Haftung nach Abschluss eines Zahlungsplanes
Rechtssätze
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Folgerechtssätze | |
RV/3499-W/10-RS1 | wie RV/3733-W/08-RS1 Kommt hinsichtlich des Haftenden ein Zahlungsplan zustande und wurden die Tatbestandserfordernisse für die Entstehung des Haftungsanspruches vor der Konkurseröffnung verwirklicht, so entspricht es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () grundsätzlich der im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigenden Billigkeit, dass sich die Inanspruchnahme betragsmäßig an der im Zahlungsplan festgelegten Quote (Ausgleichsquote) orientiert. Im Falle früherer Geltendmachung der Haftung durch die Abgabenbehörde wäre die Haftungsforderung von der Wirkung des Zahlungsplanes erfasst worden. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch MD, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom betreffend Haftung gemäß § 12 BAO entschieden:
Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die Haftung auf € 12.173,18 anstatt € 51.800,77 eingeschränkt wird.
Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Haftungsbescheid vom nahm das Finanzamt die Berufungswerberin (Bw) als Haftungspflichtige gemäß § 12 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der I-KEG im Ausmaß von € 51.800,77 in Anspruch.
In der dagegen eingebrachten Berufung führte die Bw aus, dass der dem Haftungsbescheid zu Grunde liegende Rückstandsausweis zur Steuernummer 1/3 vom betreffend die I-KEG dem damaligen Masseverwalter DB im Konkursverfahren der I-KEG zugestellt worden sei. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes J vom 2/9 sei das Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen der Bw eröffnet worden. Am sei zwischen der Bw und den Gläubigern, darunter auch dem Finanzamt, ein Zahlungsplan mit einer Quote von 23,5% beginnend mit abgeschlossen worden. Dieser ende nach 7-jähriger Laufzeit am . Die Quotenzahlungen erfolgten monatlich. Mit Beschluss vom sei das Schuldenregulierungsverfahren rechtskräftig aufgehoben worden.
In Kenntnis beider Insolvenzverfahren habe das Finanzamt keine Forderung im Schuldenregulierungsverfahren der Bw angemeldet.
Die mit dem angefochtenen Rückstandsausweis geltend gemachte Haftungsforderung unterliege dem beim Bezirksgericht J eingeleiteten Schuldenregulierungsverfahren der Bw. Mangels Anmeldung dieser Forderung im Schuldenregulierungsverfahren bestehe die im Haftungsbescheid genannte Forderung nur in Höhe der zwischen der Gemeinschuldnerin und ihren Gläubigern ausverhandelten Quote von 23,5% zurecht, und auch dann nur, wenn diese Forderung mit dieser Quote im Vermögen der Bw Deckung finde.
Die Bw habe die im Schuldenregulierungsverfahren angemeldeten Forderungen in Relation zu ihrem damaligen und derzeitigen unveränderten Einkommen so berechnet, dass sich eine Quote von insgesamt 23,5% bei 7-jähriger Laufzeit ergebe. Die zur Erfüllung der Quote erforderlichen monatlichen Zahlungen lägen weit über dem Existenzminimum. Schon aus diesen Gründen scheide die erfolgreiche Geltendmachung des Haftungsbescheides aus. Hätte die Behörde den Haftungsbescheid fristgerecht im Schuldenregulierungsverfahren der Bw angemeldet, was auf Grund der Kenntnis beider Konkursverfahren und des gegen die I-KEG ausgestellten Rückstandsausweises vom möglich gewesen sei, hätte die Bw den Haftungsbetrag berücksichtigen können und eine um diesen geringere Gesamtquote mit den Gläubigern ausverhandeln können. Mangels Berücksichtigungsmöglichkeit und mangels frei verfügbaren Einkommens sei die Geltendmachung der Haftung nachträglich nicht berechtigt.
Darüber hinaus habe die Bw den zu 100% geltend gemachten Haftungsbetrag von € 51.800,77 nicht kausal rechtswidrig und schuldhaft zu verantworten. Auch die übrigen Gläubiger der I-KEG seien im haftungsgegenständlichen Zeitraum nicht befriedigt worden, weshalb das Konkursverfahren gegen die I-KEG eingeleitet worden sei. Die Geltendmachung der 100%igen Haftung sei aus diesem Grund rechtlich nicht zulässig, weil dadurch das Finanzamt gegenüber anderen Gläubigern unverhältnismäßig und rechtswidrig bevorzugt werden würde.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab.
Mit Eingabe vom beantragte die Bw die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 12 BAO haften die Gesellschafter von als solche Abgabepflichtigen und nach bürgerlichem Recht voll oder teilweise rechtsfähigen Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit persönlich für die Abgabenschulden der Personenvereinigung. Der Umfang ihrer Haftung richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.
Gemäß § 197 Abs. 1 KO haben Konkursgläubiger, die ihre Forderungen bei Abstimmung über den Zahlungsplan nicht angemeldet haben, Anspruch auf die nach dem Zahlungsplan zu zahlende Quote nur insoweit, als diese der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspricht. § 156 Abs. 6 bleibt unberührt.
Gemäß § 197 Abs. 2 KO hat das Konkursgericht auf Antrag vorläufig zu entscheiden (§ 66 AO), ob die zu zahlende Quote der nachträglich hervorgekommenen Forderung der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspricht.
Gemäß § 197 Abs. 3 KO kann zu Gunsten eines Konkursgläubigers, der seine Forderung nicht angemeldet hat, die Exekution nur so weit stattfinden, als ein Beschluss nach Abs. 2 ergangen ist. Der Gläubiger hat dem Exekutionsantrag auch eine Ausfertigung des Beschlusses nach Abs. 2 samt Bestätigung der Vollstreckbarkeit anzuschließen oder darzulegen, dass er die Forderung angemeldet hat. Eine entgegen dem ersten Satz bewilligte Exekution ist von Amts wegen oder auf Antrag ohne Vernehmung der Parteien einzustellen.
Unbestritten ist, dass die Bw entsprechend der Eintragung im Firmenbuch persönlich haftender Gesellschafterin der I-KEG war. Laut Rückstandsaufgliederung vom haften die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten bei der Gesellschaft unberichtigt aus.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () werden die Gesellschafter einer OHG, OEG, KG und KEG vom Haftungstatbestand des § 12 BAO erfasst, wobei es auf die "förmliche Gesellschafterstellung", somit auf die nach Gesellschaftsrecht zu beurteilende Rechtsposition ankommt, sodass der persönlich haftende Gesellschafter einer KEG für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich haftet.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () fallen in den Konkurs - und damit auch in den im Laufe eines Konkursverfahrens abgeschlossenen Zwangsausgleich - grundsätzlich nur solche vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Gemeinschuldner, die im Zeitpunkt der Konkurseröffnung schon bestanden haben. Die Gruppe der Konkursgläubiger ist mit dem Tag der Verfahrenseröffnung abgeschlossen. Dies gilt entsprechend für den Fall des Abschlusses eines Zahlungsplanes iSd § 193 KO.
Der Haftungsbescheid hat dem Haftenden gegenüber insoweit konstitutive Wirkung, als Letzterer erst hierdurch zum Gesamtschuldner wird. Die mit Bescheid des Finanzamtes vom geltend gemachte Haftung (Forderung) stellt daher im Hinblick auf das die Bw betreffende Konkursverfahren keine Konkursforderung dar.
Im gegenständlichen Fall wurde das Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen der Bw am 2/9 eröffnet. Der Zahlungsplan wurde am bestätigt. Der Konkurs über das Vermögen der I-KEG wurde erst am nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben. Wenn die Bw mit Bescheid vom zur Haftung herangezogen wurde, ohne dass dabei die Rechtswirkungen des Zahlungsplanes berücksichtigt wurden, so entspricht dies nach der zuletzt angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Gesetz. Die Haftung nach § 12 BAO ist zwar keine Ausfallshaftung, doch ist die Nachrangigkeit der Haftung auch hier zu beachten (vgl. Ritz, BAO-Kommentar³, § 12 Tz 5). Es entspricht daher dem Gesetz, wenn die Behörde die Haftung erst dann geltend macht, wenn sie Kenntnis über das Ausmaß der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin hat, wobei aus der Tatsache der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der I-KEG nicht zwingend auf die gänzliche Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung bei der Primärschuldnerin geschlossen werden kann.
Kommt hinsichtlich des Haftenden ein Zahlungsplan zustande und wurden die Tatbestandserfordernisse für die Entstehung des Haftungsanspruches vor der Konkurseröffnung verwirklicht, so entspricht es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () grundsätzlich der im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigenden Billigkeit, dass sich die - nach Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens erfolgte - Inanspruchnahme betragsmäßig an der im Zahlungsplan festgelegten Quote (Ausgleichsquote) orientiert, wenn es auch der Behörde unbenommen ist, im Rahmen der Ermessensübung ergänzend noch auf andere Umstände Bedacht zu nehmen. Dies folgt daraus, dass im Falle früherer Geltendmachung der Haftung durch die Abgabenbehörde die Haftungsforderung von der Wirkung des Zahlungsplanes erfasst worden wäre.
Infolge Verwirklichung der Tatbestandserfordernisse für die Entstehung des Haftungsanspruches (Entstehung der Abgabenansprüche und förmliche Gesellschafterstellung der Bw) vor der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Bw am 2/9 hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Abgaben war die Haftungsinanspruchnahme bezüglich der Abgaben im Betrag von € 51.800,77 auf 23,5% (im Zahlungsplan festgelegte Quote) einzuschränken, sodass sich insgesamt ein Haftungsbetrag von € 12.173,18 ergibt.
Auf Grund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 12 BAO erfolgte die Inanspruchnahme der Bw als Haftungspflichtige nach dieser Bestimmung für Abgabenschuldigkeiten der I-KEG im Ausmaß von € 12.173,18 zu Recht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 12 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | persönlich haftende Gesellschafterin Zahlungsplan Gesamtschuldner Schuldenregulierungsverfahren Nachrangigkeit Ermessensübung Quote |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at