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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 11.07.2013, RV/2944-W/09

Bei der Bewertung einer GesmbH nach dem Wiener Verfahren sind zukünftige Entwicklungen nur dann zu berücksichtigen, wenn sie am Bewertungsstichtag auf Grund konkreter Umstände bereits prognostizierbar waren

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Frau HR Mag. Dr. Hedwig Bavenek-Weber und die weiteren Mitglieder Herrn ADir. RR Leopold Stetter, Herrn KR Christian Gerzabek und Herrn Dr. Otto Farny über die Berufung des Herrn H.E., X., vertreten durch S.W., gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Erbschaftssteuer nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid gemäß § 289 Abs. 2 BAO abgeändert wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Die Erbschaftssteuer gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG wird festgesetzt mit (10 % von einer Bemessungsgrundlage von € 698.086,--)
69.808,60
Die Erbschaftssteuer gemäß § 8 Abs. 4 ErbStG wird festgesetzt mit (2 % von einer Bemessungsgrundlage von € 2.307,--)
46,14
Somit insgesamt
69.854,74

Die Fälligkeit des mit dieser Entscheidung festgesetzten Mehrbetrages der Abgabe ist aus der Buchungsmitteilung zu ersehen.

Entscheidungsgründe

Herr H.E., der Berufungswerber, ist auf Grund des Gesetzes zu einem Sechstel Erbe nach dem am 1. verstorbenen Herrn Mag. H.M.. Dem Berufungswerber wurde mit Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes Y. vom der Nachlass auf Grund der unbedingt abgegebenen Erbantrittserklärung zu einem Sechstel eingeantwortet. Mit Schenkungsvertrag auf den Todesfall vom Oktober 2000 wurden dem Berufungswerber von Herrn Mag. H.M. seine Anteile an der GmbH. auf seinen Todesfall geschenkt.

Anlässlich einer Außenprüfung wurden die mit dem Schenkungsvertrag auf den Todesfall übergebenen Geschäftsanteile mit € 843.754,04 bewertet. Die Bewertung erfolgte, da sich der Wert nicht aus Verkäufen ableiten ließ, nach dem Wiener Verfahren. Dabei wurde für die Ermittlung des Vermögenswertes die Bilanzsumme der dem Todestag nächstliegenden Bilanz, nämlich jener zum Stichtag , herangezogen und für die Ermittlung des Ertragswertes die Ergebnisse der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Jahre 2004, 2005 und 2006.

Vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien wurde dem Berufungswerber für diesen Erwerbsvorgang mit Bescheid vom die Erbschaftssteuer mit € 69.702,94 vorgeschrieben. Die Geschäftsanteile wurden bei der Berechnung der Erbschaftssteuer mit dem Wert von € 843.754,04 angesetzt.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde vorgebracht:

"Gem. § 13 Abs. 2 des BewG ist für Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung der gemeine Wert (§10) maßgebend. Laut § 10 Abs. 2 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen.Da sich der gemeine Wert aus Verkäufen nicht ableiten lässt, ist gem. § 13 Abs. 2 BewG der gemeine Wert unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen.

Dem Finanzamt wurden die Bilanzen der Firma GmbH. der Jahre 2004 bis 2006 vorgelegt. Die Anteile von 40% an dieser GmbH sind durch Erbschaft vom verstorbenen Vater Mag. H,M. (verstorben am 1.) an den Sohn BM H.E. übergegangen. Das Finanzamt berechnete unter Berücksichtigung der Ertragswerte der drei vorhergegangenen Jahre mit dem sogenannten Wr. Verfahren den gemeinen Wert der Gesellschaft anteilig mit € 843.754,04. Dieser Wert wurde der Erbschaftsteuerfestsetzung zugrunde gelegt.

Zu berücksichtigen sind insbesondere Ertragsaussichten der Gesellschaft. Diese rein vergangenheitsbezogene Betrachtung auf den Durchschnitt der letzten drei Jahre vor dem Erbanfall kann jedoch die künftigen Ertragsaussichten nicht zutreffend wiedergeben.

Vermögenswert:Im gegenständlichen Fall handelt es sich um eine reine Baugesellschaft, die einem starken Risiko unterworfen ist. Der verstorbene war nicht nur an der Gesellschaft wesentlich beteiligt, sondern auch langjähriger Geschäftsführer, der im Zuge seiner Gesellschafterfunktion auch in seiner Pension maßgeblich zum Erfolg der Gesellschaft beigetragen hat. Dies hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass ein hoher Eigenkapitalanteil zu den vom Finanzamt herangezogenen Stichtagen bestand. Diese positiven Vermögenswerte können jedoch in der Zukunft nicht nur aufgrund des Todes des Haupteigentümers beibehalten werden, die negative weltweite wirtschaftliche Entwicklung hat auch diese Gesellschaft erfasst. Die Vermögenswerte zu den drei Stichtagen der Vergangenheit können daher kein Indikator für den künftigen Wert des Unternehmens, dem gemeinen Wert der Anteile, sein.

Ertragswerte:Die Ertragswerte der Vergangenheit können im Licht der obigen Entwicklung nicht herangezogen werden. Eine Ertragsbewertung aufgrund der vergangen Gewinne ist aus heutiger Sicht nur dann zulässig, wenn die vergangenen Gewinne in künftige Ergebnisse aufgrund der jetzigen Situation in der Bauwirtschaft adaptiert werden. Das Ergebnis des Jahres 2008 liegt bereits vor, die Bilanzen sind an das Finanzamt und an das Firmenbuch weitergeleitet worden. Das positive Ergebnis des Jahres 2008 darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass für die nächsten 2 bis 3 Jahre starke Einbrüche in der Baubranche im Generellen und auch bei der Firma H. im Speziellen eintreten werden. Aus diesem Grund sind in der nachfolgenden Rechnung die künftigen Ergebnisse entsprechend adaptiert worden.

Wiener Verfahren:Die Berechnung des Wertes der Anteile einer GmbH nach dem Wr. Verfahren wird hier nicht in Frage gestellt. Negative Ertragsaussichten der Gesellschaft sind jedoch zu berücksichtigen. Diese sind aufgrund von zu erwartenden massiven Einbrüchen der Ergebnisse der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit in diesem Fall mit dem Mindestansatz für die Verlustaussichten anzusetzen, sodass der gemeine Wert sich aus der Division des Vermögenswertes durch 2,5 ergibt.

1. negative Ertragsaussichten:

Für die Jahre ab 2007 ist mit folgenden Ertragsaussichten zu rechnen (Werte in EUR):


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2007
2008
2009
2010
EGT
265.923,44
180.013,70
-250.000,00
-200.000,00
- 25% Köst
66.480,86
45.003.43
1.750,00
1.750,00
Zwischensumme
199.442,58
135.010,28
-251.750,00
-201.750,00

2. negativer Durchschnittsertrag

Die relativ guten positiven Ergebnisse der Jahre 2007 und 2008 resultieren aus der Abrechnung von damals Teilfertigen Baustellen, die aufgrund ihrer Fertigstellung im Jahr 2007 und 2008, sodass die Gewinnrealisierung der abgerechneten Baustellen in diese Jahre fällt. Die Bilanz zum weist jedoch bereits wesentliche Haftungen aus. Die Planung und Budgetierung der Jahre 2009 und 2010 liegen stark im negativen Bereich, dies bedingt der oben ausgeführten generellen Krise, insbesondere in der Bauwirtschaft.

Dadurch kommt der Mindestwert laut Wr. Verfahren bei Verlustaussichten zum Ansatz.

3. gemeiner Wert des Anteils (Mindestwert bei Verlustaussichten):

Vermögenswert = 2.403.635,92Vermögensanteil 12,72

Gemeiner Wert je 1€ Nominale G= V/2,5 = 5,09


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gemeiner Wert des gesamten Anteils von 40% =
384.700,93
Abzüglich Freibetrag gem. § 15a ErbStG
146.000,00
Ergibt Steuerbemessungsgrundlage
238.700,93
4. Berechnung der Erbschaftsteuer:
Bemessungsgrundlage nach § 8 (1) ErbStGSteuersatz 8%
177.515,58
Steuer
14.201,25
Steuer nach § 8(4) ErbStG
46,15
Gesamtsteuer
14.247,40

Berufungsantrag:

Ich stelle daher den Antrag, die für die Zukunft zu erwartenden negativen Ertragsaussichten in die Bemessungsgrundlage des steuerpflichtigen Erwerbes einzubeziehen, dadurch ergibt sich laut Wr. Verfahren als Mindestwert bei Verlustaussichten ausgehend vom damaligen Vermögenswert (siehe Berechnung in der Beilage 1 zur Niederschrift vom über die Schlussbesprechung) eine Division durch den Faktor 2,5 mit einem gemeinen Wert des gesamten Anteils von € 384.700,93.Ausgehend von diesem Wert ist die Erbschaftsteuer mit einem Betrag von € 14.247,40 festzusetzen."

Diese Berufung wurde vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde diese Abweisung wie folgt:

"Maßgeblich ist das Gesellschaftsvermögen zum Ermittlungszeitpunkt (=Zeitpunkt der Verwirklichung des Steuertatbestandes, nicht der Zeitpunkt der Durchführung der Berechnung). Hiezu bildet regelmäßig die Handelsbilanz des dem Stichtag nächstliegenden Bilanzzeitpunktes die Ausgangsgrundlage.Der Zeitpunkt zu dem die Bewertung vorgenommen wird, ist nicht nur für den Vermögenswert sondern auch für den Ertragswert von Bedeutung. Das Wiener Verfahren geht grundsätzlich den Weg, dass es von vergangenen Erträgen auf die Zukunft schließt (vgl. ).Laut Erlass des BMF sind die Umstände, die am Stichtag erkennbar waren und von offenkundigem Einfluss auf die nach dem Stichtag zu erwartende Ertragsentwicklung sind, nur durch Zu- oder Abschläge über Antrag und Nachweis zur Wirkung zu kommen. Dabei sind jedoch, wie bereits oben erwähnt, nur jene Umstände geeignet den Ertragswert zu beeinflussen, die zum Bewertungsstichtag zumindest erkennbar waren (vgl. Z 08 0137/1-IV/8/01). Bewertungsstichtag in der obigen Verlassenschaft ist der =1.. Zur Berechnung der Ertragslage wurden die Jahre 2004 - 2006 herangezogen und der Vermögenswert wurde aus der Bilanz zum Stichtag abgeleitet. Da mit Stichtag , so wie in ihrer Beruflich ersichtlich "aus heutiger Siche", nicht erkennbar war, dass die Ertragsaussichten für 2009 und 2010 negativ sind, erging der Erbschaftssteuerbescheid zu Recht und ihre Berufung war daher abzuweisen."

Im Vorlageantrag wird auf die beantragten Änderungen in der Berufung verwiesen und werden eine Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat sowie eine mündliche Verhandlung beantragt.

Im Laufe des Berufungsverfahrens ist ein weiteres Nachlassvermögen hervorgekommen, weswegen eine Nachtragsabhandlung durchgeführt wurde. Bei diesem nachträglich hervorgekommenen Nachlassvermögen handelt es sich um eine IMMORENT-Beteiligung im Wert von € 9.860,--. Ein Sechstel davon sind € 1.643,33. Die Gebühr des Gerichtskommissärs für diese Nachtragsabhandlung wurde mit € 751,20 bestimmt. Ein Sechstel davon sind € 125,20.

Mit Vorhalt vom wurde dem Berufungswerber eine sich nach dem Stand des Verfahrens rechtliche Würdigung der Berufung vorgehalten. In diesem Vorhalt wurde die Erbschaftssteuer unter Berücksichtigung des nachträglich hervorgekommenen Vermögens neu mit € 69.854,74 berechnet. Die Durchschnitte der gewöhnlichen Geschäftstätigkeiten der Jahre 2004 bis 2006 wurden mit € 242.017,89, der Jahre 2007 bis 2009 mit € 271.342,42 und der Jahre 2007 bis 2010 mit € 230.622,17 errechnet. Auf Grund dieser Entwicklung sei eine negative Entwicklung nicht erkennbar. Auch nach den Lageberichten zu den Jahresabschlüssen und ist für die Jahre 2007 und 2008 zu erwarten, dass die gute Konjunktur in der Bauwirtschaft anhält. Die behauptete negative wirtschaftliche Entwicklung war zum Bewertungsstichtag nicht vorhersehbar, weshalb bei der Berechnung des gemeinen Wertes eine negative Entwicklung nicht zu berücksichtigen war. Dieser Vorhalt wurde von der Vertretung des Berufungswerbers nachweislich am übernommen, eine Stellungnahme wurde dazu nicht abgegeben.

Zu der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung, zu der die Vorladung von der Vertretung des Berufungswerbers nachweislich am übernommen wurde, ist auf Seiten des Berufungswerbers niemand erschienen. Von den Vertretern des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel wurde in der Verhandlung beantragt, die Berufung als unbegründet abzuweisen und die Erbschaftssteuer wie im Vorhalt vom mit € 69.854,74 festzusetzen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G 54/06-15 u.a. den Grundtatbestand der Erbschaftssteuer nach § 1 Abs. 1 Z. 1 ErbStG 1955 als verfassungswidrig aufgehoben und im Spruch bestimmt, dass diese Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt.

Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 4 B-VG ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt. Mit Ausnahme der bestimmten Anlassfälle sind daher auf alle anderen, vor der Aufhebung bzw. bis zum Ablauf der Frist am verwirklichten Tatbestände die Bestimmungen des nach wie vor (bis zum ) in Geltung stehenden Erbschaftssteuergesetzes 1955 unverändert anzuwenden. Somit auch auf den gegenständlichen Berufungsfall, da dieser nicht Anlassfall - weder im engeren noch im weiteren Sinne - gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG ist.

§ 1 Abs. 1 Z. 1 ErbStG bestimmt, dass der Steuer nach diesem Bundesgesetz Erwerbe von Todes wegen unterliegen. Dass im gegenständlichen Fall ein Erwerb von Todes wegen vorliegt, ist unstrittig.

Gemäß § 18 ErbStG ist für die Wertermittlung, soweit im Gesetz nichts anderes bestimmt ist, der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld maßgebend. Bei Erwerben von Todes wegen entsteht die Steuerschuld gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 ErbStG mit dem Tode des Erblassers. Die Bewertung richtet sich nach § 19 Abs. 1 ErbStG (die im Absatz 2 genannten Ausnahmen liegen hier nicht vor) nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften).

Gemäß § 13 Abs. 2 BewG ist für Aktien, für Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung und für Genussscheine, soweit sie im Inland keinen Kurswert haben, der gemeine Wert (§ 10 BewG) maßgebend. Lässt sich der gemeine Wert aus Verkäufen nicht ableiten, so ist er unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen.

Gemäß § 10 Abs. 1 BewG ist bei Bewertungen, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zu Grunde zu legen. Gemäß Absatz 2 dieser Gesetzesstelle wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

§ 13 Abs. 2 zweiter Satz BewG - und ihm folgend das Wiener Verfahren 1996 - sieht eine Schätzung unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft vor. Die Schätzung des gemeinen Wertes von Gesellschaftsanteilen nach § 13 Abs. 2 BewG soll zu einem möglichst wirklichkeitsnahen Ergebnis führen. Die Bewertung erfolgt nach § 18 ErbStG auf den Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld. Im gegenständlichen Fall ist die Steuerschuld am 1. entstanden. Maßgebend für die Berechnung des Vermögenswertes ist die Handelsbilanz des dem Stichtag nächstliegenden Bilanzzeitpunktes. Der diesem Stichtag am nächsten liegende Jahresabschluss ist jener zum . Der Berechnung des Vermögenswertes ist daher das Ergebnis der Bilanz zum zugrunde zu legen.

Die Berechnung des Wertes der Anteile einer GmbH nach dem Wiener Verfahren wird hier nicht in Frage gestellt.

Die Bestimmung des § 13 Abs. 2 Satz 2 BewG lässt erkennen, dass der Gesetzgeber von einer Berücksichtigung sowohl des Sachwertes des Unternehmens der Gesellschaft als auch seines Ertragswertes ausgegangen ist. Auch das Wiener Verfahren sieht eine Schätzung der Gesellschaft unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei dieser im Gesetz zwingend angeordneten Schätzung der Ertragsaussichten davon auszugehen, dass das Unternehmen der Gesellschaft in der bisherigen Art und Weise fortgeführt wird. Zukünftige Entwicklungen sind dabei (nur) dann zu berücksichtigen, wenn sie am Bewertungsstichtag auf Grund konkreter Umstände prognostizierbar sind (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, § 19 ErbStG, Rz 48a, und die dort wiedergegebene Rechtsprechung).

Bei Ermittlung der Ertragsaussichten hat die Abgabenbehörde alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Dazu gehören auch Kenntnisse, die die Abgabenbehörde erst im Laufe des Ermittlungsverfahrens erlangt. Wertbestimmend können solche Kenntnisse jedoch nur insoweit sein, als sie eine Ertragsentwicklung betreffen, die nach dem Bewertungsstichtag nicht einen außergewöhnlichen, am Bewertungsstichtag nicht voraussehbaren Verlauf genommen hat, mit anderen Worten, die am Bewertungsstichtag bereits prognostizierbar war. Bei der schätzungsweisen Ermittlung des gemeinen Wertes sind nicht die tatsächlich nach dem Bewertungsstichtag erzielten Erträge, sondern die Ertragsaussichten zu berücksichtigen.

Im Regelfall wird der Ertragswert aus in die Zukunft projizierten Vergangenheitswerten abgeleitet (vgl. ). Als Ausgangslage sieht das Wiener Verfahren als Ermittlungszeitraum für den Ertragswert die letzten drei Wirtschaftsjahre vor dem Ermittlungszeitpunkt vor. Nach der Schätzungsmethode des Wiener Verfahrens sind die zukünftigen Ertragsaussichten aus dem Durchschnitt der letzten drei Jahreserträge (Erträge der drei letzten Wirtschaftsjahre vor dem Ermittlungszeitpunkt) zu ermitteln. Wenn das Betriebsergebnis eines Wirtschaftsjahres durch einen außerordentlichen Geschäftsfall derart beeinflusst wird, dass es zur Schätzung der künftigen Ertragsaussichten völlig ungeeignet erscheint, so kann es durch entsprechende Korrekturen adaptiert und so der weiteren Berechnung zugrunde gelegt werden.

Vom Berufungswerber wurde vorgebracht, dass für die nächsten Jahre starke Einbrüche in der Baubranche eintreten werden. Für die Jahre ab 2007 sei mit folgenden Ertragsaussichten zu rechnen: 2007 mit € 265.923,44, 2008 mit € 180.013,70, 2009 mit minus € 250.000,-- und 2010 mit minus € 200.000,--. Negative Ertragsaussichten der Gesellschaft seien zu berücksichtigen. Diese Anteile seien aufgrund der zu erwartenden massiven Einbrüche der Ergebnisse der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit mit dem Mindestansatz für Verlustaussichten anzusetzen, sodass der gemeine Wert sich aus der Division des Vermögenswertes durch 2,5 ergebe.

Bei der Prüfung, ob massive Einbrüche vorhersehbar waren, werden die Ergebnisse der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit betrachtet, zunächst der Jahre 2004, 2005 und 2006, welche für die Berechnung des Ertragswertes herangezogen wurden:


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Jahr
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit
2004
197.176,21
2005
235.730,14
2006
293.147,32
Summe
726.053,67
Durchschnitt
242.017,89

Bei diesen Jahren gibt es ein durchschnittliches Ergebnis von € 242.017,89.

Nun werden die drei Jahre nach dem Bewertungsstichtag betrachtet, nämlich die Jahre 2007, 2008 und 2009:


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Jahr
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit
2007
265.923,44
2008
180.013,70
2009
368.090,11
Summe
814.027,25
Durchschnitt
271.342,42

Die Ergebnisse dieser drei Jahre ergeben einen durchschnittlichen Wert von € 271.342,42. Dieser durchschnittliche Wert liegt über dem Durchschnittswert jener drei Jahre, welche für die Berechnung des Ertragswertes herangezogen wurden.

Nimmt man, so wie auch in der Berufung noch das Jahr 2010 dazu, ergibt sich folgendes Ergebnis:


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Jahr
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit
2007
265.923,44
2008
180.013,70
2009
368.090,11
2010
108.461,43
Summe
922.488,68
Durchschnitt
230.622,17

Dieser Durchschnittswert liegt nicht sehr wesentlich unter dem Durchschnittswert jener Jahre, welche für die Berechnung des Ertragswertes herangezogen wurden. Es kann somit kein Grund erkannt werden, weshalb die Ergebnisse der Jahre 2004, 2005 und 2006 nicht für die Berechnung des Ertragswertes herangezogen werden können. Diese Ergebnisse entsprechen im Schnitt auch in etwa den durchschnittlichen Ergebnissen der Jahre nach dem Bewertungsstichtag. Eine negative Entwicklung ist nicht erkennbar. Im Gegenteil, bei dem Jahr 2009, bei dem in der Berufung von einem negativen Ergebnis in der Höhe von € 250.000.--ausgegangen wurde, betrug das tatsächliche Ergebnis € 368.090,11. Es war sogar das beste Ergebnis der hier betrachteten Jahre.

Bei dieser Ertragslage kann nicht davon gesprochen werden, dass am Bewertungsstichtag ein Ertragsabfall vorhersehbar war. Auch wurde vom Berufungswerber nicht nachgewiesen, welche konkreten Umstände am Bewertungsstichtag die behauptete negative wirtschaftliche Entwicklung prognostizierbar machten. Am Bewertungsstichtag waren demzufolge entgegen dem Berufungsvorbringen keineswegs konkrete Umstände erkennbar, die eine zukünftige negative Entwicklung der Ertragsaussichten prognostizierbar gemacht hätten. War daher die Jahre nach dem Bewertungsstichtag eingetretene schlechte Wirtschaftslage der Gesellschaft nicht auf Grund besonderer Anhaltspunkte zum Bewertungsstichtag schon eindeutig vorhersehbar, dann stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes diese Änderung der wirtschaftlichen Entwicklung keinen konkret erkennbaren Umstand dar, der bei der Bewertung der in Rede stehenden Geschäftsanteile zu berücksichtigen war.

Gegen eine zum Bewertungsstichtag bereits prognostizierbare schlechte Entwicklung der Wirtschaftslage sprechen auch die Lageberichte zu den Jahresabschlüssen per , und . Den vorliegenden Streitfall entscheidet somit, ob die eingewendete negative wirtschaftliche Entwicklung am Bewertungsstichtag auf Grund konkreter Umstände bereits prognostizierbar war, denn nur dann ist diese bei der Bewertung der in Rede stehenden GmbH-Anteile zu berücksichtigen.

Im Lagebericht zum Jahresabschluss per wurde im Wirtschaftsbericht festgehalten, dass die Gesellschaft durch die gute Konjunktur im Baugewerbe auch im Jahr 2006 ein zufriedenstellendes Ergebnis erwirtschaften konnte. Laut Prognosebericht ist für das Jahr 2007 zu erwarten, dass die gute Konjunktur in der Bauwirtschaft anhält. Die Auftragslage für das Jahr 2007 ist zufriedenstellend. Auch laut Wirtschaftsbericht zum Jahresabschluss per konnte die Gesellschaft durch die gute Konjunktur im Baugewerbe im Jahr 2007 ein zufriedenstellendes Ergebnis erwirtschaften. Laut Prognosebericht ist für das Jahr 2008 zu erwarten, dass die gute Konjunktur in der Bauwirtschaft anhält. Die Auftragslage für das Jahr 2008 ist zufriedenstellend. Der Lagebericht zum Jahresabschluss per enthält im Wirtschaftsbericht, dass die Gesellschaft trotz der allgemein angespannten weltwirtschaftlichen Lage im Jahr 2008 durch Flexibilität und vorausschauendes Handeln auch im Jahr 2008 ein zufriedenstellendes Ergebnis erwirtschaften konnte. Laut Prognosebericht ist für das Jahr 2009 zu erwarten, dass sich die allgemein angespannte weltwirtschaftliche Lage nicht wesentlich verbessern wird. Auch das Baugewerbe ist davon nicht ausgenommen. Die Auftragslage ist nach anfänglichen Schwierigkeiten für 2009 zufriedenstellend.

Noch in der Bilanz nach dem Todestag wurde davon ausgegangen, dass in der Bauwirtschaft auch noch im Jahr 2008 eine gute Konjunktur zu erwarten war. Es gab zum Todestag und auch noch danach keine Anzeichen über eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage. Es war daher zum Bewertungsstichtag auf keinen Fall prognostizierbar, dass sich die wirtschaftliche Lage negativ entwickeln wird. Daher ist bei der Bewertung der gegenständlichen Gesellschaftsanteile eine negative wirtschaftliche Entwicklung nicht zu berücksichtigen.

Zu berücksichtigen ist bei der Berechnung der Erbschaftssteuer auch das nachträglich hervorgekommene Nachlassvermögen, weshalb sich folgende neue Berechnung der Erbschaftssteuer ergibt:


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Steuerpflichtiger Erwerb laut Bescheid
696.568,70
+ 1/6 des nachträglich hervorgekommenen Vermögens
1.643,33
- 1/6 der nachträglichen Kosten des Gerichtskommissärs
125,20
Neue Bemessungsgrundlage (gerundet)
698.086,00

Davon gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG 10 % ist ErbSt 69.808,60. Dazu noch die Erbschaftssteuer nach § 8 Abs. 4 ErbStG, laut Bescheid € 46,14, ergibt in Summe eine Erbschaftssteuer in der Höhe von € 69.854,74.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at