Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 06.11.2009, RV/0603-S/07

Zugehörigkeit des Kindes zum Haushalt der Mutter oder der Großmutter ?

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der PK., S., vertreten durch Schöpf, Maurer & Bitschnau, Rechtsanwälte, 5020 Salzburg, Paris-Lodron-Str. 3a, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt, vertreten durch OR Mag. Dr. Thomas Seiler, vom betreffend Rückforderung Familienbeihilfe für den Zeitraum bis August 2004 im Beisein der Schriftführerin Ingrid Schmidbauer nach den am 21. August und in 5026 Salzburg-Aigen, Aignerstraße 10, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Oktober 2000 bis August 2004 wird Folge gegeben und der angefochtenen Bescheid hinsichtlich dieser Zeiträume aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin bezog bis April 2005 Familienbeihilfe für ihren Sohn M. (geb. am 1). Mit Eingabe vom beantragte der geschiedene Gatte der Bw. Familienbeihilfe mit der Begründung, sein Sohn lebe bereits seit der Scheidung im Jahr 2000 ständig in seinem Haushalt und er sei all die Jahre allein für dessen Unterhalt aufgekommen. Seine Exgattin, die nunmehrige Berufungswerberin, habe in all den Jahren nur mehr ein Besuchsrecht ausgeübt. Seinem Wunsch, die an sie ausgezahlte Familienbeihilfe mit ihm zu teilen, habe sie abgelehnt. Er habe die Krabbelstube, den Kindergarten, Schi-, Musik-, Englisch und Sportkurse sowie alle Arztbesuche bezahlt.

Aufgrund dieser Angaben forderte das Finanzamt Salzburg-Stadt mit Bescheid vom von der Berufungswerberin (Bw.) für den Zeitraum Oktober 2000 bis April 2005 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge mit der Begründung zurück, dass der Sohn M. seit der Scheidung der Bw. am beim Kindesvater lebe und sie daher mangels Haushaltszugehörigkeit (§ 2 Abs. 2 FLAG 1967) des Kindes keinen Anspruch auf Familienbeihilfe habe.

Mit Eingabe vom brachte die Bw. gegen diesen Bescheid Berufung ein. In der Begründung wurde im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Die Ehe der Bw. sei am einvernehmlich geschieden worden. Im Scheidungsvergleich sei die Obsorge über den Sohn M. ihr zugesprochen worden. Weiters sei vereinbart worden, dass M. je zur Hälfte bei ihr und zur Hälfte beim Kindesvater wohnen solle, welcher sich auch zur Zahlung eines Unterhaltes iHv. € 218,02 verpflichtet habe.

M. sei in all den Jahren regelmäßig drei bis vier Tage in der Woche bei ihr gewesen, wobei dies sich so gestaltete, dass er unter der Woche 1-2 Tage und zusätzlich jeweils Freitag bis Samstag bei der Bw. war.

Der Kindesvater habe nie Unterhalt gezahlt. Sie habe sehr viele Dinge des täglichen Bedarfes sowie Spielzeug, Kleidung und Sportgeräte für M. gekauft, während der Kindesvater nichts zum Unterhalt seines Sohnes beigetragen habe. Die vom Kindesvater erwähnten Ausgaben habe nicht er sondern dessen Eltern getätigt, da er keiner Berufstätigkeit nachgegangen und von seinen Eltern finanziert worden sei.

Das Ermittlungsverfahren betreffend Rückforderung der Familienbeihilfe sei grob mangelhaft. Sie sei vom Finanzamt nie über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens informiert worden, sodass sie sich zu den von ihrem Exmann erhobenen Vorwürfen nicht rechtfertigen habe können. Sie sei auch nicht zu einer Stellungnahme zu seinen Vorwürfen aufgefordert worden. Im übrigen verweise sie auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes v. , 2001/15/0199, wonach bei einem erst nach der Scheidung gestellten Antrag auf rückwirkende Gewährung der Familienbeihilfe einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen seien, auf die die Zuerkennung gestützt werden könne.

Mit Schreiben vom wurde der Kindesvater MG. zur Stellungnahme bezüglich der Berufung aufgefordert. In einer Eingabe vom teilte er mit, dass die Angaben seiner Exgattin grob unwahr und frei erfunden seien. Zentrales Thema der Scheidung sei das Sorgerecht betreffend des gemeinsamen Kindes M. gewesen. Da es zum damaligen Zeitpunkt das gemeinsame Sorgerecht rechtlich noch nicht gegeben habe, sei vereinbart worden, dass er sobald dies gesetzlich möglich sei, das gemeinsame Sorgerecht erhalten werde.

Die Vereinbarung im Scheidungsvergleich, wonach M. je zur Hälfte bei der Kindesmutter und beim Kindesvater wohne, sei von seiner Exgattin nur aus emotionalen Gründen in den Vergleich aufgenommen worden, da von Anfang an klar war, dass dies so nicht gehandhabt werden werde. Es sei von Anfang an vereinbart gewesen, dass M. bei ihm und seinen Eltern in der R. Straße wohnen bleibe und er damit zum allein erziehenden Vater werde. Seine Mutter habe ihn dabei unterstützt, in dem sie die Tagesbetreuung übernommen habe.

Seit der Scheidung übe seine Exgattin nur mehr ein Besuchsrecht, vorwiegend am Wochenende, aus. Sie sei überdurchschnittlich beruflich belastet; man könne sie auch als Workaholic bezeichnen, da sie neben ihrer Tätigkeit am Wochenende Seminare veranstalte und eine zeitaufwendige Ausbildung als Psychotherapeutin absolviert habe. Sie habe sich daher nur wenig um M. kümmern können.

Seine Mutter habe nach der Scheidung ein Tagebuch begonnen, da seine Exgattin einen Selbstmordversuch unternommen und gedroht habe, seine Familie zu zerstören, wenn er nicht sofort aus dem (früheren) gemeinsamen Haus in K. ausziehen werde. Bis zum habe seine Mutter dieses Tagebuch geführt; danach habe sie nur mehr im Terminkalender festgehalten, ob sich M. in der R. Straße oder bei der Kindesmutter aufgehalten habe.

Aufgrund dieser Aufzeichnungen stehe fest, dass M. im Jahr 2000 von 117 Tagen 96, Tage bei ihm gewesen sei; 2001 sei er 327,5 Tage, 2002 323 Tage, 2004 304,5 Tage und 2005 von 151 Tagen 127 Tage bei ihm gewesen.

Zum Kindesunterhalt führte er aus, dass er diesen nicht gezahlt habe, da von Anfang an klar war, dass M. bei ihm wohnen werde. Seine Exfrau habe den Unterhalt auch nie urgiert. Da er allein erziehender Vater gewesen sei, hätte er eigentlich Unterhalt von seiner Exfrau erhalten müssen. Es sei auch nicht richtig, dass er keiner Beschäftigung nachgehe und ausschließlich seine Eltern den Unterhalt für M. finanziert hätten.

Er habe seine Exfrau wiederholt aufgefordert, die Familienbeihilfe wenigstens zum Teil ihm zu geben, was diese jedoch mit der Begründung, dies sei zu kompliziert, abgelehnt habe.

Weiters legte er eine Stellungnahme der Krabbelstube "X." vom vor, wonach M. überwiegend von ihm bzw. von seiner Mutter gebracht und abgeholt worden sei. Seine Exfrau sei, wenn sie ihn gebracht habe, wenig liebevoll gewesen. Das gleiche habe der städtische Kindergarten bestätigt.

M. besuche die Volksschule Y (seit September 2004) und sei auch dort unter der Adresse R. Straße registriert. Seine Exfrau habe dem zugestimmt, da sie, wäre er mit der Adresse K. in der Volksschule angemeldet worden, Schulgeld bezahlen hätte müssen.

Er könne Zahlungsbelege betreffend Krabbelstube, Kindergarten, Musikschule, Englischkurs u.a. vorlegen sowie auf verschiedenste Zeugen verweisen.

In der Stellungnahme zu den Angaben ihres Exgatten gab die Bw. an, dass die zentralen Punkte des Scheidungsvergleiches nicht nur "formal" festgelegt, sondern auch so gemeint waren. M. sollte je zur Hälfte bei ihr bzw. dem Kindesvater wohnen. Sie habe keinesfalls nur ein Besuchsrecht ausgeübt und es sei eine Unterstellung, dass sie aufgrund ihrer beruflichen Belastungen nicht mehr in der Lage gewesen sei, sich um das Kind zu kümmern. Sie habe ihre Ausbildung zum Zeitpunkt der Scheidung längst abgeschlossen und sei daher nicht mehr als jeder andere leitende Angestellte beruflich belastet gewesen. Dass ihre Exschwiegermutter gerade zwei Wochen vor der Scheidung "ein Tagebuch" zu schreiben begonnen habe, sei bezeichnend. Auch die Vorwürfe betreffend Selbstmordversuch und Drohungen seien frei erfunden. Im übrigen könne sie ebenfalls eine Reihe von Zeugen beibringen, die ihre Angaben bestätigen können.

Was die Angaben betreffend Krabbelstube und Kindergarten betreffen, sei es so gewesen, dass sie M. aus zeitlichen Gründen in der Früh zuerst zur Großmutter gebracht habe, die mit ihm in den Kindergarten gegangen bzw. ihn vom Kindergarten und der Krabbelstube abgeholt habe. Nach Dienstschluss habe sie M. im Haus seiner Großeltern abgeholt.

Zu den Aufzeichnungen der Großmutter gab sie an, dass sie deren Echtheit bezweifle. Der vom Finanzamt geforderten Aufforderung nach Vorlage einer Aufstellung, wann genau M. bei ihr gewesen sei, könne sie jedoch nicht nachkommen, da keine normale Mutter detaillierte Aufzeichnungen darüber mache, wann ihr Kind bei ihr sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt ihre Berufung als unbegründet ab. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Vater zweifellos nachweisen habe könne, unter Zuhilfenahme der tabellarischen Aufzeichnungen der Aufenthaltszeiten, dass sich M. überwiegend im Haushalt seines Vaters aufgehalten habe. Wörtlich führte das Finanzamt hiezu folgendes aus:

"Im Zuge des Ermittlungsverfahrens brachte die Berufungswerberin vor, dass diese Aufzeichnungen nachträglich angefertigt wurden und somit diesen keine Beweiskraft zuzuerkennen wäre. Weiters brachte sie vor, dass diese Liste (Tagebuch) mit dem gleichen Stift und mit der gleichen Handschrift ausgeführt wurde. Dieser Ansicht kann sich das Amt nicht anschließen, denn diese Aufzeichnungen liegen nur in Kopie vor. Somit ist eine Überprüfung, ob der gleiche Stift verwendet wurde, nicht möglich und würde eine unterschiedliche Handschrift eher verdächtig erscheinen. Die Aufzeichnung von Besuchszeiten im Zuge einer Trennung sind nach Ansicht des Finanzamtes eher die Regel und können auf gar keinen Fall als lebensfremd erachtet werden."

Weiters wurde noch ausgeführt, dass sich die Angaben der von der Bw. beigebrachten Zeugen teilweise widersprechen.

Mit Eingabe vom beantragte die Bw. die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch den Unabhängigen Finanzsenat. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen führte sie im Wesentlichen aus, dass das Finanzamt ihre Zweifel an der chronologischen Erstellung der Liste nicht einfach mit der Begründung, die Liste liege nur in Kopie vor und könne daher nicht überprüft werden, verwerfen könne. Die Behörde hätte aufgrund der von ihr vorgebrachten Zweifel jedenfalls die Vorlage des Originales veranlassen müssen. Weiters habe sie ausdrücklich die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Nachweis, dass die Liste eben nicht chronologisch über den angegebenen Zeitraum sondern erst im Nachhinein erstellt worden ist, beantragt. Das Finanzamt habe über diesen Antrag gar nicht abgesprochen, worin ein klarer Verfahrensfehler liege.

Auch über die von ihr beantragten Zeugen habe das Finanzamt nicht abgesprochen, sondern lediglich auf unklare Formulierungen verwiesen, die angeblich zu ihrem Vorbringen im Widerspruch stünden. Hätte man die Zeugen einvernommen, wären die Widersprüche, die sich aus juristisch unklaren Formulierungen ergeben, aufgeklärt worden.

In der am abgehaltenen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt, dass sich ab dem Eintritt in die Volksschule die Betreuungssituation dahingehend geändert habe, dass M. unter der Woche ständig von der Großmutter betreut worden ist und er nur mehr die Wochenenden bei der Bw. verbracht habe. Für den Zeitraum September 2004 bis einschließlich April 2005 werde die Berufung daher zurückgezogen.

In der am fortgesetzten mündlichen Verhandlung erklärte die Bw. dass eine stichprobenartige Überprüfung der Kalendereintragungen mit der zusammengefassten Liste ergeben habe, dass diese nicht übereinstimmen. So z. B. am , wo in der Liste der Vermerk "P. Montag früh geholt" eingetragen, im Kalender sich jedoch keinerlei Aufzeichnung befinde. In der gesamten darauf folgenden Woche sind keine Eintragungen erfolgt, während laut Liste sämtliche Tage den Vermerk "Rhst" (=R. Straße) aufweisen. Auch der Vertreter des Finanzamtes bestätigte, dass die zusammengefasste Liste mit den Kalendereintragungen nicht problemlos vergleichbar sei.

Hinsichtlich des Zeitraumes September 2004 bis April 2005 zog die Bw. die Berufung zurück. Die Situation habe sich mit dem Eintritt in die Volksschule geändert, sodass M. während der gesamten Woche bei der Großmutter verbracht hat und er nur mehr am Wochenende bei ihr war.

Über die Berufung wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

Die Ehe der Bw., der das am geborene minderjährige Kind M. entstammt, wurde am einvernehmlich geschieden. Das Sorgerecht wurde der Bw. zuerkannt, da zu diesem Zeitpunkt eine Teilung des Sorgerechtes zwischen den Eltern aus rechtlichen Gründen nicht möglich war. Das Besuchsrecht wurde so gestaltet, dass M. je zur Hälfte bei der Bw. und zur Hälfte beim Vater des Kindes wohnt.

Die Bw. blieb in der bisherigen Ehewohnung (Einfamilienhaus) in 2 K. , G., während ihr geschiedener Mann eine Wohnung im Haus seiner Eltern in L., R. Straße 3, bezogen hat.

M. hatte sowohl im Haus der Bw. als auch im Haus seiner Großeltern ein eigenes Zimmer. Im Haushalt der Mutter in K. lebten noch 2 Söhne der Bw. aus einer früheren Ehe, PKi., geb. am , und bis zum Herbst 2002 MK., geb. am . Der Vater verpflichtete sich zu einer monatlichen Unterhaltszahlung iHv. ATS 3.000,00, der er aber in der Folge nicht nachgekommen ist.

M. besuchte von Mai 1999 bis Ende August 2001 (halbtags mit Mittagessen) die Krabbelstube "X. " in SPG. Die Kosten (ca. ATS 3.300 monatlich) trugen die Großeltern.

Von bis besuchte er den Städtischen Kindergarten (halbtags mit Mittagessen) SM.

Ab September 2004 besuchte er die Volksschule Y.

Die Bw. ist ausgebildete Psychologin und Psychotherapeutin und arbeitete bis einschließlich Oktober 2000 im J. in B. halbtägig (25 Wochenstunden) als Psychologin in der Intensivstation sowie 4 Stunden pro Woche in ihrer eigenen Praxis.

Im November 2000 begann sie ihre Tätigkeit (Vollzeit) als Personalentwicklerin bei der Fa. Z. in B.. Sie arbeitete in der Zentrale mit einer (im Wesentlichen) geregelten Dienstzeit bis 16:00 Uhr. Ab Dezember 2001 begann sie bei der Fa. Z. mit der Entwicklung eigener Projekte, die es erforderten, dass sie 1-2 Nächte pro Woche auswärts verbringen musste.

Von Oktober 2000 bis Dezember 2001 arbeitete die Bw. halbtags, sodass sie ihren Sohn in der Früh (zwischen 6:30 und 7:00 Uhr) zur Großmutter nach B. brachte, die ihn in die Krabbelstube bzw. in den Kindergarten brachte. Das Mittagessen nahm er in der Krabbelstube bzw. im Kindergarten ein. Am Nachmittag holte ihn die Großmutter von der jeweiligen Einrichtung ab und er blieb bei ihr bis die Bw. ihn nach Dienstschluss am späteren Nachmittag abholte.

In dieser Zeit hat M. 1 - 2-mal wöchentlich bei der Großmutter (bzw. seinem Vater) genächtigt.

Von Dezember 2001 bis September 2004 musste M. ca. 2-mal pro Woche im Haus der Großeltern übernachten, da die Bw. beruflich stärker beansprucht war. Auch in dieser Zeit brachte die Bw. M. in der Früh zur Großmutter und holte ihn abends bei ihr ab. Freitagmittag bzw. Nachmittag holte sie ihn in B. ab und M. verbrachte das Wochenende bis Sonntag bei der Bw.

Seine Geburtstage wurden sowohl bei der Bw. als auch bei den Großeltern gefeiert, wobei diese auch zu den Feiern Freunde aus der Nachbarschaft bzw. Kinder aus dem Kindergarten eingeladen haben. Arztbesuche fanden sowohl mit der Bw. als auch mit der Großmutter statt.

In rechtlicher Hinsicht war daher auszuführen:

Gem. § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) hat die Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Haushaltsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt u.a. nicht als aufgehoben, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält (lit. a) bzw. (lit. b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt.

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 erlischt der Familienbeihilfeanspruch mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen, soweit der unrechtmäßige Bezug nicht ausschließlich durch eine in § 46 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 genannte Gebietskörperschaft oder gemeinnützige Krankenanstalt verursacht worden ist.

Wie sich aus § 2 Abs. 2 FLAG 1967 ergibt, knüpft der Anspruch auf Familienbeihilfe primär an die Haushaltszugehörigkeit des Kindes an. Dabei geht das Gesetz erkennbar davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann.

Einerseits wird gemäß § 7 FLAG 1967 für ein Kind Familienbeihilfe nur einer Person gewährt, andererseits gibt es unter dem Gesichtspunkt "Haushaltszugehörigkeit" keine Regelungen über eine Reihung von potentiell anspruchsberechtigten Personen, etwa nach der Dauer des Aufenthaltes oder dem Grad der Intensität einer solchen Zugehörigkeit. Lediglich dann, wenn ein Kind dem gemeinsamen Haushalt beider Elternteile angehört, kennt das FLAG einen "Konkurrenzfall", der in § 2a geregelt ist.

Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 FLAG näher umschrieben; demgemäß kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an (, , 96/14/00069.

Das Finanzamt begründete die Rückforderung der Familienbeihilfe damit, dass M. beim Kindesvater lebe. In der Berufungsvorentscheidung argumentierte das Finanzamt, dass sich M. überwiegend im Haushalt des Vaters aufgehalten habe. Dies sei durch die von der Großmutter geführten Aufzeichnungen nachgewiesen worden.

Der Senat kann diese Argumentation aus folgenden Gründen nicht teilen.

Den im Akt befindlichen Unterlagen ist zu entnehmen, dass die Scheidung der Bw. mit heftigen gegenseitigen Vorwürfen (angeblicher Selbstmordversuch, angebliche Körperverletzung, illegaler Waffenbesitz, angebliche Drohung mit erweitertem Selbstmord etc.) abgelaufen ist. Wohl aus diesem Grund hat die (Ex)Schwiegermutter der Bw. Aufzeichnungen hinsichtlich des Verbleibs von M. geführt. Hiezu wurden laufend Eintragungen in Jahreskalendern durchgeführt, aus denen der Aufenthalt des Kindes beim Vater dokumentiert werden sollte. Weiters wurde vor Übergabe der Kalender von der Großmutter eine zusammenfassende Liste aus den regelmäßig geführten Kalenderbüchern betreffend jener Tage erstellt, an denen M. bei ihr war. Der (im Nachhinein erstellten) zusammenfassenden Liste ist zu entnehmen, dass M. fast ausschließlich im Haus der Großeltern gewohnt hat.

von September bis Dezember 2000: 96 Tage

im Jahr 2001: 327,5 Tage

im Jahr 2002: 323 Tage

im Jahr 2003: 327,5 Tage

bis Mai 2004: 127 Tage

Die Vermerke lauten auszugsweise wie folgt: "A.", früh gebracht, abends geholt, wird gebracht, geholt etc. Vergleicht man diese Liste mit den (spärlichen) regelmäßig geführten Kalenderaufzeichnungen ergibt sich eine nicht erklärbare Diskrepanz, sodass dieser (erst im Nachhinein) erstellten Liste nur eine verminderte Glaubwürdigkeit zukommt.

Ein stichprobenweiser Vergleich der Liste mit den Kalenderaufzeichnungen erbrachte folgende Differenzen:

: lt. Liste "um 17.30 abgeholt". Im Kalender findet sich hiezu kein Eintrag.

: lt. Liste "A. ". Im Kalender: "3/4 5 h M. N.

: lt. Liste: am Abend abgeholt. Im Kalender keine Eintragung.

Im Jahr 2003, 2004 und 2005 scheint im Kalender fast an jedem Tag ein Vermerk "Mo da" auf. Da M. ja die Krabbelstube und den Kindergarten besuchte und davor und danach bei seiner Großmutter war, erscheint dies wenig aussagekräftig. Aus der Sicht des Senates stellt es sich so dar, dass die Großmutter offensichtlich die Tage, an denen sie M. in die Krabbelstube bzw. in den Kindergarten gebracht hat und an denen er daher davor bzw. im Anschluss daran bei ihr war, in diese Aufzeichnungen eingebracht hat. Da M. aber, den glaubwürdigen Angaben der Bw. zufolge, am Nachmittag bzw. Abend von ihr abgeholt und mit ihr in die Wohnung nach K., wo auch die Halbbrüder lebten, gefahren ist, ist davon auszugehen, dass sie auch in überwiegendem Maße für die Versorgung, Pflege und Erziehung des Kindes zuständig war und auch die altersgemäßen Pflegemaßnahmen durchgeführt hat.

Insbesondere in der Zeit von Oktober 2000 bis Dezember 2001, in der die Bw. nur halbtags beschäftigt war, gibt es auch aufgrund der Aussagen der ebenfalls im Haushalt der Bw. lebenden Söhne MK. und PKi. keinerlei Zweifel, dass M. dort genächtigt und jene Fürsorge erhalten hat, die ein Kind in seinem Alter benötigt. Dass das Kind von der Großmutter in die Krabbelstube bzw. den Kindergarten gebracht worden ist und bis zur Abholung durch die Bw. bei der Großmutter worden ist, führt nicht dazu, dass damit bereits die Haushaltszugehörigkeit bei der berufstätigen Mutter aufgehoben wird. Die Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen lassen sich mit den Arbeitszeiten nicht immer vereinbaren. M. ist bereits während aufrechter Ehe der Bw. von der Großmutter in die Krabbelstube in Salzburg gebracht worden, sodass sich diese Vorgehensweise offenbar bewährt hatte.

Wie die Bw. glaubhaft vorgebracht hat, hat sie sich, nachdem sie M. von der Großmutter abgeholt hat, um ihr Kind gekümmert und hat M., insbesondere in dieser Zeit (2000 - 2001), fast ausschließlich in K. genächtigt.

Die Großmutter hat im Zuge ihrer Einvernahme vor dem Senat ausgesagt, dass M. sowohl vor als auch nach der Scheidung der Bw. von ihr in die Krabbelstube gebracht und sie ihn dort auch wieder abgeholt habe. Weiters hat sie angegeben, dass sowohl sie als auch die Bw. mit ihm zum Arzt gegangen ist. Die Untersuchungen im Rahmen des Mutter-Kind Passes wurden von der Bw. bei deren Hausarzt in Deutschland durchgeführt. Als M. einmal wegen einer Durchfallerkrankung ins Spital musste, hat die Bw. diese Zeit mit ihm im Spital verbracht.

Für den Senat steht fest, dass die Großmutter eine wesentliche Stütze in der Versorgung des Kindes war und ist, dass aber aus dem Umstand, dass M. vor und nach dem Besuch der Krabbelstube und des Kindergartens bei ihr war und dort auch wiederholt genächtigt hat, nicht geschlossen werden kann, dass er damit nicht mehr zum Haushalt der Bw. gehörte. Im übrigen lebt der Vater von M. im Haus seiner Eltern, so dass bereits aus diesem Grund das Kind in regelmäßigen Abständen dort auch genächtigt hat. Wie die Lebenserfahrung zeigt, bedürfen gerade Kinder im Vorschulalter selbstverständlich auch abends und nachts der Pflege, Aufsicht und der Versorgung, sodass selbst wenn, bedingt durch die Berufstätigkeit der Mutter, die Tagesbetreuung durch andere Personen erfolgt, dies nicht bedeutet, dass damit keine Wohngemeinschaft mit der Mutter besteht.

In seiner Eingabe vom hat der Exgatte der Bw. seinen Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit nach der Scheidung u. a. damit begründet, dass er den überwiegenden Unterhalt für M. geleistet und Krabbelstube, Kindergarten etc. bezahlt habe. Dem ist zu entgegnen, dass er einerseits seiner im Scheidungsvergleich vereinbarten Zahlung von monatlichem Unterhalt iHv. ATS 3.000,00 unbestrittenermaßen nicht nachgekommen ist. In diesem Zusammenhang ist auf § 2 Abs. 2 zweiter Satz des FLAG zu verweisen: danach hat jemand, der die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend trägt, ohne dass das Kind bei ihm haushaltszugehörig ist, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn das Kind bei keinem anderen (Groß-, Stief-, Wahl oder Pflege-)Elternteil haushaltszugehörig ist. Da aber M. im strittigen Zeitraum als zum Haushalt der Bw. zugehörig anzusehen ist, ändert daran auch die finanziellen Zuwendungen wie beispielsweise Bezahlung der Krabbelstube, des Kindergartens, des Englisch- bzw. Musikkurses nichts. Durch die Zugehörigkeit des Kindes zum Haushalt der Bw. hat diese vorrangig Anspruch auf Familienbeihilfe.

Das Finanzamt hat allein aufgrund der Angaben des früheren Gatten und dessen Mutter und ohne vorherige Anhörung der Bw. die Rückforderung der Familienbeihilfe eingeleitet. Eine genauere Überprüfung der vorgelegten Unterlagen im Rahmen des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Finanzsenat hat deren Angaben nicht zweifelsfrei bestätig.

Nach § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzusehen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt ().

Aufgrund der vorgelegten Unterlagen sowie der Aussagen der als Zeugen einvernommenen Söhne der Bw. ist es als erweisen anzusehen, dass M. im Zeitraum Oktober 2000 bis einschließlich August 2004 zum Haushalt der Bw. gehörte und sie daher zu Recht die Familienbeihilfe bezogen hat. Wenn auf Initiative des Exgatten nach der Scheidung behauptet wird, das Kind habe bereits 5 Jahre nicht mehr zum Haushalt der Mutter gehört und diese habe das Kind nur mehr sporadisch besucht, erscheinen diese Angaben nicht glaubwürdig. Die zur Untermauerung dieser Behauptung vorgelegten Unterlagen sind widersprüchlich (Liste und Kalendereintragungen stimmen nicht immer überein) und lassen keinen eindeutigen Beweis der vom Exgatten behaupteten Situation zu. Der Vermerk "Mo da" reicht für sich allein nicht aus, die Angaben der Mutter und der anderen im Haushalt der Mutter lebenden Söhne zu widerlegen, zumal die Bw. nie in Abrede gestellt hat, dass M. unter der Woche tagsüber von der Großmutter betreut worden ist.

Der VwGH hat in der Entscheidung vom , 2001/15/0199 ausgeführt, dass es in Fällen, in denen ein Elternteil in einem erst nach der Ehescheidung gestellten Antrag eine rückwirkende Gewährung der Familienbeihilfe zu seinen Gunsten erreichen will, es jedenfalls seine Aufgabe ist, einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf die diese Zuerkennung gestützt werden kann.

Im konkreten Fall konnte daher das Finanzamt allein aufgrund der Behauptungen des Exgatten und der Aufzeichnungen der Großmutter nicht zweifelsfrei davon ausgehen, dass M. im Zeitraum Oktober 2000 bis August 2004 nicht dem Haushalt der Bw. angehört hat. Der Umstand, dass die Bw. einer ihrer Ausbildung entsprechenden Beschäftigung nachgegangen und daher die Tagesbetreuung der Großmutter bzw. Betreuungseinrichtungen überlassen hat, führt nicht dazu, dass damit die Haushaltszugehörigkeit aufgelöst wird.

Entsprechen die Angaben des Exgatten den Tatsachen, hätte dieser wohl sofort nach der Scheidung den Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe gestellt. Warum er sich damit 5 Jahre Zeit gelassen und anstelle dessen von der Großmutter dürftige Aufzeichnungen geführt wurden ohne dass beim Finanzamt ein Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe gestellt worden ist, ist nicht nachvollziehbar.

Ab dem Eintritt in die Volksschule hat sich diese Situation laut Aussagen der Bw. insofern geändert, als M. durchgehend von Sonntag abends bis Freitag Mittag in Salzburg verblieben ist und daher dem Haushalt der Großmutter angehört hat. Die Bw. hat in der mündlichen Verhandlung vom ihre Berufung hinsichtlich der Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge betreffend den Zeitraum September 2004 bis April 2005 (7 Monate x € 138,20: Familienbeihilfe ab 3 Jahre, 3. Kind) zurückgezogen.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Salzburg, am

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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Haushaltszugehörigkeit
Wohngemeinschaft
Wirtschaftsgemeinschaft
Scheidung
Großmutter
Tagesbetreuung
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at