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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 23.12.2008, RV/3765-W/02

Hier: keine DB-Pflicht bei Auslandsentsendung von Arbeitnehmern (Siehe RV/3764-W/02)

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Cura Treuhand- und Revisionsgesellschaft m.b.H., 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 26, gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 23. Bezirk vom betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (Sektion A) für den Zeitraum bis  (StNr. xxx) entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Im Zuge einer bei der Berufungswerberin durchgeführten Lohnsteuerprüfung, Prüfungsauftrag vom , die laut den Beilagen zum Prüfbericht die Kalenderjahre bis zum Gegenstand hatte, stellte das Prüfungsorgan u.a. wie in der Beilage zu den Festsetzungsbescheiden Dienstgeberbeitrag vom enthalten, fest, dass die Bezüge von Dienstnehmern, die ins Ausland entsendet worden seien, nicht in die DB- und DZ-Bemessungsgrundlage einbezogen wurden.

Das Finanzamt schloss sich dieser Rechtsauffassung an und setzte der Bw. mit drei Festsetzungsbescheiden vom und zwar für 1-12/95 S 2,291.918,00 (€ 166.560,17), für 1-12/96 S 2,143.070,00 (€ 155.742,97) und für 1-12/97 S 1,865.314,00 (€ 135.557,65) an Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen fest. Die Bezüge der im Ausland beschäftigten (entsendeten) Außenstellenleiter seien nach Art. XIII des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. Nr. 818/1993, mit welchem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wurde und erstmals für das Jahr 1994 anzuwenden ist, nunmehr auch dann beitragspflichtig, wenn die Dienstnehmer im Ausland einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Fristgerecht wurde dagegen Berufung erhoben. Eingewendet wurde, dass in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (549 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XI. GP, ) unmissverständlich klargestellt werde, dass zunächst eine Unterscheidung der Gruppe der ständig im Ausland Beschäftigten von jener der nur vorübergehend dort tätigen und somit lediglich entsendeten Dienstnehmer vorgenommen werden muss. Beitragspflichtig können dabei nur Entgeltzahlungen an nicht dauerhaft im Ausland Beschäftigte sein, die zur befristeten Dienstleistung dorthin entsendet werden, was auf die bei der Bw. beschäftigten Außenstellenleiter nicht zutreffe. Mit den Außenstellenleitern sei ausschließlich eine Beschäftigung im Ausland vereinbart worden. Mangels Vorliegens eines Dienstverhältnisses im Inland sei es somit denkunmöglich, in der Auslandstätigkeit eine Entsendung von Österreich aus zu erblicken, wodurch der Abgabentatbestand des § 41 Abs. 1 FLAG nicht verwirklicht werden könne. Nach Ansicht der Bw. beruhe die Einbeziehung der Bezüge von ständig im Ausland Beschäftigten auf einer unrichtigen Interpretation des § 41 Abs. 1 FLAG und sie ersuchte um Stattgabe ihrer Berufung.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Im vorgelegten Mustervertrag für Außenstellenleiter werde von einem Dienst- und Entsendungsvertrag gesprochen und laut Punkt 3.10. des Vertrages sei ausdrücklich österreichisches Recht anzuwenden. Darüber hinaus unterlagen die Dienstnehmer weiterhin dem österreichischen Sozialversicherungsrecht und es bestand ein Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Voraussetzung für eine "beitragspflichtige" Entsendung sei daher gegeben.

Im Vorlageantrag brachte die Bw. vor, dass für die Außenstellenmitarbeiter neben ausländischen arbeitsrechtsrechtlichen Vorschriften auch eine Reihe weiterer Gesetzesbestimmungen des jeweiligen Beschäftigungsstaates zwingend anzuwenden sei. Der verbleibende Anwendungsbereich österreichischen Rechts sei daher verhältnismäßig gering. Dazu legte die Bw. eine Liste von 54 Mitarbeitern vor, die für den ausschließlichen Auslandseinsatz aufgenommen wurden, sowie das Formular Dienstvertrag und Entsendungsvereinbarung (aus dem Jahr 1995)

Die Rechtssache wurde zu dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Zl. 2006/15/0115 gemäß § 281 BAO ausgesetzt. Am entschied der Verwaltungsgerichtshof und hob den Bescheid, soweit er den Dienstgeberbeitrag betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

Die Bw. zog mit Schreiben vom den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat zurück.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 41 Abs. 1 FLAG lautet: Den Dienstgeberbeitrag haben alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen; als im Bundesgebiet beschäftigt gilt ein Dienstnehmer auch dann, wenn er zur Dienstleistung ins Ausland entsendet ist.

Zu einem vergleichbaren Fall hob der Verwaltungsgerichtshof am , Zl. 2006/15/0115 den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf:

"Art 4 Abs. 1 der VO (Anm.: Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern) lautet:

Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die folgende Leistungsarten betreffen:

a)....

h) Familienleistungen."

Art 1 Buchstabe j der VO definiert den Begriff "Rechtsvorschriften" wie folgt: "In jedem Mitgliedstaat die bestehenden und künftigen Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften in bezug auf die in Artikel 4 Absätze 1 und 2 genannten Zweige und Systeme der sozialen Sicherheit."

Art 13 der VO bestimmt:

(1) Ein Arbeitnehmer, für den diese VO gilt, unterliegt den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaates. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

(2) Soweit nicht die Artikel 14-17 etwas anderes bestimmen, gilt folgendes:

a) Ein Arbeitnehmer, der im Gebiet eines Mitgliedstaates beschäftigt ist, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staates, und auch dann, wenn er im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates wohnt oder sein Arbeitgeber oder das Unternehmen, das ihn beschäftigt, seinen Wohnsitz oder Betriebssitz im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates hat;

...."

Art 14 der VO lautet auszugsweise:

"Sonderregelungen

(1) Vom Grundsatz des Artikels 13 Absatz 2 Buchstabe a) gelten folgende Ausnahmen und Besonderheiten:

a) i) Ein Arbeitnehmer, der im Gebiet eines Mitgliedstaates von einem Unternehmen beschäftigt wird, dem er gewöhnlich angehört, und von diesem Unternehmen zur Ausführung einer Arbeit für dessen Rechnung in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates entsandt wird, unterliegt weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Staates, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit zwölf Monate nicht überschreitet und er nicht einen anderen Arbeitnehmer ablöst, für den die Entsendungszeit abgelaufen ist;

..."

Art 17 der VO lautet:

"Ausnahme von den Artikeln 13 bis 16

Zwei oder mehr Mitgliedstaaten oder die zuständigen Behörden dieser Staaten können im Interesse bestimmter Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen Ausnahmen von den Artikeln 13 bis 16 vereinbaren."

Einleitend ist festzuhalten, dass die VO im Anhang VI des EWR-Abkommen angeführt ist, sodass ihr auch im EWR Geltung zukommt (vgl. auch Azizi, in Hummer, Der EWR und Österreich, 107; und Egger, in Hummer (Hrsg.), aaO, 153).

Die nationale Bestimmung des § 41 FLAG, welche die Leistung der Dienstgeberbeiträge durch die Dienstgeber regelt, durch welche wiederum das System der Leistung der Familienbeihilfen finanziert wird, fällt in den sachlichen Geltungsbereich der VO (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. h der VO).

Nach den ErlRV zu § 41 FLAG, 549 BlgNR XI. GP, liegt eine Entsendung ins Ausland im Sinne dieser Vorschrift dann vor, wenn das Dienstverhältnis im Inland eingegangen worden ist und darauf inländische Rechtsvorschriften anwendbar sind. Im Hinblick auf die Anwendbarkeit ausländischer arbeitsrechtlicher Normen auf die betreffenden Dienstverhältnisse hat die belangte Behörde für Dienstnehmer, die nicht im EU-/EW- Raum tätig sind, die Beitragspflicht nach § 41 FLAG verneint. Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag nach § 57 Abs. 4 und 5 Handelskammergesetz sowie § 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz - die beiden Gesetze knüpfen für diese Zuschläge an die Beitragsgrundlage des § 41 FLAG an - hat sie für alle im gegenständlichen Verfahren betroffenen Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin verneint. Auch dies mit der Begründung, dass keine Entsendung im Sinne des § 41 FLAG vorliege, sodass keine Abgabepflicht bestehe.

Für die im EU-/EWR - Raum tätigen Dienstnehmer hat die belangte Behörde die Beitragspflicht deshalb angenommen, weil der Dienstgeberbeitrag in den Anwendungsbereich der VO falle und sich aus "Artikel 14 und vor allem Artikel 17" der VO ergebe, dass für ihren Anwendungsbereich die Arbeitnehmer den Rechtsvorschriften Österreichs unterlägen.

Abgesehen davon, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht dartut, aus welchen Gründen sich - getrennt für die einzelnen Arbeitnehmer im Hinblick auf deren konkrete Verhältnisse - aus Art 14 oder Art 17 der VO die Anwendbarkeit der österreichischen Vorschriften ergibt, hat sie auch den normativen Inhalt der VO verkannt. Zum Inhalt der Art 13ff der VO gehört es, die Kumulierung von Rechtsvorschriften(mit Wirkung mehrfacher Beitragsleistung) zu vermeiden (vgl. das C- 34/98 (Kommission/Frankreich), Rn 31 und 34). Die genannten Regelungen der VO schaffen aber nicht für sich eine Abgabe- oder Beitragspflicht, die nach nationalem Recht nicht besteht und nach nationalem Recht nicht Voraussetzung für einen Anspruch auf Familienleistungen (hier insbesondere Anspruch auf Familienbeihilfe) darstellt."

Der vorliegende Fall mit der vom Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Rechtssache im Wesentlichen vergleichbar ist, war der Berufung stattzugeben und die angefochtenen Bescheide betreffend Dienstgeberbeitrag aufzuheben.

Wien, am

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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at