachweis seiner Nutzung für die Lebensführung nur schwer zu erbringen ist, da ein solcher Ermittlungen im Privatbereich des Bw. erfordert, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Gesetzgeber die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer davon abhängig macht, dass es den Mittelpunkt der entsprechenden Betätigung des Steuerpflichtigen darstellt ().

Die Beurteilung, ob ein Arbeitszimmer den Tätigkeitsmittelpunkt nach der oben genannten Bestimmung darstellt, hat nach der Verkehrsauffassung, somit nach dem typischen Berufsbild zu erfolgen. Lässt sich eine Betätigung in mehrere Tätigkeitskomponenten zerlegen, erfordert eine Beurteilung nach der Verkehrsauffassung eine wertende Gewichtung dieser Teilkomponenten.

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist der Mittelpunkt der Lehrtätigkeit nach der Verkehrsauffassung zweifellos jener Ort, an dem die Vermittlung von Wissen und technischem Können selbst erfolgt. Eine solche Lehrtätigkeit kann naturgemäß nicht in einem im häuslichen Wohnungsverband befindlichen Arbeitszimmer des an öffentlichen Einrichtungen unterrichtenden Lehrers vorgenommen werden. Auch wenn für die Lehrtätigkeit eine Vorbereitungszeit sowie eine Zeit für die Beurteilung schriftlicher Arbeiten der Schüler erforderlich ist, so stellt diese Tätigkeit nicht den Mittelpunkt der Lehrtätigkeit, also die unmittelbare Vermittlung von Wissen und Können an den Schüler, dar ().

Damit ist klargestellt, dass bei einem Berufsbild - wie im vorliegenden Fall - die außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübte (Tätigkeits-)Komponente das Berufsbild entscheidend prägt. Die mit der Tätigkeit (auch) verbundene (Tätigkeits-)Komponente, die auf das Arbeitszimmer entfällt, ist demgegenüber bei Beurteilung des Berufsbildes typischerweise nicht wesentlich.

Der Verwaltungsgerichtshof brachte überdies in seinem Erkenntnis vom , 2003/13/0166, zum Ausdruck, dass der Umstand, dass ein Versicherungsvertreter über keinen anderen Arbeitsraum verfügt, das im Wohnungsverband gelegene Arbeitszimmer nicht zwangsläufig als Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers ausweist (vgl auch ). Der Mittelpunkt einer Tätigkeit ist nach ihrem materiellen Schwerpunkt zu beurteilen; im Zweifel wird darauf abzustellen sein, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird.

Der materielle Schwerpunkt eines Professors für Klavier an der Universität X liegt demgegenüber zweifelsohne in der Weitergabe seines Wissens und Könnens an die Studenten in den Räumlichkeiten der Universität. Daran vermag auch das Vorbringen des Bw., er benötige das im Wohnungsverband gelegene Arbeitszimmer ausschließlich zum Üben und zum Proben, zumal der Klavierunterricht an der Universität auf einem extrem hohen Niveau erfolge, nichts zu ändern.

Dass der Bw. zudem konkrete Vorbereitungen zu Hause vornimmt, und die musikalische Fort- und Weiterbildung seiner Fertigkeit sowie das Aufzeigen von neuen Entwicklungen und Trends ein ständiges Üben und Proben erfordere, das letztlich 50% seiner Gesamtzeit ausmache, steht der Tatsache, dass eine Lehrtätigkeit nicht nur aus praktischen Übungen besteht, sondern auch aus Theorie (Vermittlung von Wissen) und der Weitergabe des Könnens in der Universität, nicht entgegen. Einkommensteuerrechtlich bedeutend ist in diesem Zusammenhang, dass der Bw. Einkünfte aus einem Lehrauftrag bezogen hatte und der materielle Schwerpunkt eines Professors für Klavier - wie bereits ausgeführt - im Unterrichten an der Universität liegt, weshalb in diesem Fall ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer nicht den Tätigkeitsmittelpunkt begründen kann.

Selbst eine Beurteilung dieses Berufsbildes nach der Verkehrsauffassung, nach der eine wertende Gewichtung von Teilkomponenten zu erfolgen hat, führt zu der Schlussfolgerung, dass der Schwerpunkt der zu beurteilenden Tätigkeit der Unterricht an den Studenten ist. In diesem vermittelt der Bw. sein Können und Wissen und bringt die Studenten solcherart dazu, das vom Bw. ins Treffen geführte hohe Niveau zu erreichen. Dass in diesem Zusammenhang ein Musizieren auf hohem Niveau eine entsprechende Vorbereitungszeit notwendig macht, ändert nichts an der Tatsache, dass das Unterrichten, durch das der Bw. die in Rede stehenden Einkünfte bezogen hatte, unabhängig von der im häuslichen Arbeitszimmer verbrachten Zeit nicht in diesem, sondern an der Universität erfolgt und daher die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer einkommensteuerrechtlich nicht zulässig ist.

Der vom Bw. erfolgte Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/15/0052, bleibt im Berufungsverfahren ohne Erfolg, zumal die Beschwerdeführerin im dortigen Fall sowohl Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Vertragslehrerin am Salzburger Mozarteum, als auch Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit als Konzertpianistin erzielte und der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis zum Mittelpunkt der Lehrtätigkeit den Standpunkt vertritt, dass es "auf den von der Beschwerdeführerin hervorgehobenen Grad des Wissens und der Fertigkeiten der Schüler, auf den Unterschied zwischen Vermitteln von Grundkenntnissen des Musizierens durch einen Musikschullehrer und der Begleitung auf dem Weg zur künstlerischen Karriere ihrer Studenten zum Konzertfachdiplom dabei nicht ankommt."

Der Verwaltungsgerichtsgerichtshof geht in seiner Beurteilung nach dem materiellen Schwerpunkt einer Tätigkeit von einer typisierenden Betrachtungsweise aus, die bei einem Lehrer eben am Ort der Vermittlung des Wissens stattfindet, während der Mittelpunkt der Tätigkeit einer Konzertpianistin nach der Verkehrsauffassung an dem Ort anzunehmen ist, an dem sie die überwiegende Zeit an ihrem Instrument, im damaligen Beschwerdefall, in dem in Rede stehenden Arbeitszimmer, verbringt. Die gleiche Rechtsmeinung vertritt der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 98/13/013, hinsichtlich eines Arbeitszimmers eines AHS - Lehrers, nämlich dass "der Mittelpunkt der Lehrtätigkeit nach der Verkehrsauffassung zweifellos jener Ort ist, an dem die Vermittlung von Wissen und Können selbst erfolgt."

Im Erkenntnis vom , 2000/14/0150 wurde diese Sichtweise auf einen Orchestermusiker übertragen und unter Bezugnahme auf die von der dort belangten Behörde ins Treffen geführte Vorjudikatur ausgeführt, dass die Vorbereitungs- und Korrekturtätigkeit eines Lehrers mit dem Üben der Fertigkeiten eines Musikers nicht vergleichbar seien.

Aus all dem folgt, dass im gegenständlichen Verfahren der Mittelpunkt der Lehrtätigkeit des Bw. als Universitätsprofessor für Klavier nicht im häuslichen Arbeitszimmer liegt und demnach die in Streit stehenden Raumkosten nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen waren.

Abschließend wird festgehalten, dass die gemäß § 109 a EStG 1988 für das Kalenderjahr 2002 ausbezahlten Bezüge der Universität X für Leistungen als Vortragender, Lehrer und Unterrichtender in Höhe von 918,00 € - wie in der Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom - als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erfasst wurden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage. 1 Berechnungsblatt betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2002

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Lehrauftrag an der Universität für Musik und darstellende Kunst
häusliches Arbeitszimmer
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at